Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 21. 8. 1993 ereignete sich in Tirol ein Verkehrsunfall, an dem Thomas E***** als Lenker eines PKW mit deutschem Kennzeichen und Alfred L***** als Lenker eines Sattelfahrzeugs mit Anhänger mit italienischem Kennzeichen beteiligt waren. Die Lenker beider Fahrzeuge sind deutsche Staatsbürger. Das Verschulden am Eintritt des Unfalls trifft den LKW-Lenker.
Mit der am 17. 8. 2001 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die klagende Partei als Pflichtversicherer des Thomas E***** unter Berufung auf die Legalzessionsnormen der §§ 116 und 119 SBG X (Deutsches Sozialgesetzbuch X) die Bezahlung von S 7.220 und die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien. Sie brachte dazu vor, Thomas E***** sei bei dem Unfall schwer verletzt worden. Im Anschluss an die Lohnfortzahlung durch den Dienstgeber habe er in der Zeit vom 2. 10. 1993 bis 11. 2. 1994 gesetzliche Leistungen der Krankenkasse bezogen. Für diesen Zeitraum stehe der klagenden Partei aufgrund der Legalzession nach § 119 SGB X ein Anspruch auf Beitragsregress in der Höhe von DM 1.017,09 (= ÖS 7.220) zu. Einen am 6. 3. 2000 in der Leistungsabteilung und am 7. 7. 2000 in der Regressabteilung der klagenden Partei eingelangten Rentenantrag des Versicherten habe die klagende Partei mit Bescheid vom 14. 9. 2000 mit der Begründung abgelehnt, derzeit seien die Voraussetzungen zur Gewährung einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente nicht gegeben. Aufgrund der Schwere der Verletzungen müsse sie aber damit rechnen, dem Versicherten neuerlich leistungspflichtig zu werden, weshalb ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der beklagten Partei für künftige Schäden bestehe.
Sowohl nach österreichischem ASVG wie auch nach deutschen SGB trete der auf der Legalzession beruhende Forderungsübergang vom Geschädigten auf den leistungspflichtigen Sozialversicherungsträger im Augenblick des schädigenden Ereignisses ein. Werde in diesem Zeitpunkt auch schon der Verjährungslauf in Gang gesetzt, dann gehe ein mit diesem Verjährungslauf behafteter Anspruch vom Zedenten an den Zessionar über, sodass die Verjährung für die Schadenersatzansprüche beider zur selben Zeit ende. Habe aber die Verjährung im Augenblick der Zession noch nicht zu laufen begonnen, dann beginne und ende sie für den auf den Zessionen übergegangenen Anspruch und die allenfalls beim Zedenten verbliebenen Ansprüche grundsätzlich zu verschiedenen Zeitpunkten, wobei sich der Beginn des Verjährungslaufes jeweils nach der Kenntnis des Zedenten bzw des Zessionars vom Schaden richte. Die Unfallverletzungen des Versicherten seien so schwer gewesen, dass es ihm unmöglich gewesen sei, am Unfallsort oder noch am selben Unfallstag die zur Erhebung einer Schadenersatzklage erforderlichen Unfallsdaten aufzunehmen. Erst durch den Rentenantrag des Verletzten vom 6. 3. 2000 habe die klagende Partei vom Unfall des Versicherten Kenntnis erhalten. Nähere Angaben habe erst ein Unfallfragebogen enthalten. Diesen habe der Versicherte am 26. 6. 2000 ausgefüllt, am 30. 6. 2000 sei er bei der klagenden Partei eingelangt. Die Regressansprüche der klagenden Partei könnten daher frühestens am 30. 6. 2003 verjähren. Die beklagte Partei wendete ein, der Unfall sei am 21. 8. 1993 aufgenommen worden, weshalb dem Verletzten von Anfang an alle Informationen zur Durchsetzung allfälliger Ansprüche zur Verfügung gestanden seien. Insbesondere seien ihm auch die Person des Schädigers und dessen Daten unmittelbar nach dem Unfall bekannt gewesen, weshalb die Verjährungsfrist schon mit dem Schadenseintritt zu laufen begonnen habe und der Anspruch der klagenden Partei verjährt sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es folgende Feststellungen traf:
Die Gendarmerie nahm eine umfassende Verkehrsunfallsanzeige auf, in der die Lenker der beiden am Unfall beteiligten Fahrzeuge festgehalten wurden. Es wurden insbesondere auch Kennzeichennummer und Zulassungsbesitzer der am Unfall beteiligten Fahrzeuge notiert. Thomas E***** erlitt durch den Unfall schwere Verletzungen, nämlich ein kombiniertes knöchernes proximales Halswirbelsäulentrauma im Sinne einer Atlasberstungsfraktur mit Rückenmarksprellung, Rissquetschwunden am linken Unterarm und der linken Hand, eine große Wunde am linken Knie, eine Prellung am linken Fuß und eine Gehirnerschütterung. Spätfolgen sind nicht auszuschließen. Der Verletzte war nach dem Unfall "kurze Zeit" bewusstlos und wurde in das BKH-Reutte eingeliefert. Dort wurde er erstversorgt und dann mit dem Rettungshubschrauber in die Universitätsklinik Innsbruck geflogen, wo er bis 28. 8. 1993 in stationärer Behandlung war. In weiterer Folge wurde er in eine Klinik nach Augsburg überstellt, wo er sich noch bis einschließlich 8. 9. 1993 in stationärer medizinischer Betreuung befand.
Am 8. 7. 1994 wurde der Verletzte von einem unfallchirurgischen Sachverständigen untersucht. In diesem Gutachten schließt der Sachverständige den Eintritt etwaiger Spätfolgen nicht aus. Am 6. 3. 2000 brachte der Rechtsvertreter des Verletzten bei der klagenden Anstalt, bei welcher der Verletzte pflichtversichert ist, einen Antrag auf Gewährung einer rückwirkenden Invaliditätspension ein. Am 30. 6. 2000 stellte Thomas E***** selbst mittels eines ausgefüllten Vordruckes einen Antrag auf Gewährung einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Klägerin lehnte dieses Begehren mit Bescheid vom 14. 9. 2000 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen zur Gewährung einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente seien nicht gegeben.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, gemäß Art 3 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens sei das Recht jenes Staates anzuwenden, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet habe, im gegenständlichen Fall also österreichisches Recht. Aufgrund Art 2 Z 5 dieses Übereinkommens seien Rückgriffsansprüche und der Übergang von Ansprüchen von diesem ausgenommen, weshalb der Übergang der Schadenersatzansprüche vom Versicherten Thomas E***** an den deutschen Sozialversicherungsträger nach deutschem und nicht nach österreichischem Recht zu beurteilen seien. Voraussetzungen und Inhalt der Legalzession der Schadenersatzansprüche des Versicherten an einen ausländischen Sozialversicherungsträger seien nach dem Recht zu beurteilen, dem das Versicherungsverhältnis unterliege. Im gegenständlichen Fall sei daher auf den Forderungsübergang deutsches Recht anzuwenden.
Nach dem deutschen Sozialrecht gingen Schadenersatzansprüche des Versicherten auf den Sozialversicherungsträger über. Die Aktivlegitimation komme bezüglich der Regressansprüche der klagenden Partei zu.
Die rechtlichen Folgen, insbesondere die Beurteilung der Verjährung des der Legalzession zugrunde liegenden Anspruches seien jedoch nach österreichischem Recht zu beurteilen. Der Übergang von Entschädigungsansprüchen durch Legalzession an den Sozialversicherungsträger ändere nichts an der Rechtsnatur des Anspruches, weshalb sich auch die Verjährungsfrist des Schadenersatzanspruches nicht ändere und keine neue Frist zu laufen beginne. Der an den Legalzessionar übergegangene Anspruch verjähre daher in drei Jahren ab Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger. Auf die Kenntnis des Legalzessionars komme es grundsätzlich nicht an.
Bei Verkehrsunfällen beginne die Verjährungsfrist grundsätzlich bereits am Unfallstag zu laufen, weil der Geschädigte Schaden und Schädiger aufgrund der von Gendarmerie oder Polizei aufgenommenen Unfallsanzeige zumeist schon kenne. Auch der gegenständliche Unfall sei umfangreich dokumentiert worden. Dem Geschädigten seien Schaden und Schädiger bekannt gewesen. Ausreichend für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist sei die Kenntnis des Geschädigten von der Verletzung seiner körperlichen Integrität im Allgemeinen, es sei nicht erforderlich, dass ihm die Verletzungen im Detail bekannt seien. Weiters habe nach der Rechtsprechung außer Betracht zu bleiben, dass die Kenntnis des Geschädigten von einem Schaden streng formal gesehen erst einige Sekunden nach dem Rechtsübergang an den Sozialversicherungsträger vorgelegen haben könne.
Der Schadenersatzanspruch sei daher drei Jahre ab dem Schadenszeitpunkt, dem 21. 8. 1993, verjährt, womit die Verjährung jeglicher Rückgriffsansprüche am 22. 8. 1996 eingetreten sei. Dass nicht vorhersehbare schädigende Wirkungen des Schadensfalles erst später bekannt geworden seien, habe die klagende Partei gar nicht behauptet. Vielmehr habe sie selbst vorgebracht, es sei schon zum Unfallszeitpunkt zu erwarten gewesen, dass künftige Schäden wahrscheinlich seien.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, der Streitgegenstand, über den es entschieden habe, übersteige EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000; der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig.
Hinsichtlich der international-privatrechtlichen Frage verwies das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Erstgerichtes, ebenso auf dessen Ausführungen über die Legalzessionsnormen der §§ 116 und 119 SGB X. Nicht anders als bei § 332 ASVG handle es sich hier um Nachfolgebestimmungen des § 1542 RVO; der Ersatzanspruch gehe im Zeitpunkt des Schadensereignisses selbst über, unabhängig davon, ob ab diesem Zeitpunkt Leistungen zu erbringen oder beantragt worden seien.
Im vorliegenden Fall stelle sich die Frage, ob die Kenntnis des Geschädigten oder diejenige des Legalzessionars für den Beginn des Fristlaufes maßgeblich sei. Während die Literatur der Auffassung sei, dass es allein auf die Kenntnis des Legalzessionars ankomme, nehme dies die Rechtsprechung nur an, wenn im Zeitpunkt der Legalzession die Verjährungsfrist noch nicht zu laufen begonnen habe. Nach der bereits zur Vorgängerbestimmung des § 332 ASVG ergangenen Rechtsprechung gelte für die Verjährung des Regressanspruches § 1489 ABGB; die Verjährung beginne mit der Kenntnis des Beschädigten von der Person des Schädigers; auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Sozialversicherungsträgers komme es nicht an. Wann und unter welchen Bedingungen der Rechtsübergang eintrete, sei für die Verjährung ohne Belang, denn die Zession sei ohne Einfluss auf die Dauer der bereits begonnen Verjährung. Diese beginne aber mit dem Zeitpunkt des Unfalls selbst zu laufen, für den Sozialversicherungsträger laufe keine eigene Frist.
§§ 116 und 119 SGB X bzw § 332 ASVG enthielten aber nur eine juristische Konstruktion, wonach der Geschädigte eine "juristische Sekunde lang" Forderungsinhaber bleiben solle; danach solle die Forderung auf den Sozialversicherungsträger übergehen. Diese "juristische Sekunde" sei nicht real, sondern nur konstruktiv. Sie solle einerseits auf den Ursprung der Forderung hinweisen, anderseits aber den Geschädigten daran hindern, die Forderung selbst geltend zu machen. Da die kurze Verjährungsfrist des § 1489 ABGB an die objektive Säumigkeit bei Eintreibung des Anspruches anknüpfe, sei es inkonsequent, auf die Kenntnis des Legalzessionars abzustellen. In Wahrheit widerspreche sich die Rechtsprechung aber selbst, und zwar auch dann, wenn die "juristische" Sekunde als eine "reale" gewertet werde. Selbst wenn nämlich der Verletzte durch seine Verletzung nicht "längere Zeit in seiner Denkfähigkeit behindert war" und daher die "Möglichkeit der sofortigen und mühelosen Ermittlung des Beklagten als seines Beschädigers" bestand, so hätte dies zu allermindestens mehrere Sekunden in Anspruch genommen, jedenfalls wesentlich länger als der Schadenersatzanspruch beim Verletzten verblieben wäre. Da aber die gesetzlichen Zessionsnormen diesen gerade daran hindern sollten, den Anspruch selbst geltend zu machen, hätte er wiederum keinen Anlass gehabt, sich selbst um die ihm ohnedies unmögliche Rechtsverfolgung zu kümmern. Damit aber fehle jeder Grund, ein allfälliges noch später erlangtes Wissen des Verletzten dem Legalzessionar zuzurechnen.
Da im vorliegenden Fall Legalzessionar ein ausländischer Versicherungsträger sei, zeigten sich die Nachteile der herrschenden Rechtsprechung besonders deutlich. Da ein solcher vielfach nicht in das Netz der Verständigungspflichten über Exekutive und Spitäler einbezogen sei, erfahre er von dem Unfall vielfach erst anlässlich einer Antragstellung des Verletzten, zu welcher es durchaus später als drei Jahre danach kommen könne.
Maßgeblich für den Beginn des Laufes der kurzen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB sei nicht die Kenntnis des Legalzedenten, also des Verletzten, sondern diejenige des Legalzessionars, also der klagenden Anstalt. Sollte dies der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Verletzten gewesen sein, so wären die auf die Klägerin übergegangenen Schadenersatzansprüche noch nicht verjährt.
Die Beklagte habe allerdings auch eingewendet, das Leistungsbegehren der Klägerin beziehe sich auf Beiträge im Zeitraum vom 2. 10. 1993 bis 11. 2. 1994, weshalb diese spätestens 1995 bemerkt haben müsse, dass hinsichtlich der Rentenbeiträge von Thomas E***** eine Einbuße zu verzeichnen sei. Soweit die Klägerin nicht ohnehin aufgrund dieses Beitragsausfalles sofort Kenntnis vom Unfall erlangt habe, hätte sie diese sehr leicht erlangen können. Eine Nachlässigkeit bei der Erkundung der Ursache für den Beitragsrückgang müsse sie jedenfalls gegen sich gelten lassen.
Die klagende Partei habe hingegen eingewendet, dass sich der Fall des Thomas E***** für sie bis zum Jahr 2000 als einer von tausenden anderen mit einer vorübergehenden Beendigung des Pflichtversicherungsverhältnisses dargestellt habe. Darüber hinaus habe sie keinerlei Kenntnis vom Unfall und dessen Folgen gehabt. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung, dass der Unfallszeitpunkt für den Verjährungsbeginn maßgeblich und dass die Kenntnis des Verletzten entscheidend sei, nicht diejenige des Sozialversicherungsträgers, habe sich das Erstgericht mit dieser Einwendung nicht näher befasst. Es reiche in diesem Verfahrensstadium der Hinweis, dass die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Beschädiger so weit kenne, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könne. Kennenmüssen reiche zwar nicht aus, gelte die Kenntnisnahme schon dann als erlangt, wenn der Geschädigte die für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne Mühe in Erfahrung bringen hätte können.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil es in der Frage, ob für den Verjährungsbeginn von übergegangenen Schadenersatzansprüchen die Kenntnis des Verletzten oder diejenige des Sozialversicherungsträgers entscheidend sei, von der herrschenden Judikatur abgegangen sei.
Gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde. Die klagende Partei hat Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, dass es zwar richtig sei, dass ein bei einem Verkehrsunfall Verletzter kaum innerhalb einer Sekunde Kenntnis vom Schaden und Schädiger erlangen könne. Dieser schon immer existent gewesene Einwand gegen die Denkkonstruktion der "juristischen Sekunde" liege aber auf der Hand; so habe der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung ZVR 1957/43 ausgeführt, dass in den allerwenigsten Fällen der Beschädigte im Augenblick des Unfalls die Person des Schädigers kennen oder sich ihrer bewusst sein werde, schon wegen des mit dem Unfall meist verbundenen Erschreckens und der damit verbundenen Schockwirkung. Dennoch habe die Rechtsprechung in den letzten Jahrzehnten an dieser juristischen Konstruktion festgehalten. Es sei auch nicht richtig, dass der Verletzte keinen Anlass hätte, sich selbst um die Kenntnis von der Person des Schädigers zu bemühen, gingen doch nicht alle Ansprüche auf den Sozialversicherungsträger über, sondern könnte er etwa einen allfälligen Schmerzengeldanspruch weiter selbst betreiben. Die Rechtsordnung verfolge mit dem Institut der Verjährung insbesondere die Zwecke der Rechtssicherheit und der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten; beide Zwecke würden durch den Beschluss des Berufungsgerichtes vereitelt, zumal es dem Erstgericht aufgetragen habe, festzustellen, ob und wann die klagende Partei im Zeitraum 1993 bis 2000 ohne nennenswerte Mühe Kenntnis von dem Verkehrsunfall erlangen habe können.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Was die Frage des anzuwendenden Rechtes betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich das EVÜ auf vertragliche Schuldverhältnisse beschränkt, dessen Art 13 greift daher nur ein, wenn solche Gegenstand der Legalzession an den Drittzahler sind (Lorenz in Czernich/Heiss, KommzEVÜ, Art 13 Rz 2). Die hier klagsgegenständlichen Ansprüche sind daher im EVÜ nicht geregelt. Voraussetzungen und Inhalt eines gesetzlichen Forderungsüberganges hinsichtlich der Schadenersatzansprüche des verletzten Versicherten an einen ausländischen Versicherungsträger richten sich nach dem Sachrecht jener Rechtsordnung, die die Leistungspflicht eines Drittzahlers verfügt und damit den Zessionsgrund liefert (Schwimann in Rummel², ABGB, Vor § 35 IPRG Rz 7a; ders, IPR², 57; ZVR 1998/89 mwN). Sachnorm für einen Forderungsübergang ist im vorliegenden Fall § 116 Abs 1 SGB X, wonach ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe übergeht, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz beziehen. Wenngleich diese Bestimmung den für den Forderungsübergang maßgeblichen Zeitpunkt nicht ausdrücklich festlegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH auf den Augenblick des schädigenden Ereignisses abzustellen; der Ersatzanspruch geht daher im Augenblick des Schadensereignisses über (Schneider in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht15, 1411 f; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden7, Rz 442 ff jeweils mwN). Für die Beurteilung des gegenständlichen Rechtsfalles ist daher mit der herrschenden Auffassung der Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland davon auszugehen, dass die Ersatzansprüche des Geschädigten im Augenblick des Schadensereignisses auf die klagende Partei übergegangen sind. Auch die herrschende Rechtsprechung in Österreich geht grundsätzlich von einem Forderungsübergang iSd § 332 ASVG im Unfallszeitpunkt aus. Ob diese Auffassung einer Revision bedarf (s hiezu jüngst Resch, Der Zeitpunkt des Forderungsübergangs bei einer Legalzession gemäß § 332 ASVG, JBl 2002, 341 ff), braucht hier nicht geprüft zu werden.
Ob Verjährung eingetreten ist oder nicht, richtet sich nach dem Schuldstatut, sohin im vorliegenden Fall nach österreichischem Recht (ZVR 1998/89). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Beurteilung der Frage des Beginnes des Laufes der Verjährungsfrist der auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen Ansprüche darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt des Forderungsüberganges die (dreijährige) Verjährungsfrist bereits zu laufen begonnen hat. Ist dies der Fall, so läuft sie auch gegenüber dem Legalzessionar weiter. Da im Regelfall dem aus einem Verkehrsunfall Beschädigten am Unfallstag selbst der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers bekannt werden, läuft in der Regel für den Legalzessionar keine eigene Verjährungsfrist ab seiner Kenntnis von der Person des Haftpflichtigen und des Schadens. Wenn jedoch im Zeitpunkt der Legalzession die Verjährungsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat - was etwa dann der Fall sein wird, wenn die Hinterbliebenen vom Schadensfall keine Kenntnis erlangt haben -, so ist die Kenntnis des Legalzessionars für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist der auf ihn übergegangenen Forderungen maßgebend (RIS-Justiz RS0034514; ZVR 1994/98; ZVR 2001/14). Der Oberste Gerichtshof führte in der Entscheidung ZVR 1957/43 zur Vorgängerbestimmung des § 332 ASVG, (§ 1542 RVO) aus, dass für die Verjährung dieses Rückgriffsanspruches die Verjährung nach § 1489 ABGB gelte, weil dieser Rückgriffsanspruch der ex lege auf die Klägerin als Zessionarin übergegangene Schadenersatzanspruch des Verletzten sei. Für den eine ex lege zedierte Schadenersatzforderung darstellenden Rückgriffsanspruch nach § 1542 RVO laufe keine eigene Verjährung.
Auch der BGH vertrat zu § 1542 RVO - der auch die Vorgängerbestimmung des § 116 SGB X ist - die Ansicht, dass sich der Sozialversicherungsträger, auf den die Forderung bereits im Zeitpunkt ihrer Entstehung überging, die Kenntnis des Verletzten anrechnen lassen müsse (Moraht, Verjährungsrechtliche Probleme bei der Geltendmachung von Spätschäden im Deliktsrecht, 117 f). Davon ist der BGH aber mit der Entscheidung BGHZ 48, 181 abgegangen. Nunmehr vertritt er in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass sich der Sozialversicherungsträger die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und der Person des Schädigers nicht zurechnen lassen muss, für ihn beginnt der Lauf der Verjährungsfrist erst, wenn der beim Sozialversicherungsträger zuständige Regresssachbearbeiter die erforderliche Kenntnis erlangt hat (Moraht, aaO, 118; Schneider in Wussow13, 1429 jeweils mwN).
Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist schon im Jahre 1967 Selb (§ 332 ASVG und die Verjährung des gesetzlich abgetretenen Anspruchs, FS Schmitz II 451 ff) entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, es käme für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des Sozialversicherungsträgers an. Dieser Ansicht sind in der Folge auch Kunst (Die Beziehungen zwischen Schädiger und Sozialversicherung im österr. Recht, ZAS 1970, 123 ff V [126]) und Krejci (in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 3.2.6.) gefolgt. Riedler (in JBl 1996, 324) hat schließlich dargelegt, es handle sich bei der "juristischen Sekunde" nur um eine Konstruktion, die auf den Ursprung der Forderung hinweisen solle, und in der sich der Forderungsübergang vollziehe, sodass faktisch nur der eintretende Leistungsträger als Gläubiger anzusehen sei. Für diese Ansicht spreche auch der Zweck der Legalzession, dem Geschädigten die Verfügungsmöglichkeit über die Ersatzforderung zu nehmen. Da die dreijährige Verjährungsfrist an die objektive Säumigkeit bei der Eintreibung des Anspruchs anknüpfe (Koziol, Probleme aus dem Grenzbereich von Schadenersatz- und Sozialversicherungsrecht, DRdA 1980, 371 [379]), dem Geschädigten diese aber durch die Legalzession verwehrt sei und sein solle, sei im Rahmen des § 1489 ABGB nur die Kenntnis des zur Klagsführung aktiv legitimierten Sozialversicherungsträgers heranzuziehen. Dieser Ansicht schließt sich auch der erkennende Senat an. Wenngleich der Schuldner durch die Abtretung nicht schlechter gestellt werden darf, ist dann, wenn sich der Forderungsübergang - anders als etwa im Fall der Legalzession nach § 1358 ABGB - bereits in der "juristischen Sekunde" des schädigenden Ereignisses vollzieht, von vornherein der Legalzessionar als Gläubiger anzusehen. Dementsprechend ist auch dem Geschädigten sofort die Verfügungsmacht entzogen. Somit beginnt für den Sozialversicherungsträger die Verjährungsfrist erst zu laufen, wenn er die erforderliche Kenntnis erlangt (Neumayr in Schwimann², § 332 ASVG Rz 103) oder erlangen hätte können.
Dem Rekurs der Beklagten war deshalb keine Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 ZPO.
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