OGH 2Ob2206/96t

OGH2Ob2206/96t5.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des am 8.November 1943 geborenen Siegfried M*****, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen Siegfried M***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 31.Jänner 1996, GZ 2 R 31/96z-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Judenburg vom 14.Dezember 1995, GZ 6 P 3689/95v-41, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen, über den Rekurs des Betroffenen unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.

Text

Begründung

Franz M***** ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 26 KG S*****; sein Bruder Siegfried M***** ist der Ansicht, er sei seinerzeit bei der Hofübergabe benachteiligt worden. Er meint, daß die Liegenschaft ihm gebührt bzw gehört. Aus diesem Grunde versuchte er, den Bruder an der Benützung eines zur Liegenschaft gehörenden Grundstückes zu hindern.

Um dies abzustellen brachte Franz M***** zu 3 C 777/94s des Bezirksgerichtes Wolfsberg eine Klage ein. Dieses Verfahren wurde gemäß § 6 a ZPO mit Beschluß vom 17.6.1994 ausgesetzt, weil beim Beklagten Anzeichen für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 273 ABGB gegeben seien. Das davon verständigte Pflegschaftsgericht bestellte mit Beschluß vom 10.3.1995 Frau Mag.Herma B***** zur Sachwalterin mit dem Auftrag zur Vertretung des Betroffenen in sämtlichen Rechtsangelegenheiten zwischen diesem selbst und seinem Bruder Franz M*****. Am 23.10.1995 wurde vor dem Bezirksgericht Wolfsberg im Rechtsstreit zwischen dem Betroffenen und seinem Bruder ein prozeßbeendigender Vergleich geschlossen. Mit Beschluß vom 14.12.1995 genehmigte das Pflegschaftsgericht diesen Vergleich.

Dagegen erhob der Betroffene Rekurs, den das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß zurückwies; der ordentliche Revisionsrekurs wurde nicht für zulässig erklärt.

Das Rekursgericht vertrat dabei die Ansicht, daß der vor dem Prozeßgericht abgeschlossene Vergleich in den Wirkungskreis der Sachwalterin falle, sodaß dem Betroffenen kein Rekursrecht zustehe. Es liege auch keine Sache von solcher Wichtigkeit vor, die es geboten erscheinen ließe, ihm die Rechtsmittellegitimation zuzubilligen.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen. Dieser macht geltend, er lasse sich "das" nicht gefallen, auch die Sachwalterin habe ihn immer angelogen.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist zulässig, weil das Rekursgericht von der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, es ist auch berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 4.7.1995, 5 Ob 559/94 (= ÖA 1996, 23) ausgeführt hat, ist dem Betroffenen die Rechtsmittellegitimation im Sinne des § 9 AußStrG dann zuzubilligen, wenn nach der rechtskräftigen Bestellung eines Sachwalters im Pflegschaftsverfahren zwischen dem Sachwalter und dem Betroffenen Uneinigkeit über die Berechtigung oder Zweckmäßigkeit einer vom Sachwalter beabsichtigten, der Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes bedürfenden Maßnahme besteht; nur dadurch kann eine erhebliche Verletzung der Interessen des Betroffenen durch Handlungen seines gesetzlichen Vertreters und die diese Handlungen genehmigende Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes hintangehalten werden. Die Bestellung des Sachwalters zur Vertretung des Betroffenen bezieht sich insoweit nicht auf das Pflegschaftsverfahren, in dem zwischen widerstreitenden Begehren des Sachwalters und des Betroffenen zu entscheiden ist. Fehlt dem Betroffenen die geistige Reife zur Formulierung seines Standpunktes, so muß gegebenenfalls sogar ein Kollisionskurator bestellt werden. Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an.

Daraus folgt, daß der Rekurs des Betroffenen gegen den Beschluß, mit dem der Vergleich pflegschaftsbehördlich genehmigt wurde, wegen fehlender Prozeßunfähigkeit nicht zurückgewiesen werden kann, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

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