Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Im ersten Rechtsgang wurde der vom Vater zu zahlende monatliche Unterhalt für seine Tochter Pia-Caroline im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 30. 11. 2004 mit EUR 83 und ab 1. 12. 2004 mit EUR 48,26 sowie für seinen Sohn Mark im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 30. 11. 2004 mit EUR 70 und ab 1. 12. 2004 mit EUR 40,64 (rechtskräftig) festgesetzt. Den ein Mehrbegehren der Kinder abweisenden Teil des Beschlusses hob das Rekursgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung auf.
Mit Beschluss vom 3. 2. 2006 setzte das Erstgericht nunmehr die monatlichen Unterhaltsbeiträge des Vaters für Pia-Caroline im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 30. 11. 2004 mit weiteren EUR 112 und ab 1. 12. 2004 mit weiteren EUR 146,74, insgesamt somit jeweils mit EUR 195, sowie für Mark im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 30. 11. 2004 mit weiteren EUR 94 und ab 1. 12. 2004 mit weiteren EUR 123,36, insgesamt somit jeweils mit EUR 164, fest.
Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung hinsichtlich beider Kinder für den Zeitraum 1. 5. 2004 bis 31. 7. 2005 und hob sie für den Zeitraum ab 1. 8. 2005 im Umfang eines Betrages von EUR 31 je Kind zur neuerlichen Verfahrensergänzung auf. Gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung ließ es den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, es fehle an Rechtsprechung des Höchstgerichtes zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage, inwieweit vom Unterhaltsschuldner im Auftrag des Arbeitsmarktservices absolvierte Umschulungsmaßnahmen, die jedoch für die Berufsfindung völlig nutzlos seien, bei der Anwendung des Anspannungsgrundsatzes berücksichtigt werden müssten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig. Die vom Rekursgericht formulierte Rechtsfrage erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG. Auch der Vater zeigt in seinem Rechtsmittel keine (sonstige) erhebliche Rechtsfrage auf.
Die im Gesetz vorgesehene Anspannung greift immer dann Platz, wenn dem Unterhaltsverpflichteten die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden kann; die Anwendung dieses Grundsatzes ist nicht auf die Fälle bloßer Arbeitsunwilligkeit beschränkt (RIS-Justiz RS0047550). Die Anspannung setzt stets ein Verschulden des Unterhaltsschuldners voraus, wobei schon die leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels genügt (RIS-Justiz RS0047495). Maßstab für die Intensität der Einkommensbemühungen ist das Verhalten eines pflichtgetreuen Elternteiles (2 Ob 79/05i = SZ 2005/141 mwN; RIS-Justiz RS0047421, RS0047590).
Der mit einem Verlust des Arbeitsplatzes verbundene Einkommensentfall löst die Obliegenheit des Unterhaltsschuldners aus, unter Berücksichtigung seiner geistigen und körperlichen Veranlagung sowie seiner Ausbildung und seines Könnens alles zu unternehmen, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Dazu reicht die bloße Meldung bei den zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehenden Stellen nicht aus, sondern es ist auch die Entfaltung von Eigeninitiative zur Erzielung eines entsprechenden Einkommens zu fordern (2 Ob 250/97x; 1 Ob 223/98w; 8 Ob 133/00t ua; RIS-Justiz RS0047503 [T2]; vgl auch Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 140 Rz 6; Neuhauser in Schwimann, ABGB³ I § 140 Rz 70; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht³ 72). Die Beurteilung, ob die Bemühungen des Unterhaltsschuldners ausreichend sind, richtet sich stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalles (RIS-Justiz RS0007096, RS0113751) und begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG (zuletzt 2 Ob 239/06w).
Eine Fehlbeurteilung, die zwecks Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, ist dem Rekursgericht nicht unterlaufen:
Nach den auf das berufskundliche Sachverständigengutachten gestützten Feststellungen des Erstgerichtes hätte der Vater bei intensiver persönlicher und breit angelegter Arbeitsplatzsuche während des gesamten unterhaltsrelevanten Zeitraumes eine Arbeitsstelle als Taxifahrer oder Chauffeur mit einem die angenommene Unterhaltsbemessungsgrundlage sogar übersteigenden monatlichen Verdienst finden müssen. Der Vater tritt in seinem Revisionsrekurs dem Vorwurf des Rekursgerichtes, er habe „eine gezielte Arbeitsplatzsuche im gesamten Unterhaltsverfahren nicht nachweisen können", nicht entgegen. Er meint vielmehr, er habe nur die Wahl gehabt, entweder die vom Arbeitsmarktservice angeordneten Umschulungsmaßnahmen mit der Folge des Verlustes der Notstandshilfe zu verweigern, um Zeit für die Arbeitssuche zu haben, oder dem Auftrag des Arbeitsmarktservices nachzukommen, die Notstandshilfe weiter zu beziehen und nach den absolvierten Schulungen auf dem Arbeitsmarkt besser vermittelbar zu sein.
Bei dieser Argumentation übersieht er jedoch, dass er schon seit 7. 6. 2003 keiner sozialversicherungspflichtigen Vollbeschäftigung mehr nachgeht und seit 9. 9. 2003 Arbeitslosengeld bzw (ab 21. 11. 2004) Notstandshilfe bezieht, der erste der von ihm absolvierten Umschulungskurse aber erst am 6. 12. 2004 begann. Ein pflichtgetreuer Familienvater hätte schon bis zu diesem Zeitpunkt Eigeninitiative bei der Arbeitsplatzsuche entfaltet und - den Feststellungen zufolge - jedenfalls ab 1. 5. 2004 ein entsprechendes Einkommen erzielt. Die Untätigkeit des Vaters in dieser Phase seiner Arbeitslosigkeit löste bereits die Anwendung des Anspannungsgrundsatzes aus. Es steht zwar nicht fest, ob dem Vater in jenen Zeiträumen, in denen er Kurse absolvierte, auch noch ausreichend Zeit für eine gezielte und erfolgversprechende Arbeitsplatzsuche zur Verfügung stand (vgl allerdings das Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen ON 30 Seite 3, worin etwa der Zeitaufwand für den EDV-Kurs mit nur drei Stunden täglich angegeben wird). Auch für die Zeiträume zwischen und nach den Kursen liegen aber keine Anhaltspunkte für eigene Bemühungen des Vaters vor. Angesichts der beharrlichen Passivität des Vaters bei der Arbeitsplatzsuche, als deren Folge er überhaupt erst die - vom Arbeitsmarktservice angeordneten, laut Sachverständigen jedoch zu keiner Verbesserung seiner Arbeitsplatzfindungschancen führenden (ON 43 Seite 4) - Umschulungen absolvieren musste, um nicht auch noch den Anspruch auf Notstandshilfe zu verlieren (§ 10 Abs 1 Z 2 und 3 iVm § 38 AlVG), hält sich die Beurteilung des Rekursgerichtes, wonach der Vater während des gesamten unterhaltsrelevanten Zeitraumes auf das erzielbare Einkommen anzuspannen sei, im Rahmen der zitierten Judikatur.
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG war der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen. Von der Zurückweisung ist auch das Begehren auf Ersatz der Kosten des Revisionsrekurses umfasst, dem selbst im Falle eines Rechtsmittelerfolges keine Berechtigung zugekommen wäre (§ 101 Abs 2 AußStrG).
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