OGH 2Ob204/09b

OGH2Ob204/09b22.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowontny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. V***** P*****, geboren am 10. Jänner 1993, *****, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der Mutter Dr. K***** P*****, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. August 2009, GZ 48 R 175/09d-G-22, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 10. März 2009, GZ 84 P 125/08p-G-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen den bereits in Rechtskraft erwachsenen, nämlich das Mehrbegehren der Mutter, ihr über den Zeitraum von August 2009 bis zur Volljährigkeit der Minderjährigen und einen monatlichen Gegenwert von 1.500 EUR hinaus die pflegschaftsgerichtliche Ermächtigung zur Verfügung über das Wertpapiervermögen der Minderjährigen zu erteilen, abweisenden Teil der erstinstanzlichen Entscheidung richtet.

2. Im Übrigen werden die Akten dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

B e g r ü n d u n g :

Der Minderjährigen wurden von ihrem am 17. 4. 1999 verstorbenen Vater Anteile an einem Österreichischen Investmentfonds vermacht, die sich in Verwahrung einer Österreichischen Bank befinden. Aufgrund eines Beschlusses des Abhandlungsgerichts ist die Mutter der Minderjährigen als deren gesetzliche Vertreterin nur mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichts zur Verfügung über die Wertpapiere befugt.

Am 23. 12. 2008 stellte die in Südtirol wohnhafte Mutter den Antrag, ihr die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zu erteilen, für die Dauer der Ausbildung ihrer Tochter in einem Internat in Deutschland zur Tragung der Schulkosten monatlich über Miteigentumsanteile am Investmentfonds im Wert von 2.400 EUR, hilfsweise insgesamt über Miteigentumsanteile im Gegenwert von 26.160 EUR, verfügen zu können.

Das Erstgericht ermächtigte die Mutter, Miteigentumsanteile im Wert von 12.000 EUR zu verkaufen und den Erlös zu beheben. Es trug der Mutter auf, den Erlös ausschließlich für die Begleichung der angefallenen Schulkosten zu verwenden und dem Gericht diese Verwendung nachzuweisen. Das Mehrbegehren wies es ab.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts belaufen sich die monatlichen Schulkosten auf 2.420 EUR. Die Mutter hat monatliche Nettoeinkünfte von 2.500 EUR. Die Minderjährige erhält eine Halbwaisenpension von monatlich 432,10 EUR. In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht unter anderem davon aus, dass der Mutter für ihre in Fremdpflege befindliche Tochter ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 500 EUR möglich sei. Mit dem genehmigten Betrag seien die Kosten des Schuljahrs 2008/09 abgedeckt. Für das kommende Schuljahr (2009/10) werde die Mutter hingegen ein Internat zu suchen haben, dessen Kosten sie mit den ihr für den laufenden Unterhalt der Minderjährigen zur Verfügung stehenden Mitteln tragen könne.

Die Mutter erhob gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung Rekurs, wobei sie in ihrem Rechtsmittelantrag (nur noch) begehrte, sie ab August 2009 für die Dauer der Ausbildung ihrer Tochter bzw bis zu deren Volljährigkeit zu ermächtigen, zur Tragung der Schulkosten monatlich über Miteigentumsanteile am Investmentfonds im Wert von 1.500 EUR zu verfügen.

Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich das als „außerordentlicher Revisionsrekurs in eventu Zulassungsvorstellung verbunden mit dem ordentlichen Revisionsrekurs“ bezeichnete Rechtsmittel der Mutter, in welchem sie (nun wieder) die Erteilung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung anstrebt, für die Dauer der Ausbildung ihrer Tochter in dem näher bezeichneten Internat monatlich über Miteigentumsanteile am Investmentfonds im Wert von 2.400 EUR verfügen zu können.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs ist unzulässig, soweit er die Abänderung des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt. Auch im Außerstreitverfahren ergangene Entscheidungen sind der materiellen und formellen Rechtskraft fähig; sie binden die Betroffenen und die Gerichte. Es kommt daher grundsätzlich auch abweisenden Beschlüssen im Außerstreitverfahren die gleiche Rechtskraftwirkung zu wie einem nach den Vorschriften der ZPO ergangenen Urteil oder Beschluss (vgl 2 Ob 296/02x; 10 Ob 99/08v; RIS-Justiz RS0007171). Dies muss zur Zurückweisung des Rechtsmittels in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang führen.

2. Im Übrigen erweist sich die Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof als verfehlt:

Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG idF des Art 16 Abs 4 Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52, ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Der Antrag der Mutter zielt im Wesentlichen auf die Einräumung der Verfügungsbefugnis über das Wertpapierguthaben ihrer Tochter im geltend gemachten Umfang ab, um mit dem Verwertungserlös die konkret bezifferten monatlichen Ausbildungs- und Internatkosten abdecken zu können. Ein derartiger Anspruch ist rein vermögensrechtlicher Natur (vgl 9 Ob 243/99x) und auf die Erlangung der Verfügungsmacht über bestimmte monatliche Geldbeträge gerichtet, sodass ein Bewertungsausspruch des Rekursgerichts nach § 59 Abs 2 AußStrG nicht erforderlich war.

Die Mutter vertritt in ihrem Revisionsrekurs die Ansicht, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands, ausgehend von ihrem ursprünglichen Antrag, 30.000 EUR übersteige. Sie übersieht dabei, dass ihr Rekursantrag nur noch auf die Einräumung der Verfügungsmacht über Fondsanteile im Gegenwert von monatlich 1.500 EUR ab 1. 8. 2009 gerichtet war. Der zweitinstanzliche Entscheidungsgegenstand war somit in zeitlicher Hinsicht von August 2009 bis (längstens) zum Eintritt der Volljährigkeit der Minderjährigen im Jänner 2011, insgesamt also mit einer Dauer von 18 Monaten und der Höhe nach mit monatlich 1.500 EUR begrenzt. Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von 27.000 EUR (§ 58 Abs 1 JN iVm § 59 Abs 3 AußStrG). Der Beschluss des Rekursgerichts ist daher lediglich im Wege einer Zulassungsvorstellung gemäß § 63 AußStrG anfechtbar, den die Mutter „in eventu“ ohnedies erhoben hat (vgl 5 Ob 212/09a).

Aus diesem Grund ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen, welches das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben wird.

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