Spruch:
Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten ihrer jeweiligen Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten geschieden.
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen rückständigen und laufenden Unterhalts gemäß § 66 EheG in Anspruch.
Der Beklagte bestreitet seine Unterhaltspflicht dem Grunde nach inhaltlich nicht; er brachte jedoch vor, das tatsächliche sowie das erzielbare Eigeneinkommen der Klägerin erreiche einen Betrag, der über ihrem rechnerischen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten (29 % des Gesamtfamilieneinkommens) liege, sodass ihr letztlich kein Unterhalt zustehe.
Das Erstgericht fällte ein Zwischenurteil, mit dem es aussprach, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. In den Entscheidungsgründen führte es sodann aus, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin „ab Rückkauf“ rein rechnerisch unter ihrem anrechenbaren Eigeneinkommen liege.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zur Rechtsfrage, ob die Klägerin dazu verhalten sei, während aufrechter Ehe angelegte langfristig gebundene Vermögenswerte aufzulösen, wenn diese aktuell keine Erträgnisse abwerfen, und wie sich die mit der vorzeitigen Auflösung verbundenen Vermögensverluste auf den Unterhaltsanspruch auswirkten, liege nämlich keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien. Beide Revisionen sind - ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts - in Ermangelung von (derzeit) erheblichen Rechtsfragen nicht zulässig.
Wenn in einem Rechtsstreit ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und die Verhandlung zunächst bloß in Ansehung des Grundes zur Entscheidung reif ist, kann das Gericht gemäß § 393 Abs 1 ZPO vorab über den Grund des Anspruchs durch Zwischenurteil entscheiden, auch wenn noch strittig ist, ob der Anspruch überhaupt mit irgendeinem Betrag zu Recht besteht.
Zum Grund des Anspruchs gehören alle rechtserzeugenden Tatsachen, aus denen der Anspruch abgeleitet wird, und alle Einwendungen, die seinen Bestand berühren (2 Ob 268/06x = RIS-Justiz RS0122728).
Grundvoraussetzung für einen Unterhaltsanspruch nach § 66 EheG ist ein Verschuldensausspruch im Scheidungsurteil. Dies ist hier unstrittig. Die weiteren Voraussetzungen für eine Unterhaltsgewährung nach § 66 EheG betreffen die Unterhaltshöhe (vgl Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EheG [2008] § 66 Rz 4 f, 6 f). Die Einwendungen des Beklagten betreffen ausschließlich die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Klägerin.
Das Berufungsgericht führte aus, dass das erstgerichtliche Zwischenurteil verfehlt gewesen sei, weil der Anspruch dem Grunde nach gar nicht strittig sei. Da dies in den Berufungen nicht geltend gemacht werde, könne das Berufungsgericht diesen Umstand aber nicht aufgreifen. In der Folge befasste es sich mit Rechtsfragen, die ausschließlich die Höhe des Anspruchs betreffen. Den Berufungen sei nicht Folge zu geben, weil der Ausspruch dem Grunde nach jedenfalls nicht zu beanstanden sei.
Derzeit sind die in der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts und in den Revisionen angesprochenen Rechtsfragen noch nicht zu beantworten. Nach einem Zwischenurteil über den Anspruchsgrund ist die Lösung aller die Ermittlung der Höhe des Klageanspruchs betreffenden Fragen nämlich dem ergänzenden Verfahren vorbehalten, wobei die vom Berufungsgericht zur Höhe ausgesprochene Rechtsansicht das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren nicht bindet (1 Ob 9/05p).
Sowohl die in der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts angesprochenen Themen als auch die Ausführungen der Revisionswerber betreffen ausschließlich Fragen zur Höhe des Unterhaltsanspruchs der Klägerin, welche zum derzeitigen Verfahrensstand - zur Begründung des Klagsanspruchs dem Grunde nach - (noch) nicht von rechtlicher Relevanz sind und somit im konkreten Fall keine erheblichen Rechtsfragen berühren.
Die Rechtsmittel sind folglich als unzulässig zurückzuweisen.
Mangels Hinweises auf die Unzulässigkeit der jeweils gegnerischen Revision haben die Parteien die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu tragen (§§ 40, 50 ZPO; RIS-Justiz RS0035962).
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