Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien jeweils 50 % der mit 1.540,44 EUR (darin enthalten 256,74 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Die Revisionsbeantwortung der Ö***** GmbH & Co KG und der Ö***** GmbH wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Am 5. 9. 2005 wurde die Mutter der beiden Kläger als Fahrgast der Seilbahn der ehemals Viertbeklagten (deren Komplementärin die ehemals Fünftbeklagte ist) getötet, als bei einem über die Seilbahntrasse geführten Hubschrauber- Transportflug der ehemals Zweitbeklagten infolge einer Fehlfunktion der Auslösevorrichtung eine transportierte Außenlast samt Lastengehänge aus großer Höhe auf den Förderstrang der Liftanlage fiel. Eine Gondel stürzte samt Insassen aus ca 10 m Höhe zu Boden. Der (ehemals Erst-, nunmehr alleinige) Beklagte war der Pilot des bei der ehemals Drittbeklagten haftpflichtversicherten Hubschraubers.
Die Kläger begehrten zunächst die Zahlung von je 12.908,84 EUR sA sowie gegenüber dem (nunmehr einzigen) Beklagten die Feststellung der Haftung für alle künftigen Schäden aus dem Seilbahnunfall.
Mit Teilurteil vom 16. 1. 2007 erkannte das Erstgericht die ehemals Zweit- bis Fünftbeklagten zur ungeteilten Hand für schuldig, den Klägern jeweils den Betrag von 11.108,84 EUR sA zu zahlen, und wies das Mehrbegehren ab. Dieses Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt und die dagegen erhobenen Revisionen wurden vom Obersten Gerichtshof zu 2 Ob 41/08f zurückgewiesen.
In der Folge wurde das Verfahren gegen den (verbliebenen) Beklagten fortgesetzt, wobei die Kläger das Zahlungsbegehren auf je 11.108,84 EUR sA einschränkten. Sie brachten zum (im Berufungsverfahren allein noch strittigen) Anspruchsgrund vor, der Beklagte sei rechtskräftig wegen fahrlässiger Tötung strafgerichtlich verurteilt worden, weil er die Schutzbestimmung des § 16 AOCV 2004 und Vorgaben im Betriebshandbuch verletzt habe. Dieses verurteilende Straferkenntnis entfalte Bindungswirkung für den gegenständlichen Zivilprozess.
Der Beklagte bestritt sein Verschulden am Unfall.
Das Erstgericht gab sowohl dem Zahlungsbegehren, als auch dem Feststellungsbegehren statt. Es ging von der Bindungswirkung des verurteilenden Straferkenntnisses auch in zivilrechtlicher Hinsicht aus. Die Haftung des Beklagten sei daher zu bejahen. Damit rechtfertige sich auch das Feststellungsbegehren, zumal die Kläger noch minderjährig und weitere Ansprüche keinesfalls ausgeschlossen seien.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand jeweils 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass die Revision nicht zulässig sei. Aufgrund des nachträglichen Zulassungsantrags des Beklagten erklärte das Berufungsgericht die Revision doch für zulässig, weil der Frage, ob die zu § 24 KHVG 1987 (§ 28 KHVG 1994) ergangene Rechtsprechung auch im gegenständlichen Fall im Bereich des Luftfahrtversicherungsrechts heranzuziehen sei, erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Beklagten erhobene Revision ist entgegen dem - gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Der Beklagte macht geltend, dass die Bindungswirkung des Straferkenntnisses nur für den tatsächlichen Sachverhalt und den kausalen Tathergang gelte, nicht aber für die zivilrechtliche Subsumtion des strafrechtlich notwendigerweise festgestellten Verhaltens des Beklagten unter eine zivilrechtliche Haftungsnorm. Die Bestimmung des § 28 KHVG habe zur Judikatur des Obersten Gerichtshofs geführt, wonach für den Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung eine Bindung an die strafgerichtliche Verurteilung des Versicherten (Lenkers) weder für den Haftpflichtversicherer noch für den Versicherten selbst bestehe, unabhängig davon, wen der Geschädigte in welcher Reihenfolge zivilrechtlich in Anspruch nehme. Zur Vermeidung von unauflösbaren Wertungswidersprüchen zwischen dem Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung und der Haftpflichtversicherung in der Zivilluftfahrt sei daher eine analoge Anwendung des § 28 KHVG auf den gegenständlichen Fall angezeigt.
2.1. Dem § 24 KHVG 1987 (§ 28 KHVG 1994) ist der Grundgedanke zu entnehmen, dass ein auf denselben Sachverhalt gegründeter Schadenersatzanspruch gegenüber dem Versicherten und dem Versicherer einheitlich beurteilt werden soll, soweit und solange dies möglich ist. In einem gegen den Versicherten und den Versicherer gemeinsam geführten Rechtsstreit ist darauf Bedacht zu nehmen, dass über den eingeklagten Anspruch grundsätzlich einheitlich entschieden wird. Selbst dann, wenn (zunächst) nur der Versicherte geklagt wird, muss - schon im Hinblick auf die bloße Möglichkeit der Abweisung einer späteren Klage gegen den Versicherer - der Gefahr von Entscheidungsdivergenzen begegnet werden. Dies bedeutet, dass für den Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung eine Bindung an die strafgerichtliche Verurteilung des versicherten Lenkers im Allgemeinen unabhängig davon nicht besteht, wen der Geschädigte klageweise in Anspruch nimmt und wann dies geschieht. Nur wenn auszuschließen ist, dass es noch zu einem das Klagebegehren abweisenden Urteil zugunsten des Versicherers kommen kann, wäre dem versicherten Lenker der Einwand, er habe die Tat, derentwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, nicht begangen, verwehrt (RIS-Justiz RS0110240).
2.2. Ein derartiger Fall ist hier gegeben: Das Verfahren gegen den Haftpflichtversicherer (die ehemalige Drittbeklagte) ist rechtskräftig beendet. Aufgrund der Entscheidung 2 Ob 41/08f steht ein Anspruch der Kläger gegen den Versicherer fest. Dem Beklagten ist somit der Einwand, er habe die Tat nicht begangen, jedenfalls verwehrt, sodass die Frage der (analogen) Anwendung der (Rechtsprechung zu den) §§ 24 KHVG 1987 bzw 28 KHVG 1994 dahingestellt bleiben kann.
3. Soweit der Revisionswerber in der Annahme der Minderjährigkeit der Kläger durch das Berufungsgericht ein Abweichen vom erstgerichtlich festgestellten Sachverhalt ohne Beweiswiederholung oder Verfahrensergänzung zu erkennen vermeint, ist er darauf zu verweisen, dass sich das Geburtsdatum der Kläger - unbeanstandet - bereits aus dem Rubrum des erstgerichtlichen Urteils ergibt. Substantiiertes Vorbringen zum (Nicht-)Vorliegen der Unterhaltspflicht der Mutter der Kläger diesen gegenüber wurde vom Beklagten in erster Instanz nicht erstattet. Die nunmehrigen Ausführungen in der Revision sind daher nicht geeignet, Bedenken gegen die Berechtigung des Feststellungsbegehrens zu erwecken.
Die Revision des Beklagten zeigt insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb sie zurückzuweisen war.
4. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich anzusehen sind.
5. Zum Rechtsmittel gegen die Entscheidungen in der Hauptsache sind nur die Parteien und die Nebenintervenienten legitimiert (E. Kodek in Rechberger, ZPO3 Vor § 461 Rz 8). Die ehemals Viert- und Fünftbeklagten sind mit der Rechtskraft der Entscheidung zu 2 Ob 41/08f aus dem Prozessrechtsverhältnis zu den Klägern ausgeschieden, es mangelt ihnen daher nunmehr an der Parteistellung. Ihre Revisionsbeantwortung war daher als unzulässig zurückzuweisen.
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