Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Eltern der mj Kinder Bettina und Tanja leben - nach dem im Februar 2004 erfolgten Auszug des Vaters aus der in ihrem Hälfteeigentum stehenden landwirtschaftlichen Liegenschaft - dauernd getrennt. Sie vereinbarten, dass der Mutter bis zu ihrer Scheidung die Obsorge über die Kinder alleine zukomme.
Die beiden Kinder beantragten, den Vater zur Leistung von Geldunterhalt zu verpflichten.
Der Vater argumentierte zur Begründung seines Vorbringens, dass die begehrten Unterhaltsbeträge überhöht seien, insbesondere damit, dass die Kinder in dem im Eigentum beider Eltern stehenden gemeinsamen Haus wohnen würden, wodurch der Vater auch die Wohnungskosten mitbestreite. Außerdem könnte aus den Erträgnissen der Landwirtschaft auch ein Teil ihres Lebensaufwandes bestritten werden. Die Familie sei etwa wegen der ausgeübten Schweinezucht nicht genötigt, Fleisch einzukaufen. Die Hälfte der Erträge aus der Landwirtschaft sei als Naturalunterhalt, der den Kindern zugute käme, zu werten. Das Erstgericht verpflichtete den Vater letztlich mit Beschluss vom 5. 4. 2005 zum Unterhalt der mj Bettina von 1. 3. bis 31. 8. 2004 monatlich EUR 250,-- und ab 1. 9. 2004 monatlich EUR 266,-- zu leisten, zum Unterhalt der mj Tanja von 1. 3 bis 31. 8. 2004 monatlich EUR 200,-- und ab 1. 9. 2004 monatlich EUR 229,--. Das Rekursgericht setzte die Unterhaltspflicht des Vaters für den Zeitraum 1. 3. bis 31. 8. 2004 bezüglich der mj Bettina von monatlich EUR 250,-- auf EUR 213,-- herab und bezüglich der mj Tanja von EUR 200,-- auf EUR 180,--. Für den Zeitraum ab 1. 9. 2004 wurde dem Rekurs des Vaters nicht Folge gegeben. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zugelassen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, dass nach bisher ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes durch Leistungen des Unterhaltspflichtigen für die Beschaffung und Erhaltung der Ehewohnung kein Naturalunterhalt an die Kinder geleistet werde, weil diese Leistungen ausschließlich das familienrechtlicher Verhältnis zwischen den Ehegatten beträfen. Dieser Grundsatz gelte nur nicht für Aufwendungen, um die Wohnung in benützungsfähigem Zustand zu erhalten. Andererseits habe der Oberste Gerichtshof aber auch schon mehrfach zum Kindesunterhalt entschieden, dass ein Unterhaltsberechtigter, der nicht auch für die Kosten seiner Wohnversorgung aufzukommen habe, nicht mehr des gesamten Geldunterhaltes bedürfe, um seinen vollständigen Unterhalt decken zu können, was im Ergebnis einer Anrechnung einer sich wirtschaftlich ergebenden Wohnungskostenersparnis auch auf Unterhaltsansprüche von Kindern gleichkomme.
Im vorliegenden Fall würde nach Ansicht des Rekursgerichtes nur allenfalls die Berücksichtigung einer Wohnungskostenersparnis deshalb in Betracht kommen, weil die Kinder in dem im Miteigentum ihrer Eltern befindlichen Haus wohnen (können). Dass die Mutter die Erträgnisse aus der Landwirtschaft beziehe, könne keinesfalls als Naturalunterhalt des Vaters gewertet werden, weil die Erträgnisse aus der Landwirtschaft (wenngleich teilweise aus dem Vermögen des Vaters) nur durch Leistungen der Mutter gewonnen würden und außerdem auch eine tatsächliche Eigenersparnis zu keiner messbaren Bedarfsminderung führe. Was die Abdeckung der Wohnversorgung angehe, könne entsprechend dem Miteigentumsanteil des Vaters nur zu 50 % von geleistetem Naturalunterhalt bzw Ersparnis ausgegangen werden. Hier sei aber zu berücksichtigen, dass bei einem Regelbedarf von EUR 296,-- (für Bettina) und EUR 258,-- (für Tanja) jedenfalls auch die übrigen Bedürfnisse der Kinder angemessen abgedeckt werden müssen. Der monatlich auf die reinen Wohnungskosten entfallende Teil des Unterhaltes könne auch kaum höher als mit EUR 60,-- pro Kind veranschlagt werden, weshalb pro Kind maximal EUR 30,--/Monat als Naturalunterhalt gewertet werden könnten. Da aber (bei Regelbedarfssätzen von EUR 296,-- bzw EUR 258,--) die festgesetzten Unterhaltsbeträge jedenfalls erforderlich erschienen, um auch unter Berücksichtigung reduzierter Wohnungskosten die Gesamtbedürfnisse der Kinder abzudecken, hätte es bezüglich des Zeitraumes bis 31. 8. 2004 bei der Festsetzung von monatlich EUR 213,-- (für die mj Bettina) und EUR 180,-- (für die mj Tanja) bzw auch ab 1. 9. 2004 bei derjenigen von EUR 266,-- (für die mj Bettina) und von EUR 229,-- (für die mj Tanja) zu verbleiben.
Der weitere Rechtszug an den Obersten Gerichtshof sei zu eröffnen gewesen, weil der Rechtsfrage, ob, in welchem Umfang und in welcher Relation zum Regelbedarf eine sich wirtschaftlich ergebende Wohnkostenersparnis auf den Unterhalt von Kindern anzurechnen sei, eine grundsätzliche rechtserhebliche Bedeutung zukomme. Die Rechtsprechung hiezu könne auch nicht als einheitlich angesehen werden und der Oberste Gerichtshof habe zu 1 Ob 123/04a zuletzt selbst eine Überprüfung der erörterten Rechtsprechungslinien als angezeigt erachtet.
Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Vater, die Unterhaltsbeträge im gesamten strittigen Zeitraum um jeweils EUR 40,- pro Monat und Kind zu vermindern. Diese Reduktion ergebe sich bei entsprechender Anrechnung von Wohnungskosten und eines geringen Betrages für die Ersparnis bei der Schaffung von Nahrungsmitteln.
Die Minderjährigen beantragen, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig.
1. Der Oberste Gerichtshof hat zum Kindesunterhalt regelmäßig erkannt, dass Leistungen eines Ehegatten für die (vormalige) Ehewohnung ausschließlich das familienrechtliche Verhältnis zwischen diesem und dem anderen Ehegatten beträfen, von dem die Kinder ein Mitbenützungsrecht ableiteten; Naturalunterhalt an die Kinder leiste er damit aber nicht (RIS-Justiz RS0009551). Davon ausgenommen seien lediglich die Wohnungsbenützungskosten (2 Ob 220/04y).
2. In einigen jüngeren Entscheidungen (siehe etwa 4 Ob 41/05s; 7 Ob 95/05d; 4 Ob 142/06w) hat der Oberste Gerichtshof allerdings ausgesprochen, dass das Zurverfügungstellen einer Wohngelegenheit auch beim Kindesunterhalt nicht mehr von vornherein als von der Beurteilung als anrechenbarer Naturalunterhalt ausgeschlossen angesehen werden kann.
Diesbezüglich muss aber darauf geachtet werden, ob nicht die Überlassung der Wohnung oder des Hauses im Zusammenhang mit der nachehelichen Vermögensaufteilung zwischen den Ehegatten (Eltern) eine Gegenleistung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils dargestellt habe, wäre doch sonst der geldunterhaltspflichtige Elternteil mehrfach bevorzugt, wenn er zunächst für die Überlassung der Wohngelegenheit an den betreuenden Elternteil von diesem eine Gegenleistung lukriert und sich dann einen Teil seiner Unterhaltsleistungen mit dem Argument ersparen könnte, die unterhaltsberechtigten Kinder hätten einen geringeren Unterhaltsbedarf auf Grund bestehender Wohnversorgung. In diesem Fall wäre nämlich zu berücksichtigen, dass letztlich der betreuende Elternteil die Kosten der Wohnversorgung der Kinder getragen hat bzw. trägt und nicht der geldunterhaltspflichtige Elternteil (4 Ob 41/05s).
3. Der Senat schließt sich zwar der unter Punkt 2. dargestellten Beurteilung an, wonach das Zurverfügungstellen einer Wohngelegenheit auch beim Kindesunterhalt nicht von vornherein als berücksichtigungsfähig im Sinne von Naturalunterhalt ausgeschlossen ist.
Im vorliegenden Fall ist aber (noch) keine Aufteilung iSv § 81 EheG erfolgt. Es fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür, ob der Vater Leistungen zur Anschaffung oder Erhaltung der Ehewohnung erbracht hat (oder ob diese nicht von der Mutterseite stammt). Aus dem bloßen Miteigentum allein leitet sich jedenfalls kein Anspruch auf Anrechnung eines fiktiven Mietzinses als Naturalunterhalt auf den den Kindern geschuldeten Geldunterhalt ab.
4. Das Rekursgericht hat die vom Erstgericht für den Zeitraum ab 1. 9. 2004 festgesetzten Unterhaltsbeträge nicht herabgesetzt, da - auch bei Berücksichtigung von Wohnungskosten von EUR 30,- pro Kind als Naturalunterhalt - die vom Erstgericht festgesetzten Unterhaltsbeträge ohnehin unter den Regelbedarfssätzen liegen würden und somit jedenfalls erforderlich erschienen, um die Gesamtbedürfnisse der Kinder abzudecken.
Dies hält sich jedenfalls im Rahmen der gesetzlichen Bemessungsfaktoren. Eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung liegt nicht vor.
Im Übrigen handelt es sich bei Fragen der konkreten Unterhaltsbemessung regelmäßig um von der Kasuistik des konkreten Falles abhängige Einzelfallentscheidungen (denen kein Rechtsfragencharakter im Sinne des § 62 Abs. 1 AußStrG zukommt:
RIS-Justiz RS0053263).
Da die konkrete Unterhaltsbemessung immer auf den Einzelfall abzustellen ist, können Differenzen des Ergebnis nicht als uneinheitliche Rechtsprechung im Sinne des § 62 Abs. 1 AußStrG angesehen werden. Derartige Umstände würden einen Revisionsrekurs nur dann zulässig machen, wenn das Rekursgericht erkennbar gesetzliche Bemessungsfaktoren unbeachtet gelassen oder bei ihrer Beurteilung gegen den Willen des Gesetzgebers verstoßen hat (RIS-Justiz RS0053263), was hier nicht der Fall ist.
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