Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die minderjährigen Kinder beantragten die Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit 750 EUR bzw 500 EUR monatlich ab 1. 6. 2010.
Dieser Antrag wurde dem Vater im Oktober 2010 zur Äußerung binnen 14 Tagen zugestellt. In einer persönlichen Vorsprache im Oktober 2010 stellte der Vater eine Äußerung in Aussicht. Der Vertreter der Mutter verwies auf das anhängige Scheidungsverfahren und dort auch im Zusammenhang mit der Unterhaltsfrage der Kinder geführte Vergleichsgespräche. Im Jänner 2011 wurde mit dem Rechtsvertreter der Mutter besprochen, dass im Scheidungsverfahren keine Einigung in Sicht sei und dem Vater abermals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werde.
Daraufhin forderte das Erstgericht am 3. Februar 2011 den Vater unter Hinweis auf § 17 AußStrG zur Äußerung zum Unterhaltsantrag auf und zwar entweder durch Vorsprache am 11. 3. 2011, 9:00 Uhr beim Erstgericht oder durch schriftliche Äußerung „innerhalb dieser Frist“.
Der Vater erschien zum festgesetzten Termin nicht.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom selben Tag setzte das Erstgericht die Unterhaltspflicht antragsgemäß unter Hinweis auf § 17 AußStrG und den mangelnden Widerspruch des Vaters fest.
Am selben Tag gab der Vater mit Schriftsatz, eingebracht um 18:22 Uhr im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs (ERV), bekannt, er habe dem nunmehrigen Vertreter Vollmacht erteilt und beantrage eine Fristerstreckung, weil aufgrund terminlicher Schwierigkeiten die aufgetragene Stellungnahme zwischen dem Vater und seinem Rechtsvertreter nicht abschließend habe erörtert werden können.
Das Erstgericht reagierte auf diese Eingabe mit der Verfügung, das genaue Empfangsdatum im ERV zu erheben.
Innerhalb der begehrten Fristverlängerung brachte der Vater die in Aussicht gestellte Äußerung zum Unterhaltsantrag ein und erhob in der Folge Rekurs gegen die Unterhaltsfestsetzung.
Diesem gab das Rekursgericht nicht Folge. Mit der Aufforderung nach § 17 AußStrG sei dem Vater die Möglichkeit geboten worden, sich bis zum 11. 3. 2011, 9:00 Uhr zu äußern, sei es durch Vorsprache beim Erstgericht, sei es schriftlich. Dies könne nur dahin verstanden werden, dass auch die schriftliche Äußerung bis zu dem festgesetzten Zeitpunkt - einlangend bei Gericht - erfolgen habe müssen. Erörterungen darüber, ob die Frist erst um 24:00 Uhr des 11. 3. 2011 geendet habe, könnten aber unterbleiben, weil sich der Vater auch in dieser Frist nicht geäußert habe. Dem Fristerstreckungsantrag wäre keineswegs stattzugeben gewesen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Inhaltlich habe der Vater der Unterhaltsfestsetzung daher nichts entgegengesetzt. In der Festsetzung des Unterhalts im Ausmaß des 2 ½-fachen des Regelbedarfs liege keine Überalimentierung.
Über Antrag der Vaters ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich zu. Eine erhebliche Rechtsfrage liege sowohl wegen der Frage des Endes der Frist für die schriftliche Äußerung als auch insofern vor, ob ein Fristerstreckungsantrag als Bestreitung der Richtigkeit des Antragsvorbringens zu sehen sei.
Gegen die Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht, in eventu an das Rekursgericht zurückzuverweisen, in eventu die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass der Antrag der Kinder ab- oder zurückgewiesen werde.
Die Kinder beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, gegebenenfalls ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
I. Gemäß § 17 AußStrG kann das Gericht eine Partei unter Setzung einer angemessenen Frist dazu auffordern, sich zu einem Antrag oder zum Inhalt von Erhebungen zu äußern, oder die Partei zu diesem Zweck zu einer Vernehmung oder Tagsatzung laden. Lässt die Partei die Frist ungenützt verstreichen oder leistet sie der Ladung nicht Folge, kann das Gericht annehmen, dass keine Einwendungen bestehen.
Gemäß § 23 AußStrG sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Fristen grundsätzlich auch im Verfahren außer Streitsachen sinngemäß anzuwenden. Damit sind insbesondere die §§ 123 bis 129 ZPO gemeint (vgl ErlRV in Fucik/Kloiber AußStrG, 121).
Nach § 125 Abs 2 ZPO enden die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Nach Abs 3 der Bestimmung kann das Ende einer Frist auch durch Angabe eines bestimmten Kalendertages bezeichnet werden.
Nach § 89 GOG gilt auch bei richterlichen Fristen in bürgerlichen Rechtssachen, die einer Partei zur Abgabe von Erklärungen, Anbringen von Anträgen Überreichung von Schriftsätzen oder zur Vornahme anderer Handlungen offen stehen, dass die Tage des Postenlaufes nicht in die Frist eingerechnet werden. Es genügt daher, wenn der entsprechende Schriftsatz vor Ablauf des letzten Tages der Frist zur Post gegeben wurde.
Dagegen ist die Bestimmung des Endes einer richterlichen Frist mit einer bestimmten Stunde eines Tages in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehen. Seit Einführung des ERV kann zwar die genaue Uhrzeit der Einspeisung eines Schriftsatzes in das ERV-System - somit der Beginn dieses spezifischen „Postenlaufes“ - festgestellt werden.
Dennoch erfolgte keine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Fristen nach den Zivilprozessgesetzen. Es ist daher weiterhin davon auszugehen, dass eine mit einem bestimmten Tag gesetzte Frist auch dann gewahrt ist, wenn der entsprechende Schriftsatz bis Ende dieses Tages „zur Post“ gegeben wurde.
Dass im hier vorliegenden Fall alternativ zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme die Möglichkeit der Vorsprache bei Gericht zu einem bestimmten Termin angeboten wurde, ändert an diesem Ergebnis nach Ansicht des erkennenden Senats nichts.
Die Frist für die Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme endete daher im vorliegenden Fall nicht um 9:00 Uhr des 11. 3. 2011, sondern mit Ablauf dieses Tages. Der um 18:22 Uhr in das ERV-System eingespeiste Schriftsatz war somit nicht verspätet.
II. Nach § 128 ZPO können gesetzliche Fristen mit Ausnahme der Notfristen sowie richterliche Fristen, hinsichtlich welcher das Gesetz nichts anderes bestimmt, vom Gericht verlängert werden, wenn die Partei, der die Frist zugute kommt, aus unabwendbaren oder doch sehr erheblichen Gründen an der rechtzeitigen Vornahme der befristeten Prozesshandlung gehindert ist und insbesondere ohne die Fristverlängerung einen nicht wieder gutzumachenden Schaden erleiden würde. Der Antrag muss vor Ablauf der Frist bei Gericht eingebracht werden. Es kann bei der ersten derartigen Verlängerung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung entschieden werden. Die zur Rechtsfertigung des Antrags angeführten Umstände sind dem Gericht auf Verlangen glaubhaft zu machen. Mangels hinreichender Begründung ist der Antrag zu verwerfen.
Eine Fristverlängerung ist daher nur zu bewilligen, wenn der Antrag vor Ablauf der ursprünglichen Frist eingebracht wurde und Gründe glaubhaft gemacht werden (Gitschthaler in Rechberger 3 §§ 128 - 129 ZPO, Rz 3). Solange der Antrag nicht bewilligt ist, wird die Frist nicht verlängert. Sie wird also nicht bereits ipso facto durch die Stellung des Verlängerungsantrags bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung verlängert (Buchegger in Fasching/Konecny 2 II/2 § 128 ZPO Rz 18; vgl RIS-Justiz RS0036620). Dem Fristverlängerungsantrag kommt somit keine aufschiebende Wirkung zu (Gitschthaler aaO).
Erachtet das Gericht die Verlängerungsgründe als nicht genügend bescheinigt oder die vorgebrachten Gründe weder als unabwendbar noch als erheblich iSd § 128 Abs 2 ZPO, hat es den Verlängerungsantrag zu „verwerfen“. Nach Buchegger aaO Rz 22 lässt das Gesetz mit diesem systemwidrigen Begriff erkennen, dass die Anträge als prozessuale Zwischenanträge formell zu erledigen sind. Die Verwerfung sei daher richtig eine Zurückweisung.
Der Inhalt des hier zu beurteilenden Fristverlängerungsantrags, der sich lediglich auf mangelnde Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem neuen Rechtsvertreter des Vaters beruft - ohne dies in irgendeiner Weise näher zu erläutern, zu bescheinigen oder darzulegen - entspricht in keiner Weise den dargestellten gesetzlichen Voraussetzungen. Unabwendbare oder doch sehr erhebliche Gründe für die Hinderung an der rechtzeitigen Vornahme der Prozesshandlung werden nicht einmal ansatzweise dargetan. Der Antragsgegner hatte vielmehr vom Unterhaltsantrag seit Monaten Kenntnis, er war wiederholt zur Stellungnahme aufgefordert worden bzw waren ihm Fristen für seine Stellungnahme - oder eine vergleichsweise Regelung im Scheidungsverfahren - gewährt worden.
Der Antrag, dem - wie gesagt - selbst keine fristverlängernde Wirkung zukam, wäre daher jedenfalls zu „verwerfen“ gewesen. Dies unterblieb, weil das Erstgericht bereits vor seinem Einlangen im Laufe des 11. 3. 2011 seinen Unterhaltsbeschluss fasste.
III. Ein primärer Verfahrensmangel, also ein Verstoß gegen die Prozessgesetze, kann aber nur dann mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden, wenn der Mangel abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache zu verhindern (Kodek in Rechberger 3 § 496 ZPO Rz 3). Da dies hier nicht der Fall war, kann auch die nicht ausdrückliche Behandlung des Rekursgrundes der Mangelhaftigkeit durch das Rekursgericht - die Frage des Fristenablaufs bzw der Nichtbehandlung des Fristverlängerungsantrags wurde explizit nur unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des rechtlichen Gehörs, nicht aber der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens behandelt - nicht zu einer Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens führen. Ein Verfahrensmangel kann aber nur dann zur Aufhebung einer Entscheidung führen, wenn er für die Entscheidung wesentlich war und sich auf diese hätte auswirken können (Kodek in Rechberger 3, § 503 ZPO Rz 16).
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