Spruch:
Der Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die zweitbeklagte Partei hat die auf sie entfallenden Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Dem Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß der Berichtigungsantrag der klagenden Partei abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 5.297,08 bestimmten Kosten ihres Revisionsrekurses (darin Umsatzsteuer von S 331,55, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Am 22.9.1982 wurde bei einem Verkehrsunfall auf der Kärntner Bundesstraße in Unteraich, der vom Zeitbeklagten als Halter und Lenker des Sattelfahrzeuges mit dem Kennzeichen 329.529 MN (I) verschuldet worden war, der Ehegatte der Klägerin getötet. Im vorliegenden Rechtsstreit stellte die Klägerin aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall nach mehrfachen Klagsausdehnungen und -einschränkungen zuletzt das Begehren, 1) es werde festgestellt, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand der Klägerin für alle Schäden, die ihr in Hinkunft aus diesem Verkehrsunfall erwachsen, zu haften haben, wobei die Haftung der Erstbeklagten auf die am 22.9.1982 gültig gewesenen Höchstbeträge des EKHG für einen Unfall aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges beschränkt ist, 2) die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 30.272,70 sA zu verurteilen und 3) die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, der Klägerin ab 1.1.1986 auf Lebensdauer, längstens jedoch bis 31.1.2013, eine monatliche Rente zu bezahlen, und zwar in der Zeit vom 1.1.1986 bis 30.11.1989 monatlich S 5.484,50, in der Zeit vom 1.12.1989 bis 31.8.1992 monatlich S 6.158,--, in der Zeit vom 1.9.1992 bis 28.2.2005 monatlich S 6.831,50 und in der Zeit vom 1.3.2005 bis 31.1.2013 monatlich S 3.967,--, wobei die Zahlungspflicht der Erstbeklagten auf die am 22.9.1982 gültig gewesenen Höchstbeträge des EKHG für einen Unfall aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges beschränkt ist. In ihrer Klagserzählung hatte die Klägerin erwähnt, daß das Sattelfahrzeug des Zweitbeklagten bei der Anstalt des L*** A***, Triest, haftpflichtversichert gewesen sei; für alle Ansprüche aus diesem Verkehrsunfall hafte die Erstbeklagte bis zur Höhe der Deckungssumme aus diesem Haftpflichtversicherungsvertrag. Weiteres Vorbringen der Streitteile zur Frage des Umfanges der Haftung der Erstbeklagten für die Unfallsfolgen ist dem Akt nicht zu entnehmen. Die Klägerin hat aber die bereits in ihrem Klagebegehren vorgenommene Beschränkung ihres gegen die Erstbeklagte gerichteten Feststellungs- und Rentenbegehrens auf die Höhe der im EKHG normieten Höchstbeträge anläßlich ihrer mehrfachen Klagsausdehnungen und -einschränkungen immer ausdrücklich aufrechterhalten (ON 1 S 18; ON 11 S 54; ON 13 S 102; ON 15 S 113 und ON 20 S 140). Das Erstgericht entschied mit seinem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 30.12.1987 (ON 23) über die im vorliegenden Rechtsstreit von der Klägerin erhobenen Ansprüche. Im Punkt 1) dieses Urteiles gab es dem Feststellungsbegehren der Klägerin statt, wobei es aussprach, daß die Haftung der Erstbeklagten auf die am 22.9.1982 gültig gewesenen Höchstbeträge nach dem EKHG für einen Unfall aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges beschränkt ist. Im Punkt 3) dieses Urteiles erkannte es die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin auf Lebensdauer, längstens jedoch bis zum 31.1.2013 - die Erstbeklagte jedoch beschränkt auf die am 22.9.1982 gültig gewesenen Höchstbeträge des EKHG für einen Unfall aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges -, vom 1.1. bis 31.12.1986 eine
monatliche Rente von S 5.026,--, vom 1.1.1987 bis 31.10.1989 eine
monatliche Rente von S 4.582,23, vom 1.11.1989 bis 31.8.1992 eine
monatliche Rente von S 5.227,03, vom 1.9.1992 bis 28.2.2005 eine monatliche Rente von S 5.871,83 und vom 1.3.2005 bis 31.1.2013 eine monatliche Rente von S 3.967,-- zu bezahlen.
Mit ihrem am 20.5.1988 beim Erstgericht eingelangten Berichtigungsantrag (ON 24a) stellte die Klägerin das Begehren, den Spruch des Urteiles des Erstgerichtes in seinen Punkten 1) und 3) dahin zu berichtigen, daß anstelle der Beschränkung der Haftung der Erstbeklagten auf die am 22.9.1982 gültig gewesenen Höchstbeträge nach dem EKHG für einen Unfall aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges die Beschränkung der Haftung der Erstbeklagten "auf die am 22.9.1982 gültig gewesene Deckungssumme aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag für den PKW des Zweitbeklagten" eingesetzt werde.
Das Erstgericht wies diesen Berichtigungsantrag zurück. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Haftung des Versicherers im Rahmen der Deckungssumme aus einem abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag ein Plus gegenüber der Haftung im Rahmen des Höchstbetrages nach dem EKHG aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges sei. Nach § 405 ZPO sei das Erstgericht nicht befugt gewesen, der Klägerin etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt habe. Im Hinblick auf das Klagebegehren hätte die Beschränkung der Haftung der Erstbeklagten auf die am 22.9.1982 vereinbarte Deckungssumme aus dem Versicherungsvertrag ein Plus und somit einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 405 ZPO dargestellt. Wenn sich die Klägerin bzw ihr Vertreter bei der Fassung des Klagebegehrens geirrt habe, so könne dieser Irrtum nicht im Wege einer Urteilsberichtigung beseitigt werden. Nach § 419 ZPO könnten nur Fehler des Gerichtes, nicht aber Fehler einer Partei berichtigt werden. Ein Fehler des Gerichtes liege aber nicht vor. Der Berichtigungsantrag der Klägerin sei daher zurückzuweisen. Dem gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes gerichteten Rekurs der Klägerin gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Spruch des Urteiles in seinen Punkten 1) und 3) in der Weise berichtigte, daß anstelle der Beschränkung der Haftung der Erstbeklagten auf die am 22.9.1982 gültig gewesenen Höchstbeträge nach dem EKHG für einen Unfall aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges die Beschränkung der Haftung der Erstbeklagten "auf die am 22.9.1982 gültig gewesenen Mindestversicherungssummen aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag für das Sattelfahrzeug Mercedes-Benz mit dem italienischen Kennzeichen 329529 MN (I) des Zweitbeklagten" trete. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß die Haftung der Erstbeklagten durch das KFG auf die am Unfallstag gültig gewesenen Mindestversicherungssummen beschränkt sei. Auf diese Beschränkung habe die Klägerin in ihrem Tatsachenvorbringen in der Klage zweimal hingewiesen. Ein Fall der Gefährdungshaftung nach dem EKHG, der eine Beschränkung auf die Haftungshöchstbeträge nach diesem Gesetz rechtfertigen würde, liege nicht vor. Da die Klägerin Rentenbeträge bis zum 31.1.2013 begehrt und auch zugesprochen erhalten habe, könne nicht angenommen werden, daß das Erstgericht die seinem Urteil auf Grund des Gesetzes zukommende Vollstreckbarkeit des Leistungsbefehles dadurch wieder weitgehend ausschalten habe wollen, daß es die Haftung der Erstbeklagten gleichwohl auf die Höchstbeträge des EKHG einschränken habe wollen. Vielmehr sei anzunehmen, daß der durch ein offenkundiges Versehen der der Klägerin unterlaufene Fehler nicht im Wege einer möglichen und zulässigen Verdeutlichung des Spruches im Sinne der Bestimmungen des KFG behoben worden sei. Zu einer solchen Verdeutlichung sei das Gericht stets berechtigt und auch verpflichtet, wenn sonst die Vollstreckbarkeit des Urteils gefährdet sei. Dieser Grundsatz habe auch dann zu gelten, wenn infolge eines offenkundigen Versehens ein vom Gesetz vorgesehener zusätzlicher Urteilsspruch die Haftung der Erstbeklagten in einer nicht durch die Sach- und Rechtslage gerechtfertigten Weise einenge. Dies ergebe sich aus der weiteren Erwägung, daß der richtige zusätzliche Urteilsspruch (Beschränkung auf die Mindestversicherungssumme) vom Erstgericht auch dann hätte beigesetzt werden müssen, wenn die Klägerin in ihrem Klagebegehren hierauf überhaupt nicht Bedacht genommen hätte. Sei aber ein fehlender zusätzlicher Urteilsspruch von Amts wegen beizusetzen, dann müsse auch ein vom Gericht übersehener Parteifehler in einer dem Tatsachenvorbringen der Klägerin Rechnung tragenden Weise berichtigt werden können, da nur auf solche Weise die vom Gesetz gebotene berichtigende Verdeutlichung möglich sei. In einer solchen Berichtigung liege auch kein Verstoß gegen § 405 ZPO. Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Berichtigungsantrag der Klägerin zurück- bzw abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Revisionsrekurs ist, soweit er vom Zweitbeklagten erhoben wurde, unzulässig, weil die vom Rekursgericht angeordnete Berichtigung nur dem gegen den Erstbeklagten ergangenen Urteilsspruch betrifft und durch die Entscheidung des Rekursgerichtes in materielle oder prozessuale Rechte des Zweitbeklagten in keiner Weise eingegriffen wird. Der Revisionsrekurs des Zweitbeklagten ist daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen.
Die auf ihn entfallenden Kosten des Revisionsrekurses hat der Zweitbeklagte selbst zu tragen (§§ 40, 46, 50 ZPO). Hingegen ist der Revisionsrekurs der Erstbeklagten zulässig und auch sachlich berechtigt.
Gemäß § 419 Abs 1 ZPO kann das Gericht, das das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten im Urteil oder dessen Ausfertigungen oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen. Wie sich schon aus der Verwendung des Wortes "jederzeit" ergibt, ist eine derartige Berichtigung selbst nach eingetretener Rechtskraft des Urteils möglich. Sie hat ihre theoretische Grundlage in der Tatsache, daß der materielle Gehalt der Entscheidung durch den Entscheidungswillen des Gerichtes bestimmt wird (Fasching, Kommentar III 807; 8 Ob 621/87 ua). Die offenbare Unrichtigkeit, welche einer Berichtigung im Sinne des § 419 Abs 1 ZPO zugänglich ist, darf jedoch nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens des erkennenden Richters nach außen betreffen (Fasching aaO 809; Holzhammer, Zivilprozeßrecht 290; EvBl.1958/84; JBl.1969, 41; 4 Ob 358-365/83; 8 Ob 35/85; 8 Ob 621/87 uva). Es muß sich also um eine Diskrepanz zwischen Gewolltem und Erklärtem handeln (Petschek-Stagel, Zivilprozeß 214). Der Irrtum muß sich aus dem ganzen Zusammenhang für das Gericht und die Parteien in dem Sinn ohne weiteres ergeben, daß schon nach dem Inhalt der Entscheidung offenkundig ist, daß das, was ausgesprochen wurde, dem Willen des Gerichtes zur Zeit der Fällung der Entscheidung nicht entsprochen hat (Fasching aaO 810; JBl.1979, 38; 8 Ob 35/85; 8 Ob 621/87 uva). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die in den Punkten 1) und 3) des Urteils des Erstgerichtes angeordnete Beschränkung der Haftung der Erstbeklagten entsprach nicht nur dem von der Klägerin ausdrücklich gestellten Urteilsantrag, sondern, wie sich insbesondere aus der Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses ergibt, dem Entscheidungswillen des Erstgerichtes. Die sachliche Richtigkeit des Urteils des Erstgerichtes ist hier nicht zu untersuchen; entscheidend ist vielmehr die Frage des Entscheidungswillens im oben dargestellten Sinn. Die zu 5 Ob 520/87 getroffene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, auf die sich das Rekursgericht beruft, betrifft keinen vergleichbaren Fall. Dort handelte es sich darum, daß einem Urteilsspruch im Wege der Berichtigung eine dem Entscheidungswillen des Gerichtes entsprechende exekutionsfähige Fassung gegeben wurde. Im vorliegenden Fall würde jedoch durch die von der Klägerin angestrebte Berichtigung des Urteils des Erstgerichtes der sachliche Gehalt dieser Entscheidung gegenüber der Erstbeklagten wesentlich verändert. Dies ist im Wege der Berichtigung des Urteils nicht möglich, wenn die getroffene Entscheidung dem Entscheidungswillen des Gerichtes entsprach. Da dies hier zutraf, war der Berichtigungsantrag der Klägerin bei richtiger rechtlicher Beurteilung abzuweisen.
Der angefochtene Beschluß war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der Erstbeklagten im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe zu bestätigen, daß der Berichtigungsantrag der Klägerin nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses der Erstbeklagten beruht auf den §§ 41, 46, 50 ZPO.
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