European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00109.16T.0628.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO). An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).
Nichtig iSd § 477 Abs 1 Z 9 ZPO sollen nach den Revisionsbehauptungen die vorinstanzlichen Urteile sein, weil sie keine Feststellungen enthalten. Von dieser Nichtigkeit kann keine Rede sein, weil ein Unschlüssigkeitsurteil nur die Schlüssigkeit der Klagsbehauptungen verneint und somit keiner Feststellungen bedarf (vgl RIS‑Justiz RS0037755 zu einem wegen Unschlüssigkeit abweislichen Versäumungsurteil).
Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist – auch im Fall einer wie hier ergänzenden Schmerzengeldbemessung – eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Auch ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht bzw wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0042828). Dies gilt auch für die Frage der Schlüssigkeit eines Vorbringens (RIS‑Justiz RS0042828 [T19, T39]). Lässt eine Klagserzählung in den Einzelheiten die Deutlichkeit vermissen, so ist dies für sich allein noch kein Grund, das Klagebegehren abzuweisen. Das Gericht hat vielmehr gemäß § 182 ZPO die Parteien zu einer Ergänzung ihres Vorbringens und im Bestreitungsfall zur Stellung geeigneter Beweisanträge anzuhalten. Erst wenn nach Erfüllung dieser Prozessleitungspflicht der Vortrag rechtserzeugender Tatsachen nicht ausreicht, um den geltend gemachten Anspruch zu begründen, kann das Begehren wegen Unschlüssigkeit abgewiesen werden (RIS‑Justiz RS0037076).
Das Erstgericht ist seiner Prozessleitungspflicht nach § 182 ZPO nachgekommen (ON 6). Die Ansicht der Vorinstanzen, das Vorbringen der Klägerin sei unschlüssig, hält sich im Rahmen des den Vorinstanzen zustehenden Beurteilungsspielraums. Dasselbe gilt für die implizite Beurteilung, der bloße Verweis der Klägerin auf die in den Vorprozessen erfolgte Teilbemessung des Schmerzengelds reiche für die Schlüssigkeit des Klagsvorbringens nicht aus, zumal Grund für die Zulässigkeit der Teilbemessung des Schmerzengelds ja gerade der Umstand war, dass im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz die zukünftigen Schmerzen nicht hinreichend behauptet und abgeschätzt werden konnten (vgl schon das Urteil im zweiten Vorprozess 2 Ob 242/09s). Von „bereits objektivierten und festgestellten zukünftigen Schmerzen der Vorverfahren“ kann somit keine Rede sein.
Sonstige erhebliche Rechtsfragen zeigt die Revision nicht auf.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, weshalb die Revisionsbeantwortung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente (RIS‑Justiz RS0035979; RS0035962).
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