Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird das Bezirksgericht Innsbruck bestimmt.
Text
Begründung
Mit der am 17. 11. 1997 (11.07 Uhr) zunächst per Telefax, am nächsten Tag auch mittels Schriftsatzes beim Bezirksgericht Floridsdorf eingebrachten Klage erhob Walter H***** als Kläger das Feststellungsbegehren, daß die am 18. 4. 1972 während seiner damals noch aufrechten (und später geschiedenen) Ehe mit Maria M***** geborene beklagte Partei Nina Sonja M***** nicht der Ehe ihrer Mutter mit dem Kläger entstammt und somit nicht ehelich ist. In der ersten mündlichen Streitverhandlung wurde hiezu (auch unter Hinweis auf den Verlaßakt samt Todesbescheinigung) weiter vorgebracht, daß der genannte Kläger nach Klageeinbringung am 17. 11. 1997 um 12.30 Uhr desselben Tages verstorben und die Parteienbezeichnung auf Klagsseite daher auf dessen Verlassenschaft, vertreten durch die erbserklärte Witwe, zu ändern sei.
Die beklagte Partei, deren Adresse (und damit ordentlicher Wohnsitz) zum Zeitpunkt der Klageeinbringung im Sprengel des angerufenen Erstgerichtes lag, und welche zwischenzeitlich nach Tirol (zunächst Oberhofen und nunmehr Innsbruck) übersiedelt ist, bestritt das Klagebegehren, insbesondere, daß die Klage noch vor dem Tod des Erblassers und mit dessen Wissen und Wollen eingebracht worden sei.
Das Verfahren befindet sich derzeit im Stadium der Beweisaufnahme (bisher wurde neben diversen Urkundenvorlagen nur die Mutter der beklagten Partei als Zeugin einvernommen), nachdem ein Beschluß des Erstgerichtes, wonach die Klage als ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen erklärt und die klagende Partei zum Kostenersatz an die beklagte Partei verfällt wurde, vom Rekursgericht aufgehoben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde.
In diesem Verfahrensstadium stellte nunmehr die klagende Partei den Antrag, der Oberste Gerichtshof möge das gegenständliche Verfahren an das Bezirksgericht Innsbruck gemäß § 31 JN aus Gründen der Zweckmäßigkeit delegieren; sowohl die beklagte Partei als auch der vormalige Klagevertreter RA Dr. Strickner und der behandelnde Arzt des vormaligen Klägers sowie ein weiterer angebotener Zeuge Matthias M***** hätten allesamt ihre Wohnsitze in Innsbruck; die erbserklärte Witwe und Alleinerbin wohne nur 10 km entfernt von Innsbruck in Hall i. T.. Das von Walter H***** vor dessen Tod abgenommene Blut befinde sich in der neurologischen Ambulanz der Universitätsklinik Innsbruck, sodaß das als Beweis angebotene serologische Gutachten durch das gerichtsmedizinische Institut der Universität Innsbruck einzuholen sei.
Die beklagte Partei sprach sich gegen eine Delegierung aus.
Das Erstgericht legt die Akten mit dem Bemerken vor, daß tatsächlich jedenfalls fünf der beantragten Zeugen einschließlich der Beklagten als Partei außerhalb des Sprengels des angerufenen Erstgerichtes (nämlich in Tirol bzw eine Zeugin auch in der Bundesrepublik Deutschland) wohnhaft seien, wobei aufgrund ihrer Bedeutung eine Vernehmung wenigstens dreier von ihnen vor dem erkennenden Gericht zur Vermeidung einer "Aushöhlung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes" vorgesehen sei, sodaß dem bereits gestellten Antrag auf Vernehmung im Rechtshilfeweg (speziell in Tirol) nicht entsprochen würde. Eine Delegierung würde das Verfahren sohin nicht vereinfachen, sondern lediglich den zu Vernehmenden eine weite Anreise und damit auch Kosten ersparen. Außer dem Beklagtenvertreter sei aber keiner der Beteiligten (mehr) im Sprengel des Erstgerichtes wohnhaft oder beschäftigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist berechtigt.
Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung soll eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Wenn sich daher die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen läßt und eine Partei der Delegation widersprochen hat, ist diese grundsätzlich abzulehnen (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 31 JN; 10 Nd 501/98).
Im vorliegenden Fall sind jedoch derart ausreichende Gründe gegeben, die letztlich für die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung sprechen. Gemäß § 31 Abs 1 JN ist eine Delegierung nämlich zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreites beitragen kann (Fasching, LB2 Rz 209; 2 Nd 1/98). Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinne bilden der Wohnort der Parteien und der zu beantragenden Zeugen oder die Lage eines Augenscheinsgegenstandes (Mayr aaO; 2 Nd 1/98). Wohnt eine Partei und die überwiegende Anzahl der Zeugen im Sprengel eines anderen Gerichtes, dann kann es demnach durchaus zweckmäßig sein, die Rechtssache an dieses Gericht zu delegieren (4 Nd 502/98).
Das vorlegende Erstgericht hat bereits selbst ausgeführt, daß sogar sämtliche angebotenen Zeugen nicht in seinem Sprengel wohnhaft sind, sondern vielmehr - bei Einvernahme vor dem erkennenden Gericht anstelle des beantragten Rechtshilfeweges - lange Anreisen (im wesentlichen aus Tirol) in Kauf nehmen müßten. Auch die beklagte Partei, deren Einvernahme als Partei allerdings für das Beweisverfahren der vorliegenden Ehelichkeitsbestreitungsklage nur von untergeordneter Bedeutung ist, ist zwischenzeitlich ebenfalls in dieses Bundesland zurückgekehrt. Unstrittig erfolgte die für eine allfällige serologische Begutachtung erforderliche Blutabnahme beim Verstorbenen gleichfalls in Tirol und befindet sich dieses Beweismittel in eben diesem Bundesland. Die Beweisaufnahmen zur Frage der ehelichen Abstammung der beklagten Partei berühren somit den Sprengel des Erstgerichts sachbezogen in keiner Weise. Auch zu der im bisherigen Verfahrensgang relevierten Frage der Geschäfts- und Prozeßfähigkeit des vormaligen Klägers Walter H***** sind ausschließlich Beweismittel angeboten worden, deren Ortsbezogenheit nach Tirol und nicht nach Wien weist. Das Erstgericht hat auch noch keinen (formellen) Beweisbeschluß gefaßt, wenngleich in der Streitverhandlung vom 14. 1. 1998 die Mutter der beklagten Partei bereits als Zeugin vernommen wurde. Diese ist jedoch gleichfalls in Tirol wohnhaft und daher für eine (ergänzende) Befragung wesentlich leichter nach Innsbruck als nach Wien ladbar.
Aus dieser - summarischen - Zusammenfassung des Akten- und Verfahrensstandes ergibt sich somit, daß die Argumente für die beantragte Delegierung die Argumente dagegen bei weitem überwiegen. Dies gesteht auch die beklagte Partei in ihrer Stellungsnahme gegen den Delegierungsantrag grundsätzlich selbst zu; für die hierin zum Ausdruck gebrachte Befürchtung, die klagende Partei wolle durch ihren Delegierungsantrag bloß das ihr "nicht genehme" Entscheidungsorgan (Erstgericht) "ausblenden", vermag der Oberste Gerichtshof keine sachlichen Anhaltspunkte zu erkennen.
Da die Delegierung somit im Interesse aller Parteien liegt, war dem Delegierungsantrag Folge zu geben.
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