OGH 25Ns2/14g

OGH25Ns2/14g20.8.2014

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 20. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Niederleitner und Mag. Dorn sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weitere Richter über die aufgrund der Disziplinaranzeige der Sonja G***** gegen Mag. Oliver L*****, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gestellten Delegierungsanträge des Kammeranwalts und des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, Zahl KA 16/14, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0250NS00002.14G.0820.000

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Sonja G***** erstattete am 16. April 2014 eine Disziplinaranzeige gegen den Klagenfurter Rechtsanwalt Mag. Oliver L*****. Der Kammeranwalt legte diese weder nach § 22 Abs 2 DSt zurück, noch stellte er einen Antrag auf Bestellung eines Untersuchungskommissärs nach § 22 Abs 3 DSt, beantragte jedoch ‑ ebenso wie der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten durch seinen Präsidenten ‑ unter Berufung auf § 25 Abs 1 DSt „die Durchführung des Disziplinarverfahrens einem anderen Disziplinarrat zu übertragen“, weil der angezeigte Rechtsanwalt Mitglied des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer für Kärnten sei, sodass ein wichtiger Grund für eine Delegierung des Verfahrens vorliege.

Die Übertragung der Durchführung eines Disziplinarverfahrens ist nach § 25 Abs 1 DSt ab Anhängigkeit eines solchen möglich. Diese ist (erst) mit der Anordnung der Untersuchung mittels Bestellung eines Untersuchungskommissärs (§ 27 Abs 1 DSt) gegeben (RIS‑Justiz RS0119913; vgl 24 Os 4/14i).

Nach ständiger Rechtsprechung ist ‑ in analoger Anwendung des § 25 Abs 1 DSt ‑ auch eine Delegierung des einem Disziplinarverfahren vorgelagerten Verfahrens zur (dem Disziplinarrat [durch seinen Präsidenten oder einen Senat] obliegenden; § 27 Abs 1, § 29 DSt) Entscheidungsfindung über einen Verfolgungsantrag des Kammeranwalts nach § 22 Abs 3 DSt zulässig (RIS‑Justiz RS0119913 [T1]).

Solange aber ‑ mangels Vorliegens eines Verfolgungsantrags des Kammeranwalts ‑ eine Entscheidungskompetenz des Disziplinarrats (noch) nicht in Rede steht (§ 20 Abs 2 erster Satzteil DSt), gibt es keine Grundlage für die Übertragung an einen anderen Disziplinarrat.

Entscheidungen über den Kammeranwalt oder den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer betreffende Zuständigkeitsfragen (s dazu aber § 25 Abs 5 erster und zweiter Satz DSt) fallen wiederum ‑ entgegen RIS‑Justiz RS0106278 und OGH 20 Ns 1/14y (aus § 28 StPO ist gerade keine Gerichtskompetenz ableitbar; zur der Sache nach angesprochenen Befangenheit vgl § 47 Abs 3 StPO) ‑ nicht in den Aufgabenbereich des Obersten Gerichtshofs.

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