Spruch:
Das vom Eigentum abgesondert in Erscheinung tretende Fischereirecht ist als Dienstbarkeit anzusehen und verjährt gegenüber dem sich der Ausübung dieses Rechtes durch Errichtung eines Badesteges wiedersetzenden Störer, auch wenn dessen Besitz nicht echt und redlich ist, binnen drei Jahren
OGH 25. Juni 1975, 1 Ob 96/75 (LG Klagenfurt 1 R 34/75; BG Klagenfurt 4 C 154/74)
Text
Streitgegenstand ist ein Badesteg samt Badebrücke, der vom Ufergrundstück der Beklagten in das Seegrundstück 968/1 führt. Die Klägerin behauptet, durch den Bau und die Benützung dieser nicht behördlich bewilligten Anlage in ihrem Fischereirecht gestört zu sein, und begehrt die Entfernung des See-Einbaues, Bezahlung eines Schadenersatzes von je 500 S für vier Jahre, zusammen 2000 S, sowie hilfsweise die Feststellung, daß den Beklagten ein unentgeltliches Recht zur Benützung des See-Einbaues für Badezwecke der Gäste ihres Fremdenverkehrsbetriebes nicht zustehe, und die Unterlassung der Benützung des See-Einbaues für diese Zwecke. Die Beklagten wendeten in erster Linie ein, gegenüber der Klägerin und deren Rechtsvorgängern seit dem Jahre 1905 das unentgeltliche Recht zur Errichtung des See-Einbaues ersessen zu haben. Die weiters erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges wurde vom Erstgericht rechtskräftig verworfen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Nach seinen Feststellungen besteht der strittige See-Einbau aus einem Badesteg, der auf 10 Piloten ruht und 20.6 m lang und 1 m breit ist. Daran schließt eine auf 20 Piloten errichtete Badebrücke mit 4 m Breite und 8 m Länge an, die durch eine Ausnehmung von etwa 3 x 3 m eine U-Form erhält. Der heutige Bretterbelag stammt aus dem Jahre 1969, im Feber 1971 wurde nach vorangegangenen notdürftigen Reparaturen der restliche Teil der Piloten erneuert. Das Ausmaß des seit 1905 an der gleichen Stelle befindlichen See-Einbaues wurde während des ganzen Zeitraumes nicht verändert, der Einbau aber auch niemals behördlich bewilligt. Auf der Liegenschaft der Beklagten wird seit 1930 eine Frühstückspension betrieben. Damals waren sechs bis acht Betten vermietet, zwischen 1960 bis 1967 fanden Zubauten statt, die die Bettenanzahl auf nunmehr 35 erhöhten. Der Badesteg wird ausschließlich von Gästen des Hauses benützt, ohne daß das Zunehmen der Zahl der Badegäste eine zunehmende Einschränkung der Ausübung des Fischereirechtes mit sich gebracht hätte, das schon der Vater und der Großvater der Klägerin innehatten. Durch den See-Einbau ist kein Schaden an Laichplätzen entstanden, weil durch Badebetriebe Fische eher angelockt als verscheucht werden. Allerdings tritt durch den Badesteg selbst eine Behinderung der Fischerei im Umkreis von rund 20 m ein, die nach der besonderen Beschaffenheit des Platzes eine Entschädigung von 30 g pro Quadratmeter, zusammen 250.20 S im Jahr, rechtfertigen würde.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes hat der mehr als drei Jahre unwidersprochene Widerstand der Beklagten gegen die Ausübung des als unregelmäßige Dienstbarkeit zu betrachtenden Fischereirechtes im Bereiche des See-Einbaues nach § 1488 ABGB zur Verjährung der Dienstbarkeit infolge Nichtgebrauches geführt, so daß ein Anspruch auf Entfernung der Anlage nicht bestehe. Es gebühre aber auch kein Schadenersatz, weil der See-Einbau keine Anlage im Sinne des § 364a, ABGB darstelle und ein Verschulden der Beklagten nicht einmal behauptet, das Recht auf Entschädigung infolge des seit mehr als 30 Jahren bestandenen Badebetriebes aber überdies verjährt sei.
Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung teilweise Folge. Es bestätigte die Abweisung des Hauptbegehrens auf Entfernung des See-Einbaues sowie jene des Eventualbegehrens, änderte das Ersturteil aber hinsichtlich des Zahlungsbegehrens teilweise dahin ab, daß es der Klägerin einen Betrag von 1000.80 S samt Nebengebühren zusprach. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Ersturteiles als unbedenkliches Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens, trat aber der Rechtsrüge der Klägerin zum Teil bei. Eine Ersitzung des vom See-Einbau erfaßten Teiles der Seeparzelle gegenüber der Republik Österreich sei weder behauptet noch nachgewiesen, zumal sie vor dem 1. November 1934 vollendet worden sein müßte. Selbst wenn auch ein bloßer Besitzer des dienenden Grundstückes als verpflichteter Teil im Sinne des § 1488 ABGB anzusehen wäre, könnte von einem Widersetzen der Beklagten nur dann gesprochen werden, wenn der Berechtigte auf Grund dieses Widerstandes des Verpflichteten von der Ausübung der Dienstbarkeit abgestanden wäre. Wenn hingegen der Berechtigte sein Recht weiter ausübte, hätte der Verpflichtete nur erfolglos einen Widerstand gegen die Ausübung der Dienstbarkeit versucht und es könnte schon deshalb die Verjährungszeit des § 1488 ABGB nicht zu laufen begonnen haben. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin ebenso wie ihre Rechtsvorgänger das Fischereirecht trotz Errichtung des See-Einbaues weiter ausgeübt. Die Beklagten könnten aber auch deshalb nicht als verpflichteter Teil angesehen werden, weil sie den See-Einbau ohne die nach § 38 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 erforderliche Genehmigung der Wasserrechtsbehörde errichtet hätten. Da der Zustand gesetzwidrig und nach dem Wasserrechtsgesetz strafbar sei, sei der Besitz der Beklagten fehlerhaft, es fehlten seine Redlichkeit und Echtheit. Von einer Ersitzung des unentgeltlichen Rechtes durch die Beklagten, in die Fischereiberechtigung der Klägerin einzugreifen, könne schon wegen des Fehlens der Redlichkeit gleichfalls keine Rede sein. Das Hauptbegehren auf Entfernung des See-Einbaues sei dennoch mit Recht abgewiesen worden, weil das Wasserrechtsgesetz keine Vorschriften enthalte, nach denen ein Fischereiberechtigter gegen die Herstellung von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer Einwendungen erheben könne, und die nachbarrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, auf die die Klägerin ihr Begehren übrigens nicht gestützt habe, nur einen Unterlassungsanspruch gegen die von einer behördlich genehmigten Anlage ausgehenden Immissionen gewährten, die hier nicht vorliege. Hingegen sei das auf Schadenersatz gerichtete Klagebegehren dem Gründe nach berechtigt, weil die Beklagten den See-Einbau ohne Bewilligung der Wasserrechtsbehörde und unter Umgehung der Klägerin als Fischereiberechtigter errichtet haben, so daß es sich um eine unerlaubte widerrechtliche Anlage handle. In der Aufrechterhaltung des gesetzwidrigen Zustandes sei ein Verschulden zu erblicken. Der Ersatzanspruch werde bei fortgesetzten schädigenden Handlungen jeweils neu begrundet und sei deshalb für den Klagszeitraum noch nicht verjährt. Die Höhe des Ausspruches ergebe sich aus der Feststellung, daß pro Jahr eine Entschädigung von 250.20 S angemessen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge und stellte über die Revision der Beklagten das Urteil des Erstgerichtes zur Gänze wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, haben die Beklagten das von ihnen behauptete Recht auf Errichtung und Benützung des Badesteges und der Badebrücke nicht etwa auf eine Ersitzung einer derartigen Dienstbarkeit gegenüber der Republik Österreich als der Eigentümerin des Seegrundstückes gestützt, die überdies nach § 4 Abs. 5 Wasserrechtsgesetz 1934 (jetzt WRG 1959) schon vor dem 1. November vollendet worden sein müßte. Die Beklagten haben vielmehr in erster Linie eingewendet, das Recht zur Errichtung (und Benützung) des See-Einbaues gegenüber der Klägerin als Fischereiberechtigter und ihren Rechtsvorgängern seit dem Jahr 1905 ersessen zu haben. Ob eine solche Ersitzung in Betracht kommt und ihre Voraussetzungen erfüllt wären, kann unerörtert bleiben, weil die betreffende Einwendung als Minus (vgl. § 1452 ABGB) die Behauptung umfaßt, daß das Fischereirecht der Klägerin in dem durch die Anlage der Beklagten beeinträchtigten Umfang infolge Nichtgebrauchs im Sinne des § 1488 ABGB verjährt sei. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes war diese Einwendung berechtigt:
Nach der zutreffenden Ansicht der Untergerichte ist das Fischereirecht, wenn es wie hier vom Eigentum abgesondert in Erscheinung tritt, als selbständiges dingliches Recht gleich einer Dienstbarkeit anzusehen (§ 477 Z. 5 ABGB; Klang in Klang[2] II, 251; JBl. 1970, 320 u. a.). Es kann daher gleich einem solchen Recht verjähren.
Nach § 1488 ABGB wird das Recht der Dienstbarkeit durch den Nichtgebrauch verjährt, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung der Servitut widersetzt und der Berechtigte durch drei aufeinanderfolgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht hat. Diese sogenannte Freiheitsersitzung stellt einen Fall der Verjährung dar (Klang in Klang[2] VI, 631). Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob neben dem Eigentümer auch ein bloßer Besitzer des belasteten Grundstückes als verpflichteter Teil im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmung anzusehen ist, das Erstgericht hat diese Frage mit Recht bejaht. Wird der Besitzer vom Servitutsberechtigten wegen angeblicher Störung der Dienstbarkeit belangt, so kann auch er einwenden, daß eine Belastung des dienenden Grundstückes infolge Verjährung der Servitut nicht mehr besteht und er deshalb zur Verweigerung der Anerkennung der Servitutsrechte berechtigt ist (Ehrenzweig[2] I/2, 354; Klang, 631; GlUNF 2247; ebenso die nichtveröffentlichte Entscheidung 6 Ob 250/61), die sonst auch er zu beachten hätte (§§ 472, 523 ABGB; SZ 39/21). Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes setzt die Servitutsverjährung nach § 1488 ABGB auch nicht voraus, daß der Besitz des sich der Ausübung der Servitut widersetzenden Störers redlich und echt sei. Ehrenzweig (354) verweist mit Recht darauf, daß dem Gesetz ein derartiges Erfordernis nicht zu entnehmen ist. Da es sich um einen Fall der Verjährung handelt, liegt das Gegenteil auch nahe, weil der Rechtsverlust hier durch Untätigkeit des Berechtigten eintritt und die kurze Servitutsverjährung auf das Wesen des Rechtes der Dienstbarkeit dadurch genügend Bedacht nimmt, daß es dieser Untätigkeit nur im Falle eines vom Verpflichteten geleisteten Widerstandes Bedeutung beimißt. Es bedarf demnach keiner Prüfung, ob die vom Zweitgericht angenommenen Besitzmängel vorlägen.
Dem Berufungsgericht kann aber auch in der Beurteilung nicht gefolgt werden, daß ein erfolgreicher Widerstand gegen die Ausübung der Dienstbarkeit im vorliegenden Fall fehle. Es ist anerkannt, daß zur Erfüllung des Tatbestandes die Herstellung einer die Ausübung der Dienstbarkeit hindernden Anlage wie etwa die Errichtung eines Zaunes oder die Aufführung einer Mauer zur Absperrung eines Weges genügt (Ehrenzweig, 354; Klang, 631; RZ 1966, 88 u. a.). Auch in der Errichtung des Badesteges und der Badebrücke liegt, soweit sich diese Anlage auf das Fischereirecht der Klägerin hindernd auswirkt (und das ist ja der Klagsgegenstand), ein Widerstand gegen diesen Umfang der Ausübung des Fischereirechtes. Dem Umstand, daß die von den Beklagten errichtete Anlage nicht das ganze dienende Grundstück umfaßt und daß demnach die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger das Fischereirecht trotz der Errichtung des See-Einbaues durch die Beklagten weiterhin ausgeübt haben, kommt dabei Bedeutung deshalb nicht zu, weil diese verbliebene Ausübung des Fischereirechtes sich nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin auf den von der Anlage nicht unmittelbar in Anspruch genommenen Teil des Seegrundstückes beschränkt hat, andererseits aber die Verjährung nach § 1488 ABGB je nach dem Umfang der Nichtausübung auch bloß eine Einschränkung der Servitut bewirken kann (Klang, 632; Ehrenzweig, 354 mitweiterem Zitat; ebenso 5 Ob 142/73). Soweit also der Widerstand der Beklagten als Besitzer des durch ihre Badeanlage in Anspruch genommenen Teiles des belasteten Seegrundstückes reichte, konnte es zur Verjährung der Servitut der Klägerin im Sinne einer Einschränkung ihres dinglichen Gebrauchsrechtes kommen. Auch am Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist kann nicht gezweifelt werden, weil der See-Einbau seit Jahrzehnten besteht, selbst die Benützung für den erweiterten Badebetrieb der Pensionsgäste schon viele Jahre stattfindet und von der Klägerin nicht einmal behauptet wurde, daß ihr diese Benützung unbekannt geblieben sei.
Den wasserrechtlichen Sondervorschriften kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Sie enthalten nämlich, wie auch das Berufungsgericht zutreffend erkannte, keine Vorschriften, nach denen ein Fischereiberechtigter gegen die Herstellung von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer Einwendungen erheben oder in einem Bewilligungsverfahren nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 vor der Wasserrechtsbehörde eine Entschädigung verlangen könnte (JBl. 1970, 320). Die allfällige Übertretung wasserrechtlicher Vorschriften kann demnach nur einer Ahndung durch die Verwaltungsbehörden unterliegen. Auch ein sonstiger Unterlassungsanspruch besteht nicht, wenn wie hier die Einschränkung des Rechtes der Dienstbarkeit infolge teilweiser Verjährung bereits eingetreten ist.
Nach der richtigen Rechtsansicht des Erstgerichtes kommt nach der aus § 1488 ABGB abgeleiteten Verneinung des Anspruches auf Entfernung des See-Einbaues auch ein Schadenersatzanspruch welcher Art immer nicht in Betracht. Hat der Verpflichtete die Ausübung der Servitut durch mehr als drei Jahre unbekämpft verweigert, so greift in diesem Umfang die Fortsetzung dieses Verhaltens infolge eingetretener (teilweiser) Verjährung der Dienstbarkeit in keine bestehenden Rechte mehr ein. Es fehlt an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten und noch mehr an einem Verschulden. Auch aus dem Nachbarrecht können sich Ansprüche jetzt nicht mehr ergeben. Es bedarf bei dieser Rechtslage keiner Prüfung, ob die Wiederherstellung einer bereits bestandenen Anlage (oder ihre erste Errichtung) einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurfte und ob eine mögliche Übertretung wasserrechtlicher Vorschriften einen Rechtswidrigkeitszusammenhang im Sinne des § 1311 ABGB herstellen könnte.
Die Klagsansprüche bestehen somit schon dem Gründe nach nicht zu Recht.
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