OGH 1Ob7/94

OGH1Ob7/9411.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Katharina M*****, und 2. Susanne M*****, beide vertreten durch Dr.Michael Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Dr.Beatrix R*****, wegen S 796.877,58 sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11.Oktober 1993, GZ 14 R 149/93-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 8.März 1993, GZ 52 a Cg 1047/88-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 22.861,08 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.810,18 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Vater der beiden Klägerinnen, dessen Ehe mit deren Mutter geschieden war, starb am 7.11.1983. Da die Mutter gegen die Verlassenschaft Forderungen erhob, beantragte sie, den Berater des Erblassers für die beiden Klägerinnen zum Kollisionskurator im Verlassenschaftsverfahren zu bestellen. Diesem Antrag gab das Abhandlungsgericht mit Beschluß vom 5.12.1983 statt. Mit Einantwortungsurkunde vom 10.1.1985 wurde der Nachlaß den beiden Klägerinnen je zur Hälfte eingeantwortet. Mit Beschluß vom 19.7.1985 bestellte dasselbe Gericht - diesmal schon als Pflegschaftsgericht - den Kollisionskurator zum besonderen Sachwalter für die gesamte Vermögensverwaltung der beiden Klägerinnen.

Die Klägerinnen begehrten die Verurteilung des beklagten Rechtsträgers zum Ersatz ihres zuletzt mit je S 398.438,79 bezifferten Schadens und brachten hiezu vor, seine Stellung habe es dem Kollisionskurator und besonderen Sachwalter ermöglicht, am Mündelvermögen umfangreiche Veruntreuungen zu begehen. Das Gericht habe bei dessen Bestellung weder dessen Leumund ermittelt, noch dessen Tätigkeit ordnungsgemäß überwacht.

Die beklagte Partei wendete vor allem ein, der Kollisionskurator und nachmalige besondere Sachwalter sei über Vorschlag der Mutter der Klägerinnen bestellt worden. Er habe den Nachlaß in der Folge anstandslos verwaltet. Erst am 19.12.1985 habe die Mutter der Klägerinnen dem Gericht mitgeteilt, ein beschlußmäßig zugesprochener Betrag sei ihr noch nicht ausbezahlt worden. Der besondere Sachwalter sei darauf unverzüglich zur Äußerung und Rechnungslegung aufgefordert worden. Als er diesen Aufträgen nicht entsprochen habe, seien entsprechende Erhebungen angestellt und der besondere Sachwalter sei seines Amtes enthoben worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte, soweit für die Erledigung der Revision von Bedeutung, fest, Aufgabe des Kollisionskurators sei es zunächst gewesen, Zahlungen, zu welchen die Verlassenschaft verpflichtet gewesen sei, insbesondere solche im Zusammenhang mit dem Fortbetrieb der Zahnarztpraxis des Erblassers, zu leisten sowie diese und dessen Fahrzeuge zu veräußern. Er habe zu diesem Zweck bis 6.2.1985 Geldmittel angefordert, die ihm vom Gericht auch im Gesamtbetrag von S 1,137.109,08 bewilligt worden seien. Dabei sei aber weder ermittelt worden, ob er diese Geldmittel auch tatsächlich benötigte, noch habe das Gericht die der Anforderung entsprechende Verwendung überwacht. Bis zum 6.2.1985 habe er von den ihm zur Verfügung gestellten Geldmitteln Beträge von S 660.564,30 für Zahlungen für die Verlassenschaft verwendet.

An diesem Tag habe der Kollisionskurator in dem für die beiden Klägerinnen geführten Pflegschaftsverfahren eine Abrechnung für die Zeit von seiner Bestellung bis zum 31.12.1984 gelegt, dabei allerdings lediglich die Einnahmen und Ausgaben aufgelistet, ohne Belege anzuschließen. Die als Nebenintervenientin im Verfahren der beklagten Partei beigetretene Richterin des Pflegschaftsgerichts habe ihm die Belege nicht abgefordert, weil sie der Meinung gewesen sei, das Verfahren werde bald beendet sein, und sie die Belege ohnehin anläßlich der Schlußabrechnung von einem Sachverständigen habe prüfen lassen wollen. Nach dem 6.2.1985 habe das Gericht dem besonderen Sachwalter noch Geldmittel von insgesamt S 868.661,60 bewilligt. Davon habe er S 71.784,02 für die Verlassenschaft bzw die Vermögensverwaltung der Klägerinnen, den restlichen Betrag von S 796.877,58 hingegen zweckwidrig verwendet. Bei Überprüfung der Abrechnung vom 6.2.1985 hätte bereits ohne Einsicht in die Belege festgestellt werden können, daß der besondere Sachwalter einen Betrag von S 51.582,89 als Beiträge für die Ärztekammer in Rechnung gestellt habe, obwohl er die Beiträge nicht bezahlt, sondern diese von der Kammer einbehalten worden seien. Ferner hätte auffallen müssen, daß ein ihm von einem Sparbuch zugeflossener Betrag von S 262.000,59 in der Aufstellung seiner Einnahmen gefehlt habe. Außerdem habe er bei der Anforderung von Geldmitteln in mehreren Fällen Zahlungsverpflichtungen wiederholt, und zwar an ein bestimmtes Dentalstudio dreimal, an die Gebietskrankenkasse zweimal, an eine Rechtsanwältin dreimal und an ein Zahnwarenhandelsunternehmen zweimal geltend gemacht. Die Ordination des Erblassers sei bereits am 13.7.1984 verkauft worden, dennoch habe der besondere Sachwalter angebliche Verbindlichkeiten aus deren Betrieb für die Zeit von Februar bis Juni 1985 ins Treffen geführt. Schließlich hätte dem Gericht auch dessen „schleppende Zahlungsmoral2 aufgrund der Urgenzen eines Sachverständigen auffallen müssen. Hätte das Gericht in die Belege Einsicht genommen, hätte es wahrnehmen können, daß verschiedene Zahlungen entgegen den Behauptungen des besonderen Sachwalters nicht geleistet worden seien: So habe er eine Vorauszahlung von S 135.000 auf die Einkommensteuer behauptet, diesen Betrag habe noch der Erblasser selbst bezahlt, was aus der Lastschriftanzeige des Finanzamtes erkennbar gewesen sei. Für die von ihm behauptete Begleichung eines Zahnarzthonorars von S 12.000, eines Rechtsanwaltshonorars von S 106.000, des Entgelts für Leistungen eines Dentalstudios im Betrag von S 41.392,52 und des Kaufpreises für Lieferungen eines Zahnwarenhandelsunternehmens in Höhe von S 4.982,49 hätten Belege überhaupt gefehlt.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Kollisionskurator sei gemäß den §§ 282, 238 und 150 ABGB zur Rechnungslegung verpflichtet gewesen; dabei hätte das Gericht nach den Bestimmungen der §§ 204 ff AußStrG verfahren müssen. Der Kollisionskurator hätte jedenfalls jährlich Rechnung legen und das Gericht hätte gemäß § 208 AußStrG insbesondere prüfen müssen, inwiefern die Rechnung mit den Belegen übereinstimme, ob Empfang und Ausgabe gehörig bescheinigt seien, ob das Stammvermögen gehörig aufbewahrt und versichert, die entbehrliche Barschaft fruchtbringend angelegt und die Verwaltung selbst zweckmäßig und nützlich gewesen sei. Der Abrechnung vom 6.2.1985 seien Belege nicht angeschlossen gewesen, sodaß sie nicht hätte ordnungsgemäß überprüft werden können. Selbst ohne Belege sei deren Unvollständigkeit mühelos erkennbar gewesen. Dies hätte Bedenken erwecken müssen, sodaß das Gericht die Belege hätte abverlangen müssen und bis zur Aufklärung der Unstimmigkeiten keine weiteren Gelder mehr hätte freigeben dürfen. Es habe jedoch, ohne die Abrechnung zu prüfen, dem besonderen Sachwalter weitere Verfügungen über das für die Klägerinnen angelegte Geld eingeräumt, sodaß nach dem 6.2.1985 noch ein Schaden von S 796.877,58 habe entstehen können. Mit der Überprüfung der Abrechnung bis zur Volljährigkeit der Zweitklägerin bzw bis zur Schlußrechnungslegung, wie es beabsichtigt gewesen sei, hätte angesichts der unvollständigen und unrichtigen Abrechnung nicht zugewartet werden dürfen. Da § 208 AußStrG eine das Vermögen vom Pflegebefohlenen sichernde Schutznorm sei, hätte die beklagte Partei beweisen müssen, daß der Schaden auch dann eingetreten wäre, hätte das Gericht die Abrechnung vom 6.2.1985 unter diesen Gesichtspunkten geprüft; diesen Beweis habe sie aber nicht angetreten.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm im wesentlichen die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, der Kurator (Sachwalter) sei gemäß den §§ 238 und 150 ABGB zur Abrechnung verpflichtet, deren Durchführung in den §§ 204 ff AußStrG geregelt sei. Die vom Kollisionskurator vorgelegte Abrechnung habe vor allem § 208 AußStrG weitgehend nicht entsprochen. Die Rechnung müsse aus mehreren übersichtlichen Teilen bestehen. Er sei der Vermögensstatus zu Beginn des Rechnungsjahres, der sich aus dem Inventar ergebe, einschließlich des nicht in Verwahrung des Kurators befindlichen Vermögens voranzustellen, in der Einnahmen- und Ausgabenrechnung habe der gesetzliche Vertreter alle Vorgänge zu verzeichnen, durch die das von ihm verwaltete Vermögen vermindert oder vermehrt würde, und letztlich habe die Rechnung mit dem Vermögensstatus zum Ende des Jahres abzuschließen. Anzugeben sei, ob und wie die einzelnen Bestandteile den Verwahrungs- und Anlegevorschriften entsprechend angelegt seien. Die Abrechnung des Kollisionskurators habe nicht einmal diesen formalen Voraussetzungen genügt, sei doch das Vermögen der Klägerinnen weder zum Beginn noch zum Ende der Abrechnungsperiode verzeichnet gewesen. Gemäß § 208 AußStrG habe das Gericht die Rechnung zu prüfen und zu untersuchen, ob die erforderlichen Belege vorlägen, die Rechnung rechnerisch richtig sei und die Posten mit den Belegen übereinstimmten. Schließlich habe das Gericht auch den Inhalt jedes einzelnen Postens zu kontrollieren; lediglich geringfügige Beanstandungen, deren Erörterungen mit unverhältnismäßigem Aufwand oder Zeitverlust verbunden wäre, könnten gemäß § 211 AußStrG übergangen werden. Das Pflegschaftsgericht habe eine formal unrichtige Abrechnung zugelassen, diese nicht auf deren Richtigkeit überprüft und damit gegen die Schutznormen der §§ 204 ff AußStrG verstoßen. Jedenfalls aber hätten die Unstimmigkeiten das Gericht veranlassen müssen, weitere Beträge vor Ergänzung und Überprüfung der Abrechnung nach den dargelegten Grundsätzen nicht mehr freizugeben. Der Beweis, daß der Schaden bei rechtmäßigem Vorgehen gleichfalls entstanden wäre, sei nicht erbracht worden.

Die von der beklagten Partei dagegen erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat bereits wiederholt ausgesprochen (SZ 61/231; RZ 1990/111; 1 Ob 37/89, teilweise veröffentlicht in JUS-Extra 1990/386; 1 Ob 30/92; vgl auch Schragel, AHG2, ErgH 1990 Rz 313), aus § 21 Abs 1 ABGB sei eine umfassende Fürsorgepflicht des Gerichts für Minderjährige und andere Pflegebefohlene abzuleiten. Die Aufgaben des Pflegschaftsgerichts bestünden nicht nur darin, die Gesetzmäßigkeit der vom gesetzlichen Vertreter getroffenen und in Aussicht genommenen Rechtshandlungen zu überwachen, sondern auch deren Zweckmäßigkeit zu prüfen. Das Gericht könne diesem auch für Geschäfte, die nicht schon zu ihrer Gültigkeit seiner Einwilligung bedürften, bindende Weisungen erteilen. Es habe sich innerhalb seines Aufgabenkreises das Wohl der seinem Schutz anvertrauten Personen und deren Interessen in jeder Weise angelegen sein lassen; insbesondere habe es die Amtsführung des gesetzlichen Vertreters sorgfältig zu überwachen bzw diesen unverzüglich seines Amts zu entheben, wenn er pflichtwidrig vorgehe. Um seinen Verpflichtungen gerecht zu werden, bedürfe es namentlich dann, wenn dem Gericht Umstände bekannt werden, die den Interessen des Minderjährigen bzw Pflegebefohlenen zuwiderlaufen oder doch zuwiderlaufen könnten, einer umfassenden Überwachung der Tätigkeit des gesetzlichen Vertreters.

Besonderes Gewicht kommt diesen Grundsätzen, an denen festzuhalten ist, bei der dem Pflegschaftsgericht durch § 208 AußStrG aufgetragenen genauen Prüfung der vom gesetzlichen Vertreter (hier also vom Kollisionskurator, der in weiterer Folge zum besonderen Sachwalter für die gesamte Vermögensverwaltung der beiden Klägerinnen bestellt wurde) gemäß § 282 iVm § 238 und § 150 Abs 1 ABGB jährlich zu legenden Rechnung über das Vermögen der Minderjährigen bzw Pflegebefohlenen zu, kann sich doch das Gericht in den allermeisten Fällen nur auf diesem Weg jene Informationen verschaffen, mit deren Hilfe es seinen Überwachungspflichten ausreichend nachkommen und dadurch auch Nachteile von den seinem Schutz anvertrauten Personen abwenden kann. Das gilt umso mehr dann, wenn der gesetzliche Vertreter - wie im vorliegenden Fall - durchaus im Interesse der Minderjährigen bzw Pflegebefohlenen umfangreiche geschäftliche Transaktionen abzuwickeln hat und ihm zu diesem Zweck vom Gericht entsprechende Barmittel freigegeben wurden. Anders als etwa bei der Verwaltung von Liegenschaften und sonstigen Sachgütern ist in solchen Fällen die genaue Überprüfung der gelegten Rechnung häufig das einzig wirksame Mittel, um die Tätigkeit des gesetzlichen Vertreters zu überwachen, Mißstände rechtzeitig abzustellen und dem Minderjährigen bzw Pflegebefohlenen auf diese Weise ausreichenden Schutz angedeihen zu lassen. Es kann daher keine Frage sein, daß die gesetzlichen Vorschriften über die Rechnungslegung und deren gerichtliche Überprüfung (also § 282 iVm § 238 und § 150 Abs 1 ABGB sowie die §§ 204 bis 206 und §§ 208 bis 215 AußStrG) Schutzgesetze zugunsten der dem Schutz der Gerichte anvertrauten Personen sind, deren Übertretung Amtshaftungsansprüche auslösen können.

Nach § 204 AußStrG hat der gesetzliche Vertreter zunächst das Vermögen am Beginn des Rechnungsjahres darzustellen, danach die Änderungen im Stammvermögen sowie die Einnahmen und Ausgaben während der Rechnungsperiode vollständig auszuweisen und schließlich den Vermögensstand am Ende dieser Periode und ferner anzugeben, worin das Vermögen bestehe und wo es aufbewahrt, versichert und angelegt sei. Demgemäß hat das Gericht im Rahmen der Rechnungsprüfung insbesondere zu klären (§ 208 AußStrG), ob das Stammvermögen am Beginn der Rechnungsperiode vollständig dargestellt wurde, inwieweit die Rechnung in den einzelnen Posten mit den Belegen übereinstimmt, ob die Einnahmen und Ausgaben, so weit das möglich ist, ordnungsgemäß bescheinigt sind, ob das Stammvermögen ausreichend verwahrt und Barmittel entsprechend angelegt sind und überhaupt, ob die Verwaltung zweckmäßig und nützlich war.

Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, wurde weder die vom Kollisionskurator am 6.2.1985 gelegte Rechnung den formalen und inhaltlichen Anforderungen des § 204 AußStrG gerecht, noch ist das Pflegschaftsgericht seinen ihm durch § 208 AußStrG auferlegten Verpflichtungen zur genauen Überprüfung dieser Rechnung entsprechend vorgegangen. Das Gericht hat den Kollisionskurator nicht, wie es seine Pflicht gewesen wäre, veranlaßt, eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Rechnung zu legen, vor allem aber die zu deren genauen Prüfung unerläßlichen unbedenklichen Belege anzuschließen, sondern hat dem Kollisionskurator trotz dieser nach Form und Inhalt unzureichenden Rechnung über dessen Anforderung noch weitere und wieder sehr beträchtliche Geldmittel aus dem Mündelvermögen zur Verfügung gestellt, obwohl selbst eine Prüfung der unzulänglichen Rechnung bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt (§ 1299 ABGB; vgl das Gutachten ON 34) erhebliche Bedenken gegen deren Richtigkeit und Vollständigkeit hätte erwecken müssen. Zu Recht lasten die Vorinstanzen daher dem beklagten Rechtsträger an, das als sein Organ tätig gewordene Pflegschaftsgericht hätte bei dieser Sachlage dem Kollisionskurator bis zur vollständigen Aufklärung dieser Unstimmigkeiten und vor allem auch bis zur Legung einer den gesetzlichen Vorschriften in jeder Hinsicht entsprechenden Rechnung die Freigabe weiterer beträchtlicher Barmittel verweigern müssen. Den Beweis, daß der Schaden - die zweckwidrige Verwendung von Mündelvermögen durch den Kollisionskurator (besonderen Sachwalter) - auch dann eingetreten wäre, wenn das Pflegschaftsgericht auf einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung bestanden und bis dahin weitere Geldmittel nicht freigegeben hätte, hat die beklagte Partei erst gar nicht angetreten.

Die vom beklagten Rechtsträger gegen seine Ersatzpflicht ins Treffen geführten Argumente, der Kollisionskurator sei über Vorschlag der Mutter der beiden Klägerinnen bestellt worden, durch die gerichtliche Kontrolle könne stets nur dessen Tätigkeit im nachhinein geprüft werden und schließlich habe auch das Erstgericht einen Sachverständigen bestellt, um mit dessen Hilfe die Abrechnung des gesetzlichen Vertreters auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen, sind allesamt nicht stichhältig: Die Kläger werfen dem Pflegschaftsgericht nicht vor, es hätte der von der Mutter als Kollisionskurator vorgeschlagenen Person von vornherein mit gebührendem Mißtrauen begegnen müssen, sondern lasten dem Gericht bloß an, erst die vom Kollisionskurator gelegte Rechnung hätte es veranlassen müssen, die Freigabe beträchtlicher Geldmittel an eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende überprüfungsfähige Rechnung zu binden. Damit ist aber auch dem Einwand der beklagten Partei, die Prüfung der vom Kollisionskurator gelegten Rechnung durch das Gericht hätte Fehler jedenfalls erst im nachhinein aufdecken lassen können, der Boden entzogen. Richtig ist zwar, daß vom Organ des Pflegschaftsgerichts nicht die Fachkenntnisse eines Buchsachverständigen erwartet werden können; die beklagte Partei übersieht dabei jedoch, daß dem Pflegschaftsgericht - abgesehen davon, daß es ebenso wie das Amtshaftungsgericht einen solchen hätte beiziehen können - jedenfalls aber bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte auffallen müssen, daß die Rechnung schon den formalen Voraussetzungen nicht genügte, keine Belege angeschlossen waren und der gesetzliche Vertreter zudem in mehreren Fällen für denselben Zweck Geldmittel bereits zum wiederholten Mal angefordert hatte.

Zu Recht haben die Vorinstanzen dem beklagten Rechtsträger daher den Ersatz jener Geldmittel auferlegt, die das Pflegschaftsgericht angesichts der mangelhaften, den gesetzlichen Vorschriften widersprechenden Rechnungslegung nicht hätte freigeben dürfen und die dann den Klägerinnen nicht entzogen worden wären.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruhen auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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