OGH 1Ob69/98y

OGH1Ob69/98y19.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Anton Dierigl, Rechtsanwalt in Rum, wider die beklagte Partei Hermann Z*****, vertreten durch Dr.Max Dengg, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 52.409,10 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Insbruck als Berufungsgericht vom 19.November 1997, GZ 4 R 366/97w-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 22.April 1997, GZ 34 C 317/96w-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten die Zahlung von S 52.409,12 samt 8 % Zinsen seit 1.4.1995. Sie habe im Auftrag des Beklagten in der Hof- und Stiftsgasse in I***** die Montage und Demontage der Weihnachtsbeleuchtung vorgenommen. Im Zuge dieser Arbeiten seien Schäden der Weihnachtsbeleuchtung zutagegetreten. Die klagende Partei habe den Beklagten hierauf aufmerksam gemacht, worauf dieser den Auftrag erteilt habe, die Schäden zu beheben. Die klagende Partei habe dem Beklagten für die Reparaturarbeiten S 66.579,60 in Rechnung gestellt. Der Beklagte habe die klagende Partei ersucht, den Rechnungsbetrag auf die einzelnen Kaufleute der beiden genannten Gassen aufzusplitten und die entsprechenden Teilbeträge direkt einzufordern. Diesem Wunsch sei die klagende Partei nachgekommen. Tatsächlich hätten nur drei Unternehmen die auf sie entfallenden Anteile bezahlt. Alle anderen Kaufleute hätten im Hinblick darauf, daß sie keinen Auftrag erteilt hätten, die Zahlung abgelehnt. Der eingeklagte Betrag hafte somit unberichtigt aus. Der Beklagte sei zur Zahlung verpflichtet, weil er den Auftrag eigenverantwortlich erteilt habe.

Der Beklagte wendete vor allem die mangelnde Passivlegitimation und einen überhöhten Rechnungsbetrag ein. Er sei nur Sprecher der Kaufleutegemeinschaft der Gastwirte und Kaufleute der Hof- und Stiftsgasse gewesen, was der klagenden Partei auch bekannt gewesen sei. Er habe den Reparaturauftrag namens der Kaufleutegemeinschaft erteilt; seinen Anteil zu den Reparaturkosten habe er bezahlt. Der klagenden Partei hätte bereits vor der Montage auffallen müssen, daß die Weihnachtsbeleuchtung reparaturbedürftig sei. Sie hätte die Reparatur schon vor der (erstmaligen) Anbringung der Beleuchtung durchführen müssen. Der Großteil des verrechneten Reparaturbetrags entfalle auf die erstmalige Montage, die aber verfehlt gewesen sei, sodaß die Rechnung zumindest um S 30.000 überhöht sei.

Das Erstgericht, das dem Klagebegehren - abgesehen von einem Zinsenmehrbegehren - stattgab, stellte fest, daß von 13 Kaufleuten der I***** Altstadt für den Winter 1993/94 beabsichtigt gewesen sei, eine Weihnachtsbeleuchtung in Auftrag zu geben. Als Koordinator habe der Beklagte fungiert. Nach Einholung mehrerer Angebote sei einem Elektrounternehmen der Auftrag erteilt worden. Dieses habe die Weihnachtsbeleuchtung montiert und nach Weihnachten demontiert. Die anteiligen Teilbeträge seien von den einzelnen Kaufleuten bezahlt worden. Im darauffolgenden Jahr habe der Beklagte ein Anbot der klagenden Partei eingeholt, das im Vergleich zum Vorjahrsanbot des damals beauftragten Elektrounternehmens um etwa S 10.000 billiger gewesen sei. Nachdem sämtliche betroffenen Kaufleute der Auftragserteilung zugestimmt hätten, habe der Beklagte der klagenden Partei den Auftrag zur Montage und Demontage der Weihnachtsbeleuchtung für Weihnachten 1994 erteilt. Es sei der klagenden Partei mitgeteilt worden, daß der Beklagte lediglich Sprecher der Kaufleutegemeinschaft der Hof- und Stiftsgasse sei und daß er das Anbot für diese Kaufleutegemeinschaft habe erstellen lassen. Durch einen Monteur der klagenden Partei sei in der Folge festgestellt worden, daß verschiedene Reparaturarbeiten an der Weihnachtsbeleuchtung notwendig seien. Dies habe der Monteur dem Beklagten mitgeteilt und dieser habe ihn angewiesen, die Reparaturen vorzunehmen. Die klagende Partei habe für die Montage und Demontage der Weihnachtsbeleuchtung etwa S 62.000 in Rechnung gestellt; dieser Betrag sei vom Beklagten auf die einzelnen Kaufleute aufgeteilt worden, alle hätten ihren Anteil direkt an die Klägerin bezahlt. Die Reparaturrechnung über S 66.579,60 sei jedoch zum Großteil nicht bezahlt worden; lediglich drei Kaufleute hätten eine Zahlung vorgenommen, weshalb der Klagsbetrag unberichtigt aushafte.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß der Beklagte der klagenden Partei den Reparaturauftrag erteilt habe.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab; es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Beklagte habe der Klägerin mitgeteilt, lediglich Sprecher der Kaufleutegemeinschaft der Hof- und Stiftsgasse zu sein, und das von der klagenden Partei erstellte Anbot sei für die Kaufleutegemeinschaft bestimmt gewesen. Damit habe der Beklagte deutlich zum Ausdruck gebracht, als direkter Stellvertreter der Kaufleutegemeinschaft, somit in fremdem Namen, zu handeln. Dies gelte auch für die Erteilung des Reparaturauftrags. Die Klägerin habe aus der unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Nahebeziehung zum vorausgegangenen Montageauftrag und daraus, daß der Beklagte auch hier nicht in eigenem Namen aufgetreten sei, erkennen müssen, daß der Beklagte auch den Reparaturauftrag namens der Kaufleutegemeinschaft erteile. Es liege daher eine der Kaufleutegemeinschaft zurechenbare gültige Reparaturauftragserteilung vor. Durch den Zusammenschluß der 13 Kaufleute zu dem Zweck, um Angebote für eine Weihnachtsbeleuchtung einzuholen und dann den entsprechenden Auftrag zur Montage zu erteilen, sei "mangels Vergemeinschaftung von Beiträgen der Gesellschafter" keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne des § 1175 ABGB entstanden. Demnach hafte der Beklagte nicht für die auf die einzelnen Kaufleute aufzuteilenden Anteile am gesamten Reparaturbetrag. Er selbst habe seinen Anteil an der Reparatur bereits bezahlt.

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Die klagende Partei erblickt einen Verfahrensmangel darin, daß die Frage, ob mehrere Personen aufgrund einer Anscheinsvollmacht des Beklagten hafteten, überhaupt geprüft wurde: Insoweit mangle es an entsprechendem Vorbringen. Der Beklagte habe nämlich nur behauptet, überhaupt keinen Auftrag an die klagende Partei erteilt zu haben. Die vom Berufungsgericht geäußerte Rechtsansicht zur "Kaufleutegemeinschaft" sei daher überraschend. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Den Parteien mußte es von vornherein klar sein, daß die Frage, ob ein Auftrag bzw in wessen Namen ein Auftrag erteilt wurde, zur Entscheidung anstehen wird. Von einer überraschenden Rechtsansicht kann daher keine Rede sein, soweit die Haftung mehrerer Personen aufgrund einer Anscheinsvollmacht des Beklagten, nämlich die Haftung der "Kaufleutegemeinschaft", angenommen wurde (vgl 6 Ob 620/83).

Die klagende Partei vermißt Feststellungen über die "Gesellschaftsform" der "Kaufleutegemeinschaft", ob es sich dabei um ein Handelsgeschäft gehandelt habe und ob der Beklagte vertretungsbefugt gewesen sei; weiters seien die Eigentumsverhältnisse an der Weihnachtsbeleuchtung von Bedeutung.

Rechtliche Beurteilung

Es ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, ob die "Kaufleutegemeinschaft" als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen ist und ob es sich beim Reparaturauftrag um ein Handelsgeschäft handelte. Beide Fragen sind zu bejahen:

Die "Kaufleutegemeinschaft" ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, weil durch die Weihnachtsbeleuchtung und damit auch deren Reparatur die Unternehmen der beteiligten Kaufleute zumindest indirekt gefördert werden sollten und eine lose Gemeinschaftsorganisation vorhanden war, die die Nutzung der Beleuchtung zum Ziele und den Beklagten als "Verantwortlichen" installiert hatte (JBl 1991, 645; WBl 1990, 277; SZ 62/71; WBl 1987, 316; 1 Ob 649, 650/83; SZ 56/101; HS 14.863). Es liegt aber auch ein (zumindest einseitiges) Handelsgeschäft vor (§ 345 HGB), wobei aber die Vermutung eines Handelsgeschäfts (§ 344 HGB) auch auf die "Kaufleutegemeinschaft" zutrifft. Ob der Beklagte im Innenverhältnis vertretungsbefugt war, ist irrelevant, weil jedenfalls nach der Sachlage das Vertrauen auf den äußeren Tatbestand seine Vertretungsmacht (auch im Hinblick auf den Reparaturauftrag) rechtfertigte und der Beklagte bei Überschreiten der Vollmacht ohnehin persönlich haften würde (WBl 1996, 247; JBl 1991, 517; SZ 61/64; 8 Ob 523/81; 3 Ob 613/78; HS 9098; MietSlg 6229). Die Mitglieder der "Kaufleutegemeinschaft" haften solidarisch schon nach der Verkehrssitte, aber auch gemäß Art 8 Nr 1 EVHGB bzw § 1203 letzter Satz ABGB (4 Ob 5/97g; 4 Ob 41/95; WoBl 1995, 161; RdW 1992, 270; WBl 1987, 316; JBl 1969, 556; SZ 41/68; JBl 1967, 148; MietSlg 15.027; SZ 27/299; Strasser in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 1203).

Entgegen der Ansicht der klagenden Partei wurde die in der Berufung des Beklagten enthaltene Rechtsrüge gesetzmäßig ausgeführt, wenngleich sie nicht dezidiert ausführte, daß (auch) die rechtliche Beurteilung angefochten wird; in der Sache wurde allerdings eindeutig eine Rechtsrüge erhoben (siehe S 7 der Berufung).

Da die Rechtsfrage vom Gericht zweiter Instanz unrichtig gelöst wurde, ist der Revision Folge zu geben und die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz aufzuheben, das sich mit der Tatsachen- und Beweisrüge, deren Behandlung es aus rechtlichen Gründen als entbehrlich erachtete, zu befassen haben wird.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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