Spruch:
Nur eine vollständig bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes ist nach § 528 Abs. 1 ZPO. nicht anfechtbar.
Eine Ergänzung des Exekutionstitels durch Urkunden zum Nachweis des Umfanges der geschuldeten Leistung ist unzulässig.
Entscheidung vom 3. September 1952, 1 Ob 687/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht bewilligte die Exekution.
Infolge Rekurses der Verpflichteten änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die Exekution nur zur Hereinbringung eines Betrages von 3209.28 S bewilligt und das Mehrbegehren von 5795.65 S abgewiesen wurde. Im Exekutionstitel sei von den Parteien vereinbart worden, daß der Umfang der exekutiven Forderung vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung zu ermitteln sei. Damit sei eine bestimmte Art der Berechnung, wie etwa die Festsetzung durch einen Schiedsrichter, bedungen worden, was nach § 7 Abs. 1 EO. zulässig sei. Auf § 7 Abs. 2 EO. und die Frage, ob es sich um eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde handle, brauche nicht eingegangen zu werden. Der Umfang der exekutiven Forderung sei vielmehr im Sinne des § 7 Abs. 1 EO. ohneweiters dem Exekutionstitel zu entnehmen und die Forderung könne vollstreckt werden. Was deren Höhe betreffe, ergebe sich im Gegensatz zum Erstrichter für die Zeit zwischen dem 15. April 1951 und dem 15. Juni 1951 eine Indexsteigerung von 4.62%, wie sich aus der Auskunft des Instituts ergebe. Die Steigerung mache 2541 S aus. Dazu komme ein weiterer Betrag von 668.28 S, weil in der Zeit vom 15. Juni 1951 bis 15. Feber 1952 der Wert der erwähnten 2541 S um 26.3% gefallen sei. Zusammen stunden den betreibenden Parteien 3209.28 S und nicht 9004.93 S zu.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei Folge und wies den Exekutionsantrag vollständig ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Was die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Verpflichteten betrifft, kann von einer bestätigenden Entscheidung des Rekursgerichtes nicht gesprochen werden. Wie der Oberste Gerichtshof schon in seiner Plenarentscheidung vom 8. Dezember 1951, Präs. 198/51, Judikat 56 neu, zum Ausdruck gebracht hat, kann nur dann von einem bestätigenden Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne des § 502 Abs. 3 ZPO. (und in gleicher Weise von einer bestätigenden Rekursentscheidung nach § 528 Abs. 1 ZPO.) gesprochen werden, wenn die Entscheidung vollständig bestätigt wurde. Andernfalls liegt zu einem Teil eine Abänderung vor, die schon rein sprachlich mit einer bestätigenden Entscheidung nicht gleichgesetzt werden kann. Ein Auseinanderreißen des bestätigenden und des abändernden Teiles der Entscheidung ist mit Rücksicht auf den innerlichen Zusammenhang beider nicht möglich. Im vorliegenden Fall ist die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung nur zum Teil bestätigt und im anderen Teil abgeändert worden. Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist darum gegen die Rekursentscheidung im vollen Umfang zulässig.
In der Sache selbst verweisen die Verpflichteten mit Recht darauf, daß nach § 7 Abs. 1 EO. die Exekution nur dann bewilligt werden könne, wenn aus dem Exekutionstitel der Umfang der geschuldeten Leistung zu entnehmen ist. Im Exekutionstitel selbst muß daher das Ausmaß der exekutiven Forderung eindeutig angegeben sein. Es ist nicht angängig, die Festsetzung dieses Ausmaßes dritten Personen oder Körperschaften zu überlassen und die ziffernmäßige Berechnung vom Exekutionsbewilligungsgericht zu begehren. Dieses soll nach dem Willen des Gesetzgebers von allen Ermittlungsgeschäften befreit sein, soweit nicht ausdrücklich eine Ausnahme zugelassen ist, und die Exekution soll ohne Zwischenverfahren bewilligt Werden können. Gerade der Umstand, daß im § 10a EO. für die Ermittlung des Umfanges einer exekutiven, in Bruchteilen eines Dienst- oder Arbeitsbezuges bestehenden Forderung ausnahmsweise die Feststellung durch den Exekutionsbewilligungsrichter zugelassen wird, spricht dafür, daß in anderen Fällen eine Verweisung des Exekutionstitels auf das Ermessen oder die Auskunft dritter Personen in der Frage des Umfanges der exekutiven Forderung nicht dem Gesetz entspricht. Wie der Oberste Gerichtshof schon in mehrfachen Entscheidungen (vom 11. Juli 1952, 3 Ob 441/52; vom 31. Oktober 1951, 3 Ob 603/51; vom 24. November 1950, 2 Ob 480/50) ausgesprochen hat, ist eine Ergänzung des Exekutionstitels nach § 7 Abs. 2 EO. durch andere Urkunden nur zum Nachweis der für die Fälligkeit und Vollstreckbarkeit maßgebenden Tatsachen, nicht aber zum Nachweis des Umfanges der geschuldeten Leistung zulässig. Der Umfang muß sich vielmehr eindeutig aus dem Exekutionstitel selbst ergeben (§ 7 Abs. 1 EO.). Bloße Bestimmbarkeit genügt nicht (OGH-Entscheidung vom 18. September 1934, RZ. 1935 S. 39). Wenn der Exekutionstitel dessenungeachtet auf Auskünfte oder Urkunden zum Zwecke der Festsetzung des Umfanges der exekutiven Forderung Bezug nimmt, muß der sich daraus ergebende Anspruch erst im Prozeßwege festgestellt werden.
Die Untergerichte haben im vorliegenden Fall die Exekution zu Unrecht bewilligt, weil sich aus dem Exekutionstitel nicht ergibt, welches Ausmaß die vereinbarte Aufwertungsforderung der betreibenden Gläubiger hat. Im übrigen läge auch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde im Sinne des § 7 Abs. 2 EO. nicht vor. Dem Revisionsrekurs der Verpflichteten mußte deshalb Folge gegeben und die Rekursentscheidung dahin abgeändert werden, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde.
Der Revisionsrekurs der betreibenden Gläubiger, die die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung im vollen beantragten Ausmaß anstreben, war auf diese Entscheidung zu verweisen, ohne daß es notwendig war, auf die Argumente der betreibenden Gläubiger zur Höhe der Forderung einzugehen.
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