Spruch:
Der Käufer kann eine Mängelverbesserung auch selbst besorgen und den Kaufpreis ohne vorherige Aufforderung des Käufers zur Verbesserung entsprechend mindern, aber nur um jenen Betrag, um den die mängelbehaftete Sache geringerwertig als die mangelfreie ist
Die Zusage, ein verkauftes Fahrzeug sei fahrtüchtig, ist als Einschränkung eines im Vertrag bedungenen Gewährleistungsverzichts aufzufassen und begrundet eine Haftung des Verkäufers nach Maßgabe der Zusage
Die Aufforderung zur Verbesserung hat der Käufer an den Verkäufer, nicht an den Zessionar der Kaufpreisforderung zu richten, kann diesem gegenüber einen Preisminderungsanspruch aber einredeweise geltend machen
OGH 27. Oktober 1976, 1 Ob 657/76 (OLG Graz 1 R 51/76; LGZ Graz 10 Cg 233/75)
Text
Die klagende Partei begehrte einen Betrag von 29 635.40 S samt Anhang mit der Begründung, der Beklagte habe mit Kaufvertrag vom 25. November 1974 von Stefan S einen gebrauchten Traktor David Brown 990 und den Preis von 80 000 S erworben; der Traktor sei ihm am 7. Feber 1975 übergeben worden. Stefan S habe die Kaufpreisrestforderung in Höhe des Klagsbetrages an die klagende Partei abgetreten.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, sowohl Stefan S als auch Franz K, der die Vertragsverhandlungen geführt habe, hätten ihm zugesagt, daß der Traktor in Ordnung, d. h. fahrbereit sei. Tatsächlich habe sich aber herausgestellt, daß die Lager und Zahnräder schadhaft seien. Für diesen geheimen Mangel habe die klagende Partei einzustehen. Die Kosten der Mängelbehebung erreichten den Klagsbetrag, so daß er weitere Zahlungen nicht mehr zu leisten habe.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten im Sinne des Klagebegehrens schuldig und stellte im wesentlichen fest:
Der Beklagte, der sich für den Ankauf eines Traktors interessierte, wurde von Franz K auf den gegenständlichen Traktor (Baujahr 1966) des Stefan S, der vom Schwiegersohn des Stefan S, Ernst L, der Genossenschaft H zur Verkaufsvermittlung übergeben worden war, hingewiesen. In Anwesenheit des Friedrich T, des Markus M und des Franz K wurde der Traktor vom Beklagten besichtigt. Die Zugmaschine wurde, nachdem eine starke Batterie angeschlossen worden war, gestartet, in Bewegung gesetzt und die Hydraulik ausprobiert. Im Zuge der Besichtigung wurde an der Hydraulik eine Leckstelle festgestellt und dem Beklagten versprochen, diese Leckstelle abzudichten; ebenso wurde ihm die Ausstattung mit einer neuen Batterie und die Anbringung neuer Heckseitenteile versprochen. Während dieser ersten Besichtigung lief der Motor nur zirka zehn Minuten, da kein Kühlwasser eingefüllt war. Dem Beklagten wurde vor den Anwesenden versichert, daß der Traktor in Ordnung sei. Ab der Zeit, in der der Traktor von der klagenden Partei zur Verkaufsvermittlung übernommen worden war, wurde er mehrfach in Betrieb genommen. Markus M benützte den Traktor, um mit dem Frontlader Schotter zu schieben, ebenso fuhr Josef T zirka eine halbe Stunde mit dem Traktor, da er selbst die Absicht hatte, einen Traktor zu erwerben. Beide konnten keine Schäden feststellen, weil sie keine längere Strecke mit Schaltvorgängen gefahren waren. Kurze Zeit nach der Besichtigung wurde in den Räumen des Beklagten die Kaufvereinbarung geschlossen. Der zum Teil vorgedruckte und von Stefan S als Verkäufer bereits unterfertigte Vertragstext wurde von Franz K handschriftlich ergänzt und vom Beklagten unterschrieben.
Die beiden letzten Sätze der Vereinbarung lauten: "Beide Partner verpflichten sich, keine wie immer gearteten Forderungen nach Besichtigung des Fahrzeuges und Unterfertigung der Kaufvereinbarung geltend zu machen. Es wird keine Garantie und nachträgliche Vergütung geleistet." Dem Beklagten gegenüber wurde stets versichert, daß der Traktor in Ordnung sei. Im März 1975 wurde der Traktor vom Beklagten durch einen bei ihm beschäftigten Traktorfahrer Johann A erstmals verwendet. Es handelte sich dabei um eine längere Fahrt, bei der der Traktorfahrer ein singendes Geräusch im Getriebe feststellte und Schaltschwierigkeiten hatte. A vermutete einen Getriebedefekt und äußerte dies auch dem Beklagten gegenüber. Nach ein bis zwei Wochen fuhr A abermals mit dem Traktor, wobei dieselben Schwierigkeiten auftraten, weshalb das Fahrzeug zum Mechaniker Franz G gebracht wurde. Dort wurde festgestellt, daß die Nebenwelle defekt und die Hauptwelle sowie die Zahnräder stark abgenützt waren. Die Schwergängigkeit des Schaltvorganges mußte auffallen und war ein erkennbarer Hinweis auf den Getriebeschaden. Mit Schreiben vom 22. April 1975 forderte der Beklagte die klagende Partei auf, bis 2. Mai 1975 zu erklären, in welcher Weise der Schaden behoben werden soll. Die klagende Partei erwiderte, daß sie aus diesem Kauf keinerlei Entschädigung übernehmen könne. Mit Schreiben vom 26. Mai 1975 räumte der Beklagtenvertreter der klagenden Partei eine Nachfrist bis 2. Juni 1975 mit dem Bemerken ein, daß nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist der Traktor im Sinne des beigefügten Kostenvoranschlages repariert und nur der sich erübrigende Restbetrag an die klagende Partei überwiesen werde.
Das Erstgericht ging in rechtlicher Hinsicht davon aus, daß im vorliegenden Fall kein geheimer Mangel vorliege, weil der Mangel am Getriebe bei Durchführung einer Probefahrt hätte erkannt werden können. Geheim seien nur jene Mängel, die nur von einem Fachmann erkannt werden können. Für einen offenkundigen Mangel sei aber Gewähr nicht zu leisten.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten Folge, hob es unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des angefochtenen Urteils und lehnte es ab, eine Feststellung des Inhalts zu treffen, der Traktor sei im Zeitpunkt der Übergabe in Ordnung und funktionstüchtig gewesen. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Vereinbarung im Kaufvertrag, wonach nach Besichtigung des Fahrzeuges keine wie immer gearteten Forderungen von beiden Teilen geltend gemacht werden können und keine Garantie und nachträgliche Vergütung geleistet werde, beinhalte zwar einen Verzicht auf Gewährleistungsansprüche im Sinne des § 929 ABGB, doch würden verborgene Mängel hievon nicht erfaßt. Die vereinbarte Ausschlußklausel habe sich auch nur auf solche Mängel beziehen können, die bei der Besichtigung erkennbar waren. Ein Verzicht auf die Geltendmachung geheimer Mängel müsse in einer Form bedungen werden, die jeden Zweifel ausschließe, daß der Käufer in voller Kenntnis einer unwahren Zusage und auch für den Fall des Bestehens verborgener Mängel auf jede Gewährleistung verzichten wollte. Ein Getriebeschaden sei nun entgegen der Auffassung des Erstgerichtes als verborgener Mangel zu werten, zumal ein solcher Schaden in seinem gesamten Umfang erst durch fachgerechte Zerlegung des Getriebes festgestellt werden könne. Es habe sich auch im vorliegenden Fall ergeben, daß die Zeugen, die den Traktor kurz vor der Übergabe in Verwendung nahmen, nichts von einem Getriebeschaden bemerkten, und daß sich erst bei einer längeren Fahrt macht Schaltvorgängen, wie sie vom Traktorführer des Beklagten durchgeführt worden sei, Hinweise auf den Getriebedefekt ergaben. Es könne nun entgegen der Meinung des Erstgerichtes dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, daß er sich mit einer kurzen Vor- und Rückwärtsfahrt und mit einer oberflächlichen Besichtigung des Traktors begnügte und im übrigen den Zusagen des Franz K, der Traktor sei einwandfrei in Ordnung, vertraute. Franz K sei dem Beklagten schon seit Jahren bekannt und habe mit ihm wiederholt Geschäfte getätigt. Der Traktor habe sich nun auch entgegen der Zusage, es sei alles in Ordnung, nicht als einsatzfähig erwiesen, weil er einen schweren Getriebeschaden hatte. Für diesen Mangel habe die klagende Partei einzustehen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß es sich um ein gebrauchtes Fahrzeug handle, weil der Beklagte nach den gemachten Zusagen mit einem noch funktionstüchtigen, wenn auch bereits abgenützten Getriebe rechnen durfte. Der Beklagte habe sich nun bei Geltendmachung seines Gewährleistungsanspruches für die Verbesserung der Sache entschieden. Der als gegeben anzunehmende Gewährleistungsanspruch berechtigte ihn, die Verbesserungskosten der geltend gemachten Klagsforderung einredeweise entgegenzustellen, so daß die Klagsforderung nur insoweit gerechtfertigt sein könne, als sie die dem Beklagten zustehenden Verbesserungskosten übersteige. Im vorliegenden Fall sei für die Getriebereparatur vom Beklagten der Betrag von 29 636.40 S bezahlt worden; es sei aber ein völlig neues Getriebe in den Traktor eingebaut worden, so daß dem Beklagten auch ein Vorteil in Form einer Werterhöhung des Traktors zugekommen sei. Unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung müsse sich der Beklagte im vorliegenden Fall einen Abzug von den geltend gemachten Verbesserungskosten gefallen lassen. Das Ausmaß dieses Abzuges werde sich an der durch den Einbau des neuen Getriebes bedingten Werterhöhung gegenüber dem Traktor mit einem alten Getriebe - unter der Annahme, daß dieses funktionstüchtig und normal abgenützt sei - zu orientieren haben. Genauere Feststellungen in dieser Richtung seien von einem Sachverständigen zu treffen; dies werde im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurswerber führt aus, daß im Hinblick auf den Verzicht auf die Geltendmachung jeglicher Gewährleistungsansprüche, der auch verborgene Mängel umfasse, der Forderung der klagenden Partei auf Bezahlung des Kaufpreisrestes Gewährleistungsansprüche nicht entgegengesetzt werden können, zumal dem Beklagten keine Zusagen über einen besonderen Zustand des Traktors gemacht worden seien. Der Beklagte habe einen gebrauchten Traktor erworben und daher nicht erwarten können, daß das Getriebe neu sei bzw. wie ein neues Getriebe funktioniere.
Nun ist zunächst davon auszugehen, daß die klagende Partei als Zessionar der Kaufpreisrestforderung des Verkäufers Stefan S auftritt. Eine ausdrückliche Feststellung in dieser Richtung erfolgte zwar nicht, doch ist das Vorbringen der klagenden Partei substantiell vom Beklagten nicht bestritten worden und kann daher als außer Streit stehend erachtet werden. Grundsätzlich ist der Schuldner der abgetretenen Forderung befugt, dem Zessionar der Kaufpreisforderung gegenüber einredeweise Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Gemäß § 1396 ABGB verbleibt ja dem Schuldner der abgetretenen Forderung das Recht, seine Einwendung gegen die Forderung anzubringen (vgl. Bydlinski in Klang[2] IV/2, 395 Anm. 88 und JBl. 1961, 283). Die klagende Partei erachtet solche Gewährleistungsansprüche im Hinblick auf den vertraglichen Gewährleistungsverzicht als nicht gegeben. Nach der getroffenen Kaufvereinbarung vom 25. Jänner 1974 "verpflichten sich beide Partner, keine wie immer gearteten Forderungen nach Besichtigung des Fahrzeuges und Unterfertigung der Kaufvereinbarung geltend zu machen. Es wird keine Garantie und nachträgliche Vergütung geleistet". Damit wurde zum Ausdruck gebracht, daß der Käufer den Kaufvertrag nach Besichtigung des Fahrzeuges abschloß und auf jegliche Gewährleistungsansprüche verzichtete (vgl. die Entscheidung HS 4313 zur Auslegung der Klausel "wie besichtigt und Probe gefahren ohne Garantie und ohne Gewährleistung"). Der Beklagte hat aber behauptet, sowohl Stefan S als auch Franz K, der für diesen die Vertragsverhandlungen führte, hätten ihm zugesagt, daß der Traktor in Ordnung d. h. fahrbereit sei. Eine derartige Zusage würde als Einschränkung des im Vertrag bedungenen Gewährleistungsverzichts aufzufassen sein (vgl. Apathy, Gewährleistung für bedungene Eigenschaften, JBl. 1975, 575; EvBl 1972/170). Der Käufer darf sich auf eine derartige Zusicherung des Verkäufers bzw. seines Vertreters verlassen und wird damit auch von einer Prüfungspflicht für nicht bekannte oder nicht in die Augen fallende Mängel befreit (SZ 26/24,; HS 6375/4). In einem solchen Fall haftet der Verkäufer aber ungeachtet des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses nach Maßgabe der gegebenen Zusage (HS 5361/44, 7321 u. a.). Im vorliegenden Fall müßte der Verkäufer dafür einstehen, daß das Fahrzeug funktionstüchtig ist. Eine klare und eindeutige Feststellung, wer Zusicherungen über die Beschaffenheit des Fahrzeuges abgab, fehlt im Urteil des Erstrichters. Festgestellt wurde lediglich, daß der Traktor in Anwesenheit des Friedrich T, des Markus M und des Franz K vom Beklagten besichtigt und dem Beklagten "vor den Anwesenden" versichert wurde, daß der Traktor in Ordnung sei. Da die klagende Partei in der Berufungsmitteilung und im Rekurs davon ausgeht, es sei dem Beklagten vom Verkäufer keine Zusage über bestimmte Eigenschaften des Traktors gegeben worden, werden exakte Feststellungen in der aufgezeigten Richtung zu treffen sein. Sollte sich ergeben, daß die Zusagen von K gegeben wurden, wird auch festzustellen sein, ob und mit welcher Vollmacht K als Vertreter des Stefan S tätig wurde.
Nach den getroffenen Feststellungen war die Nebenwelle des Traktors kaputt, die Hauptwelle und die Zahnräder waren stark abgenützt. Es kann daher mit dem Berufungsgericht davon ausgegangen werden, daß der Traktor nicht fahrbereit und keinesfalls "in Ordnung" war. Der Beklagte macht nun einredeweise den Reparaturaufwand in der Höhe von 29 636.40 S geltend. Gemäß § 932 ABGB kann der Käufer bei einem behebbaren Mangel Verbesserung oder Preisminderung begehren. Der Beklagte konnte, da dem Verkäufer ein Anspruch auf Verbesserung nicht zusteht, die Verbesserung auch selbst besorgen lassen und das vereinbarte Entgelt entsprechend mindern (Ehrenzweig[2] II/1, 224). Es muß sich aber bei der Geltendmachung des Aufwandes für Verbesserungsarbeiten, wenn der Verkäufer zur Verbesserung nicht erfolglos aufgefordert wurde, betragsmäßig der Verbesserungsaufwand im Rahmen des nach der relativen Berechnungsmethode ermittelten Gesamtminderungsanspruchs halten (SZ 7/76; HS 1815; JBl. 1963, 317; SZ 44/20). Ist der Verkäufer mit der Verbesserung in Verzug, kann der Erwerber die Verbesserung selbst vornehmen und Ersatz nach § 1042 ABGB begehren. Bei schuldhaftem Verzug kann er die konkreten Aufwendungen nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen (§§ 918, 921 ABGB) begehren (vgl. Koziol - Welser, Grundriß I[3], 191; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 539). Nach den getroffenen Feststellungen richtete der Beklagte an die klagende Partei eine Aufforderung, die sinngemäß dahin ging, den Traktor instandzusetzen, widrigenfalls er, Beklagter, selbst die Reparatur gemäß dem übermittelten Kostenvoranschlag durchführen lassen werde. Die Aufforderung zur Verbesserung hätte aber an den Verkäufer, nicht an den Zessionar der Kaufpreisforderung gerichtet werden müssen. Eine Übernahme auch der Pflichten aus dem abgeschlossenen Kaufvertrag ist nicht behauptet worden. Es ist daher im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß der Verkäufer zur Verbesserung nicht aufgefordert wurde. Die Begrenzung der Gegenforderung des Beklagten für die aufgewendeten Reparaturkosten ergibt sich dann aber nach dem Vorgesagten durch die Höhe des zu ermittelnden Preisminderungsanspruchs. Nach der dabei anzuwendenden relativen Berechnungsmethode hat der Käufer als Entgelt nur jenen Preis zu entrichten, der sich zum versprochenen Entgelt so verhält wie der geringere Wert der mangelbehafteten Sache zum Wert der mangelfreien Sache (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 538; HS 1824/141; HS 1831; HS 6382/24). Es werden daher gegebenenfalls auch Feststellungen darüber zu treffen sein, welchen Wert der verkaufte Traktor im zugesagten (ordentlichen, fahrtüchtigen) Zustand hatte und welcher Wert ihm zufolge des Getriebeschadens zukam.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)