OGH 1Ob627/85

OGH1Ob627/8513.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1.) Dipl.Ing. Guntram A, Architekt, 2.) Roswitha A, Hausfrau, beide Bregenz, Weissenreutheweg 6b, beide vertreten durch Dr.Ernst Stolz, Rechtsanwalt in Bregenz, wider den Gegner der gefährdeten Partei Mag.Manfred B, Professor, Bregenz, Rämerstraße 7, vertreten durch Dr.Hubert Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Ersatzleistung gemäß § 394 EO (Streitwert S 30.000), infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 10. Mai 1985, GZ 1a R 188/85-106, womit dem Rekurs des Gegners der gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 20.März 1985, GZ 3 C 471/81-100, teilweise Folge gegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdeten Parteien haben die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 3.11.1978 wurde dem Gegner der gefährdeten Parteien verboten, die Bauarbeiten zur Errichtung eines Wohnhauses am Grundstück Nr. 578/7 der EZ 1269 KG Bregenz fortzusetzen (Pkt. 1) oder sonstige Maßnahmen oder Handlungen vorzunehmen, die geeignet sind, weitere geologisch nachteilige Veränderungen dieser Liegenschaft herbeizuführen oder eine spätere Verringerung der ohne Bewilligung durchgeführten Schüttung unmöglich zu machen (Pkt. 2). Den gefährdeten Parteien wurde aufgetragen, für alle dem Gefährdungsgegner durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile eine Sicherheit von S 200.000 zu leisten. Zugleich wurde ausgesprochen, daß die einstweilige Verfügung dem Gegner erst nach Erlag der Sicherheit zugestellt und das Verbot erst mit diesem Zeitpunkt wirksam werde. Die einstweilige Verfügung wurde für die Zeit, bis die gefährdeten Parteien ihren Anspruch durch Exekution geltend machen können, längstens jedoch bis 31.Dezember 1979, bewilligt. Die gefährdeten Parteien wurden angewiesen, bei sonstiger Aufhebung der einstweiligen Verfügung bis zum 30.11.1978 die gerichtliche Einbringung der Klage zur Geltendmachung des behaupteten Anspruchs nachzuweisen. Am 7.11.1978 wurde dem Erstgericht eine 'Garantieerklärung' der C D vorgelegt, worin sich die C D verpflichtete, den ihr namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch S 200.000, binnen drei Tagen nach Erhalt der Zahlungsaufforderung ohne Prüfung des Rechtsgrundes an das Gericht zu bezahlen. Die Garantieerklärung war mit 6.11.1980 befristet. Das Erstgericht verfügte hierauf die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Vertreter des Gegners der gefährdeten Partei; die Zustellung wurde am 9.11.1978 bewirkt.

Das Rekursgericht gab dem gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei Folge und wies den Antrag ab. Das Rekursgericht führte aus, es könne nicht als bescheinigt erachtet werden, daß durch das Bauvorhaben des Gegners der gefährdeten Partei die nach den geologischen Verhältnissen zulässige Bodenpressung des Felsgrundes überschritten werde. Nicht als bescheinigt erachtet wurde auch, daß durch die geplanten Baumaßnahmen die Gefahr eines Grundbruchs bewirkt werde. Der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen erhobenen Rekurs der gefährdeten Parteien mit Beschluß vom 31.1.1979, 1 Ob 518/79, nicht Folge. Der Gegner der gefährdeten Parteien stellte den Antrag, den gefährdeten Parteien gemäß § 394 Abs.2 EO die Zahlung des Betrages von S 193.638,84 (vgl. S 356 d.A.) aufzuerlegen. Er führte zur Begründung aus, er habe auf Grund der ihm am 9.11.1978 zugestellten einstweiligen Verfügung die Fortführung der Bauarbeiten bis zum 27.11.1978 (Zustellung des Beschlusses des Landesgerichtes Feldkirch über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung) einstellen müssen. Die Fortsetzung der Arbeiten sei erst wieder am 29.1.1979 möglich gewesen. Für den erforderlich gewordenen Abtransport von Teilen der Baustelleneinrichtung und für Liegekosten der an der Baustelle verbliebenen Geräte habe er einen Betrag von S 38.058,54 zahlen müssen. Die Fa.E F G, Altach (im folgenden: Fa. E) habe den mit ihr unter der Bedingung der Fertigstellung des Rohbaus bis 31.12.1978 vereinbarten Fixpreis nicht aufrecht erhalten. Hieraus sei ihm insgesamt ein Schaden in der angesprochenen Höhe erwachsen.

Die gefährdeten Parteien brachten vor, daß ihr Gegner keinen Schaden erlitten habe. Die Verzögerungen in der Fortsetzung des Baues seien auf sein eigenes Verschulden zurückzuführen.

Das Erstgericht erkannte die gefährdeten Parteien schuldig, ihrem Gegner den Betrag von S 32.860,25 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 160.778,59 wies es ab. Soweit es für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung ist, stellte das Erstgericht fest: Dem Gegner der gefährdeten Parteien seien durch die Bauverzögerung Mehrkosten in der Höhe von S 151.337,83 erwachsen. Dem stünden Minderkosten in der Höhe von insgesamt S 130.749,58 gegenüber, wobei ein Betrag von S 44.320,- auf Minderkosten für Planung, Ausschreibung, Bauabrechnung und Garantieleistung entfalle. Die Fa. E habe dem Gegner der gefährdeten Partei für diese Leistungen bisher nichts in Rechnung gestellt, sondern dem gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing.Josef H am 7.2.1984 mitgeteilt, daß sie ein Honorar von S 40.887,- verlangen werde. Da der Gegner der gefährdeten Partei die Bauaufsicht selbst ausgeführt habe, gebühre ihm hiefür unter Anwendung des § 273 ZPO ein Betrag von S 20.000, der von den von der Fa.E präliminierten Kosten für Planung, Ausschreibung, Bauaufsicht und Garantieleistung in der Höhe von S 64.320 in Abzug zu bringen sei, so daß insgesamt von einer Minderung des Bauaufwandes in der Höhe von S 44.320 auszugehen sei. Dem Gegner der gefährdeten Partei sei zufolge von Baupreiserhähungen ein Schaden in der Höhe von S 20.588,25 (S 151.337,83 abzüglich S 130.749,58) erwachsen, weiters seien an Stilliegekosten S 12.272,-

aufgelaufen, so daß insgesamt ein Schaden von S 32.860,25 entstanden sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen den Beschluß des Erstrichters erhobenen Rekurs des Gegners der gefährdeten Partei teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß die gefährdeten Parteien schuldig erkannt wurden, ihrem Gegner den Betrag von S 62.860,25 zu ersetzen. Den Rekurs gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung ließ das Rekursgericht zu. Das Mehrbegehren von S 130.778,59 wurde abgewiesen. Das Rekursgericht führte aus, dem Gegner der gefährdeten Parteien könne für die von ihm besorgte Bauleitung im Hinblick darauf, daß er kein Fachmann sei, kein höherer Betrag, als er vom Erstrichter angenommen wurde (S 20.000), vergütet werden. Hingegen habe sich der Gegner der gefährdeten Partei an Kosten der Planung, Ausschreibung, Bauaufsicht, Baurechnung und Garantieleistung nichts erspart, da noch nicht feststehe, daß der Gegner der gefährdeten Partei für die von der Firma E erbrachten Leistungen nichts zu bezahlen haben werde. Es sei auch davon auszugehen, daß die Firma E Leistungen erbracht habe, wenn auch nicht geprüft worden sei, ob der Betrag von S 44.320 oder der von der Fa. E dem Sachverständigen Ing.Josef H genannte Betrag von S 40.887 gerechtfertigt sei. Nicht zu prüfen sei, ob die Forderung der Fa. Müller bereits verjährt sei oder ob der Lauf der Verjährungsfrist durch ein Anerkenntnis des Gegners der gefährdeten Partei unterbrochen worden sei. Da der Gegner der gefährdeten Partei im Rekurs selbst von den Kosten der Bauaufsicht einen Abstrich von S

14.320 vorgenommen habe, sei ihm ein weiterer Betrag von S 30.000 (S 44.320 abzüglich S 14.320) zuzuerkennen.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen den Beschluß des Rekursgerichtes insoweit, als das Rekursgericht dem Gegner der gefährdeten Partei einen weiteren Betrag von S 30.000 zugesprochen hat, erhobenen Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien kommt Berechtigung nicht zu.

Auszugehen ist davon, daß nach den Verfahrensergebnissen im Angebot der Fa. E an Planungskosten ein Betrag von S 64.320 enthalten war (vgl. Gutachten des Sachverständigen Ing.Josef H, ON 77 Blatt 39), und die Fa.E dem Sachverständigen erklärte, Planungskosten im Betrag von S 40.887 verrechnen zu wollen. Der Erstrichter hat dem Gegner der gefährdeten Parteien für die von ihm selbst ausgeführte Bauaufsicht einen Betrag von S 20.000 zugebilligt und den verbleibenden Restbetrag von S 44.320 von den mit S 151.337,83 festgestellten Mehrkosten mit der Begründung in Abzug gebracht, daß die Fa.E ihm bisher für die von ihr erbrachten Leistungen nichts in Rechnung gestellt habe, so daß dem Gegner der gefährdeten Partei Minderkosten in dieser Höhe entstanden seien. Das Rekursgericht vertrat den Standpunkt, daß eine Minderung der dem Gegner der gefährdeten Parteien erwachsenen Mehrkosten nur in Ansehung des Teilbetrages von S 14.320 gerechtfertigt sei. Das Rekursgericht ging demnach nicht davon aus, daß dem Gegner der gefährdeten Partei ein weiterer Schaden von S 30.000 entstanden sei, es lehnte es nur ab, diesen Betrag als schadensmindernd in Abzug zu bringen. Es ist daher auch nicht zu prüfen, ob die Annahme eines Schadens voraussetzt, daß eine entstandene Verbindlichkeit bereits bezahlt wurde (vgl. hiezu SZ 35/83; JBl. 1966, 629 u.a.), sondern ob die Minderung der festgestellten Mehrkosten gerechtfertigt ist. Die Revisonsrekurswerber bejahen dies unter dem Gesichtspunkt, daß ihren Gegner eine Schadensminderungspflicht treffe. Sei die Forderung der Fa.E verjährt, habe der Gegner der gefährdeten Parteien dies geltend zu machen, ein etwaiges Anerkenntnis könne nicht zu ihren Lasten gehen. Darüber hinaus machten die Revisionsrekurswerber geltend, daß sich ihr Gegner unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung jeden auf die Verzögerung der Bauführung zurückzuführenden Vorteil (somit auch die Minderung seiner Zahlungspflicht wegen Verjährung einer Forderung) anrechnen lassen müsse. Ob die Forderung der Fa.E tatsächlich verjährt ist, kann in Ermangelung entsprechender Feststellungen nicht beurteilt werden (vgl. hiezu die Aussage des Geschäftsführers der Fa.E, Karl E, S 296 d.A., wonach er in Ansehung dieser Forderung mit dem Gegner der gefährdeten Parteien ein 'Stillhalteabkommen' geschlossen habe, das diesen zur Bezahlung erst nach Beendigung des Gerichtsverfahrens verpflichtet). Die Klärung dieser Frage ist aber entbehrlich. Auf die Pflicht zur Schadensminderung ist nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen (ZVR 1978/197; SZ 46/109 u.a.), auch anrechenbare Vorteile sind nicht von Amts wegen wahrzunehmen (SZ 52/84; ZVR 1975/164; ZVR 1973/7; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 44 zu § 1304 und Rdz 8 zu § 1312). Ein präzises Vorbringen dahin, daß die in Rede stehende Forderung der Fa.E verjährt sei und daß sich der Gegner der gefährdeten Partei dies unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht oder als Vorteil anrechnen lassen müsse, wurde nicht erstattet. Vorgebracht wurde (S 289 d.A.), die Firma E habe keine Rechnung gelegt, weshalb sich der Gegner der gefährdeten Parteien etwas erspart habe. Die hierauf vom Erstgericht veranlaßte Einvernahme des Karl E ergab, wie bereits ausgeführt, daß die Verrechnung erst nach Abschluß des gerichtlichen Verfahrens erfolgen werde (S 295 d.A.). Im Schriftsatz vom 13.7.1984 (S 362 d.A.) wurde nur behauptet, daß die Kosten der Typenpreiserhähung für das Haus Müller-Thurgau verjährt sind; daß dies auch für die Planungskosten zutreffe, wurde nicht geltend gemacht.

Demzufolge ist dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO, 78, 402 EO.

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