OGH 1Ob621/94

OGH1Ob621/9413.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** -Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Prabhu ***** L*****, vertreten durch Dr.Gerd Hartung, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 30. Juni 1994, GZ 48 R 325/94-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 6.Dezember 1993, GZ 5 C 675/92g-20, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Beklagte wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 10.3.1993 schuldig erkannt, der Klägerin eine im Hause W*****, M*****straße 14, gelegene Wohnung geräumt von seinen Fahrnissen zu übergeben. Diese Entscheidung wurde ihm am 1.4.1993 zugestellt. Die dem Beklagten offenstehende Rechtsmittelfrist ließ er ungenutzt verstreichen.

Am 24.8.1993 langte beim Erstgericht ein Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist, verbunden mit einer nunmehr erhobenen Berufung, ein. Diesen Antrag wies das Erstgericht ab. Der Beklagte habe weder den Ladungen zur Parteienvernehmung Folge geleistet, noch habe er die ihm zugestellten "Gerichtsstücke" als so wichtig betrachtet, daß er für deren Übersetzung gesorgt habe. Diese Umstände stellten nicht mehr einen minderen Grad des Versehens dar, der Beklagte mache kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 146 Abs.1 ZPO geltend.

Das Rekursgericht gab dem vom Beklagten erhobenen Rekurs nicht Folge und bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen wurde. Es sprach aus, daß "der weitere Rekurs" jedenfalls unzulässig sei. Das Rekursgericht ging davon aus, daß der Beklagte bereits vor dem 5.8.1993 von seiner Räumungverpflichtung Kenntnis gehabt habe, der am 20.8.1993 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag sei demnach als verspätet zurückzuweisen. Es führte aber weiters aus, daß der Wiedereinsetzungsantrag auch inhaltlich nicht berechtigt sei. Berücksichtige man, daß der Beklagte zu zwei Verhandlungsterminen nicht erschienen sei, das ihm zugegangene Urteil gänzlich ignoriert und trotz seiner Sprachschwierigkeiten nicht für eine Übersetzung gesorgt habe, dann könne in diesen Umständen kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis erblickt werden. Das sorglose Handeln des Beklagten sei nicht mehr als minderes Versehen zu bewerten.

Der vom Beklagten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 528 Abs.2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist (Fasching, Lehrbuch2 Rz 2016). Dieser absolute Rechtsmittelausschluß geht der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs.1 ZPO vor und verhindert jede Anfechtung des voll bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, der Revisionsrekurs sei zulässig, weil es sich beim vorliegenden Rechtsstreit um eine unter § 49 Abs.2 Z 5 JN fallende Räumungsstreitigkeit handle, die Zulässigkeit des Revisionsrekurses sei demnach analog zur Zulässigkeit der Revision gemäß § 502 Abs.3 Z 2 ZPO zu beurteilen. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Oberste Gerichtshof die analoge Anwendung des unmittelbar nur für die Revision geltenden § 502 Abs.3 ZPO, wonach es bei familienrechtlichen und bestimmten Bestandstreitigkeiten für die Zulässigkeit der Revision auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht ankommt, für das Rekursverfahren schon mehrfach abgelehnt hat (3 Ob 9/94; 3 Ob 13, 14/94; 2 Ob 502/94; 3 Ob 10/93; 3 Ob 145/93; EFSlg 64.180). Der Revisionsrekurswerber vermag nicht aufzuzeigen, warum von dieser gesicherten Rechtsprechung abgegangen werden sollte.

Wenngleich die erste Instanz den Wiedereinsetzungsantrag aus sachlichen Gründen abgewiesen und das Rekursgericht diesen Antrag primär wegen Verspätung zurückgewiesen hat, liegt dennoch eine Konformatsentscheidung vor. Das Rekursgericht hat nämlich ungeachtet der von ihm ausgesprochenen Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags die angefochtene Entscheidung auf ihre sachliche Richtigkeit geprüft und die rechtlichen Erwägungen des Erstgerichtes ausdrücklich gebilligt. Sind aber beide Unterinstanzen nach meritorischer Prüfung zur gleichen Sachentscheidung gekommen, dann liegen insoweit Konformatsbeschlüsse im Sinne des § 528 Abs.2 Z 2 ZPO vor, ohne daß es dabei auf die vom Rekursgericht gewählte Entscheidungsform ankäme. Die verschiedene Formulierung des Spruches in erster und zweiter Instanz vermag daran nichts zu ändern, daß es sich um eine Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung handelt, wenn der Spruch der zweiten Instanz den Beschwerdeführer nicht mehr belastet als der Spruch des Gerichtes erster Instanz. Der tragende Entscheidungsgrund des erstinstanzlichen Beschlusses, nämlich daß der Beklagte auffallend sorglos gehandelt hat und demnach kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, auf das er sich berufen könnte, vorliegt, ist ident mit dem vom Rekursgericht zusätzlich zum Zurückweisungsgrund dargestellten Abweisungsgrund (2 Ob 54/93; VersRdSch 1988/94; SZ 64/88; 3 Ob 8/90; RZ 1977/37; ÖBl 1975, 88; ÖBl 1973, 142; 4 Ob 315/70; vgl 3 Ob 53/94; SZ 62/120).

Der gemäß § 528 Abs.2 Z 2 ZPO absolut unzulässige Revisionsrekurs des Beklagten ist demnach zurückzuweisen, ohne daß darauf eingegangen werden müßte, ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs.1 ZPO vorliegt.

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