OGH 1Ob611/86

OGH1Ob611/8625.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut S***, Kaufmann und Landwirt, Wien 23., Erlaaerstraße 27, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Erika F***, Hausfrau, Brunn am Gebirge, Am Rosenstamm 6, 2.) Josef C***, Gastwirt, Mödling, Brühlerstraße 51, beide vertreten durch Dr. Hanns Hügel, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Übergabe von Löschungsquittungen (Streitwert S 119.452,60) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Oktober 1985, GZ 13 R 173/85-30, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20.März 1985, GZ 4 Cg 401/81-25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 7.577,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 514,35 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 22.3.1974 veräußerten Christof C*** und die beiden Beklagten die ihnen gehörenden je 1/3-Anteile der Liegenschaft EZ 412 KG Kalksburg, Grundstück 270, um den Kaufpreis von S 315.680, vom dem allerdings im Vertrag nur S 158.246 deklariert wurden, an den Kläger. Die für die Entscheidung maßgebenden Punkte des Vertrages, dem im wesentlichen in den Punkten 5 bis 9 zur Gänze, ein Formular zugrundelag, haben folgenden Wortlaut:

"4. Die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft in den tatsächlichen Besitz und Genuß der Käuferseite ist bereits erfolgt, vorbehaltlich der Zustimmung der Grundverkehrskommission. Von diesem Tage an gehen Vorteile, Erträgnisse und Nutzen einerseits sowie alle Steuern, Abgaben, Lasten und Nachteile anderseits zu Handen der Käuferseite. Stichtag: 1.4.1974...

5. Die Verkäuferseite verpflichtet sich zur ungeteilten Hand, sämtliche durch diesen Kaufvertrag von der Käuferseite nicht ausdrücklich übernommenen auf dem Kaufobjekte grundbücherlich haftenden Schulden, Servituts- oder andere Lasten auf eigene Kosten ohne Aufschub zur Löschung zu bringen....

7. Die Verkäuferseite übernimmt zur ungeteilten Hand die unbedingte Gewährleistung, daß auf der verkauften Liegenschaft außer den in diesem Vertrage ausdrücklich bezeichneten Pfandrechten, Lasten, Dienstbarkeiten, Reallasten usw. keinerlei andere Pfandrechte, Lasten, Dienstbarkeiten, Reallasten usw. haften und daß diese Liegenschaft auch von Besitzrechten Dritter vollkommen frei ist, weiters, daß hinsichtlich der verkauften Liegenschaft keine weiteren Gebühren oder Steuerrückstände, Rückstände an öffentlichen Abgaben und Versicherungsprämien usw. mit sachlicher Haftung bis zum Tage der tatsächlichen Übergabe vorhanden sind. Auch diesfalls verpflichtet sich die Verkäuferseite, die Käuferseite vollkommen klag- und schadlos zu halten.

8. Die für die Errichtung und grundbücherliche Einverleibung dieses Kaufvertrages auflaufenden Kosten, Gebühren und Grunderwerbssteuer samt Zuschlägen und alle anderen sich aus diesem Kaufvertrage ergebenden öffentlichen Abgaben und sonstigen Auslagen trägt die Käuferseite allein.

9. Die Verkäuferseite erteilt hiemit die ausdrückliche Bewilligung, daß auf Grund dieses Kaufvertrages das Eigentumsrecht auf die durch diesen Kaufvertrag an die Käuferseite verkaufte Liegenschaft jederzeit zugunsten der Käuferseite einverleibt werden kann."

Dem Kläger wurde zu Handen des Vertragsverfassers Notar Dr. Kurt D*** von den Veräußerern ein Beschluß über die Anmerkung der beabsichtigten Veräußerung mit Wirksamkeit bis 29.3.1975 übergeben. Am 6.6.1974 wurde unter COZ 8 auf dem Drittelanteil des Christof C*** auf Grund des Schreibens des Finanzamtes für den 12., 14. und 15. Bezirk in Wien, Steuernummer 600/2342, das Pfandrecht zur Sicherung der Abgabenforderung von S 134.749 für die Republik Österreich vorgemerkt. Diese Schuld haftet noch mit S 118.868 aus. Am 31.1.1975 erstatteten der Kläger, die Beklagten und Christof C*** gemäß § 29 FinStrG Selbstanzeige an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern. Der Kaufpreis habe nicht, wie im Vertrag und in der Abgabeerklärung angegeben, S 158.246, sondern in Wahrheit S 315.680 betragen. Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern vom 5.3.1975, BRP 53.520/74-IV/23, wurde die Grunderwerbssteuer neu bemessen und dem Kläger - abzüglich der bereits bezahlten Grunderwerbsteuer von S 11.077 - zur Zahlung vorgeschrieben. Erst nach Ablauf der Wirkung des Rangordnungsbescheides wurde die restliche Grunderwerbsteuer vom Kläger bezahlt. Die Einverleibung seines Eigentumsrechtes erfolgte erst im Jahre 1980. Im Jahre 1977 wurde unter COZ 15 zugunsten der Sozialversicherungsanstalt der Bauern für deren vollstreckbare Forderung von S 584,20 auf dem Drittelanteil des Christof C*** ein exekutives Pfandrecht einverleibt. Dieses ist bereits löschungsfähig. Christof C*** verstarb am 19.9.1981. Seine Verlassenschaft wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 24.11.1982, 2 A 515/81-14, der Erstbeklagten auf Abschlag ihrer Forderung an bezahlten Leichenkosten an Zahlungsstatt überlassen. Der Kläger begehrt, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, ihm für die in COZ 8 und 15 der EZ 412 KG Kalksburg auf dem Drittelanteil des Christof C*** einverleibten Lasten Löschungsquittungen zu übergeben. Sie könnten sich durch die Bezahlung der Beträge von S 118.868 und S 584,20 befreien. Die Beklagten hätten vertraglich zur ungeteilten Hand die unbedingte Gewährleistung für die Lastenfreistellung übernommen. Die Beklagten wendeten ein, ausschließlicher Vertragswille sei es gewesen, daß sie nur für die im Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung bestehenden Lasten die Haftung zur Lastenfreistellung übernommen hätten. Dieser Verpflichtung seien sie nachgekommen. Sie hätten dem Kläger einen Beschluß über die Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung übergeben, aufgrund derer der Kläger in der Lage gewesen wäre, auch lastenfreier Eigentümer des Miteigentumsanteiles des Christof C*** zu werden. Wenn der Kläger aus seinem oder aus dem Verschulden des von ihm beauftragten Vertragsverfassers den Rangordnungsbeschluß nicht ausgenützt habe, habe er dies allein zu verantworten. Die Beklagten könnten für diese Unterlassung nicht haftbar gemacht werden.

Das Erstgericht erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, die in COZ 8 und 15 der EZ 412 KG Kalksburg einverleibten Lasten auf eigene Kosten zur Löschung zu bringen, das "Mehrbegehren", die Beklagten seien schuldig, dem Kläger Löschungsquittungen zu übergeben, wies es ab. Es stellte fest, die Bedeutung der Vertragsbestimmungen 4, 5 und 7 sei beim Vertragsabschluß nicht erörtert worden. Die Beklagten hätten die innere Vorstellung gehabt, daß jeder nur für seinen Anteil haften solle. Es habe aber nicht festgestellt werden können, daß diese Vorstellungen dem Kläger gegenüber geäußert worden seien, diesem rechtzeitig aufgefallen wären oder von ihm veranlaßt worden seien. Sämtliche Vertragsteile hätten eine lastenfreie Übertragung des Eigentums beabsichtigt.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Vertragswille der Parteien ergebe sich klar aus den Formulierungen des Vertrages. Dem Rechtsbegriff "zur ungeteilten Hand" könne dabei nicht die von den Beklagten gehegte irrige Bedeutung zugemessen werden, es hafte jeder Verkäufer nur für seinen Liegenschaftsanteil. Die Frage eines allfälligen dem Kläger zuzurechnenden Verschuldens bei der Eintragung der Lasten könne außer Betracht bleiben, da es sich um positive Vertragspflichten der Beklagten handle, deren Erfüllung sie zur ungeteilten Hand mit Christof C*** im Punkt 5 des Vertrages dem Kläger versprochen hätten. Das Mehrbegehren auf Übergabe von Löschungsquittungen sei abzuweisen, da ein Anspruch auf Übergabe von Löschungsquittungen aus dem Kaufvertrag nicht abzuleiten sei. Über Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das vom Kläger gestellte Begehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige. Die Revision erklärte es für nicht zulässig. Der Einwand der Beklagten, das Erstgericht habe dem Kläger ein Mehr oder aliud zugesprochen, sei berechtigt. Der Kläger habe beantragt, die Beklagten dazu zu verurteilen, ihm Löschungsquittungen zu übergeben. Das Erstgericht habe die Beklagten schuldig erkannt, die Pfandrechte auf eigene Kosten zur Löschung zu bringen. Die Beklagten machten daher mit Recht geltend, daß das Erstgericht dadurch gegen § 405 ZPO verstoßen habe. Auf die Bekämpfung der Beweiswürdigung durch die Beklagten brauche nicht eingegangen zu werden, weil schon ihre Rechtsrüge zum Erfolg führe. Für das bereits löschungsfähige, unter COZ 15 einverleibte Pfandrecht mangle es dem Kläger bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Daneben ergebe sich aber aus dem Vertrag, daß sich die Beklagten nur zur Löschung der am 1.4.1974 auf der Liegenschaft haftenden Schulden zur ungeteilten Hand verpflichtet hätten. Aus dem Zusammenhalt der Punkte 4, 5 und 7 des Kaufvertrages folge eindeutig, daß sich die solidarische Verpflichtung zur Löschung und Schadloshaltung nur auf solche Schulden beziehe, die zum Zeitpunkt der Übergabe auf der Liegenschaft lasteten. Für Lasten, die erst nach der Übergabe, insbesondere nach dem vereinbarten Verrechnungsstichtag 1.4.1974, aber vor Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers intabuliert werden sollten, sei von den Beklagten keine solidarische Löschungsverpflichtung zugesagt worden. Für die Zeit nach dem 1.4.1974 ergebe sich nur eine aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht der Vertragspartner abzuleitende Pflicht jedes Miteigentümers, dafür zu sorgen, daß sein Liegenschaftsanteil nicht vor Intabulierung des Eigentumsrechtes des Käufers mit weiteren Pfandrechten oder sonstigen Verpflichtungen belastet werde, bzw. im Fall der zwangsweisen Belastung für die Lastenfreistellung zu sorgen. Zur Sicherung gegen zwischenzeitige Belastungen der Liegenschaft hätten die Beklagten dem Kläger einen Rangordnungsbescheid ausgehändigt, mit dessen Hilfe er bei Einverleibung seines Eigentumsrechtes binnen Jahresfrist dennoch zwischenzeitig intabulierte Lasten wieder hätte löschen lassen können. Das ändere aber nichts daran, daß die jeden Miteigentümer treffende Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß sein Anteil nicht zwischenzeitig weiterbelastet werde, auch bestehen bleibe, wenn der Rangordnungsbescheid aus welchen Gründen immer nicht rechtzeitig ausgenützt worden sei. Zum Stichtag 1.4.1974 seien die Beklagten daher solidarisch nur zur Löschung der unter COZ 1 und 4 einverleibten Pfandrechte verpflichtet gewesen. Diese seien zwischenzeitig ohnedies bereits gelöscht worden. Die strittige Forderung COZ 8 sei am 6.6.1974, also während des Laufes des dem Kläger zur Verfügung gestellten Rangordnungsbescheides, vorgemerkt worden. Hätte der Kläger binnen Jahresfrist die Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Range des Rangordnungsbescheides beantragt, wäre das vorgemerkte Pfandrecht zu löschen gewesen. Es sei ausschließlich am Kläger, nicht aber an den Beklagten gelegen gewesen, daß sein Eigentumsrecht nicht rechtzeitig einverleibt worden sei. In einem solchen Fall könne dies nicht dazu führen, daß die vertraglich nur bis Stichtag 1.4.1974 übernommene solidarische Löschungsverpflichtung und Gewährleistung der Verkäufer perpetuiert werde und sie solidarisch auch für erst später intabulierte, nicht sie persönlich treffende Schulden einstehen müßten. Zur Löschung des vorgemerkten Pfandrechtes seien nur der verstorbene Christof C*** bzw. dessen Erben verpflichtet, weil es sich materiell um seine Schulden handle, für die der Kläger mit der Liegenschaft hafte. Die Beklagten treffe weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Pflicht zur Lastenfreistellung.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil es um die Bedeutung einer häufig verwendeten Vertragsklausel geht, aber nicht berechtigt.

Ist im Vertrag Abweichendes nicht bestimmt, gehört es zu den Vertragspflichten des Verkäufers, dem Käufer lastenfreies Eigentum zu verschaffen (JBl 1961, 595; 5 Ob 700/77; Bydlinski in Klang 2 IV/2, 299, 301 FN 5, 302 f; Wahle in Klang 2 IV/2, 27; Gschnitzer, Schuldrecht Besonderer Teil 18; Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 1 und 2 zu § 1061, Rdz 1 zu § 1047); erst mit der Eigentumsübertragung ist der Kaufvertrag endgültig erfüllt (Aicher aaO Rdz 1 zu § 1047). Schulden und Rückstände sind vom Verkäufer zur Gänze, alle anderen Lasten jedenfalls dann zu tilgen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bestanden (vgl SZ 53/107; Aicher aaO Rdz 4 zu § 1047; Koziol-Welser 7 I 237). Dem Wortlaut des Vertrages kann nicht eindeutig entnommen werden, daß die Solidarverpflichtung der Beklagten zur lastenfreien Übergabe nicht über den Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe (Stichtag 1.4.1974) hinausgehen sollte. Punkt 4 des Vertrages enthält eine Regelung des Stichtages nur für die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft in den tatsächlichen Besitz und Genuß. Punkt 7 des Vertrages knüpft die Gewährleistung für die Freiheit von Belastungen nur bei Gebühren und Steuerrückständen mit sachlicher Haftung an den Stichtag, enthält aber eine solche Regelung für andere Lasten nicht. Über den Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe oder des für diesen vereinbarten Stichtag hinaus haftet der Veräußerer aber, wie sich aus der ihn im Zweifel treffenden Verpflichtung zur Verschaffung lastenfreien Eigentums ergibt, für Buchlasten, die gegen ihn - auch nach dem Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe bis zur Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers - begründet wurden (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu §§ 922, 923 ), Miteigentümer aber grundsätzlich nur für ihren Anteil. Punkt 5 des Vertrages kann entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht dahin verstanden werden, daß die Beklagten auch noch für die Lastenfreistellung von nach Abschluß des Kaufvertrages erfolgten Belastungen anderer Miteigentumsanteile solidarisch haften sollten. Ziel jeder Vertragsauslegung ist es, ohne am buchstählichen Sinn des Ausdruckes haften zu bleiben, die Absicht der Parteien festzustellen (Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 914; Gschnitzer, Allg.Teil des bürgerlichen Rechts 136; Gschnitzer in Klang 2 IV/1 404; vgl.SZ 52/18; SZ 50/32). Die Bedeutung jeder abgegebenen Erklärung ist am Empfängerhorizont zu messen. Entscheidend ist der objektive Erklärungswert der Willensäußerung (ZAS 1986/8; RdW 1984, 317 uva, Koziol-Welser 7 I 84; Rummel aaO Gschnitzer in Klang aaO; Larenz Allg.Teil des deutschen bürgerlichen Rechts 4 328). Bei der Auslegung sind auch außerhalb des Erklärungsaktes liegende Begleitumstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluß auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (MietSlg 35.100; Heinrichs in Palandt 45 106). Die verwendeten Ausdrücke und der Zusammenhang der einzelnen Vertragsbestimmungen sind dabei am erklärten Zweck des Vertrages zu messen (Rummel aaO). Die Bedachtnahme auf die beiderseits bestehende Interessenlage kann wie bei einer teleologischen Reduktion zu einer einschränkenden Auslegung führen, wenn der Wortlaut auch Fälle zu umfassen scheint, die nach der Absicht der Parteien und dem Zweck des Vertrages nicht erfaßt werden sollten (Rummel aaO Rdz 10; vgl EvBl 1958/345; SZ 25/320). Der Zweck des Vertrages hat über seinen Wortlaut zu triumphieren (SZ 51/103; JBl 1971, 620; Gschnitzer in Klang aaO 405). Im vorliegenden Fall war den Vertragsparteien bei Abschluß des Vertrages die Belastung der Miteigentumsanteile und damit der damalige Umfang der übernommenen Solidarverpflichtung bekannt. Dem Kläger wurde bei Vertragsabschluß der Beschluß über die Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung übergeben. Damit war nicht nur der Kläger ein Jahr lang gegen nach Vertragsabschluß erfolgte Belastungen der Liegenschaft oder gegen einen Doppelverkauf geschützt, sondern auch die Verkäufer,deren im Punkt 5 übernommene Solidarhaftung für die Lastenfreistellung auch fremder Miteigentumsanteile während der Geltung des Rangordnungsbescheides keine Bedeutung haben konnte. Da in der Regel die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers einer Liegenschaft innerhalb Jahresfrist kein Problem darstellt, konnten die Beklagten damit rechnen - und dementsprechend auch die Bestimmung des Punktes 5 des Vertrages dahin verstehen - , daß eine zusätzliche Verpflichtung aus der übernommenen Solidarhaftung nicht mehr eintreten kann. Aber auch der Kläger konnte redlicherweise die Vertragsbestimmung des Punktes 5 nicht dahin verstehen, daß die Beklagten bereit wären, eine zusätzliche Haftung für den Fall, daß er mit der Ausnützung des Rangordnungsbescheides säumig sein werde, übernehmen zu wollen. Nach der Natur des Vertrages und dem zutage getretenen Geschäftszweck muß vielmehr als vereinbart gelten, daß der Kläger die Einverleibung seines Eigentumsrechtes innerhalbn der Frist des Rangordnungsbescheides auch durchzuführen hatte und ihm jedenfalls aus einer Säumnis keine Rechte erwachsen sollten. Er konnte der Erklärung der Beklagten nicht unterstellen, daß sie Haftungen übernehmen wollten, die bei rechtzeitiger Einverleibung durch den Kläger gelöscht worden oder gar nicht entstanden wären. Die Begleitumstände bei Vertragsabschluß führen also nach Treu und Glauben zu dem Schluß, daß die Beklagten mit der Erklärung im Punkt 5 des Vertrages die solidarische Haftung für die Depurierung aller Miteigentumsanteile nur insoweit übernahmen, als es sich um Lasten handelte, die bereits bei Vertragsabschluß bestanden, eine Haftung für nach Vertragsabschluß neu entstandene Belastungen anderer Miteigentumsanteile aber nicht übernehmen wollten. Da die vom Kläger geforderte Lastenfreistellung sich auf Belastungen fremder Miteigentumsanteile bezieht, auf die sich die Erklärung der Lastenfreistellung nicht bezog, wies das Berufungsgericht das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht ab. Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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