OGH 1Ob59/05s

OGH1Ob59/05s12.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 11. Februar 2002 verstorbenen Hilda S*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Ursula T*****, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. Jänner 2005, GZ 43 R 762/04h-124, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 18. Oktober 2004, GZ 3 A 35/02v-112, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Rechtsmittelwerberin ersuchte um Gewährung von Akteneinsicht, wobei sie sich lediglich auf ihre Stellung als gesetzliche Erbin berief.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mangels Parteistellung ab; die Erbansprüche der Rechtsmittelwerberin seien erloschen. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Auf die Akteneinsicht im Außerstreitverfahren seien die Bestimmungen des § 219 ZPO und des § 170 GeO sinngemäß anzuwenden. Bei „beschlussmäßig rechtskräftigem Ausspruch" des Eintritts der Rechtsfolgen nach § 120 AußStrG a.F. sei jeder Beteiligungsanspruch am Verlassenschaftsverfahren zu verneinen. Die Rekurswerberin bedürfe deshalb der Zustimmung „der Partei" zur Akteneinsicht, welche jedoch nicht vorliege. Ein mangels Zustimmung erforderliches rechtliches Interesse an der Akteneinsicht sei nicht glaubhaft gemacht worden. Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Vertreter der Rechtsmittelwerberin am 28.1.2005 zugestellt. Der außerordentliche Revisionsrekurs wurde erst am 25. 2. 2005, somit nach Ablauf der 14-tägigen Rechtsmittelfrist (§ 11 Abs 1 AußStrG a.F.) zur Post gegeben. Nach § 11 Abs 2 AußStrG a.F. können Rechtsmittel im Außerstreitverfahren zwar auch im Fall ihrer Verspätung sachlich behandelt werden, sofern sich die angefochtene Entscheidung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lässt. Voraussetzung dafür ist jedoch die inhaltliche Berechtigung; ist das Rechtsmittel nicht berechtigt oder gar unzulässig, so ist auch unter den genannten Voraussetzungen ein verspäteter Rekurs oder Revisionsrekurs zurückzuweisen (1 Ob 179/03k mwN.)

Im Revisionsrekurs wird nicht dargetan, inwieweit dem Rekursgericht eine gravierende (§ 14 Abs 1 AußStrG a.F.) Fehlbeurteilung unterlaufen sein sollte:

Dass der Revisionsrekurswerberin mangels Abgabe einer Erbserklärung im Verlassenschaftsverfahren keine Parteistellung zukommt, hat sie in ihrem Rechtsmittel nunmehr selbst zugestanden. Eine Zustimmungserklärung der Erbin zur Gewährung von Akteneinsicht wurde niemals behauptet. Ein rechtliches Interesse an der Gewährung von Akteneinsicht hat die Revisionsrekurswerberin in ihrem Antrag vom 31. 8. 2004 nicht dargelegt. Aus diesen Gründen wurde das Begehren auf Akteneinsicht von den Vorinstanzen zu Recht abgelehnt. Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin steht die Entscheidung des Rekursgerichts auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung 6 Ob 153/03y. Diese Entscheidung betrifft einen anders gelagerten Sachverhalt, nämlich den Sonderfall eines möglichen Anerben nach Höferecht im Verfahren zur Feststellung der Erbhofqualität. Das (nachträgliche) und erkennbare Vorbringen im Revisionsrekurs, das rechtliche Interesse an der Akteneinsicht sei deshalb gegeben, da die Revisionsrekurswerberin allenfalls nun doch eine Erbserklärung abgeben oder eine Erbschaftsklage einbringen möchte, verstößt gegen das Neuerungsverbot ( § 10 AußStrG a.F.; EFSlG. 44.518 ; 82.766) und muss daher unbeachtlich bleiben. Die weiteren Ausführungen der Rechtsmittelwerberin beschränken sich auf die Darlegung, aus welchen (subjektiven) Gründen für sie die Gewährung von Akteneinsicht vorteilhaft und zweckmäßig wäre.

Damit kommt der Frage, wem im Verlassenschaftsverfahren Akteneinsicht zu gewähren ist, auch im vorliegenden Fall die Qualifikation nach § 14 Abs 1 AußStrG a.F. nicht zu ( siehe 2 Ob 560/94). Da es der Revisionsrekurswerberin nicht gelungen ist, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für ihren Revisionsrekurs, nämlich die Abhängigkeit der Entscheidung von einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG a.F. aufzuzeigen, kommt eine Anwendung des § 11 Abs 2 AußStrG a.F. nicht in Betracht, sodass das Rechtsmittel als verspätet zurückzuweisen ist.

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