OGH 1Ob565/93

OGH1Ob565/9322.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adalbert W*****, vertreten durch Dr.Anke Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf W*****, vertreten durch Dr.Rudolf Christian Stiehl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 25. November 1992, GZ 41 R 863/92-20 , womit das Urteil des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 14.August 1992, GZ 2 C 158/92-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß der Revision wird das angefochtene Urteil und das vor dem Berufungsgericht durchgeführte Verfahren als nichtig aufgehoben. Die Berufung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Das das Klagebegehren abweisende Ersturteil wurde der Klagevertreterin am 21.8.1992 zugestellt. Die dagegen erhobene Berufung gab sie am 23.9.1992 zur Post. Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, da - wie noch darzustellen sein wird - aus Anlaß des Rechtsmittels eine Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist und dieser Frage immer erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (Fasching ZPR2 Rdz 1891; Petrasch in ÖJZ 1985, 297; EFSlg 57.813; 4 Ob 546/90; 1 Ob 661/90; 1 Ob 610/92). Der in 8 Ob 21, 22/91 vertretenen Ansicht, daß in einem derartigen Falle die ao. Revision mangels Beschwer zurückzuweisen wäre, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen, da dadurch - infolge Rechtskraft des Berufungsurteils - der Rechtsmittelwerber um die Möglichkeit eines Vorgehens gemäß §§ 146 ff ZPO gebracht würde.

Gemäß § 464 ZPO beträgt die Berufungsfrist vier Wochen. Sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung. Nach § 125 Abs 1 ZPO wird bei Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgerechnet, auf welchen der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, nach der sich der Anfang der Frist richten soll. Gemäß § 125 Abs 2 ZPO enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. § 225 Abs 1 ZPO ordnet schließlich an, daß dann, wenn der Beginn der Frist in die Gerichtsferien fällt, die Frist um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der Gerichtsferien verlängert wird.

Die Zustellung des Urteiles des Erstgerichtes an die Klagevertreterin am 21.8.1992, also innerhalb der gemäß § 222 ZPO vom 15.7. bis 25.8. dauernden Gerichtsferien, hat zur Folge, daß sich die dem Kläger zur Verfügung stehende Rechtsmittelfrist um insgesamt 4 Tage verlängerte und dementsprechend mit Ablauf des 22.September 1992 endete (SZ 57/65; RZ 1985/5; RZ 1989/108; 6 Ob 632/92). Fiele das Ende der Frist - wie der Rechtsmittelwerber vermeint - tatsächlich auf den 23.9.1992, stünden für die Erhebung des Rechtsmittels ab Ende der Gerichtsferien nicht 4 Wochen (= 28 Tage), sondern 29 Tage zur Verfügung, was im Gesetz nicht gedeckt wäre (vgl. SZ 57/65).

Die von der Klagevertreterin am 23.9.1992 zur Post gegebene Berufung ist daher verspätet und wäre richtigerweise gemäß § 469 Abs 1 ZPO schon vom Erstgericht zurückzuweisen gewesen. Die dennoch erflossene Sachentscheidung des Berufungsgerichtes ist wegen Verstoßes gegen die Rechtskraft des Ersturteiles nichtig (SZ 22/173; SZ 41/113; JBl. 1985, 630). Auf diese Nichtigkeit war aus Anlaß der - wie dargestellt - zulässigen Revision von Amts wegen Bedacht zu nehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 51 Abs 2 ZPO.

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