OGH 1Ob56/09f

OGH1Ob56/09f31.3.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Sophie-Marie J*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter Marion J*****, vertreten durch Dr. Andreas Natterer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. November 2008, GZ 42 R 542/08d-S-37, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Besuchsrecht ist ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung und ein allgemein anzuerkennendes, unter dem Schutz des Art 8 EMRK stehendes Menschenrecht (RIS-Justiz RS0047754). Auch wenn das Kind seine wahre Abstammung noch nicht kennt, entspricht es seinem Interesse, vom obsorgeberechtigten Elternteil in einer seiner Entwicklung gemäßen Weise davon unterrichtet zu werden und die Möglichkeit zu erhalten, zu dem ihm allenfalls sogar noch unbekannten Elternteil eine persönliche Beziehung aufzubauen (6 Ob 625/86; 2 Ob 26/07y). Einem Elternteil steht das Besuchsrecht nur insoweit nicht zu, als das Wohl des Kindes durch dessen Ausübung massiv gefährdet werden würde. Nur bei einer derartigen Gefährdung hat in einem - selbst unverschuldeten - Konfliktfall der Besuchsrechtsanspruch eines Elternteils gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten (8 Ob 42/02p). Spannungen zwischen den Eltern hindern das Besuchsrecht nur, wenn dadurch das Kindeswohl gefährdet wäre. Ausschlaggebend ist dabei die Intensität der Auswirkungen des Konflikts auf die Psyche des Kindes (1 Ob 232/01a). „Normale" Irritationen reichen nicht aus, um das Besuchsrecht zu untersagen (5 Ob 59/08z).

Nach diesen Kriterien lässt die nach den Umständen des Einzelfalls zu treffende (RIS-Justiz RS0097114) Entscheidung über die Einräumung eines vorläufigen Besuchsrechts des Vaters - im Rahmen eines Besuchscafés, ansteigend von einer Stunde bis auf zwei Stunden, in 14-tägigen Intervallen über einen Zeitraum von 3 Monaten - keine gravierende Fehlbeurteilung erkennen. Den Befürchtungen der Mutter, Besuchskontakte würden die Minderjährige, die den jetzigen Mann der Mutter (Heirat im Oktober 2007) als Vater ansehe, verwirren und ihr Wohl gefährden, ist entgegenzuhalten, dass konkrete Anhaltspunkte für eine bereits eingetretene oder drohende, massive, die Ausschaltung des Besuchsrechts rechtfertigende Irritation des Kindes nicht vorliegen. Letztlich obliegt es der obsorgeberechtigten Mutter, das Kind unter Vermeidung jeglicher negativer Beeinflussung bestmöglich auf die Besuchskontakte vorzubereiten (6 Ob 171/05y).

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