OGH 1Ob521/96

OGH1Ob521/9626.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Johann M*****, und 2.) Edeltraud M*****, vertreten durch Dr.Eduard Pranz, Dr.Oswin Lukesch und Dr.Anton Hintermeier, Rechtsanwälte in St.Pölten, wider die beklagten Parteien 1.) Christian S*****, und 2.) Auguste S*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Winiwarter, Rechtsanwalt in Krems, wegen Aufhebung des Miteigentums an einer Liegenschaft (Streitwert S 460.000,-) infolge von Rekursen der klagenden und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29.November 1995, GZ 16 R 198/95-12, womit das Urteil des Landesgerichts St.Pölten vom 27.Juni 1995, GZ 9 Cg 118/94-7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Keinem der beiden Rekurse wird Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Die Streitteile sind je zu einem Viertel Eigentümer einer Liegenschaft im Ausmaß von 804 m2 mit einem darauf errichteten, zwei selbständige Wohneinheiten umfassenden Haus. Der Erstkläger und die Zweitbeklagte hatten die Liegenschaft mit dem damals erst im Rohbau unter ihrer Mithilfe errichteten Wohnhaus je zur Hälfte von ihrer Großmutter geerbt. Sie übertrugen jeweils nach ihrer Eheschließung je die Hälfte ihres Miteigentumsanteils ihren Ehepartnern. Mit einer im Pflichtteilsberichtigungsübereinkommen vom 29.2.1984 getroffenen Vereinbarung wurde der Mutter der beiden Erben zur Abgeltung ihrer Pflichtteilsansprüche das lebenslange, unentgeltliche Wohnungsrecht an je einem Zimmer beider Wohnungen mit dem Recht der Mitbenützung des gesamten Hauses eingeräumt. Dieses Wohnungsrecht ist im Grundbuch einverleibt. Die Kläger bewohnen seit Juli 1991 das Erdgeschoß des Hauses, die Beklagten seit November 1987 den ersten Stock. Die (gemeinsam errichtete) Garage wird derzeit nur vom Erstbeklagten benützt. Über die ebenfalls gemeinsam ausgebauten Kellerräume wurde zwischen den Streitteilen eine Benützungsregelung getroffen. Für den Dachboden und den Garten besteht keine Benützungsregelung. Ein deshalb beim zuständigen Bezirksgericht anhängiges Verfahren ist seit 9.10.1989 unterbrochen. Den Stiegenaufgang zum und den Eingang in das Haus benützen die Streitteile gemeinsam.

Schon während des Innenausbaus des Hauses gab es zwischen den Klägern und den Beklagten Streitigkeiten, die sich auch nach dem Bezug der Wohnungen fortsetzten. Ursache der Auseinandersetzungen war, daß der Erstbeklagte das Obergeschoß des Hauses ohne Zustimmung der Kläger verputzen und färbeln ließ. Auch stellte er ohne Kontaktaufnahme mit den Klägern die Garagenzufahrt her und brachte eine Außenbeleuchtung an. Fallweise ließen die Beklagten die gemeinsame Hauseingangstür einen Spalt offen stehen, was zur Zugluft in dem von den Klägern bewohnten Erdgeschoß führte. Außerdem versperrten die Beklagten die gemeinsame Hauseingangstür nicht regelmäßig. Einmal erfaßte der Erstbeklagte nach einer Auseinandersetzung die Zweitklägerin an den Oberarmen, drückte sie und fügte ihr dadurch Hämatome zu. Die Zweitklägerin schüttete die Zweitbeklagte und deren Sohn vor der gemeinsamen Haustür mit Wasser an, worauf die Zweitbeklagte Wasser aus dem ersten Stock auf die zum Trocknen aufgehängte Wäsche der Zweitklägerin goß. Die Zweitklägerin riß den beim Hauseingang angebrachten Postkasten der Beklagten ab und forderte die Beklagten auf, den Postkasten an der Dachrinne im ersten Stock zu montieren. Das veranlaßte die Zweitbeklagte dazu, Wasser vom Balkon ihrer Wohnung auf die Wäsche der Zweitklägerin zu schütten.

Mit ihrer am 21.4.1994 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrten die Kläger die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung.

Die Beklagten wendeten dagegen ein, es sei ausdrücklicher Wille der Großmutter und der Mutter des Erstklägers und der Zweitbeklagten gewesen, im Haus eine Wohnstätte für die Familien der Kinder zu schaffen. Diesen Wunsch hätten die Streitteile akzeptiert. Deshalb hätten die Beklagten für sich und ihre Kinder unter beträchtlichem finanziellem Einsatz eine Wohnung geschaffen, um dort zumindest die nächsten Jahrzehnte leben zu können. Ihre Interessen seien daher durch die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft schwerstens geschädigt. Wichtige Gründe für die Teilungsklage seien nicht gegeben. Die vorzunehmende Interessenabwägung falle zugunsten der Beklagten aus. Im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 WEG idV des 3.WÄG 1994 werde die Einräumung von Wohnungseigentum an den jeweils benützten Wohnungen begehrt. Eine Teilung der Liegenschaft sei im Sinne der bisherigen Benützungsregelung möglich.

Dem hielten die Kläger entgegen, daß keine Benützungsregelung bestehe. Dem Vorbringen der Beklagten seien nicht nur vorübergehende Teilungshindernisse nicht zu entnehmen. Die Beklagten hätten den Klägern die weitere Mitbenützung des gemeinsamen Eigentums durch ihr Verhalten verleidet. Die Begründung von Wohnungseigentum sei nicht sinnvoll, weil eine Parifizierung nur mit Schwierigkeiten und erheblichen Kosten durchgeführt werden könne. Die Kläger strebten daher weiterhin in erster Linie die Zivilteilung der Liegenschaft an, der Begründung von Wohnungseigentum durch das Gericht werde jedoch nicht entgegengetreten.

Das Gericht erster Instanz gab dem Klagebegehren statt und ordnete die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung an. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß Teilungshindernisse im Sinne des § 830 ABGB nicht gegeben seien. Das Vorbringen der Beklagten, sie hätten die von ihnen benützte Wohnung mit großem finanziellen Aufwand in der Absicht ausgestattet, dort einige Jahrzehnte verbleiben zu können, bezeichne kein Teilungshindernis bloß vorübergehender Natur, von dem zu erwarten sei, daß es in naher Zukunft wegfallen werde. Nur unter dieser Voraussetzung könne aber ein Aufschub der Teilung begehrt werden. Auch eine Verpflichtung zur Fortsetzung der Gemeinschaft im Sinne des § 831 ABGB, die eine Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft nur aus wichtigem Grund zulasse, liege nicht vor. Der Antrag der Beklagten, gemäß § 2 Abs 2 Z 2 WEG Wohnungseigentum einzuräumen, sei unzureichend begründet, weil zum Nachweis der konkreten Möglichkeit einer Teilung ein Teilungsvorschlag anzuschließen gewesen wäre. Der Hinweis auf die bisherige Benützungsregelung reiche nicht aus, zumal die Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen gezeigt hätten, daß die Regelung unbefriedigend sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen, die es übernahm, führte es zur Rechtsrüge aus, daß sich die Beklagten im Verfahren auf eine von den Klägern übernommene Verpflichtung zur Fortsetzung der Gemeinschaft im Sinne des § 831 ABGB gar nicht berufen hätten. Es fehle allerdings auch an hinreichenden Anhaltspunkten für die Annahme einer derartigen Verpflichtung. Zwar könne eine Vereinbarung auf Fortsetzung der Gemeinschaft auch schlüssig zustande kommen, doch hätten die Beklagten ein in diesem Sinn zu deutendes Verhalten der Kläger nicht unter Beweis gestellt. Die Tatsache, daß die Streitteile dem Wunsch der Mutter folgend das Haus bezogen und sich zumindest teilweise über die Benützung geeinigt hätten, könne für sich allein nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise als Verzicht auf die Einbringung einer Teilungsklage gedeutet werden. Mangels Vorliegens einer Verpflichtung zur Fortsetzung der Gemeinschaft sei aber ein wichtiger Grund für die Teilung nicht erforderlich. Auch könnten nur vorübergehende Hindernisse einen Aufschub der Teilung rechtfertigen. Beschränkungen der Teilungsbefugnis des Miteigentümers auf längere Zeit seien grundsätzlich abzulehnen. Die von den Beklagten vorgebrachten Umstände stellten daher kein „vorübergehendes Teilungshindernis“ dar und könnten deshalb den Einwand der Unzeit nicht begründen. Berechtigt sei allerdings der Einwand der Beklagten, das Erstgericht habe sich nicht ausreichend mit dem in erster Instanz gestellten Antrag auf Begründung von Wohnungseigentum auseinandergesetzt. Eine derartige Einrede müßte - soferne die Kläger ihren Urteilsantrag nicht entsprechend modifizierten - zur Abweisung des Begehrens auf Zivilteilung, sonst zur Aufhebung der Gemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum führen. Im Erkenntnisverfahren sei zu prüfen, ob die Begründung von Wohnungseigentum nach den baulichen Gegebenheiten überhaupt möglich sei. Nur unter dieser Voraussetzung könne vom Kläger die Änderung des Klagebegehrens erwartet werden. Die Notwendigkeit zumutbarer Umbaumaßnahmen könne die richterliche Wohnungseigentumsbegründung nicht hindern. Bei der Prüfung der den Anteilsverhältnissen entsprechenden Aufteilungsmöglichkeiten des Objekts sei auch zu berücksichtigen, daß für verheiratete Miteigentümer Ehegatten-Wohnungseigentum begründet werden könne, wenn nicht im Einzelfall konkrete Tatsachen eine derartige Lösung unzweckmäßig oder ausgeschlossen erscheinen ließen. Die Vorlage eines Teilungsplanes durch die Beklagten sei - wie bei der Realteilung - zwar sinnvoll, aber nicht zwingend notwendig, zumal der Richter an einen konkreten Teilungsvorschlag nicht gebunden sei. Auch hätten die Beklagten einen Teilungsvorschlag zumindest ansatzweise dadurch erstattet, daß sie sich auf die bestehende Benützungsregelung bezogen. Daß diese Benützungsregelung wegen der Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen nicht befriedigend sei, könne die Begründung von Wohnungseigentum nicht hindern. Zwar unterbleibe eine wirkliche Teilung des im Miteigentum stehenden Objekts und es werde eine „erzwungene Gemeinschaft“ geschaffen, doch biete das WEG ein breites Instrumentarium zur Konfliktlösung. Dem auf Zivilteilung drängenden Teil bleibe es unbenommen, sein Wohnungseigentumsobjekt durch Vermietung wirtschaftlich zu nutzen und damit allfälligen Streitigkeiten durch Vermeidung räumlicher Nähe aus dem Weg zu gehen. Darüber hinaus könne er durch Veräußerung der Eigentumswohnung aus der Gemeinschaft ausscheiden und dabei unter Umständen sogar einen höheren Preis erzielen als im Zuge einer gerichtlichen Feilbietung. Da die Begründung von Wohnungseigentum durch die zwischen den Parteien bestehenden Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen werde und der im Verfahren gestellte Antrag der Beklagten ausreichend substantiiert sei, sei das Verfahren ergänzungsbedürftig, um den Parteien Gelegenheit zu geben, zweckdienliches Vorbringen zu erstatten.

Keinem der dagegen erhobenen Rekurse beider Parteien kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Nach einhelliger Rechtsprechung hat jeder Teilhaber einer gemeinsamen Sache einen unbedingten Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft (JBl 1971, 366; EvBl 1972/199; MietSlg 32.061; SZ 57/45; JBl 1987, 382; MietSlg 39.043). Dieser Anspruch erfährt nur insofern eine Einschränkung, als die Teilung nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen begehrt werden darf. Dieser unbedingte Teilungsanspruch eines Miteigentümers kann im Hinblick auf die Regelung des § 831 ABGB auch kraft Parteiwillens beschränkt oder ausgeschlossen werden. Eine solche Beschränkung des Teilungsanspruchs bindet die Teilhaber grundsätzlich so lange, wie es die aufrechte Widmung oder der sonstige Zweck der vereinbarten Beschränkung erfordert. Der Teilungsklage kann dann nur nach Wegfall der Verbindlichkeit Erfolg beschieden sein oder, wenn der Kläger das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Aufhebung der Gemeinschaft unter Beweis stellt (EvBl 1979/126; MietSlg 32.061; JBl 1991, 722). Eine solche rechtsgeschäftliche Beschränkung des Auseinandersetzungsanspruchs kann nicht nur ausdrücklich sondern auch stillschweigend getroffen werden (EvBl 1979/126; MietSlg 33.065; 39.043). Das bloße Vorliegen einer Benützungsvereinbarung zwischen den Miteigentümern ist aber nicht als schlüssige Fortsetzungsvereinbarung im Sinne des § 831 ABGB zu werten (MietSlg 39.041/33; WoBl 1989, 17; EvBl 1996/14).

Die Beklagten bringen in ihrem Rekurs zutreffend vor, sie hätten sich im Verfahren erster Instanz auf das Vorliegen einer Fortsetzungsvereinbarung berufen, indem sie behaupteten, es sei der ausdrückliche, in der Folge von den jeweiligen Ehegatten akzeptierte Wille der Großmutter und der Mutter, gewesen im Haus eine Wohnstätte für die Familien des Erstklägers und der Zweitbeklagten zu schaffen. Für das Vorliegen einer derartigen Vereinbarung, der sich die Streitteile zumindest stillschweigend unterworfen hätten, spricht auch der Inhalt des der Mutter des Erstklägers und der Zweitbeklagten eingeräumten Wohnrechts. Durch dieses sich auf beide Wohneinheiten beziehende Recht sollte offenkundig die Möglichkeit der Weitergabe der Wohnungen an Dritte behindert werden.

Selbst wenn man aber das Vorliegen einer Vereinbarung zur Fortsetzung der Gemeinschaft im Sinne des § 831 ABGB annehmen wollte, wäre für die Beklagten nichts gewonnen. Der obligatorische Ausschluß der Teilungsbefugnis hört nämlich dann auf, wenn die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft aus wichtigen objektiven, die gemeinschaftliche Sache betreffenden oder subjektiven, nur die Person einzelner Teilhaber berührenden Gründen unvermeidlich wird, insbesondere wenn ein gedeihliches Zusammenleben der Miteigentümer nicht mehr gegeben ist. Zur Erhebung der Teilungsklage sind in einem solchen Fall allerdings nur diejenigen von ihnen berechtigt, die für das Auftreten der Mißhelligkeiten weder allein noch überwiegend verantwortlich sind und somit nicht Miteigentümer, die durch ihr Verhalten die ernstlichen Differenzen und Auseinandersetzungen einleiteten bzw die Grundsätze und Erfordernisse eines gedeihlichen Zusammenlebens besonders schwer verletzten (MietSlg 33.067). Nach den im Verfahren getroffenen Feststellungen ist es zwischen den Parteien zu derart tiefgreifenden, ja sogar bis zur Körperverletzung gediehenen Auseinandersetzungen gekommen, daß auch bei Annahme eines vertraglichen Verzichts auf Erhebung der Teilungsklage wichtige Gründe, dennoch die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft zu begehren, vorliegen. Den Klägern kann auch die Klagslegitimation nicht abgesprochen werden, weil sie nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen keineswegs allein oder überwiegend für das Entstehen der Streitigkeiten verantwortlich gemacht werden können. Vielmehr war es der Erstbeklagte, der ohne Zustimmung der Kläger Verputz und Bauarbeiten auf der Liegenschaft vornahm und schließlich die Zweitklägerin an den Oberarmen verletzte. Wenngleich auch die Zweitklägerin gegen die Beklagten auf nicht tolerierbare Weise vorging, kann doch nicht gesagt werden, daß die bestehenden Animositäten überwiegend dadurch herbeigeführt worden wären.

Selbst wenn somit entsprechend dem Vorbringen der Beklagten alle Parteien den Willen der Großmutter und der Mutter, das Haus dauernd für Wohnzwecke der Parteien zu widmen, akzeptiert hätten, wäre daher die Teilungsklage wegen Vorliegens wichtiger Gründe zulässig.

Die Beklagten bekämpfen in ihrem Rekurs die Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht mehr, daß dauernde oder nicht zu beseitigende Nachteile, die durch die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft unter allen Umständen eintreten müssen, dem Teilungsbegehren nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden können. Es genügt daher auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hinzuweisen, daß sowohl die Einrede der Unzeit als auch die Einwendung, daß die Teilung zum Nachteil der übrigen begehrt werde, nur dann mit Erfolg erhoben werden können, wenn der Teilung lediglich vorübergehende Umstände, die einen Ausnahmezustand darstellen, entgegenstehen (SZ 31/79; EvBl 1969/404; SZ 47/119; MietSlg 39.046; JBl 1987, 382).

Gemäß § 2 Abs 2 Z 2 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 (WEG) idF des 3.WÄG BGBl 800/1993 kann Wohnungseigentum durch gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren zur Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft neu eingeräumt werden, sofern der Beklagte dies im Verfahren begehrt hat. Mit dieser Novelle trug der Gesetzgeber den in der Literatur (vgl Zingher MG16 259; Faistenberger/Barta/Call, Komm WEG Rz 7 und 17 bis 22 zu § 22; Oberhofer in seiner Glosse zu WoBl 1989/6) geäußerten Bedenken gegen die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (MietSlg 18.616, 37.041, 38.040; 7 Ob 571/87; WoBl 1989/6), wonach die Miteigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum nicht aufgehoben werden könne, Rechnung. Tragender Gedanke dieser Judikatur vor dem 3.WÄG war die Tatsache, daß die einzelnen Wohnungseigentümer auch bei Begründung von Wohnungseigentum Miteigentümer zu ideellen Anteilen der Liegenschaft blieben, das Miteigentum also nicht real geteilt, und die Miteigentumsgemeinschaft nur in anderer Form fortgesetzt wurde. Der Gesetzgeber hat somit der Einräumung von Wohnungseigentum und damit der Erhaltung von Wohnmöglichkeiten für die einzelnen Miteigentümer den Vorrang vor der Beseitigung der sich aus dem Unterbleiben der räumlichen Trennung der Miteigentümer möglicherweise ergebenden Probleme eingeräumt. Es ist daher dem Gericht zweiter Instanz darin zuzustimmen, daß die zwischen den Verfahrensparteien bestehenden Streitigkeiten einer Begründung von Wohnungseigentum nicht entgegenstehen können, zumal es jedem der Wohnungseigentümer freisteht, seine Wohneinheit nicht selbst zu nutzen, sondern etwa zu vermieten oder gar zu verkaufen.

In diesem Zusammenhang ist in allseitiger rechtlicher Würdigung auch auf das zugunsten der Mutter des Erstklägers und der Zweitbeklagten einverleibte Wohnrecht einzugehen. Ob das Wohnrecht ein Teilungshindernis darstellen kann und ob es nur der Zivilteilung oder auch der Begründung von Wohnungseigentum entgegensteht, ist nach seinem Inhalt zu beurteilen (EvBl 1996/77). Das hier zu beachtende Wohnrecht ist verbüchert und wäre daher im Fall der Zivilteilung vom Ersteher zu übernehmen (§ 352 EO, § 277 Abs 2 AußStrG). Wird an der Liegenschaft Wohnungseigentum begründet, bleibt das im Rang vorangehende Wohnrecht ebenfalls in seinem Bestand unberührt, weil der Wohnungseigentümer grundsätzlich berechtigt ist, an seinem Anteil dingliche Rechte zu begründen, und er somit auch an seiner Eigentumswohnung ein Wohnungsrecht einräumen kann (Würth in Rummel 2 Rz 2 zu § 1 WEG). Es steht daher der Begründung von Wohnungseigentum auch nicht entgegen, daß ein bereits verbüchertes Wohnrecht zu übernehmen ist. Zumindest nach dem derzeitigen Verfahrensstand kann die Begründung von Wohnungseigentum auch angesichts der durch das zu übernehmende Wohnrecht zweifellos zu bejahenden Wertminderung der einzelnen Wohneinheit noch nicht als untunlich beurteilt werden, weil sich das Wohnrecht auch im Falle der Zivilteilung wertmindernd auswirken würde.

Bei der Einräumung von Wohnungseigentum handelt es sich um eine Sonderform der Naturalteilung (EvBl 1996/77; Oberhofer, WoBl 1994, 58, 62), die gemäß § 843 ABGB Vorrang vor der Zivilteilung genießt (MietSlg 31.062; 3 Ob 537/95; EvBl 1996/77). Entgegen der von den Klägern in ihrem Rekurs vertretenen Ansicht bedeutet daher die Verwendung des Modalverbs „kann“ in § 2 Abs 2 Z 2 WEG keinesfalls, daß das Gericht nach freiem Ermessen über die Einräumung von Wohnungseigentum entscheiden könnte. Der Gesetzgeber wollte dadurch lediglich zum Ausdruck bringen, daß diese Form der Realteilung vom Gericht nur dann vorgenommen werden kann, wenn sie möglich und tunlich ist. Naturalteilung ist möglich, wenn die Sache ohne wesentliche Wertminderung geteilt werden kann und rechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen. Sie ist tunlich, wenn eine Sache ohne Notwendigkeit eines unverhältnismäßig großen Wertausgleichs in Teile zerlegt werden kann, sodaß der Wert des Ganzen in den Teilen erhalten bleibt. Jeder Miteigentümer muß dabei einen Teil annähernd gleicher Beschaffenheit und seiner Quote entsprechenden Wertes erhalten; nur relativ geringfügige Wertunterschiede können in Geld ausgeglichen werden, weil die vom Gesetz bevorzugte Realteilung sonst nur in den seltensten Fällen verwirklicht werden könnte (EvBl 1983/89; MietSlg 36.056). Auch sind die Kosten für notwendige Umbaumaßnahmen zu berücksichtigen.

Dem Gericht zweiter Instanz ist darin beizupflichten, daß auch gemeinsames Wohnungseigentum für Ehegatten (§ 9 WEG) begründet werden kann.

Begehrt der im Teilungsstreit Beklagte die Begründung von Wohnungseigentum nach Maßgabe des § 2 Abs 2 Z 2 WEG, so hat der Kläger sein Begehren auf Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum umzustellen oder wenigstens ein darauf gerichtetes Eventualbegehren zu stellen (WoBl 1996, 64). Unterläßt er das, ergibt das Verfahren jedoch, daß die Begründung von Wohnungseigentum möglich und tunlich ist, muß sein ausschließlich auf Zivilteilung gerichtetes Klagebegehren kostenpflichtig abgewiesen werden (Kletecka, Die Novellierung des WEG durch das 3. WÄG, WoBl 1993, 217). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die Teilungsklage zwar keinen Teilungsvorschlag enthalten muß, einen solchen aber enthalten darf und daß das Gericht an dennoch erstattete Teilungsvorschläge nicht gebunden ist (SZ 43/31; MietSlg 34.083, 36.056, 38.046/11). Wer als Beklagter die Wohnungseigentumseinräumung beantragt, muß demnach dartun, ob dies im konkreten Fall überhaupt möglich ist. Sinnvollerweise wird das durch einen entsprechenden Teilungsvorschlag geschehen, auch wenn ein konkreter Vorschlag nicht zwingend notwendig ist (Oberhofer, Die Aufhebung von Miteigentumsgemeinschaft an bebauten Grundstücken, WoBl 1994, 58, 62; vgl auch MietSlg 36.056; ecolex 1993, 380).

Im Sinne der dargestellten Rechtslage ist der Antrag der Beklagten jedenfalls erörterungsbedürftig und muß den Klägern die Möglichkeit eingeräumt werden, darauf zu replizieren. Das Berufungsgericht hat daher das erstinstanzliche Verfahren rechtlich zutreffend für ergänzungsbedürftig gehalten.

Beiden Rekursen ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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