Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:
'Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen weiteren Betrag von S 19.390,24 samt 5 % Zinsen seit 24.9.1981 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in die Liegenschaftshälfte EZ 764 KG Hernals der beklagten Partei zu bezahlen. Das Mehrbegehren (S 2.578,46 s.A. sowie das Begehren auf Exekution in das gesamte Vermögen der beklagten Partei) wird abgewiesen.' Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Kosten des gesamten Verfahrens den Betrag von S 16.603,96 (darin enthalten S 1.238,49
Umsatzsteuer und S 1.688,40 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger gewährte Karl B, dem Vater des Beklagten bis zum Jahre 1959 in mehreren kleineren Beträgen Darlehen von insgesamt S 43.000. Dies bestätigte Karl B im Schuldschein vom 29.12.1959. Vereinbart wurde Wertsicherung und 5 %ige Verzinsung. Zur Sicherstellung des Darlehens von S 43.000 s.A. bestellte Karl B die ihm gehörige Liegenschaftshälfte der EZ 764 KG Hernals zum Pfand. In der Folge wurde der Schuldschein auch verbüchert. Karl B verstarb am 3.11.1979. Der Kläger kündigte der Verlassenschaft das Darlehen zum 28.2.1981. Der Kläger meldete im Verlassenschaftsverfahren seine Forderung mit S 192.003,12 an. In dieser Höhe wurde sie auch in das Inventar aufgenommen. Die überschuldungsquote beträgt bei einem Aktivstand von S 200.160,38 und einem Passivstand von S 431.745,59 bei Nichtberücksichtigung der Pfandhaftung 48,91 %. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Hernals vom 30.12.1981, 2 A 828/79-23, wurde der Nachlaß des Karl B dem Beklagten, der sich mit der Rechtswohltat des Inventars erbserklärt hatte, zur Gänze eingeantwortet.
Der Kläger begehrte ursprünglich, ohne auf die bestehende Pfandhaftung hinzuweisen, den sich aus Kapital und Wertsicherung zusammensetzenden Betrag von S 123.326,30 s.A.
Der Beklagte wendete unter anderem die Haftungsbeschränkung nach § 802 ABGB ein.
Das Erstgericht sprach im ersten Rechtsgang dem Kläger den gesamten Betrag zu. Dieses Urteil wurde mit Beschluß des Berufungsgerichtes vom 12.9.1983, 14 R 151/83-20, ohne Rechtskraftvorbehalt aufgehoben. Das Erstgericht habe übersehen, daß der Beklagte die Haftungsbeschränkung nach § 802 ABGB eingewendet habe. Im zweiten Rechtsgang schränkte der Kläger sein Begehren auf S 82.287,59
s. A. bei sonstiger Exekution in das gesamte Vermögen des Beklagten ein. Dieser Betrag setze sich zusammen aus der pfandrechtlich sichergestellten Forderung von S 43.000 und 48,91 % der Wertsicherung von S 80.326,30, das seien S 39.287,59. Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Klagebegehren zur Gänze statt.
Sicherheiten wie Bürgen und Pfänder blieben dem Zugriff des Nachlaßgläubigers ausgesetzt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies einen Teilbetrag von S 21.968,70 s.A. ab. Die Revision erklärte es insoweit für zulässig. Trete der Erbe unter Inanspruchnahme der Rechtswohltat des Inventars die Erbschaft an, hafte er dem Nachlaßgläubiger nur insoweit, als nach diesem Vermögensverzeichnis die übernommenen Aktiven zur Deckung der Schulden hinreichten. Bis zu diesem Betrag müsse er allerdings persönlich, also mit dem ganzen Vermögen, einstehen. Inhaltlich ergreife die Haftungsbeschränkung alle bloß persönlichen, also nicht pfandrechtlich gesicherten Nachlaßverbindlichkeiten ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Erbschafts- oder Erbgangsschulden handle. Durch die bedingte Erbserklärung des Erben und die Errichtung des inventars werde die Rechtswirksamkeit bestehender Pfandrechte an Nachlaßsachen nicht berührt. Der Gläubiger, der Befriedigung aus dem Pfand suche, müsse die Sachhaftung tatsächlich in Anspruch nehmen. Da der bedingt erbserklärte Erbe verpflichtet sei, die Gläubiger quotenmäßig zu befriedigen, müsse er wissen, ob der Gläubiger tatsächlich Zugriff auf die Pfänder nehme oder nicht, weil sich dadurch unter Umständen die quotenmäßige Befriedigung zu Lasten anderer Gläubiger ändern könne. Würde er die Forderung eines Pfandgläubigers auch ohne dessen tatsächliche Inanspruchnahme der Sachhaftung vorzugsweise aus dem Pfande befriedigen, könnte ihm unter Umständen ein anderer Gläubiger beim Einwand der Unzulänglichkeit des Nachlasses entgegenhalten, daß er dies nicht hätte tun müssen und seine Forderung daher mit einer höheren Quote zu befriedigen wäre. Da im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der vorzugsweisen Befriedigung des Betrages von S 43.000 die Haftungsquote mit 48,91 % unbestritten feststehe und der Kläger nicht erklärt habe, die Sachhaftung in Anspruch zu nehmen, sei ein Teilbetrag von S 21.968,70 abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.
Durch eine Einantwortung, die auf Grund einer unter Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars abgegebenen Erbserklärung erfolgte, wird die Wirksamkeit bestehender Pfandrechte eines Gläubigers an Nachlaßsachen nicht berührt (JBl 1935, 412; Weiß in Klang 2 III 987, 1028 f., 1031;
Gschnitzer-Faistenberger, Erbrecht 2 74; Welser in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 802). Sie wirken daher wie Absonderungsrechte im Konkurs. Macht der Nachlaßgläubiger sein Pfandrecht geltend, so ist ähnlich wie im Konkursverfahren (§ 103 Abs 3 KO; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 129; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 2
29) eine darüber hinausgehende persönliche Haftung des Erben nur insoweit gegeben, als der persönliche Anspruch im Pfandrecht an den belasteten Nachlaßgegenständen keine Deckung findet (Weiß in Klangm2
III 1029; Welser aaO Rdz 4 zu §§ 813 bis 815). Für einen allfälligen Ausfall haftet der Erbe dem pfandrechtlich sichergestellten Nachlaßgläubiger verhältnismäßig. Da gemäß § 815 ABGB der Erbe die persönlichen Gläubiger nach der gesetzlichen Ordnung zu befriedigen hat, vermindert sich bei Geltendmachung des Pfandrechtes und Deckung der Nachlaßforderung im Rahmen dieses Absonderungsrechtes infolge Verringerung des Aktivvermögens für nicht bevorrechtete Nachlaßgläubiger die Quote, mit der der Erbe diese zu befriedigen hat. Pfandhaftung und persönliche Haftung des Beklagten stehen daher in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis. Je höher die Befriedigung der pfandrechtlich sichergestellten Forderung des Klägers aus der Liegenschaftshälfte des Beklagten ist, umso geringer wird die persönliche Haftung allen anderen Verlassenschaftsgläubigern gegenüber.
Damit erweist sich die Frage als entscheidungswesentlich, ob der Kläger in diesem Verfahren seine Pfandhaftung geltend machte. Dies ist zu bejahen.
Es wurde nicht nur ausgesprochen, daß wegen des unterschiedlichen Rechtsgrundes der Pfandhaftung von der persönlichen Haftung Pfandklage und Schuldklage nicht identisch sind (SZ 26/217), sondern auch wiederholt entschieden, daß die Pfandhaftung zur persönlichen Haftung ein Aliud darstellt (QuHGZ 1972/97; SZ 24/330; vgl. SZ 55/177; Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 466; Fasching, Kommentar III 657; nunmehr ders. aA in Zivilprozeßrecht Rz 1451). Von diesen Grundsätzen wich die Rechtsprechung auch nicht in den Entscheidungen 7 Ob 575/84 und 6 Ob 721/84 ab. In beiden Fällen hatte der Kläger den für die Pfandhaftung erforderlichen Sachverhalt vorgetragen und im Falle der Entscheidung 6 Ob 721/84 sogar die Anmerkung der Hypothekarklage erwirkt. Dieses Vorgehen des jeweiligen Klägers wurde dahin beurteilt, daß er in beiden Fällen die Pfandhaftung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hatte. Ein entsprechendes Vorbringen erstattete der Kläger aber auch in diesem Verfahren in erster Instanz anläßlich der unter Berücksichtigung der Haftungsbeschränkung des § 802 ABGB erfolgten Einschränkung seines Begehrens in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 23.2.1984. Der Kläger erklärte damals ausdrücklich,daß ein Teilbetrag von S 43.000 s.A. auf Grund der bestehenden Sachhaftung zur Gänze begehrt werde. Damit hat er auch den für die Pfandhaftung erforderlichen Sachverhalt vorgetragen und entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Daran ändert nichts, daß er den Urteilsantrag im Umfang der Pfandhaftung nicht auf Exekution in die verpfändete Liegenschaftshälfte einschränkte und im übrigen den infolge Geltendmachung der Pfandhaftung verringerten allgemeinen Befriedigungsfonds nicht berücksichtigte. Diese Unterlassungen können aber nach Geltendmachung der Pfandhaftung nur zu einer Teilabweisung führen.
Da die Streitteile nicht vorbrachten, es bestünden zugunsten anderer Nachlaßgläubiger weitere Absonderungsrechte an der Liegenschaftshälfte des Beklagten, hätte der Kläger, der die vom Beklagten in der Berufung angewendete Berechnungsmethode für den Befriedigungsfonds durch Einschränkung des Begehrens auf Grund der überschuldungsquote anerkannte, unter Berücksichtigung der abgereiften Zinsen bis zum Ablauf der Leistungsfrist des Ersturteiles im zweiten Rechtsgang für die pfandrechtlich sichergestellte Forderung in der Höhe von S 5.733,33 davon ausgehen müssen, daß sich der aus dem Verlassenschaftsinventar ergebende Wert der Liegenschaftshälfte nach Berücksichtigung des Absonderungsrechtes um den Betrag von S 48.733,33 und damit der zur Befriedigung der übrigen Forderungen zur Verfügung stehende Aktivnachlaß auf S 151.427,05 vermindert. Unter Berücksichtigung der abgereiften Zinsen der Restforderung von S 80.326,30 in der Höhe von S 10.710,17 erreichen die Passiven den Betrag von S 330.779,94. Daraus errechnet sich eine Befriedigungsquote von 45,7 %. Richtigerweise hätte daher das Erstgericht S 43.000 s.A. bei sonstiger Exekution in die verpfändete Liegenschaftshälfte und S 36.709,13 s.A. auf Grund der vereinbarten Wertsicherung bei sonstiger Exekution in das Gesamtvermögen des Beklagten zuerkennen müssen. Da der Beklagte den Zuspruch eines Gesamtbetrages von S 60.318,89 s.A. bei sonstiger Exekution in sein gesamtes Vermögen aber unangefochten ließ, ist nur mehr der Differenzbetrag von S 19.390,24 bei sonstiger Exekution in die Pfandsache zuzuerkennen. In diesem Sinne sind die Urteile der Vorinstanzen abzuändern. Die Entscheidung über die Prozeßkosten gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO bzw. §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Die geringfügige Teilabweisung ändert zwar nichts an der Kostenentscheidung erster Instanz; in den beiden Rechtsmittelverfahren obsiegte der Kläger aber nur mit rund 88 %, sodaß ihm 76 % der Kosten der Rechtsmittelverfahren zuzuerkennen sind.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)