OGH 1Ob506/84

OGH1Ob506/844.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Wenzel F*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Ottilie F*****, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse infolge von Revisionsrekursen beider Streitteile gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichts vom 14. September 1983, GZ 44 R 51/83-41, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 15. November 1982, GZ 1 F 20/80-20, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß § 81 ff EheG in Ansehung der Liegenschaften EZ ***** und ***** KG G***** sowie EZ ***** und ***** KG E***** abgewiesen wird. Im Übrigen, sohin in Ansehung der Liegenschaften EZ ***** und ***** KG S*****, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile schlossen am 17. 4. 1938 vor dem Pfarramt Göttweig die Ehe, die mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 30. 1. 1980, 1 Ob 567/79, aus dem alleinigen Verschulden des Ehemannes Wenzel F***** geschieden wurde. Mit Notariatsakt des öffentlichen Notars Dr. Heinrich Z***** vom 4. 3. 1938 errichteten die Streitteile eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden in Ansehung ihres gesamten gegenwärtigen und zukünftigen, zu erwerbenden oder im Erbweg zu erlangenden Vermögens. In diese Gütergemeinschaft brachte der Antragsteller die ihm zur Gänze gehörigen Grundstücke 1840, 1841, 1838, 1839, 1872 und 1946 der EZ ***** KG G***** und das Grundstück 1873 der EZ ***** KG G***** ein. Die Antragsgegnerin brachte das ihr gehörige Grundstück 2265 der EZ ***** KG E***** ein; es handelt sich dabei um einen ca 3.000 m2 großen nicht mehr bewirtschafteten Weingarten. Weiters brachten die Streitteile die ihnen je zur Hälfte gehörigen Grundstücke 705/4 und 721 der EZ ***** KG S***** mit dem Haus W*****, in die Gütergemeinschaft ein. Die Streitteile sind nunmehr je zur Hälfte Eigentümer der vorgenannten Grundstücke. Mit Kaufvertrag vom 7. 10. 1938 erwarben sie je zur Hälfte das Grundstück 385 der EZ ***** KG S***** (Weinkeller in S*****) samt Invantar. Die Antragsgegnerin erwarb während der Ehe im Erbweg das Grundstück 2498 der EZ ***** KG E*****, weiters die Liegenschaft EZ ***** KG E***** mit dem Haus K*****, die sie mit Übergabsvertrag vom 21. 4. 1971 an ihren Sohn Gottfried F***** übertrug. Für die Streitteile wurde die Dienstbarkeit des Wohnungsrechts an einem Zimmer im Hause einverleibt. Die Streitteile bewohnen seit dem Jahre 1938 das Haus W*****. Seit neun Jahren benützt der Antragsteller ein Zimmer und ein Kabinett, die Antragsgegnerin ein Zimmer und die Küche allein. Der Antragsteller betrieb ab dem Jahre 1945 eine Holzwasserwaagenerzeugung, ab 1958 war er auch als Vertreter einer Werkzeugfirma tätig, im Jahre 1965 ging er in Pension. Die Antragsgegnerin führte während des Bestands der Ehe den Haushalt und betreute die ehelichen Söhne Rudolf, geboren 1938, und Gottfried, geboren 1940. Ab dem Jahre 1948 arbeitete sie im Unternehmen des Ehegatten mit; sie half bei der Büroarbeit mit, war aber auch gemeinsam mit dem Antragsteller bei der Fertigstellung von Wasserwaagen tätig. Ab dem Jahre 1958 wurde die Wasserwaagenerzeugung hauptsächlich von der Antragsgegnerin und dem Sohn Gottfried weitergeführt, der Antragsteller war durch seine Vertretertätigkeit ausgelastet. Die Antragsgegnerin arbeitete auch im Weingarten der Streitteile, der ca 3.000 Weinstöcke aufwies, mit; der Wein wurde privat verkauft oder ausgeschenkt. Der Antragsteller bezieht eine Pension der Pensionsversicherung der Arbeiter; er ist aufgrund des Vergleichs des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 2. 3. 1973, 6 C 213/73, verpflichtet, der Antragsgegnerin Unterhalt im Ausmaß von 33 1/3 % seiner monatlichen Nettopension zu bezahlen.

Der Antragsteller begehrt die Regelung der Rechtsverhältnisse gemäß den §§ 81 ff EheG in der Weise, dass ihm die Liegenschaften EZ ***** und ***** KG S***** sowie EZ ***** und ***** KG G***** in das Alleineigentum übertragen werden.

Die Antragsgegnerin sprach sich gegen diesen Antrag aus. Sie schlug vor, das Eigentum am Wohnhaus W*****, der Enkelin Martina zu übertragen und für jeden der Streitteile ein Fuchtgenussrecht der Wohnung zu begründen. Der Weinkeller solle verkauft und der Erlös geteilt werden.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Liegenschaften EZ ***** und ***** je KG S***** sowie EZ ***** KG E***** in das Alleineigentum des Antragstellers, die Liegenschaften EZ ***** und ***** KG G***** in das Alleineigentum der Antragsgegnerin übertragen werden; die Liegenschaft EZ ***** KG E***** habe im Alleineigentum der Antragsgegnerin zu verbleiben. Das Erstgericht führte aus, es erscheine zweckmäßig, die Ehewohnung dem Antragsteller zuzuweisen, wenngleich die derzeitige Regelung der Benützung des Hauses funktioniere und ein Verbleiben beider Ehegatten im gemeinsamen Haus durchaus denkbar wäre. Durch Zuweisung anderer Vermögenswerte solle der Antragsgegnerin ein Ausgleich für den Verlust der Ehewohnung geboten werden.

Das Rekursgericht gab den gegen diesen Beschluss erhobenen Rekursen beider Streitteile nicht Folge. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt wird. Das Rekursgericht billigte die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung, insbesondere die Übertragung des Miteigentumsrechts der Antragsgegnerin an der Liegenschaft W*****, an den Antragsteller. Der Antragsgegnerin stehe ohnehin ein Wohnungsrecht im Hause ihres Sohnes in E*****, zu. Da die Regelung der Rechtsverhältnisse gemäß § 84 EheG so erfolgen solle, dass sich die Lebensbereiche der Ehegatten möglichst wenig berühren und unter Bedachtnahme auf die Unversöhnlichkeit, mit der sich die Streitteile gegenüberstehen, müsse die Antragsgegnerin die schmerzliche Konsequenz, dass sie ihren seit 45 Jahren gewohnten Lebensbereich verlassen müsse, auf sich nehmen.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobenen Revisionsrekursen beider Streitteile kommt teilweise Berechtigung zu. Gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG unterliegen nicht der Aufteilung Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht oder von Todes wegen erworben hat. In dieser Regelung drückt sich der Gedanke aus, dass der Aufteilung grundsätzlich nur Vermögen unterliegen soll, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen haben, zu dessen Erwerb sie also während der Ehe beigetragen haben; der Aufteilung unterliegt demnach grundsätzlich nur die eheliche Errungenschaft. Diese Regel wird nur insoweit durchbrochen (§ 82 Abs 2 EheG), als es sich um Sachen handelt, die für die Sicherung der Lebensbedürfnisse der Ehegatten besonders wichtig sind (JBl 1983, 316; EvBl 1983/102; EvBl 1981/217; JBl 1980, 594; EFSlg 36.446, 36.460 u.a.). Demnach scheiden jene Liegenschaften, deren Eigentümer bzw Miteigentümer die Streitteile schon vor der Ehe waren und die sie mit Gütergemeinschaftsvertrag in die Ehe eingebracht haben, aus der Verteilungsmasse aus. Es sind dies die Liegenschaften EZ ***** und ***** KG G***** sowie EZ ***** KG E*****. Die Liegenschft EZ ***** KG E***** fällt nicht in die Verteilungsmasse, weil sie während der Ehe im Erbwege erworben wurde. Was die verbleibende Liegenschaft EZ ***** KG S*****, Haus in W*****, und die im Jahre 1938 erworbene Liegenschaft EZ ***** KG S***** (Weinkeller) betrifft, so ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Regelung der Rechtsverhältnisse gemäß den §§ 81 ff EheG die zwischen den Ehegatten begründet gewesene Gütergemeinschaft nicht entgegensteht. Die im Zuge der Eherechtsreform geschaffene Regelung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nimmt auf die Bestimmungen der §§ 1265, 1266 ABGB nicht Bedacht. Diese Vorschriften wurden weder aufgehoben noch findet sich eine Norm, die sich speziell mit Ehepakten, insbesondere einer Gütergemeinschaft, beschäftigt (Grillberger, Eheliche Gütergemeinschaft 171). Schon nach der früher geltenden Rechtslage (§ 8 der 6. DVEheG) erfolgte die Hausratssteilung ohne Rücksicht auf eine Gütergemeinschaft; gleiches galt für die Ehewohnung (8 Ob 502/83; Grillberger aaO 172; Weiß in Klang Kommentar2 V 981). Es ist nicht anzunehmen, dass die neue Regelung, welche die 6. DVEheG abgelöst hat, daran etwas ändern wollte. Die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens hat daher auch bei Gütergemeinschaft unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 81 ff EheG zu erfolgen; gleiches gilt, sofern nicht eine ausdrückliche Regelung gemäß § 97 Abs 1 zweiter Satz EheG vorliegt, in Ansehung ehelicher Ersparnisse (8 Ob 502/83; EFSlg 41.400; Koziol-Welser, Grundriss6 II 195; Honsell in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 181). Bei Regelung der Rechtsverhältnisse im vorliegenden Fall ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Antragstellers geschieden wurde. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass zwar der Gesetzgeber die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht zu einem Instrument der Bestrafung für ehewidriges und der Belohnung für ehegerechtes Verhalten machen wollte (JBl 1983, 598; EFSlg 41.370; EvBl 1981/49), doch kann der Umstand, dass ein Teil an der Auflösung der Ehe allein schuld ist, nicht ohne jede Bedeutung bleiben (JBl 1983, 598; JBl 1983, 488; EvBl 1982/105; EFSlg 41.375, 41.373; EvBl 1982/195). Es wurde insbesondere als gerechtfertigt erkannt, dem an der Scheidung schuldlosen Teil Optionsmöglichkeiten bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens einzuräumen (JBl 1983, 488; EFSlg 41.375; Schwind, Kommentar2 321). Mit Recht verweist die Antragsgegnerin darauf, dass ihr als dem an der Scheidung schuldlosen Teil nicht zugemutet werden könne, die Ehewohnung, die sie seit mehr als 40 Jahren bewohnt, zu verlassen und damit ihren bisherigen Lebensmittelpunkt aufzugeben. Wohl soll die Aufteilung gemäß § 84 EheG so vorgenommen werden, dass sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren, doch tritt diese Erwägung jedenfalls dann in den Hintergrund, wenn der an der Scheidung schuldlose Teil ein weiteres Zusammenleben mit dem geschiedenen Gatten in Kauf nimmt. Sollte der Antragsteller das weitere Zusammenleben mit der Antragsgegnerin im gemeinsamen Hause ablehnen, steht es ihm frei, das auch zu seinen Gunsten begründete Wohnungsrecht im Hause E*****, in Anspruch zu nehmen. Die Regelung der Rechtsverhältnisse am Hause W*****, wird daher im Sinne des Teilungsvorschlags der Antragsgegnerin in der Weise zu erfolgen haben, dass unter Aufrechterhaltung der Miteigentumsverhältnisse der Antragsgegnerin, allenfalls auch dem Antragsteller, wenn er es wünscht, ein dingliches Wohnungsrecht an näher zu bezeichnenden Räumlichkeiten des Hauses eingeräumt wird. Die Begründung einer Dienstbarkeit zugunsten eines Miteigentümers einer gemeinsamen Sache ist nach Lehre und Rechtsprechung zulässig (JBl 1982, 321; SZ 43/117; SZ 27/172; Klang in seinem Kommentar2 II 551; Gschnitzer, Sachenrecht 210). Die Festlegung des Umfangs und allenfalls vorzunehmender baulicher Veränderungen (vgl S 14, 200 d.A.) wird nach Erörterung mit den Parteien zu erfolgen haben.

Da das aufzuteilende Vermögen wesentlich geringer ist als es von den Vorinstanzen angenommen wurde, erscheint es zweckmäßig, dass die Streitteile auch zur Frage der Aufteilung der Liegenschaft EZ ***** KG S***** (Weinkeller), insbesondere zum Vorschlag der Antragsgegnerin, sie gemeinsam zu verkaufen, noch in mündlicher Verhandlung Stellung nehmen. Eine zu einem Unternehmen gehörige Sache (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG) besteht offenbar nicht.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 234 AußStrG.

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