OGH 1Ob503/94

OGH1Ob503/9430.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. Peter A*****, 2. Gottfried S*****, beide vertreten durch Mag.Dr.Franz Hafner, Dr.Karl Bergthaler, Rechtsanwälte in Altmünster, wider die beklagte Partei Dr.Peter P*****, Rechtsanwalt, ***** wegen S 310.343,-- s.A., infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 29.September 1993, GZ 1 R 96/93-12, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 16.Februar 1993, GZ 3 Cg 231/92-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Parteien wird Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in Ansehung des Zuspruches eines Betrages von S 50.284,72 samt 4 % Zinsen aus S 49.298,75 seit 18.8.1992 und aus S 985,97 seit 17.11.1992 bestätigt wird, wird im übrigen dahin abgeändert, daß es insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien S 50.284,72 samt 11 % Zinsen aus S 49.298,75 seit 18.8.1992 und aus S 985,97 seit 17.11.1992 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den klagenden Parteien S 260.058,28 samt 11 % Zinsen aus S 254.958,79 seit 18.8.1992 und aus S 5.099,03 seit 17.11.1992 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen, wird abgewiesen."

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 45.239,64 (darin S 6.479,83 USt, S 6.360,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte betrieb als Masseverwalter die kridamäßige Versteigerung einer Liegenschaft. Der Schätzwert wurde in den Versteigerungsbedingungen für die Liegenschaft einschließlich Zubehör festgestellt, ohne daß ein allenfalls darauf entfallender Umsatzsteueranteil ausgewiesen worden wäre. Mit Beschluß vom 7.3.1991 wurde dieLiegenschaft den Klägern um das Meistbot von S 4,520.000,-- je zur Hälfte zugeschlagen. Die Gemeinschuldnerin hatte im Jahre 1988 auf der Liegenschaft Umbau- und Reparaturarbeiten durchgeführt, auf welche abzugsfähige Umsatzsteuern entfielen. Mit Schreiben vom 19.8.1991 (Beilage A) teilte der Vertreter der Kläger dies dem Beklagten mit und wies darauf hin, daß gemäß § 12 Abs.10 und 11 UStG 1972 eine aliquote Vorsteuerrückrechnung zu erfolgen habe, die den Klägern gemäß § 12 Abs.14 UStG gesondert ausgewiesen werden müsse. Er ersuche, den Vorsteuerrückrechnungsbetrag umgehend bekanntzugeben. Mit Schreiben vom 26.9.1991 erklärte sich der Beklagte bereit, dem Steuerberater der Kläger die Unterlagen zur Ermittlung der Vorsteuerbeträge treuhändig zur Verfügung zu stellen. Mit Schriftsatz vom 18.9.1991 legte der Masseverwalter Schlußrechnung und beantragte die Aufhebung des Konkursverfahrens. Mit Beschluß vom 31.10.1991, dem Masseverwalter zugestellt am 13.11.1991, wurde der Konkurs mangels Kostendeckung gemäß § 166 Abs.2 KO aufgehoben. Mit Schreiben vom 15.11.1991 gab der Steuerberater der Kläger bekannt, daß er bei Prüfung der ihm übermittelten Unterlagen das Vorliegen zweier umsatzsteuerpflichtiger Tatbestände festgestellt habe, nämlich die Notwendigkeit der Vorsteuerrückrechnung gemäß § 12 Abs.10 UStG und den umsatzsteuerpflichtigen Verkauf von Einrichtungsgegenständen gemäß § 1 UStG. Der Steuerberater der Kläger gab die entsprechenden Steuerbeträge bekannt und ersuchte den Beklagten als Masseverwalter seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung, in der die Mehrwertsteuer gesondert ausgewiesen ist, nachzukommen und diese den Klägern zu übersenden. Dies tat der Beklagte jedoch nicht, da er in der Folge den Standpunkt vertrat, infolge Aufhebung des Konkursverfahrens zur Rechnungsausstellung nicht mehr berechtigt zu sein. Eine von den Klägern erstellte Umsatzgutschrift wurde dem Beklagten am 10.2.1992 übersandt, jedoch mangels Anerkennung durch diesen vom zuständigen Finanzamt im Zuge der im Juli 1992 durchgeführten Betriebsprüfung nicht berücksichtigt. Den Klägern wurde der Betrag laut Gutschrift in der Höhe von S 304.258,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages von 2 % vom zuständigen Finanzamt vorgeschrieben und von ihnen am 16.9.1992 an dieses entrichtet.

Mit ihrer am 4.9.1992 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrten die Kläger den Zuspruch von S 310.343,-- s.A. Der Beklagte sei trotz Aufforderung seiner ihn als Masseverwalter treffenden Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung und der Ausweisung der Umsatzsteuer nicht nachgekommen, wodurch den Klägern der Vorsteuerabzug entgangen sei.

Der Beklagte wendete ein, daß er zur Rechnungslegung als Grundlage der Vorsteuerkorrektur gemäß § 12 Abs.14 UStG nicht verpflichtet gewesen und zudem zur Rechnungslegung erst nach Aufhebung des Konkurses aufgefordert worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen folgerte es rechtlich, daß der Masseverwalter gemäß § 12 Abs.14 UStG im Zuge einer Liegenschaftsveräußerung zwar berechtigt sei, eine Rechnung über die auf Investitionen entfallende Umsatzsteuer auszustellen. Es treffe ihn dazu jedoch keine Verpflichtung. Hinsichtlich des bei Versteigerung der Liegenschaft mitveräußerten Inventars sei eine derartige Verpflichtung zur Rechnungausstellung gemäß § 11 UStG zwar zu bejahen, jedoch sei die diesbezügliche Aufforderung zur Rechnungslegung erstmals mit 15.11.1991 ergangen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beklagte als Masseverwalter bereits seines Amtes enthoben gewesen und habe deshalb keine rechtswirksamen Handlungen mehr setzen können.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die im § 12 Abs.14 UStG verwendete Formulierung, daß der Lieferant zur Ausstellung einer Rechnung berechtigt sei, sei dahin auszulegen, daß im Falle des Verlangens nach Ausstellung einer Rechnung durch den Empfänger der Leistung eine Verpflichtung entstehe, wie sich dies auch aus § 11 UStG ergebe. Diese Auslegung werde der Intention des zur Vermeidung einer umsatzsteuerlichen Belastung von Grund und Boden geschaffenen § 12 Abs.14 UStG gerecht, da anderenfalls die umsatzsteuerliche Belastung beim vorsteuerabzugsberechtigten Empfänger bestehen bleibe. Das Verlangen nach einer Rechnung über die auf Investitionen entfallenden Umsatzsteuerbeträge sei unstrittig am 19.8.1991 gestellt worden. Daß der Beklagte diesem Verlangen nicht nachgekommen sei, stelle eine Pflichtwidrigkeit dar. Hinsichtlich der Rechnungsausstellung für das Zubehör werde die Verpflichtung gemäß § 11 Abs.1 UStG durch das Verlangen des Leistungsempfängers begründet. Im Zeitpunkt des Zuganges des ein derartiges Verlangen enthaltenden Schreibens vom 15.11.1991 sei der Konkurs noch nicht rechtskräftig aufgehoben gewesen, sodaß der Beklagte jedenfalls verpflichtet gewesen sei, diesem Begehren Folge zu leisten.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Kläger und des Beklagten. Während der Beklagte zu den Rechtsfragen Stellung bezieht, die nach Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz die Zulassung der Revision begründen, machen die Kläger lediglich geltend, das Berufungsgericht habe im Ausspruch über die Zinsen zu Unrecht zugrundegelegt, daß Beweise für das 4 % übersteigende Begehren nicht vorgelegt worden seien, obwohl hinsichtlich des Zinssatzes von 11 % eine Außerstreitstellung vorliege. Gemäß § 508a Abs.1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs.2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt der geltend gemachten Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO), die sich gleichzeitig als entscheidungswesentliche Verletzung des Verfahrensgrundsatzes des § 498 Abs.1 ZPO darstellt, erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO zu (SZ 59/92). Es ist daher nicht nur die Revision des Beklagten aus den vom Berufungsgericht aufgezeigten Gründen, sondern auch jene der Kläger zulässig.

Die Revision der Kläger ist berechtigt; jener des Beklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Gemäß § 81 Abs.3 KO ist der Masseverwalter allen Beteiligten für Vermögensnachteile, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht, verantwortlich. Seine Haftung richtet sich, soweit er bei seiner Tätigkeit nicht gerichtliche Weisungen befolgte, nicht nach den Vorschriften des Amtshaftungsgesetzes, sondern nach bürgerlichem Recht (ÖBl. 1976, 87; SZ 59/35; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechtes4, Rdz 267; Schragel, AHG2 Rdz 41; Welser, Sachverständigenhaftung und Insolvenzverfahren, NZ 1984, 96 f). Die Haftung des Masseverwalters im Sinne des § 81 Abs.3 KO ist nicht bloß subsidiär, sodaß sie nur mangels Befriedigung aus der Masse in Anspruch genommen werden könnte, sondern begründet vielmehr einen selbständigen Rechtsschutzanspruch und eine wenngleich verschuldensabhängige Ersatzpflicht nach den Regeln des ABGB (Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht4, 172 f; JBl. 1987, 53). Die Schadenersatzpflicht nach der Bestimmung des Insolvenzrechtes tritt nicht gegenüber jedermann ein, sondern nur gegenüber den "Beteiligten". Als anspruchsberechtigt sind jene Personen anzusehen, die am Insolvenzverfahren in einem weiteren Sinne teilnehmen, die also in ihrer rechtlichen Position - und nicht bloß in ihren Interessen - vom Verfahren betroffen sein können. Es handelt sich um jenen Personenkreis, dessen Rechtsstellung einschließlich seines wirtschaftlichen Gehalts von der Gestaltung des Konkursverfahrens beeinflußt wird, sofern der Masseverwalter bei seinen Handlungen oder Unterlassungen zur Verhütung ihrer Schädigung verpflichtet erscheint. Zu den typischen Beteiligten zählen daher neben dem Gemeinschuldner die Gläubiger von Geschäftsführungsforderungen, Masseforderungen und bevorrechteten Forderungen sowie die Konkursgläubiger überhaupt (Welser, Sachverständigenhaftung und Insolvenzverfahren, NZ 1984, 97 f; EvBl. 1975/138; JBl. 1987, 53).

Haben die Kläger somit - was in der Folge noch darzustellen sein wird - aufgrund gesetzlicher Bestimmung im Konkursverfahren gegen die Masse eine Forderung auf Ausstellungen von Rechnungen im Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb im Zwangsversteigerungsverfahren erworben, kann ihnen nach den dargestellten Grundsätzen die Beteiligtenstellung des § 81 Abs.3 KO nicht abgesprochen werden.

Während Schadenersatzansprüche gegen den Masseverwalter während des anhängigen Konkursverfahrens als Masseforderungen gemäß § 46 Abs.1 Z 2 KO geltend gemacht werden können (SZ 47/84) und über die persönliche Haftung des Masseverwalters im Rechnungslegungsverfahren nach §§ 121 ff KO vom Konkursgericht zu entscheiden ist (EvBl. 1966/99; EvBl. 1965/31; Petschek-Reimer-Schiemer 172), kann der Masseverwalter nach Beendigung seines Amtes nur noch im Klagewege zum Schadenersatz wegen der den Gläubigern zugefügten Vermögensnachteile verhalten werden (ecolex 1990, 21).

Gemäß § 81 Abs.1 KO hat der Masseverwalter die durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gebotene Sorgfalt (§ 1299 ABGB) anzuwenden. Er haftet für jedes Verschulden und nicht etwa nur bei grober Fahrlässigkeit (Welser aaO 95; Reischauer in Rummel2 Rdz 15 zu § 1299). Allerdings können auch von einem Rechtsanwalt nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die Rechtsanwälte im allgemeinen gewöhnlich haben (SZ 54/98; NZ 1980, 187; SZ 34/153). Wird das schadensstiftende Verhalten darauf zurückgeführt, daß der Rechtsanwalt bei seiner Tätigkeit gesetzliche Vorschriften unrichtig auslegte, ist daher zu prüfen, ob sich zu einer bestimmten Rechtsfrage bereits eine Spruchpraxis gebildet hat (NZ 1980, 187; EvBl. 1977/238; JBl. 1972, 426). Ist dies nicht der Fall und sind die gesetzlichen Bestimmungen nicht vollkommen eindeutig, sondern enthalten sie Unklarheiten über die Tragweite des Wortlautes, so ist dem Rechtsanwalt ein Verschulden nur dann anzulasten, wenn bei pflichtgemäßer Überlegung die von ihm eingehaltene Vorgangsweise nicht mehr als vertretbar bezeichnet werden kann. Die Fehlbeurteilung einer komplizierten Materie kann nicht ohne weiteres als Sorgfaltsverletzung angelastet werden. Eine unrichtige aber vertretbare Rechtsansicht führt daher, auch wenn sie in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt wird, nicht zur Haftung wegen Verschuldens (SZ 59/35; SZ 52/56; JBl. 1972, 426).

Gemäß § 6 Z 9 lit.a UStG 1972 sind - abgesehen von der hier nicht vorliegenden Ausnahme des Eigenverbrauchs - Umsätze von Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 steuerfrei. Diese - nunmehr gleichlautend wieder in Geltung stehende - Bestimmung war mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13.März 1985 als verfassungswidrig aufgehoben worden, da die Umsatzsteuerfreiheit des Liegenschaftsverkaufs den Verlust des Vorsteuerabzuges für im Zusammenhang mit der Liegenschaft vorgenommene Lieferungen und Leistungen (§ 12 Abs.3 UStG 1972) zur Folge hatte. Die Verfassungskonformität sollte durch den mit dem Abgabenänderungsgesetz 1985 dem § 12 UStG 1972 neu angefügten Abs.14 gewährleistet werden. Danach ist der Verkäufer, der ein Grundstück (Gebäude) nach § 6 Z 9 lit.a steuerfrei liefert und die Vorsteuer deshalb aus den Errichtungskosten korrigieren muß (oder deshalb von vorneherein nicht abziehen kann) berechtigt, dem Empfänger (Käufer) die korrigierte (bzw. nicht abziehbare) Vorsteuer gesondert in Rechnung zu stellen. Ist der Empfänger Unternehmer und erfüllt er die sonstigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug, so kann er diesen Betrag als Vorsteuer geltend machen (Doralt-Ruppe, Grundriß4 I 336).

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die genannte Bestimmung tatsächlich nur eine Berechtigung des Verkäufers zur Rechnungsausstellung normieren will oder ob in Anbetracht der Vorschrift des § 11 Abs.1 UStG 1972, wonach der Unternehmer zwar zur Rechnungsausstellung hinsichtlich steuerpflichtiger Lieferungen und Leistungen berechtigt, jedoch wenn er einem anderen Unternehmer gegenübertritt, auf dessen Verlangen dazu verpflichtet ist, eine ungewollte Regelungslücke vorliegt. Hiezu vertrat Arnold, Die Gebühren und verkehrssteuerrechtlichen Bestimmungen im AbgÄG 1985, ZGV 1985, 28, die Ansicht, daß § 12 Abs.14 UStG nur auf einen Unternehmer als Veräußerer abstelle und nur den Betrag berücksichtige, den dieser im Hinblick auf die weiter geltende unechte Befreiung des Grundstücksumsatzes wegen Nichtberechtigung zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs.3 UStG oder wegen der Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs.10 und 12 UStG verliere. Es bestehe zwar keine § 12 Abs.1 UStG (richtig: § 11 Abs.1 UStG) entsprechende zivilrechtliche Verpflichtung des liefernden Unternehmers, in seine Rechnung auch die hier erörterten Beträge aufzunehmen, doch könne es hiemit nach Erachten des Autors sein Bewenden haben. Ruppe, Zur Vorsteuerüberwälzung bei Grundstücksumsätzen, Bemerkungen zu § 12 Abs.14 UStG, NZ 1986, 170, weist ebenfalls darauf hin, daß die verfassungsrechtlich bedenkliche Doppelbelastung durch die nunmehr geschaffene Möglichkeit der Vorsteuerüberwälzung vermieden werde. Das Gesetz verlange nicht, daß die überwälzten Vorsteuern in Rechnungen, die den Anforderungen des § 11 UStG entsprechen, ausgewiesen seien. Eine Rechnungslegung mit gesondertem Vorsteuerausweis könne nach der Gesetzesbestimmung nicht erzwungen werden (Ruppe, aaO 173). Diese Regelung erkläre sich daraus, daß der Gesetzgeber (zu Recht) gemeint habe, bereits mit einer bloßen Berechtigung den verfassungsrechtlichen Bedenken des VfGH zu entsprechen: Werde dem Unternehmer die Möglichkeit eingeräumt, nicht abziehbare Vorsteuer offen weiterzuwälzen und habe der Abnehmer dann seinerseits die Möglichkeit eines Vorsteuerabzuges, so könne es zu einer wettbewerbsverzerrenden Kostenbelastung für den Unternehmer nicht kommen. Auch Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Rdz 260a zu § 12 UStG, und dieselben in Mehrwertsteuerhandbuch5, 424, sprechen nur von einer Berechtigung, nicht jedoch der Verpflichtung zur Rechnungsausstellung. Kolacny-Meyer, Kommentar zum UStG, 372 führen aus, daß nur eine Berechtigung zum gesonderten Ausweis der Steuerbeträge bestehe, nicht aber - wie etwa bei einer Rechnung gemäß § 11 - eine Verpflichtung des Unternehmers.

Zusammengefaßt läßt sich somit festhalten, daß in der Literatur zu der strittigen Bestimmung des § 12 Abs.14 UStG 1972 überwiegend die Ansicht vertreten wird, daß eine Verpflichtung zur Rechnungsausstellung in diesem besonderen Fall nicht bestehe. Die Zivilgerichte hatten sich mit der Durchsetzung eines derartigen Anspruches, soweit überblickbar, noch nicht zu befassen; eine Spruchpraxis der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist nicht feststellbar. Die vom Beklagten vertretene Rechtansicht, er sei zur Ausstellung einer Rechnung nicht verpflichtet, erscheint daher in den zitierten Lehrmeinungen fundiert und somit jedenfalls vertretbar. Eine Pflichtverletzung ist daher in diesem Umfange nicht zu erkennen.

Anders liegt der Fall jedoch in Ansehung des mit der Liegenschaft versteigerten Zubehörs. Beim Eigentumserwerb durch Zuschlag ist der Verpflichtete umsatzsteuerrechtlich gesehen "Lieferant" im Sinne des § 11 UStG 1972 und daher gegenüber dem Ersteher auf dessen Verlangen zur Ausstellung einer dieser Gesetzesstelle entsprechenden Rechnung verpflichtet (SZ 62/81; SZ 52/101; Arnold, Zivilrechtliche Überlegungen zum Vorsteuerabzug, GesRZ 1990, 24). An dieser Pflicht vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß in den Versteigerungsbedingungen keine Bestimmungen über die anfallenden Umsatzsteuerbeträge enthalten waren. Mangels einer solchen Bestimmung ist nämlich im Meistbot ein festgesetzes Bruttoentgelt zu sehen, das auch eine allfällige Umsatzsteuer enthält (SZ 63/163). Es ist daher die auf das Zubehör entfallende Umsatzsteuer "herauszurechnen", sodaß der Erwerber wirtschaftlich gesehen nur das um den Vorsteuerabzug verminderte Meistbot aufzubringen hat (Arnold aaO 24).

Gemäß § 59 KO tritt der Gemeinschuldner durch den rechtskräftigen Beschluß des Konkursgerichtes, daß der Konkurs aufgehoben wird, wieder in das Recht, über sein Vermögen frei zu verfügen. Sämtliche Wirkungen der Konkursaufhebung treten somit - gleichgültig welcher Aufhebungsgrund vorliegt - erst mit der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses ein. Bis dahin dauern die Konkurswirkungen fort (SZ 40/149). Entgegen der Ansicht des Beklagten endeten seine Rechte und Pflichten als Masseverwalter nicht schon mit der Fassung des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses am 31.10.1991, sondern erst mit dessen Rechtskraft, somit in Anbetracht der am 13.11.1991 bewirkten Zustellungen erst nach Erhalt des Schreibens vom 15.11.1991 (vgl. Beilage N). In diesem Schreiben wird aber unmißverständlich (auch) die Ausstellung einer Rechnung für das mit der Liegenschaft versteigerte Zubehör begehrt. Der Beklagte war daher schon mangels rechtskräftiger Enthebung gemäß § 11 Abs.1 UStG 1972 zur Ausstellung der begehrten Rechnung verpflichtet. Hieran vermag auch nichts zu ändern, daß zu diesem Zeitpunkt bereits die Schlußrechnung gelegt war, da er zur Rechnungslegung schon seit dem Zeitpunkt der Versteigerung berechtigt und ihm zumindest seit dem Schreiben vom 19.8.1991 Beilage A - somit vor Legung der Schlußrechnung am 18.9.1991 - bekannt war, daß die Kläger Vorsteuerabzüge geltend machen wollten. Es wäre ihm freigestanden, bei der Verteilung des Verkaufserlöses gemäß § 49 Abs.1 KO die durch den Verkauf des Liegenschaftszubehörs ausgelöste Umsatzsteuerpflicht vor den Ansprüchen der Absonderungsberechtigten zu berücksichtigen (SZ 59/85).

Es war daher in teilweiser Stattgebung der Revision das Ersturteil in Ansehung des auf die unterlassene Rechnungsausstellung gemäß § 12 Abs.14 UStG 1972 gestützten Schadenersatzanspruches wiederherzustellen, das Berufungsurteil jedoch, insoweit es die Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung über das mit der Liegenschaft versteigerte Zubehör annahm, zu bestätigen. In Stattgebung der Revision der Kläger war der zugesprochene Betrag mit 11 % p.a. zu verzinsen, da entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes dieser Zinsfuß auf AS 20 (= S.4 des Protokolls vom 1.12.1992) außer Streit gestellt wurde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 43 Abs.1 ZPO, wobei der von den Klägern im Revisionsverfahren ersiegte Betrag von dem nach der Quote seines Obsiegens mit 68 % der verzeichneten Kosten auszumessenden Zuspruch an den Beklagten abzuziehen war.

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