European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1998:0010OB00413.97K.0127.000
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Urteil wie folgt lautet:
„Die Aufkündigung vom 15.Februar 1993 wird aufgehoben.
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den im Haus ***** gelegenen Bestandgegenstand, und zwar sämtliche im zweiten Obergeschoß gelegene Räumlichkeiten wie Vorraum, WC, Küche, Zimmer, Bad, Wohn‑Schlafraum und Arbeitsraum, sowie die im Dachgeschoß vom Stiegenaufgang südlich und südwestlich gelegenen beiden Räumlichkeiten zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben, wird abgewiesen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 59.859,32 (darin enthalten S 8.323,22 Umsatzsteuer und S 9.920,‑- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer eines Hauses. Seine Rechtsvorgänger vermieteten das gesamte zweite Obergeschoß und die beiden südlich gelegenen Räumlichkeiten des Dachgeschoßes an den Vater des Beklagten, der dessen Rechtsvorgänger im Bestandverhältnis ist.
Am 3.2.1993 kündigte der Kläger dem Beklagten und dessen Bruder den Bestandgegenstand zum 30.6.1993 auf. Als Kündigungsgründe machte er § 30 Abs 2 Z 6, 7 und 8 MRG geltend; „vorsorgehalber“ sprach er eine Teilkündigung gemäß § 31 MRG wegen Eigenbedarfs aus. Das Bestandobjekt sei zu Wohnzwecken vermietet worden. Nach dem Tod des Vaters des Beklagten sei der wesentliche Teil des Mietobjekts im zweiten Obergeschoß von der Mutter des Beklagten zu Wohnzwecken, ein geringerer Teil des zweiten Obergeschoßes sowie die beiden Räumlichkeiten im Dachgeschoß aber zum Betrieb einer vom Beklagten geführten Steuerkanzlei verwendet worden. Am 6.9.1991 sei die Mutter des Beklagten verstorben. Seither werde der Mietgegenstand von dem an einem anderen Ort ausreichend wohnversorgten Beklagten nicht zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses genutzt. Für den Fall, daß das Bestandobjekt von vornherein überwiegend zu geschäftlichen Zwecken vermietet worden sei, sei die Aufkündigung deshalb berechtigt, weil der Kläger die im zweiten Obergeschoß befindlichen Wohnräume dringend für seine Tochter benötige und der restliche Teil des Mietgegenstands abgesondert benutzbar und für den geringen Geschäftsumfang der Steuerberatungskanzlei des Beklagten ausreichend sei.
Auf die gegenüber dem Bruder des Beklagten ausgesprochene Kündigung ist nur mehr im Rahmen der Kostenentscheidung Bedacht zu nehmen, weil dessen Einwendungen in der Tagsatzung vom 11.11.1993 zurückgezogen wurden.
Der Beklagte wendete ein, es sei bereits bei Anmietung des Bestandobjekts vereinbart gewesen, daß im Mietobjekt (auch) eine Steuerberatungskanzlei geführt werde. Der Beklagte habe nach dem Tod seines Vaters die Kanzlei weitergeführt; der Mietgegenstand werde teils nach wie vor zu Wohnzwecken, hauptsächlich aber als Geschäftsräumlichkeit verwendet. Ein Eigenbedarf bestehe auf Vermieterseite nicht. Dem Kläger würde durch die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses auch kein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwachsen als dem Beklagten aus der Kündigung. Eine Teilkündigung sei nicht möglich, weil die Räumlichkeiten im Dachgeschoß wegen fehlender sanitärer Anlagen nicht abgesondert benützbar seien.
Im ersten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die Aufkündigung für wirksam und den Beklagten schuldig, das Bestandobjekt zu räumen. Das Mietobjekt sei als Wohnung vermietet worden. Wenngleich der Vermieter davon Kenntnis gehabt habe, daß der Vater des Beklagten in den Bestandräumlichkeiten seinen Geschäften als Steuerberater nachgehen werde, sei der Bestandgegenstand als Wohnung zu qualifizieren, weil die Vermietung zu Wohnzwecken im Vordergrund gestanden sei. Eine schlüssige Zustimmung des Vermieters zur Änderung des Verwendungszwecks sei nicht gegeben. Eine Aufkündigung nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG komme nicht in Betracht, weil keine Geschäftsräumlichkeit vorliege. Die Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG sei aber berechtigt, weil es dem Beklagten an einem dringenden Wohnbedürfnis mangle. Die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs gemäß § 30 Abs 2 Z 8 MRG lägen allerdings nicht vor, weil die Tochter des Klägers keinen dringlichen Bedarf im Sinne eines echten Notstands habe.
Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung infolge Berufung des Beklagten auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Auf der „Tatsachenebene“ hielt es die Rechtsmittelausführungen allerdings nicht für stichhältig, vielmehr erachtete es die „überzeugend begründeten Feststellungen“ des Erstgerichts als zutreffend. Aus rechtlichen Erwägungen sei die Berufung aber berechtigt. Aufgrund der Außerstreitstellung, daß der Rechtsvorgänger des Klägers im Zuge der Vermietung an den Vater des Beklagten davon Kenntnis gehabt habe, daß letzterer in der vermieteten Wohnung seinen beruflichen Geschäften als Steuerberater nachgehen werde, sei zu folgern, daß die Wohnung von Anfang an sowohl der Wohnungsnahme wie auch der Berufsausübung des Mieters gedient habe und dies dem Vermieter stets bewußt gewesen sei. Sei aber die Verwendung als Geschäftsräumlichkeit nicht gänzlich in den Hintergrund getreten ‑ und dies sei hier der Fall ‑, dann könne der Vermieter mit einer auf die nicht regelmäßige Verwendung des Mietobjekts gestützten Aufkündigung nur durchdringen, wenn er sowohl den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 wie auch den der Z 7 unter Beweis stelle. Dies sei dem Kläger nicht gelungen. Daß kein dringender Eigenbedarf vorliege, habe das Erstgericht zutreffend erkannt. Dennoch sei die Rechtssache nicht im Sinne einer Abänderung durch Aufhebung der Aufkündigung und Abweisung des Räumungsbegehrens spruchreif, weil der Kläger einen Eventualantrag auf Teilkündigung des gesamten zweiten Obergeschoßes mit Ausnahme des Vorraums und WC nördlich des Stiegenhauses gestellt habe. Das diesbezügliche Vorbringen sei aber gemäß § 182 ZPO aufklärungsbedürftig, insbesondere dahin, ob diese Räumlichkeiten ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden könnten. Es sei zu erörtern, welche Räumlichkeiten der Beklagte tatsächlich als Geschäftsräume nutze, es seien die Art und das Ausmaß der derzeitigen und in näherer Zukunft beabsichtigten Nutzung festzustellen, und sei die Frage zu klären, ob eine bauliche Abgrenzung ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten möglich sei. Die Kündigungstatbestände nach § 30 Abs 2 Z 6, 7 und 8 MRG seien zwar vollständig beurteilbar und bedürften im zweiten Rechtsgang keiner weiteren Erörterung, denn das Erstgericht habe ein akribisches Verfahren durchgeführt und Feststellungen aufgrund einer vorbildlichen Beweiswürdigung getroffen. Zur subsidiär geltend gemachten Teilkündigung nach § 31 MRG sei aber die Rechtssache wegen des Vorliegens von Feststellungsmängeln im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO nicht spruchreif.
Im Zuge des zweiten Rechtsgangs zog der Kläger die Außerstreitstellung, es sei bereits zu Beginn des Bestandverhältnisses auch eine Nutzung als Steuerberatungskanzlei gegeben gewesen, zurück. Damals sei der Vater des Beklagten noch als Vertreter beruflich tätig gewesen, eine Steuerberatungskanzlei habe nicht existiert. Der Eventualantrag auf Teilkündigung wurde präzisiert und zur Benützung der Räumlichkeiten ergänzendes Vorbringen erstattet. In der Tagsatzung vom 30.5.1996 brachte der Kläger ergänzend vor, daß der Beklagte die tatsächliche Nutzung des Mietgegenstands geändert habe, indem er den Arbeitsplatz seiner Kanzleiangestellten vom Dachgeschoß in den bisher lediglich sporadisch zu privaten Zwecken genutzten östlichen Raum des zweiten Obergeschoßes verlegt habe. Die Räumlichkeiten im zweiten Obergeschoß seien aber ausschließlich für Wohnzwecke gewidmet; die nunmehrige Widmung zu Geschäftszwecken erfolge demnach konsenslos und im Widerspruch zum bestehenden Baubescheid. Die Baubehörde habe bereits die Einstellung der konsenslosen Verwendung aufgetragen.
Der Beklagte brachte ergänzend vor, daß sich in sämtlichen Räumlichkeiten des Bestandobjekts Einrichtungsgegenstände der Steuerberatungskanzlei befänden. Aufgrund der geringen Höhe der Dachgeschoßräumlichkeiten dürfe in diesen eine Arbeitstätigkeit nicht entfaltet werden.
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Aufkündigung abermals für wirksam und verpflichtete den Beklagten zur Räumung des Bestandgegenstands.
Es stellte fest, der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags, aufgrund dessen die Familie des Beklagten in das Bestandobjekt eingezogen sei, sei nicht mehr feststellbar. Die Vermietung an den Vater des Beklagten sei ausschließlich zu Wohnzwecken erfolgt. Ab einem ebenfalls nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt habe der Vater des Beklagten begonnen, in der Wohnung eine Steuerberatungskanzlei zu führen. Diese sei nach dem Tod des Vaters im Jahre 1950 von der „Erbengemeinschaft“, tatsächlich vom Beklagten und einem seiner Brüder, fortgeführt worden. Ein bis zwei Jahre nach seiner Heirat im Jahre 1958 habe der Beklagte mit seiner Ehegattin an einem anderen Ort eine Steuerberatungskanzlei eröffnet. Schon von der Eheschließung an habe er in diesem anderen Ort gewohnt. Daneben sei die Steuerberatungskanzlei in den Bestandräumlichkeiten weitergeführt worden, zuletzt allein vom Beklagten. Ein Bruder des Beklagten sei verstorben; der zweite habe sich praktisch nur mehr zu Besuchszwecken im Mietobjekt aufgehalten. Die Mutter des Beklagten habe bis zu ihrem Tode am 6.9.1991 in der Wohnung gewohnt. Ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt seien die Bestandräumlichkeiten von der Beklagtenseite in der Form genutzt worden, daß der an die heute noch bestehende Küche anschließende Raum als Schlaf‑ und Wohnraum und der an diesen Raum im Süden angrenzende Raum als Schlafraum verwendet worden seien; zwischen diesem Raumteil und der anschließenden Fläche sei ein Vorhang angebracht worden. Der dort angrenzende Teil des Raums habe als Büro‑ und Besprechungszimmer Verwendung gefunden, das östlich davon liegende Zimmer als Arbeitsraum. Die beiden im Dachgeschoß gelegenen und zum Bestandobjekt gehörigen Räume seien ebenfalls als Büroräumlichkeiten genutzt worden. Seit 1972 sei eine derzeit noch als (einzige) Sekretärin beschäftigte Person in der Steuerberatungskanzlei angestellt gewesen. Seit 1.2.1993 verrichte sie in der Zeit von 8 bis 13 Uhr ihren Dienst. Wenn sie Aufbuchungsarbeiten an Ort und Stelle vornehme, sei die Kanzlei nicht besetzt. Im März 1996 sei der Arbeitsplatz dieser Angestellten aus den Räumlichkeiten im Dachgeschoß in den Arbeitsraum im zweiten Obergeschoß verlegt worden. In einem im Jahre 1977 vom Rechtsvorgänger des Klägers eingebrachten Antrag gemäß § 7a MRG sei ausgeführt worden, daß die tatsächliche Benützung des Mietobjekts zum überwiegenden Teil zu Bürozwecken erfolge. Dementsprechend sei auch die Nutzflächenberechnung vorgenommen worden. Der Geschäftsumfang der Steuerberatungskanzlei des Beklagten habe sich verringert. 1993 sei er durchschnittlich etwa einmal monatlich für die Dauer von ein bis vier Tagen in diese Kanzlei gekommen. In letzter Zeit sei er von seiner Sekretärin verständigt worden, wenn sein Erscheinen erforderlich gewesen sei. Wenn sich der Beklagte dort aufgehalten habe, habe er auch in der Wohnung genächtigt. Die genaue Frequenz der Aufenthalte des Beklagten nach 1993 sei nicht feststellbar. Der Sohn und die Ehegattin des Beklagten hätten sich nur sporadisch im Mietobjekt aufgehalten. Der Beklagte führe überdies mehrere Steuerberatungskanzleien an anderem Ort. Es sei nicht feststellbar, daß er beabsichtige, den Umfang der Geschäftstätigkeit im Mietobjekt auszudehnen. Die Tochter des Klägers ‑ für die der Eigenbedarf geltend gemacht wird ‑ und deren Ehegatte bewohnen in der Türkei eine Eigentumswohnung, die ihnen von dessen Vater zur Verfügung gestellt worden sei. Die Tochter und ihr Ehegatte hätten keine konkreten Schritte zur Erlangung einer Beschäftigung in Österreich unternommen.
Aufgrund der ‑ im Gegensatz zum im ersten Rechtsgang getroffenen ‑ Feststellung, die Wohnung sei ursprünglich ausschließlich zu Wohnzwecken vermietet und zunächst auch nur zu diesem Zweck benutzt worden, im Zusammenhalt mit der Ansicht, daß eine schlüssige Zustimmung des Vermieters zu der zu einem nicht mehr feststellbaren späteren Zeitpunkt erfolgten Änderung der Verwendungsart des Bestandobjekts nicht angenommen werden könne, gelangte das Erstgericht zum Schluß, daß zwar der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 6 vorliege, nicht aber auch die Kündigungsgründe nach Z 7 und 8 in Betracht kämen. Das Mietobjekt sei als Wohnung zu qualifizieren, der zuletzt genannte Kündigungsgrund käme nur bei Geschäftsräumlichkeiten zur Anwendung. Auf die Frage der Teilkündigung müsse nicht eingegangen werden, weil der Kläger diese ausschließlich auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG gestützt habe, das Vorliegen von Eigenbedarf aber bereits im ersten Rechtsgang verneint worden sei.
Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Abschließend erledigte Streitpunkte dürften auch bei Aufhebung eines Urteils nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO nicht wieder aufgerollt werden, soweit es sich nicht um Tatsachen handle, die nach Schluß der Verhandlung im ersten Rechtsgang neu entstanden. Dem Kläger sei es daher verwehrt gewesen, seine Außerstreitstellung im ersten Rechtsgang, wonach der Bestandgegenstand schon von Anbeginn des Bestandverhältnisses an auch als Steuerberatungskanzlei genutzt worden sei, zu widerrufen. Dies gelte auch für das Vorbringen zu der angeblich (baubehördlich) konsenswidrigen Nutzung zu Geschäftszwecken, weil die behördliche Benutzungsbewilligung nicht erst nach Schluß der Verhandlung erster Instanz ergangen sei. Die Außerstreitstellung der Parteien im ersten Rechtsgang sei demnach weiterhin wirksam. Es sei also davon auszugehen, daß der Beklagte von Beginn des Bestandverhältnisses an zumindest die Räumlichkeiten im Dachgeschoß und den Arbeitsraum sowie den südlichen Teil des an diesen im Westen anschließenden Wohn‑Schlafraums zu Geschäftszwecken verwendet habe, den zuletzt genannten Raumteil allerdings auch zu privaten Zwecken. Diese Nutzung sei nie unterbrochen worden. Das Erstgericht habe es aus vom Berufungsgericht nicht gebilligten rechtlichen Überlegungen unterlassen, den ihm erteilten Aufträgen zur Frage, ob die eventualiter geltend gemachte Teilkündigung berechtigt sei, zur Gänze nachzukommen. Daher werde das Erstgericht die Sachverhaltsgrundlage zu erweitern haben. Der Kläger habe die Teilkündigung nicht nur auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs gestützt. Mit der von ihm gewählten Formulierung habe er nur den Gesetzestext des § 31 MRG in Kurzform bezeichnet, Teilkündigung sei aber nach einhelliger Rechtsprechung aus allen möglichen Kündigungsgründen zulässig. In der Aufkündigung habe der Kläger insgesamt Vorbringen zu allen Kündigungsgründen erstattet, sodaß davon auszugehen sei, daß die Teilkündigung auch auf die übrigen geltend gemachten Kündigungsgründe gestützt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Klägers gegen diesen Aufhebungsbeschluß ist zwar berechtigt, führt aber entgegen dessen Intentionen zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Aufhebung der Aufkündigung und Abweisung des Räumungsbegehrens.
Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß nach ständiger Rechtsprechung auch bei einer Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO abschließend erledigte Streitpunkte nicht wieder aufgerollt werden dürfen, es sei denn, es handelte sich um Tatsachen, die nach Schluß der Verhandlung im ersten Rechtsgang neu entstanden sind (1 Ob 108/97g; RZ 1997/19; 7 Ob 2200/96x; 1 Ob 609/92; 7 Ob 634/92; 3 Ob 56/89; 3 Ob 589/84; 7 Ob 652/84; Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 5 zu § 496). Das Gericht zweiter Instanz hat im Aufhebungsbeschluß vom 30.11.1995 klar und deutlich ausgeführt, daß es die vom Erstgericht aufgrund einer vorbildlichen Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen als unbedenklich übernehme und daß die Kündigungstatbestände nach § 30 Abs 2 Z 6, 7 und 8 MRG vollständig beurteilbar seien und damit im zweiten Rechtsgang keiner weiteren Erörterung bedürften; lediglich zur subsidiär geltend gemachten Teilkündigung nach § 31 MRG lägen Feststellungsmängel vor, die eine Behebung des Urteils im ersten Rechtsgang zur Folge haben müßten. Damit wäre aber das erstinstanzliche Verfahren im zweiten Rechtsgang auf diesen von der Aufhebung ausdrücklich betroffenen Teil des Verfahrens zu beschränken gewesen (7 Ob 2200/96x; 3 Ob 589/84; 7 Ob 652/84). Es ist daher, soweit es um die Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 Z 6, 7 und 8 MRG geht, von den Feststellungen des im ersten Rechtsgang ergangenen Urteils auszugehen: Die Zurückziehung der Außerstreitstellung durch den Kläger bleibt daher unbeachtlich.
Soweit der Kläger meint, die Vorinstanzen hätten im zweiten Rechtsgang zumindest auf sein Vorbringen über die behauptete konsenswidrige Benützung der im zweiten Obergeschoß gelegenen Räumlichkeiten eingehen müssen, weil der Bescheid der Baubehörde erst nach Schluß der Verhandlung erster Instanz im ersten Rechtsgang ergangen sei, übersieht er, daß er die konsenswidrige Benützung in der Kündigung nicht als Kündigungsgrund geltend gemacht hat. Der erst im zweiten Rechtsgang erfolgten Geltendmachung steht aber die Eventualmaxime des § 33 Abs 1 MRG entgegen.
Nach den oben wiedergegebenen Feststellungen war dem Vermieter vom Beginn des Bestandverhältnisses an die Nutzung des Bestandgegenstands auch als Steuerberatungskanzlei bekannt. Wird ein Bestandgegenstand teils als Wohnung, teils aber als Ordination bzw als Kanzlei verwendet, dann sind grundsätzlich auch die zur Berufsausübung verwendeten Räume als Wohnraum und nicht als Geschäftsräumlichkeiten anzusehen, weil sich in solchen Fällen das Wohnbedürfnis und der geschäftsorientierte Bestandzweck im Zweifel die Waage halten (MietSlg 42.318, 35.369, 30.404, 25.320). Ob bei der Verwendung der Wohnung der Wohn‑ oder Geschäftszweck überwiegt, ist bei üblicherweise in der Wohnung ausgeübten Berufen bedeutungslos (MietSlg 30.404, 25.320). Daß der Beklagte den Mietgegenstand ‑ zumindest zum Teil ‑ nach wie vor für seine geschäftliche Tätigkeit benötigt, wird nicht weiter bestritten. Es ist ihm daher ein dem Wohnbedürfnis gleichwertiges Interesse am Bestandgegenstand zuzubilligen (EvBl 1996/47; MietSlg 42.318). Zu Recht hat daher das Berufungsgericht schon im ersten Rechtsgang daraus geschlossen, daß sowohl der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG wie auch jener nach Z 7 nicht mit Erfolg geltend gemacht werden können.
Daß ein Eigenbedarf des Klägers im Sinne der von der Judikatur herausgearbeiteten Grundsätze (siehe nur MietSlg 39.464 f; Würth in Rummel, ABGB2, Rz 35 zu § 30 MRG mwN) nicht besteht, wird vom Rekurswerber gar nicht mehr bekämpft. Mangels dringenden Eigenbedarfs auf der Klägerseite kann der Kündigung aus dem Grund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG somit ebenfalls kein Erfolg beschieden sein.
Zu prüfen bleibt die Frage, ob der Kläger erfolgreich mit Teilkündigung gemäß § 31 MRG gegen den Beklagten vorgehen kann:
Die Frage, ob die in dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen für eine Teilkündigung vorliegen (vgl WoBl 1996/52; WoBl 1989, 123; MietSlg 40.475), kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Erstgerichts dahingestellt bleiben. Es trifft zwar zu, daß eine Teilkündigung auf alle Kündigungsgründe gestützt werden kann und nicht nur auf den dringenden Eigenbedarf des Vermieters (MietSlg 24.408; Würth aaO Rz 5 zu § 31 MRG mwN), doch hat der Vermieter gemäß § 33 Abs 1 MRG in der Kündigung die Kündigungsgründe kurz anzuführen. Dabei genügt eine schlagwortartige Angabe; das Gericht darf bei der Wertung des Vorbringens nicht kleinlich vorgehen (6 Ob 178/97p; 4 Ob 2135/96s; EvBl 1996/47; WoBl 1996, 150 uva). Bei der Entscheidung darüber, welcher Kündigungsgrund geltend gemacht wurde, kommt es in erster Linie auf die Tatsachenbehauptungen an (MietSlg 47.414; WoBl 1991, 36; MietSlg 38.493, 31.452; SZ 23/116 uva). Nun hat der Kläger in seiner Aufkündigung die Teilkündigung in der Tat gemäß § 31 MRG ausdrücklich nur auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs gestützt. Der Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe damit nur „den Gesetzestext des § 31 MRG in Kurzform“ bezeichnet, aus seinem sonstigen Vorbringen sei jedoch zu erschließen, daß er alle geltend gemachten Kündigungsgründe auch auf die Teilkündigung bezogen habe, kann nicht beigetreten werden. Daß der Kläger seine Teilkündigung tatsächlich nur auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs stützen wollte, ergibt sich nicht nur aus der klaren Formulierung der Aufkündigung (S 2), sondern auch daraus, daß er dort (S 3) ausdrücklich den Eigenbedarf (für seine Tochter) als Begründung dafür heranzog, daß ein bestimmter Teil des Mietgegenstands infolge seiner abgesonderten Benutzbarkeit auch dann aufkündbar sei, wenn der Mietgegenstand von vornherein überwiegend zu geschäftlichen Zwecken vermietet worden sei. Nichts anderes brachte der Kläger auch in der Verhandlungstagsatzung am 17.2.1995 vor (S 2 f des darüber aufgenommenen Protokolls). Der Kläger hat daher die Teilkündigung tatsächlich nur auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs (§ 30 Abs 2 Z 8 MRG) gestützt, der aber ‑ wie schon zuvor ausgeführt ‑ nicht vorliegt. Mangels Eigenbedarfs kann demnach der Teilkündigung kein Erfolg beschieden sein, sodaß die vom Berufungsgericht verfügte Aufhebung des Ersturteils zu dem Zweck, die Sachverhaltsgrundlage zur Beurteilung der Teilkündigung zu erweitern, entbehrlich ist.
Wenn auch nur der Kläger den Aufhebungsbeschluß mit Rekurs bekämpft hat, so ist doch, da die Sache entscheidungsreif und daher die Sachentscheidungsbefugnis auf den Obersten Gerichtshof übergegangen ist, über den Berufungsantrag des Beklagten zu entscheiden. Dies führt zum Ergebnis, daß der Rekurs des Klägers zwar berechtigt ist, aber zu dessen Nachteil, weil in der Sache selbst entsprechend dem Berufungsantrag des Beklagten durch Aufhebung der Aufkündigung und Abweisung des Räumungsbegehrens zu entscheiden ist (MietSlg 47.684; WBl 1992, 166 ua; Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 5 zu § 519).
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Schriftsätze vom 9.3., 30.4. und 11.5.1993 waren nicht zu honorieren, weil sie die Bevollmächtigung des (damals Erst‑) Beklagten durch den damals Zweitbeklagten betreffen, letzterer die von ihm erstatteten Einwendungen aber zurückgezogen hat. Für die Tagsatzung vom 14.7.1993 gebühren dem Beklagten nur die halben Kosten, weil der Beklagtenvertreter auch für den damals Zweitbeklagten eingeschritten ist. Die für das Berufungsverfahren verzeichnete Pauschalgebühr konnte nur einmal zuerkannt werden, weil eine solche von jedem Rechtsmittelwerber nur einmal zu entrichten ist, auch wenn die zweite Instanz mehrmals angerufen wird.
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