OGH 1Ob32/19s

OGH1Ob32/19s5.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Mag. Korn und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Dr. K*, vertreten durch die Bosch, Schausberger und Lutz Rechtsanwälte GmbH, Wels, gegen den Antragsgegner Dr. A*, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (zu AZ 36 Fam 25/17v des Bezirksgerichts Wels, hier wegen Ablehnung), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 16. Jänner 2019, GZ 1 R 3/19w‑7, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 7. November 2018, GZ 23 Nc 31/18h‑3, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124742

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

2. Über den Antragsgegner wird eine Ordnungsstrafe von 2.000 EUR verhängt.

 

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 24. 10. 2018 wurde die vom Antragsgegner gegen die Vorsteherin des Bezirksgerichts Wels gerichtete Ablehnung abgewiesen und dem Antragsgegner (sowohl im Spruch als auch in der Begründung des Beschlusses) die Rechtsbelehrung erteilt, dass gegen diesen Beschluss ein binnen 14 Tagen beim Landesgericht Wels einzubringender Rekurs an das Oberlandesgericht Linz erhoben werden könne, der keiner Anwaltsunterfertigung bedürfe.

Dieser Beschluss wurde dem Antragsgegner durch Hinterlegung zur Abholung ab 20. 11. 2018 zugestellt, worauf dieser – entgegen der zweifach ausdrücklich erteilten Rechtsbelehrung – am 30. 11. 2018 seinen an das Bezirksgericht Wels adressierten Rekurs in der Einlaufstelle des Bezirksgerichts Wels überreichte. Der an das Landesgericht Wels weitergeleitete Rekurs langte dort am 5. 12. 2018 ein, also nach Ablauf der 14‑tägigen Rekursfrist.

Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück, sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, und erläuterte, dass eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands, die sonst aufgrund der Aufteilungsmasse mit über 30.000 EUR vorzunehmen gewesen wäre, schon wegen der begehrten 30.000 EUR übersteigenden Ausgleichszahlung zu unterbleiben habe.

Rechtliche Beurteilung

1. Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig:

1.1. Der Antragsgegner lehnte nach erfolgloser Ablehnung des Erstrichters im Ausgangsverfahren (einem Aufteilungsverfahren) die zur Entscheidung über diese Ablehnung berufene Vorsteherin des Bezirksgerichts (in seinem Rekurs gegen dessen Entscheidung und unter beleidigenden Ausführungen) ab. In seinem Rekurs gegen die Entscheidung, mit der seinem „Ablehnungsantrag“ nicht Folge gegeben wurde, lehnte er (wiederum mit beleidigenden Äußerungen) die Mitglieder des zuständigen Senats des Landesgerichts Wels ab. Auch der Revisionsrekurs enthält nun – entsprechend seiner schon zuvor (im Zusammenhang mit einer Vielzahl anderer [Ablehnungs-]Entscheidungen) geübten Vorgehensweise (vgl auch hg 8 Nc 32/16x) einer kaskadenartigen Ablehnung aller Entscheidungsträger – die Ablehnung der Mitglieder des Rekurssenats des Oberlandesgerichts Linz (mit substratlosen Vorwürfen wie der „jahrelangen Beihilfe zum Justizmobbing und Justizkorruption“ „durch vorsätzliche Verdrehung der Aktenlage“).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine sofortige Entscheidung über ein Rechtsmittel, wenn darin Richter abgelehnt werden, dann zulässig, wenn keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden oder die Ablehnung – wie hier – offenkundig rechtsmissbräuchlich ist (zuletzt 2 Ob 255/18k mwN; RIS-Justiz RS0046015).

1.2. Wird im Ablehnungsverfahren ein Rekurs ohne meritorische Prüfung der Ablehnungsgründe aus formellen Gründen – etwa wegen Verspätung – zurückgewiesen, ist der Revisionsrekurs nicht im Sinne des § 24 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig. Das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen richtet sich dann nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in welchem die Ablehnung erfolgte (RIS-Justiz RS0006000). Das sind hier die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes, weswegen der Rechtszug an die dritte Instanz zur Prüfung dieser formellen Gründe zwar offensteht (RIS-Justiz RS0044509), dies aber nur unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (RIS‑Justiz RS0044509 [T7, T8]).

In seinem Revisionsrekurs bezweifelt der Antragsgegner weder, dass die 14‑tägige Frist am 5. 12. 2018 bereits abgelaufen war, noch den Umstand, dass der Rekurs im Ablehnungsverfahren bei dem Gericht einzubringen ist, das in erster Instanz über die Befangenheit entschieden hat (§ 47 Abs 1 AußStrG; RIS‑Justiz RS0109787). Mit Verdächtigungen, es sei der Rekurs vorsätzlich erst an diesem Tag weitergeleitet worden, vermag er nicht ansatzweise eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts, geschweige denn eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen. Seine Behauptung, er sei vom Gericht nicht angeleitet worden, den Rekurs beim Landesgericht Wels einzubringen, ist aktenwidrig; vielmehr wurde er im Beschluss des Erstgerichts sogar an zwei Stellen darauf hingewiesen.

1.3. Entgegen der Vorschrift des § 6 Abs 1 letzter Satz AußStrG ist der Revisionsrekurs nicht von einem Anwalt unterfertigt. Ein solcher Mangel hätte zwar grundsätzlich zur Erteilung eines Verbesserungsauftrags zu führen, ist aber dann ohne wesentliche Bedeutung, wenn das Rechtsmittel jedenfalls (als unzulässig) zurückzuweisen ist (RIS-Justiz RS0005946). In einem solchen Fall wäre eine Ergänzung des Revisionsrekurses nach dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0041666), sodass es einen bloßen (verfahrensverzögernden) Formalismus bedeuten würde, das nur von der ablehnenden Partei selbst, nicht aber von einem Rechtsanwalt unterfertigte Rechtsmittel verbessern zu lassen und es dann wegen der schon jetzt feststehenden fehlenden Zulässigkeit zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0005946 [T11]).

2. Aus Anlass des Revisionsrekurses ist – wegen der darin enthaltenen beleidigenden Ausfälle gegen eine Vielzahl von Richtern ohne Sachsubstrat – gemäß § 22 AußStrG iVm §§ 86, 220 ZPO eine Ordnungsstrafe zu verhängen. Dazu ist sowohl das Erstgericht als auch das Rechtsmittelgericht zuständig (RIS‑Justiz RS0036332 [T1]).

Durch die Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsstrafen soll nicht eine inhaltlich berechtigte Kritik verhindert, sondern gesichert werden, dass sich die am Verfahren beteiligten Personen einer sachlichen und nicht beleidigenden Ausdrucksweise bedienen (vgl RIS-Justiz RS0036332 [T8]). Der Revisionsrekurswerber verweist dazu auf den zu RIS‑Justiz RS0046059 (in Disziplinarsachen) gebildeten Rechtssatz, wonach es (für einen Anwalt) im Rahmen eines Ablehnungsantrags im Interesse seiner Klienten durchaus notwendig sein könne, etwas Negatives über einen Richter anzuführen, wobei selbst der Vorwurf des Amtsmissbrauchs zulässig sein könne. In der Regel reicht es aber zur Bekämpfung einer gerichtlichen Entscheidung aus, dass die Partei in ihrem Rechtsmittel die ihr geboten erscheinenden Rechtsmittelgründe ausführt. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs kann also im Ablehnungsverfahren nur gerechtfertigt sei, wenn dazu auch ein Sachsubstrat vorgetragen wird, das diesen Vorwurf (zumindest im Ansatz) berechtigt erscheinen lassen kann. In diesem Licht ist es aber keinesfalls notwendig, in einem Rechtsmittel über die formale Frage der Verspätung nicht nur die entscheidenden Gerichtsorgane, sondern auch eine Vielzahl anderer (auch namentlich genannter) Richter in ständiger Wiederholung des Amtsmissbrauchs zu bezichtigen, sie als „Wiederholungstäter“ zu bezeichnen oder ihnen Beihilfe zum „Justizmobbing“ und „Justizkorruption“ gegenüber dem Revisionsrekurswerber vorzuwerfen. Eine pauschale Verunglimpfung einer Unzahl von namentlich genannten Richtern, von denen der Großteil mit dem vorliegenden Ablehnungsverfahren gar nicht befasst war, kann im Hinblick auf die verwendete Diktion („Wiederholungstäter“, „Amtsmissbrauch“, „kriminell“, „kriminelles Justiznetzwerk“, „rechtswidrige Gefälligkeitsbeschlüsse“, „höhergradig neurotisch“, „systematisches Justizmobbing und suspekte Justizkorruption“, im Interesse eines objektiv und emotionslos zu führenden Verfahrens nicht hingenommen werden. Die Vorwürfe entbehren bei einer Vielzahl von Personen überhaupt jeden Sachsubstrats und gehen auch bei den Personen, die mit der vorliegenden Entscheidung befasst waren, über den zur Dartuung konkreter Ablehnungsgründe notwendigen Inhalt mit substratlosen Vorwürfen (etwa zur vorgeworfenen Justizkorruption) weit hinaus. Sie sind auch bei Anlegen eines großzügigeren Maßstabs nicht mehr tolerierbar. Über den Revisionsrekurswerber wurden bereits wiederholt Ordnungsstrafen im Höchstausmaß verhängt. Trotzdem enthält der Revisionsrekurs erneut beleidigende Ausfälle, sodass angesichts seines hartnäckigen Fehlverhaltens keinesfalls mit einer geringeren Strafe des Auslangen gefunden werden kann.

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