OGH 1Ob264/01g

OGH1Ob264/01g22.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Vivien E*****, und des mj Arnold E*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter Martina E*****, vertreten durch Dr. Günter Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 27. August 2001, GZ 14 R 340/01w-66, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter Martina E***** wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass eine formelle Zustellung des Antrags des Amts für Jugend und Familie des Magistrats Linz auf Übertragung der Obsorge für den mj Arnold auf den Jugendwohlfahrtsträger (ON 51) an die Mutter nicht erfolgte. Die in dieser Vorgangsweise von der Revisionsrekurswerberin erblickte - nur den mj Arnold betreffende - Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz wurde bereits vom Rekursgericht verneint; eine vom Gericht zweiter Instanz verneinte Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens kann auch im Außerstreitverfahren nicht nochmals mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden (SZ 65/84; vgl JBl 1997, 588; EvBl 1996/135; SZ 59/104 uva).

Insoweit in der mangelnden Zustellung des Antrags auf Entziehung der Obsorge über den mj Arnold eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens erblickt werden könnte, die im Interesse des Kindeswohls trotz Verneinung des Mangels durch das Rekursgericht an die dritte Instanz herangetragen werden könnte (EvBl 1997/103 ua), ist der Mutter entgegenzuhalten, dass ihr die Möglichkeit offen stand, ihre Rechte im Rechtsmittelverfahren entsprechend geltend zu machen und im Rekursverfahren Neuerungen vorzubringen, wovon sie auch Gebrauch gemacht hat. In einem solchen Fall bewirkt die allfällige Verletzung des im Art 6 Abs 1 EMRK verankerten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs, die in der mangelnden Zustellung des Antrags auf Übertragung der Obsorge an den Jugendwohlfahrtsträger gelegen sein könnte, aber weder die Nichtigkeit noch die Mangelhaftigkeit des Verfahrens (ÖA 2000, 267; 6 Ob 9/00t; ÖA 1999, 132; EvBl 1997/103; SZ 69/20).

Nur dort, wo das Gesetz eine mündliche Verhandlung zwingend vorschreibt, bedeutet die gesetzwidrige Hinderung einer Partei, daran teilzunehmen, bzw die Nichtdurchführung einer solchen Verhandlung den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 7 zu § 477). Eine mündliche Verhandlung ist im Obsorgeverfahren nicht (zwingend) vorgesehen; das rechtliche Gehör der Mutter wurde auf andere Weise ausreichend gewahrt. Sie hat ohnehin Gelegenheit bekommen, auch zur beabsichtigten Übernahme des mj Arnold in die Obsorge des Jugendwohlfahrtsträgers Stellung zu beziehen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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