European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00240.15Y.1222.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 768,24 EUR (darin 128,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Die Klägerin stürzte am 5. 6. 2012 in dem von der beklagten Partei betriebenen Lebensmittelgeschäft im Bereich der Obst‑ und Gemüseabteilung nächst der Obstwaage. Sie trug damals Stiefel mit 6,5 cm hohen Absätzen, deren Sohle kein tiefes Profil zeigte und deren Trittfläche glatt und leicht abgenutzt war. Der Boden war im Sturzbereich trocken, frei von Gegenständen und sauber. Der Steinzeugfliesenboden wies 2003, als er verlegt wurde, eine für den Geschäftsraum ausreichende Rutschhemmung mit dem Wert R9 auf und ist durch ständiges Begehen und Reinigen erst geringfügig glatter geworden. Bei normalem Begehen war die zum Unfallzeitpunkt vorhandene Oberfläche nicht als gefährlich einzustufen.
Das Erstgericht konnte nicht feststellen, warum die Klägerin zu Sturz kam und wies das auf Zahlung und die Feststellung der Haftung für alle aus dem Sturz erlittenen künftigen Schäden gerichtete Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und erklärte die ordentliche Revision nachträglich für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die beklagte Partei nach einer Betriebsdauer von zehn Jahren auch ohne konkreten Anlass verpflichtet gewesen wäre, die behördlich vorgeschriebene Rutschfestigkeit des Bodens zu überprüfen, fehle.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ab; gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der wesentlichen Zurückweisungsgründe beschränken:
1. Die Klägerin geht in ihrer Revision zu Messergebnissen über die Rutschhemmung des Bodens nicht vom festgestellten Sachverhalt aus; Ausführungen dazu sind mangels gesetzmäßiger Ausführung des Revisionsgrundes des § 503 Z 4 ZPO nicht weiter zu behandeln (RIS‑Justiz RS0043312 [T12, T14]).
2. Zu einer angeblichen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten im Hinblick auf mangelnde Rutschfestigkeit des Bodenbelags hat der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung vom 22. 4. 2015, 4 Ob 18/15y, damals zur Frage des Vorliegens eines Anscheinsbeweises, erläutert, dass der Geschädigte zu beweisen hat, dass nach aller Erfahrung die Schadensentstehung auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes (vertragswidriges) Verhalten des Schädigers zurückzuführen ist (RIS‑Justiz RS0026290), die Beweislastumkehrung nach § 1298 ABGB nur den Verschuldensbereich betrifft (RIS‑Justiz RS0022686) und die Tatsache eines Sturzes allein noch nicht ‑ auch nicht prima facie ‑ auf ein Fehlverhalten schließen lässt. Wenn (im Anlassfall) nicht festgestellt habe werden können, dass der Fußboden im Geschäftslokal am Unfalltag einen zu niedrigen Reibungskoeffizienten aufgewiesen habe, sei dem Verletzten der ihm obliegende Beweis des Bestehens einer Gefahrenquelle und damit einer Sorgfaltspflichtverletzung nicht gelungen; eine Pflicht der beklagten Partei den Gegenbeweis zu führen, habe nicht bestanden.
Erst unlängst hat der 10. Senat bei mit den hier vorliegenden Umständen vergleichbarer Sachlage diesen Standpunkt bekräftigt und den Vorwürfen des damaligen Klägers, der im Verkaufslokal verlegte Fliesenboden habe nicht mehr die ursprünglich vorhanden gewesenen Gleit‑ und Rutschwerte aufgewiesen, die damalige beklagte Partei hätte zumindest jährlich die Rutschfestigkeit der Fliesen überprüfen und Abhilfe schaffen müssen, erneut entgegnet, dass dann, wenn nicht einmal feststehe, dass durch die Fliesen überhaupt eine Gefahrenquelle bzw ‑erhöhung vorgelegen hätte und zum Unfalltag kein zu geringer Gleitkoeffizient habe festgestellt werden können, dem Kläger der ihm obliegende Beweis des Bestehens einer Gefahrenquelle und damit einer Sorgfaltspflichtverletzung der beklagten Partei nicht gelungen sei (10 Ob 53/15i).
Auch im vorliegenden Fall hat die Klägerin den Nachweis, dass der Boden gefährlich gewesen wäre, nicht erbracht. Daran hätte auch die Annahme einer von ihr behaupteten Prüfpflicht nach dem Ablauf von zehn Jahren (ein Zeitraum, der hier noch gar nicht verstrichen war) nichts geändert.
4. Die Revision, die auch sonst keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darlegen kann, ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision hingewiesen, womit sich ihr Schriftsatz als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme erweist (vgl RIS‑Justiz RS0035962; RS0035979).
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