European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00239.16B.0524.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 1.205,96 EUR (darin enthalten 200,99 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Beklagte stellt Speicherkachelöfen nach einem eigenen System in Bauserien mit unterschiedlichen Heizleistungen her. Diese Serien werden von akkreditierten Stellen überprüft, zuletzt von einer in Deutschland ansässigen Feuerstättenprüfstelle.
Die Kläger bestellten und erhielten im Jahr 2009 von der Beklagten einen Speicherkachelofen einschließlich Montage und bezahlten dafür 9.500 EUR. Nach dem Inhalt der Auftragsbestätigung wurde dieser Speicherofen für die Übergangszeit oder als Zusatz zu anderen Vollheizungen ausgelegt.
Die Kläger machten die Wandlung des Vertrags geltend und begehrten die Rückzahlung des Kaufpreises für den von der Beklagten gelieferten und montierten Speicherofen sowie den Ersatz der Kosten für dessen Demontage und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Dazu brachten sie vor, der Ofen sei mangelhaft, weil er die ausdrücklich zugesicherte Leistung, dass damit das gesamte Haus ohne Probleme beheizt werden könne, nicht erbringe. Ein Mängelbehebungsversuch im Jänner 2010 sei erfolglos geblieben. Der Speicherkachelofen hätte in Österreich nicht in Verkehr gebracht werden dürfen, weil eine entsprechende Prüfung für das Gerät nicht vorgelegen sei. Es handle sich um einen individuell hergestellten Ofen, dessen Prüfung nach der Norm ÖNORM EN 15544 und nicht auf Basis der ÖNORM EN 15250 vorzunehmen gewesen wäre. Ein Prüfergebnis nach dieser Norm liege nicht vor.
Das Berufungsgericht bestätigte das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichts. Die Bestätigung der Beklagten vom 8. 7. 2013, dass die Abmessungen und die Ausführung des im Haus der Kläger errichteten Speicherofens mit denen des von der Feuerstättenprüfstelle geprüften Ofens der Beklagten übereinstimmten, beruhe auf dem Prüfgutachten samt Prüfbericht dieser Institution vom 13. 12. 2012, sodass der von den Klägern erstmals mit Schriftsatz vom 4. 12. 2012 geltend gemachte Rechtsmangel durch Vorlage der nach der damals geltenden Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (NÖ BO 1996) erforderliche Bestätigung wirksam verbessert worden sei. Da der bei den Klägern eingebaute Speicherofen als Zusatzheizung konzipiert sei, komme § 177 Z 1 lit a Niederösterreichische Bautechnikverordnung (NÖ BTV), nach dem für Zentralheizungen ein Wirkungsgrad von 73 % vorgeschrieben werde, nicht zur Anwendung, weswegen es auch keinen Sachmangel begründe, dass der für den Ofen bei einer Messung vor Ort ermittelte Wirkungsgrad darunter liege.
Die Revision erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil zur Beurteilung der Frage, ob der Nachweis iSd § 59 Abs 4 NÖ BO 1996 auch dann erbracht sei, wenn der Prüfbericht auf Grundlage einer nach den Feststellungen zwar nicht zutreffenden, von der anerkannten Prüfanstalt aber nach einer (ihrer Auffassung nach richtigen) ähnlichen ÖNORM erstellt worden sei.
Die Revision der Kläger ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Kläger stellen nicht in Abrede, dass der von der Beklagten im Laufe des Verfahrens vorgelegte Prüfbericht von einer hierzu befugten Stelle gemäß § 59 Abs 3 NÖ BO 1996 stammt. Sie machen zu der vom Berufungsgericht für erheblich erachteten Frage geltend, dass dieser nicht auf Grundlage der ÖNORM EN 15250 erstellt werden hätte dürfen, sondern die ÖNORM EN 15544 heranzuziehen gewesen wäre, weil es sich nicht um eine fertig montierte Feuerstätte oder eine vom Hersteller bestimmte Einheit aus vorgefertigten Komponenten gehandelt habe, und leiten daraus ab, dass der von ihnen behauptete Rechtsmangel nach wie vor gegeben sei.
2.1 Nach § 59 Abs 2 NÖ BO 1996 durften Kleinfeuerungsanlagen nur in Verkehr gebracht, aufgestellt oder eingebaut werden, wenn sie den in § 58 Abs 2 Z 1 bis 4 NÖ BO 1996 festgelegten Anforderungen entsprachen. Zu deren Nachweis war der Prüfbericht einer hierzu befugten Stelle vorzulegen. Nach Abs 4 des § 59 leg cit galt der Nachweis auch ohne Prüfbericht als erbracht, wenn derjenige, der einen ortsfest gesetzten Ofen oder Herd in Verkehr brachte, in der technischen Dokumentation nach § 58 Abs 2 Z 1 leg cit bestätigt, dass die Abmessungen und die Ausführungen der Teile der Kleinfeuerung, mit denen einer Kleinfeuerung „übereinstimmt“, für die bereits ein Prüfbericht nach Abs 3 vorlag.
2.2 Die Prüfbedingungen (§ 58 Abs 2 Z 3 NÖ BO 1996) wurden von der Landesregierung in der NÖ BTV 1997 geregelt. § 180 Abs 1 Satz 2 dieser Verordnung hielt dazu unter der Überschrift „Allgemeine Prüfbedingungen“ fest, dass das Prüfverfahren und die Prüfbedingungen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen müssen.
2.3 Die Regeln der Technik gehören ausschließlich dem Tatsachenbereich an (vgl 10 Ob 24/09s; 1 Ob 214/16a). ÖNORMEN spiegeln den Stand dieser Regeln zwar wider. Daraus kann aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass (hier:) eine Prüfung, die einer gewissen ÖNORM nicht entspricht, schon allein deswegen den Regeln der Technik nicht genügen würde (vgl 2 Ob 221/08a = RIS‑Justiz RS0062063 [T1]). Die Kläger behaupten auch gar nicht, dass das Prüfverfahren und die Prüfbedingungen, die dem Prüfbericht vom 13. 12. 2012 zugrunde liegen, nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen hätten. Damit kommt der vom Berufungsgericht als erheblich erachteten Frage auch keine Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO zu, zumal dem Obersten Gerichtshof auch keine Leitfunktion bei der Auslegung verwaltungsrechtlicher Materien zukommt (RIS‑Justiz RS0116438; vgl auch RS0123321 [T4; T8]). Die Behauptung der Kläger, die „gesetzliche Vermutung“ des § 59 Abs 3 iVm Abs 4 NÖ BO 1996 könne durch die vom Sachverständigen im Laufe des Verfahrens an Ort und Stelle durchgeführte Messung nachträglich widerlegt werden, findet schon im Wortlaut des Gesetzes keine Deckung.
3.1 Die Revisionswerber weisen grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass der Übernehmer zur Geltendmachung der Wandlung nach § 932 Abs 4 ABGB unter anderem dann berechtigt ist, wenn ihm die primären Gewährleistungsbehelfe (Verbesserung oder Austausch) aus triftigen, in der
Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind (siehe dazu P. Bydlinski in KBB 5 § 932 ABGB Rz 16; Zöchling‑Jud in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.02 § 932 Rz 57). Dazu beschränken sie sich aber lediglich auf die Wiedergabe von in der Literatur behandelten Fällen und legen damit nicht dar, worin konkret solche Gründe in der Person der Beklagten gelegen sein sollen.
3.2 Ein Rechtsmangel ist unbehebbar, wenn feststeht, dass die fehlende Bewilligung nicht nachgetragen werden kann (6 Ob 653/86; RIS-Justiz RS0018730; 10 Ob 192/98b; RS0110820). Die
Wandlung setzt überdies voraus, dass der (Rechts‑)Mangel nicht geringfügig ist,, was nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden kann (RIS‑Justiz RS0119978). Wenn die Kläger ungeachtet dieser Grundsätze meinen, zur Wandlung berechtigt zu sein, weil die Beklagte den Prüfbericht erst erstellen ließ, nachdem die Kläger das Vorliegen dieses (Rechts‑)Mangels im Verfahren geltend gemacht hatten, lassen sie außer Acht, dass das Gesetz selbst einen solchen Nachtrag bei Fehlen eines Prüfberichts ermöglichte (§ 59 Abs 3 NÖ BO 1996 iVm § 44 Abs 11 NÖ BO 1996). Soweit sie sich auf den Standpunkt stellen, die Vorlage des Prüfberichts sei keine taugliche Verbesserung, weil die von der Beklagten später nachgereichte Bestätigung nach § 59 Abs 4 NÖ BO 1996 gefehlt habe, ignorieren sie auf faktischer Ebene die Besonderheit, dass die Beklagte bereits den Prüfbericht nach einem Modell des für sie errichteten Ofens erstellen ließ, was inhaltlich einer solchen Bestätigung nach Abs 4 leg cit durchaus gleichgesetzt werden kann. Ihre übrigen Ausführungen in diesem Zusammenhang übersehen, dass der Prüfbericht aus Dezember 2012 (./11) und die Beilage ./30 inhaltlich übereinstimmen.
4. Eine Leistung ist dann als mangelhaft anzusehen, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem vertraglich Geschuldeten zurückbleibt (RIS‑Justiz RS0018547). Der geschuldete Vertragsgegenstand wird durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt. Der Gegenstand eines Vertrags muss der Natur des Geschäfts oder der geschlossenen Verabredung entsprechend benützt und verwendet werden können (RIS-Justiz RS0114333 [T3]). Bereits die Vorinstanzen haben zutreffend darauf verwiesen, dass die NÖ BTV 1997 keine Regelung über einen Mindestwirkungsgrad für Kleinfeuerungsanlagen, wie den gegenständlichen Speicherkachelofen, enthielt. Auch nach der vertraglichen Vereinbarung wurde ein Mindestwirkungsgrad nicht festgelegt, sondern in der Auftragsbestätigung ausdrücklich festgehalten, dass der Ofen nur für die Übergangszeit oder als Zusatz zu anderen Vollheizungen ausgelegt wurde. Bei dieser Sachlage begründet es daher auch keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn die Vorinstanzen das Vorliegen eines Sachmangels verneinten. Dass die gemäß Art 15a B‑VG geschlossene Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die Einsparung von Energie (BGBl 1995/388; für Niederösterreich kundgemacht in LGBl 8206‑0) ohne Transformation keine Rechtswirkungen gegenüber den Normunterworfenen entfaltet (vgl RIS‑Justiz RS0112551), haben die Kläger ohnedies selbst erkannt.
5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihr die Kosten für die Revisionsbeantwortung zu ersetzen sind.
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