OGH 1Ob23/87

OGH1Ob23/8723.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hoffmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Geza T***, Regisseur, Wien 10., Alaudagasse 19/141/22, vertreten durch Dr. Helmut K***, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** W***, vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 91.576,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16.Februar 1987, GZ 14 R 309/86-72, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 1.September 1986, GZ 40 d Cg 547/82-66, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie bekämpft, daß der Berufung der klagenden Partei nicht Folge gegeben wurde, zurückgewiesen. Im übrigen wird der Revision Folge gegeben, das Urteil des Berufungsgerichtes über die Abweisung eines weiteren Begehrens auf Zahlung des Betrages von S 49.135,-- samt Anhang und im Kostenpunkt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die beklagte Partei errichtete im Zuge der Erbauung ihrer Wohnhausanlage Per Albin Hansson-Siedlung-Ost PKW-"Einstellplätze" in zwei Geschoßen. Das Untergeschoß liegt teilweise unter Niveau. Die Kassettendecke aus Dichtbeton zum zweiten Geschoß wird von Säulen getragen. Das Untergeschoß wird zur Straßenseite durch eine (nicht bis zur Decke reichende) Stützmauer begrenzt. Auf der anderen Seite befindet sich (außerhalb des Bauwerkes liegend) eine Böschung. Das Obergeschoß ist nach allen Seiten frei. Die Baubewilligung wurde mit Bescheid der MA 35 vom 21.4.1969, MA 35-Bg X/3/69, die Benützungsbewilligung im Jahre 1970 erteilt. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Benützungsbewilligung befanden sich in den Hohlräumen der Kassettendecke des Untergeschoßes zum Teil Styroporblöcke (verlorene Schalung), die aus leicht entflammbarem Schaumstoff bestanden. Eine Anordnung, diese Styroporfüllungen vor Erteilung der Benützungsbewilligung zu entfernen, erfolgte nicht. Der Kläger ist Mieter einer Wohnung in der Per Albin Hansson-Siedlung-Ost. Er schloß am 12.1.1971 mit der klagenden Partei einen Vertrag, mit dem er ab 11.1.1971 gegen einen monatlichen Grundzins von S 100,-- den PKW-Abstellplatz XII/10 in der unteren Etage der "Palettengarage" vor den Stiegen 139 und 140 zur Abstellung eines PKWs mietete. In der Nacht vom 7.10 auf den 8.10.1979 hatte der Kläger seinen PKW Marke Audi 80 mit dem polizeilichen Kennzeichen W 588.124 auf dem gemieteten Abstellplatz abgestellt. Neben dem PKW befand sich ein Kleinmotorrad Marke Puch. Dieses geriet aus unbekannter Ursache in Brand. Der Brand breitete sich auf den Abstellplatz des Klägers aus.

Der Kläger begehrt, gestützt auf die Titel der Amtshaftung und des abgeschlossenen Mietvertrages, den Zuspruch des Betrages von S 91.576,-- samt Anhang. An seinem PKW sei Totalschaden entstanden. Im PKW befindliche Gegenstände seien vernichtet worden. Das vom Moped ausgehende Feuer habe deshalb auf das Fahrzeug des Klägers übergreifen können, weil die Tiefgarage mit leicht entflammbarem Material (100 m2 Styropor) ausgelegt gewesen sei. Dies habe unter anderem dem Wiener Garagengesetz widersprochen, das für Wände und Decken feuerbeständige Materialien vorschreibe. Der vom Moped ausgehende Brand habe auf die Decke übergegriffen und sie gleichfalls in Brand gesetzt. Das schmelzende und brennende Styropor sei auf das Fahrzeug des Klägers getropft. Dadurch sei die Heckscheibe zersprungen und auch das Fahrzeug des Klägers in Brand gesetzt worden. Die Benützungsbewilligung hätte nicht erteilt werden dürfen.

Die beklagte Partei wendete ein, ihre Organe träfe kein Verschulden. Es bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem schuldhaften Verhalten und dem eingetretenen Schaden. Bei dem Bauwerk handle es sich nicht um eine Garage im Sinne des Wiener Garagengesetzes, sondern um einen bloßen Einstellplatz. Die Belassung der Styropordämmplatten als verlorene Schalung habe im Zeitpunkt der Benützungsbewilligung weder den Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes noch anderen baupolizeilichen Vorschriften widersprochen. Der Schaden am PKW des Klägers sei durch die primäre Brandquelle verursacht worden. Die Schäden wären genauso eingetreten, wenn sich an der Decke keine Styroporplatten befunden hätten. Aus dem Mietvertrag könne der Kläger die beklagte Partei schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie kein Verschulden träfe. Der Mietvertrag sei nach ordnungsgemäßer Erteilung der Benützungsbewilligung abgeschlossen worden.

Das Erstgericht gab dem Begehren mit dem Betrag von S 49.135,-- samt Anhang statt, das Mehrbegehren einschließlich eines Zinsenmehrbegehrens wies es ab. Es stellte fest, die Flammen hätten das über dem Fahrzeug des Klägers befindliche Styropor in Brand gesetzt. Dieses sei brennend auf den PKW herabgetropft und habe die Heckscheibe zum Zerbersten gebracht. Das brennende und flüssige Styropor sei durch die glasfreie Fläche in das Innere des Fahrzeuges gelangt und habe einen Innenbrand verursacht. Die Frontscheibe des PKWs sei unbeschädigt geblieben. Die Instandsetzung der gesamten Schäden am Klagsfahrzeug, die durch den Brand verursacht worden seien, erfordere einen Betrag von S 59.135,--. Wäre kein Styropor auf das Fahrzeug herabgetropft, hätten nur die Seitenscheiben instandgesetzt und eine Wagenseite lackiert werden müssen. Dies hätte einen Betrag von S 10.000,-- erfordert. Dem Kläger sei jedenfalls der prima facie-Beweis gelungen, daß das herabtropfende Styropor die Heckscheibe zum Zerbersten gebracht und den Innenbrand ausgelöst habe. Da die beklagte Partei keine Beweise angeboten habe, dies zu widerlegen, sei von einem Kausalzusammenhang im Sinne der obigen Feststellungen auszugehen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, Organe der beklagten Partei hätten rechtswidrig und schuldhaft gegen § 104 Abs 1 der Bauordnung für Wien (Wr,BauO) verstoßen. Die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem Bauwerk um einen Einstellplatz oder um eine Garage im Sinne des Wiener Garagengesetzes handle, könne daher dahingestellt bleiben. Die Benützungsbewilligung hätte nicht erteilt werden dürfen. Daraus folge, daß die beklagte Partei für den Ersatz jener Schäden hafte, die nicht eingetreten wären, wenn das Styropor nicht vorhanden gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, der der beklagten Partei aber Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das gesamte Klagebegehren abwies. Die Revision erklärte es für zulässig. Bei dem zu beurteilenden Bauwerk handle es sich nicht um eine Garage, sondern um einen Einstellplatz in zwei Ebenen. Damit könne aber auch die Decke nicht unter die Bestimmung des § 104 Abs 1 Wr.BauO fallen, wäre doch sonst jeder Boden eines Geschoßes eine Dacheindeckung, wenn sich darunter weitere Räume befänden. Während § 7 Wr.GaragenG für die Wände und Decken von Garagen zumindest feuerhemmende Eigenschaft verlange, schreibe der auch für Einstellplätze geltende § 6 Abs 1 Wr.GaragenG für eine solche Anlage unter anderem nur vor, daß eine Gefährdung ihrer Benützer durch Brand nicht zu erwarten sei. Zutreffend weise die beklagte Partei darauf hin, daß darunter jene Ausstattung falle, die im Zusammenhang mit relativ geringfügigen Zündquellen (weggeworfene Zigaretten, Hantieren mit offener Flamme u.ä.) ein rasches Entstehen eines nicht sofort beherrschbaren Brandes befürchten ließen. Nach den Feststellungen sei aber zunächst das Motorrad bzw. der aus dessen Tank ausfließende oder verdampfende Kraftstoff in Brand geraten. Erst nachdem sich dieser Brand derart ausgebreitet hätte, daß sich auch das in über zwei Meter Höhe an der Decke angebrachte Styropor habe entzünden können, sei dieses in den Brandablauf miteinbezogen worden. Unter diesen Umständen sei aber vom Styropor an der Decke keine Brandgefahr im Sinne des § 6 Abs 1 Wr.GaragenG ausgegangen. Die beklagte Partei habe daher durch die Erteilung der uneingeschränkten Benützungsbewilligung keine Vorschriften verletzt, die dem dem Kläger entstandenen Schaden vorbeugen sollten. Ohne daß auf die Beweisrüge, die auch die Annahme der Kausalität zwischen dem Verhalten von Organen der beklagten Partei und dem eingetretenen Schaden im Tatsachenbereich bekämpfte, eingegangen werden müsse, sei daher das gesamte Klagebegehren abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist gemäß § 502 Abs 3 ZPO insoweit unzulässig, als das Berufungsgericht die Abweisung des Begehrens von S 42.441,-- samt Anhang und eines Zinsenmehrbegehrens bestätigte. Im übrigen ist die Revision berechtigt.

Aus einer schuldhaften Verletzung von der Baubehörde obliegenden Pflichten können sich gerade wegen einer darauf zurückzuführenden Minderung der Feuersicherheit Amtshaftungsansprüche ergeben (SZ 53/61; SZ 50/24). Nach dem vorliegenden Sachverhalt war die verlorene Schalung der Kassettenunterdecke nicht Gegenstand der Baubeschreibung und damit der Baubewilligung, wohl aber war sie zum Zeitpunkt der Erteilung der Benützungsbewilligung vorhanden. Einer baubehördlichen Bewilligung im Sinne der §§ 60, 70, 71 der Bauordnung für Wien bedarf gemäß § 3 Abs 1 Wr.GaragenG 1957, LGBlNr. 22 (in der Folge wird immer von dem 1970 maßgeblichen Wortlaut der Bestimmungen ausgegangen), jegliche Bauführung zur Errichtung oder Vergrößerung von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen. Da Ausnahmen nach § 3 Abs 2 und 3 Wr.GaragenG nicht gegeben waren, war die Benützung der Anlage gemäß § 128 Abs 1 Wr.BauO erst nach Erteilung der Benützungsbewilligung erlaubt. Aufgabe der die Benützungsbewilligung erteilenden Organe ist es unter anderem, anläßlich des vorzunehmenden Augenscheines den feuerpolizeilichen Zustand des vollendeten Baues zu überprüfen (§ 128 Abs 3 Wr.BauO). Bei nicht anstandslosem Ergebnisse des Augenscheines ist die Benützungsbewilligung zu versagen oder bedingungsweise zu erteilen. Keinesfalls aber darf die Benützungsbewilligung bedingungsweise erteilt werden, soweit die Bedingungen Maßnahmen betreffen, durch die der einwandfreie gesundheits-, feuer- oder sicherheitspolizeiliche Zustand erst hergestellt werden soll (§ 128 Abs 5 Wr.BauO).

Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne des Wiener Garagengesetzes sind Garagen (Einstellräume) oder Einstellplätze samt den dazugehörigen Nebenanlagen. Garagen (Einstellräume) sind nach der gesetzlichen Definition Räume, die zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind. Einstellplätze sind unbebaute oder mit Schutzdächern versehene, nicht dem öffentlichen Verkehr dienende Flächen, die zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind (§ 2 Abs 3 und 4 Wr.GaragenG). Da, wie bereits dargelegt wurde, jede Bauführung zur Errichtung und Vergrößerung von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen einer Baubewilligung und damit nach Vollendung des Baues einer Benützungsbewilligung bedarf, ist es insoweit irrelevant, ob das genehmigte Bauwerk eine Garage oder ein Einstellplatz ist. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin zu folgen, daß es sich bei dem Bauwerk nicht um eine Garage, sondern um einen Einstellplatz handelt. Das Bauwerk könnte nur dann als Garage beurteilt werden, wenn, wie sich deutlich aus der Bestimmung des § 15 Wr.GaragenG (Regelung über Türen und Fenster) ergibt, ein völlig umschlossener Raum bestünde. Dies war hier nicht der Fall. Nach dem auch für Einstellplätze geltenden § 6 Wr.GaragenG muß aber jede Anlage zum Einstellen von Kraftfahrzeugen u.a. so beschaffen sein, daß eine Gefährdung ihrer Benützer, der Bewohner derselben Liegenschaft oder der Nachbarn durch Brand nicht zu erwarten ist. Es kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger nur Mieter des Kraftfahrzeugeinstellplatzes ist. Es bedarf daher der Prüfung, ob ihm als Mieter überhaupt ein Amtshaftunganspruch gegen die beklagte Partei zustehen kann. Gemäß § 134 Abs 1 und 3 Wr.BauO sind im Bauverfahren nur der Antragsteller (Bauwerber), die Eigentümer (Miteigentümer) der betroffenen Liegenschaften, Personen, denen ein Baurecht zusteht, sowie die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften Partei, letztere zudem nur dann, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im Gesetz festgelegten subjektiven öffentlichen Rechte berühren. Es ist ständige auch vom Verfassungsgerichtshof gebilligte (VfSlg. 5358/1966) Rechtsprechnung des Verwaltungsgerichtshofes, daß dem Mieter im Bauverfahren unter keinen Umständen Parteistellung zukommt; ein Mieter kann daher auch durch einen das Bauverfahren abschließenden Bescheid in seinen subjektiven öffentlichen Rechten nicht verletzt sein; die Existenz subjektiver öffentlicher Rechte eines Beteiligten müßte vielmehr zwingend zur Folge haben, daß einem solchen auch die Stellung einer Partei zukomme. Das subjektive Baurecht erfließt ausschließlich aus dem Eigentum am Baugrund (Krzizek, System des österr. Baurechts II 23, 117). Der Oberste Gerichtshof hat zum Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz und zum Salzburger Raumordnungsgesetz bereits ausgesprochen, daß nur die subjektiven öffentlichen Rechte des Eigentümers bzw. die seiner Rechtsnachfolger geschützt sind, nicht aber die Rechte von Personen, die mit ihnen nur in obligatorischen Rechtsbeziehungen stehen und durch einen behaupteten Eingriff in die subjektiven öffentlichen Rechte des Eigentümers der Liegenschaft gleichfalls einen Schaden erlitten zu haben behaupten; der Mieter könne nur einen mittelbaren, nicht ersatzfähigen Schaden erlitten haben (SZ 55/190). Auch dem Mieter einer Nachbarliegenschaft wurde ein Schadenersatzanspruch aberkannt (SZ 47/140; 1 Ob 37/82; vgl. dazu Krzizek aaO 117 f). Zum Amtshaftungsrecht wird jedoch anerkannt, daß ein subjektives Recht auf Führung der Verwaltung in gesetzmäßiger Weise nicht Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch ist; es reicht aber auch die rechtswidrige schuldhafte Schadenverursachung allein nicht hin, um eine Schadenersatzpflicht des Rechtsträgers auszulösen;

diese tritt vielmehr nur ein, wenn die übertretene Vorschrift gerade auch den Zweck hat, den Geschädigten vor den eingetretenen Nachteilen zu schützen (SZ 57/149; JBl 1984, 373; SZ 55/190 uva;

Loebenstein-Kaniak, AHG2 124 mwN in Rz 121). Der Auffassung Klecatskys, JBl 1981, 115 ff, der eine weitgehende Haftung der Rechtsträger befürwortet und die Auffassung vertritt, daß jegliches objektiv rechtswidrige schadenverursachende Verhalten hinreicht, um einen Amtshaftungsanspruch zu begründen (aaO 117), wurde bereits von Rebhahn (JBl 1981, 512 ff) mit überzeugenden Gründen entgegengetreten; ihr wurde auch vom Obersten Gerichtshof die Gefolgschaft versagt (SZ 55/190; siehe dazu auch Loebenstein-Kaniak aaO 125 f).

Rebhahn hat in seinem Aufsatz (aaO 515) auch die Frage, ob ein Mieter gegen den Hoheitsträger vorgehen kann, wenn ihm die Decke des Hauses, in dem er wohnt, einstürzte, angeschnitten, sie aber nicht beantwortet. Nach der Zielrichtung seines Aufsatzes und den weiteren Beispielen wird man annehmen können, daß er einen solchen Anspruch ablehnt. Der Bundesgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland ist anderer Meinung. Im Sinne seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. zuletzt BGHZ 90, 310, 311 f und BGHZ 89, 1, 5 f, jeweils mwN) wird in der Entscheidung BGHZ 39, 358, 362 ff unterschieden: Dient eine Amtspflicht lediglich dem Schutz der öffentlichen Ordnung, dann kommt Dritten gegenüber eine Haftung für die Verletzung derartiger Amtspflichten auch dann nicht in Betracht, wenn die Amtstätigkeit sie betroffen, insbesondere ihre Belange beeinträchtigt hat. Eine Haftung besteht vielmehr nur dann, wenn die verletzte Amtspflicht dem Beamten gerade Dritten gegenüber oblegen ist. Der Kreis der geschützten Personen bestimmt sich nach dem Zweck, dem die Amtspflicht dient; es genügt, daß die Amtspflicht neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch den Zweck verfolgt, die Interessen einzelner wahrzunehmen, selbst wenn der Betroffene einen Rechtsanspruch auf Vornahme der Amtshandlung nicht hat. Die Erteilung der Baugenehmigung setzt die Prüfung voraus, daß das Bauvorhaben allen öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften entspricht. Diese Prüfung umfaßt die Standsicherheit, ja die Sorge für die Standsicherheit ist eine ihrer wichtigsten Aufgaben, weil mangelhafte Standsicherheit Leben und Gesundheit, die Erhaltung von Sachwerten und die Betriebssicherheit unmittelbar gefährdet. Die Bauüberwachung dient damit der Gefahrenabwendung. Die Bestimmungen über die statische Prüfung der Bauwerke sollen den Gefahren vorbeugen, die der Allgemeinheit durch den Einsturz standunsicherer Bauwerke drohen. Indem diese Bestimmungen und die ihnen entsprechenden Amtspflichten dem Schutz der Allgemeinheit, dem öffentichen Interesse, dienen, schützen sie jedes Glied der Allgemeinheit, das von der Gefahr mangelnder Standsicherheit bedroht wird, also jeden, der als Bewohner, Benutzer, Besucher, als Nachbar oder als Vorübergehender oder Arbeiter zu dem Bauwerk in Beziehung tritt und auf die Standsicherheit vertrauen darf.

Im konkreten Fall handelte es sich nicht um den Anspruch eines Bewohners oder Benutzers des Hauses (und der Anspruch wurde auch aus anderen Gründen abgewiesen), die Entscheidung läßt aber mit Deutlichkeit erkennen, daß es für einen Amtshaftungsanspruch nicht darauf ankommt, ob der Kläger einen Rechtsanspruch auf Vornahme der Amtshandlung hatte; der Schutzzweck der Bauordnungen geht vielmehr weiter und umfaßt alle, die von der mangelnden Standsicherheit des Hauses bedroht sind bzw. als deren Folge geschädigt wurden. Zu den vom Schutzzweck Umfaßten gehören als Bewohner und Benutzer auch die Mieter; und zu schützen sind nicht nur Leben und Gesundheit, sondern auch Sachwerte. Wie weit der Bundesgerichtshof geht, zeigt die Entscheidung BGHZ 69, 128, 135 ff, die unter Bezugnahme auf die dargestellte Rechtsprechung auch einem Reiseunternehmen Ersatz zusprach, das durch den Fluglotsenstreik Schäden erlitten hatte. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird von der deutschen Literatur durchwegs gebilligt (Kreft in BGB-RGRK12 Rz 239 ff; Papier in MünchKomm.2 Rz 193, 200; Soergel-Glaser, BGB11 Rz 176 ff; Schäfer in Staudinger, BGB12 Rz 256 ff, jeweils zu § 839 BGB mwN). Eine Einschränkung wird nur insoweit gemacht, als diejenigen, die infolge ihrer schuldrechtlichen Beziehungen zu einem unmittelbar geschädigten "Dritten" mittelbar in ihren Interessen berührt werden, nicht anspruchsberechtigt sind (vgl. Schäfer aaO Rz 258); gemeint ist aber nur, daß der Kreis der Anspruchsberechtigten nicht beliebig durch rechtsgeschäftliche Abmachungen erweitert werden kann, so daß zB der Bürge, die Versicherung und der Zessionar ausscheiden (Glaser aaO Rz 178 mwN). Der Bewohner (Mieter) eines Miethauses, das zum Zwecke der Vermietung errichtet wurde, kann nicht dazu gehören. Gemäß § 6 Abs 1 Wr.GaragenG muß, wie erwähnt, jede Anlage zum Einstellen von Kraftfahrzeugen so beschaffen sein, daß eine Gefährdung ihrer Benützer durch Brand nicht zu erwarten ist. Gemäß § 67 Abs 1 Wr.BauO ist das Bauvorhaben von der Baubehörde dahin zu überprüfen, ob der geplante Bau den Bestimmungen der Bauordnung, insbesondere auch den Anforderungen der Festigkeit, der Gesundheit und der Feuersicherheit entspricht. Gleiches gilt für die Benützungsbewilligung (§ 128 Wr.BauO). Vom Schutzzweck dieser Bestimmungen sind damit nicht nur diejenigen umfaßt, denen gemäß § 134 Wr.BauO Parteistellung zukommt, sondern ausdrücklich auch die Benützer. Es wird auch ganz allgemein von Gefährdung gesprochen und diese nicht auf Leben und Gesundheit eingeschänkt, so daß der Schutzzweck auch das ensprechend dem Zweck der Benützung eingebrachte Eigentum der Benützer, also auch die eingestellten Kraftfahrzeuge der Mieter, umfaßt. Es ist auch anerkannt, daß die Benützungsbewilligung verhindern soll, daß ein Bau benützt wird, bevor die Benützung gefahrlos erfolgen kann (Mell-Schwiman, Grundriß des Baurechts 358). Diese Rechtslage rechtfertigt es, die von der Entscheidung des Bundesgerichtshofes BGHZ 39, 358 entwickelten Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden (in diesem Sinne Mell-Schwimann aaO 116, die Amtshaftungsansprüche aus der Schädigung durch mangelnde Baukontrolle für Außenstehende, die im Verfahren keine Parteistellung erlangen konnten, anerkennen). Daß zu den Aufgaben der Baupolizei nicht nur der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, sondern auch der Schutz des Eigentums gehört, hebt auch Krzizek (aaO III 45) hervor; seine Einschränkung, daß die Bauordnungen nur unbewegliches fremdes Eigentum schützen wollen, entbehrt aber für einen Fall wie den vorliegenden, in dem ausdrücklich auch die Benützer geschützt sind, die über kein unbewegliches Eigentum verfügen, einer Rechtfertigung. Geschützt ist auch der Personenkreis, gegen den der Eingriff erst später wirksam wird (Glaser aaO Rz 178 mwN).

Der Kläger leitet seinen Anspruch aus einem rechtswidrigen Bescheid ab. Ein Rechtsmittel nach § 2 Abs 2 AHG stand ihm mangels Parteistellung im Bauverfahren - abgesehen davon, daß er während des Bauverfahrens noch nicht einmal Mieter war - nicht zu. Ist die Entscheidung des Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides einer Verwaltungsbehörde abhängig, über die noch keine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, und hält das Gericht den Bescheid für rechtswidrig, so hat es, sofern das Klagebegehren nicht gemäß § 2 Abs 2 AHG abzuweisen ist, die Frage der Rechtswidrigkeit nicht, wie es das Erstgericht getan hat, selbst zu beurteilen, sondern gemäß § 11 Abs 1 AHG das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu begehren. Das bedeutet allerdings nicht, daß das Gericht immer dann, wenn der Kläger seine Klage aus der Rechtswidrigkeit eines Bescheides ableitet, das Verfahren sofort zu unterbrechen hat. Es kann vielmehr zunächst prüfen, ob überhaupt ein Schaden eingetreten ist, ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem allenfalls rechtswidrigen Bescheid und dem eingetretenen Schaden fehlt und ob dem Organ überhaupt ein Verschulden zur Last fallen kann (Loebenstein-Kaniak aaO 240; Hellbling, ÖJZ 1953, 508 f; Fasching, ZPR Rz 2321). Es hat aber auch selbständig zu prüfen, ob Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen, da das Gericht den Verwaltungsgerichtshof nur anrufen muß, wenn es den Bescheid für rechtswidrig "hält", also die Auffassung des Klägers teilt (EvBl 1982/51; Loebenstein-Kaniak aaO 241 f). Das Berufungsgericht hielt den Bescheid der Baubehörde für nicht rechtswidrig. Seine Auffassung, daß unter die Prüfungspflicht der Baubehörde nur jene Ausstattung falle, die im Zusammenhang mit relativ geringfügigen Zündquellen ein rasches Entstehen eines nicht sofort beherrschbaren Brandes befürchten lasse, hält der Oberste Gerichtshof für nicht unbedenklich und daher einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof bedürftig. Die selbständige Prüfung durch das Gericht darf also nicht so weit gehen, daß es auch möglicherweise von weiteren Tatsachenfeststellungen abhängige Grenzfragen, deren Beurteilung in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt, abschließend selbständig als Vorfrage löst. Es ist aber keineswegs ferneliegend, daß die Baubehörde auch Baumaßnahmen zu beanstanden hat, die zwar nicht die Entstehung, aber doch die Ausdehnung eines Brandes erleichtern und deshalb Benützer und ihre Sachen gefährden. Eine Haftung der beklagten Partei kommt allerdings nur in Betracht, wenn die von ihren Organen vertretene Rechtsauffassung bzw. die Nichtbeanstandung der Belassung der Styroporplatten unvertretbar war (vgl. JBl 1986, 728; SZ 56/93; SZ 53/83 uva). Die Frage der Unvertretbarkeit ist zwar eine des Verschuldens (JBl 1985, 171), die vom Gericht zu prüfen ist, aber gerade in einem Fall wie dem vorliegenden läßt sich diese nur dann einwandfrei beurteilen, wenn die maßgebliche Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes bekannt ist.

Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist Sache des Prozeßgerichtes, also des Gerichtes erster Instanz, das allein das Verfahren in einer Weise unterbrechen kann, daß nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes die nun notwendige Erörterung des entstandenen Sachverhaltes stattfinden kann. Der Revision ist also, soweit sie zulässig ist, Folge zu geben. Da das Berufungsgericht die Beweisrüge der beklagten Partei, soweit sie sich auf die Bekämpfung der zur Beurteilung der Kausalität erforderlichen Feststellungen bezog, nicht erledigte, ist es zur Vermeidung eines überflüssigen Instanzenzuges zunächst zweckmäßig, nur dessen Urteil, soweit der Berufung der beklagten Partei Folge gegeben wurde, sowie im Kostenpunkt aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuweisen. Soweit der Kläger in der Revision wieder auf den Rechtsgrund einer Vertragsverletzung zurückkommt, ist ihm zu erwidern, daß ein Verschulden der beklagten Partei, darin, daß sie im Rahmen ihrer Privatwirtschaftsverwaltung nach rechtskräftiger Erteilung der Benützungsbewilligung einen Mietvertrag mit dem Kläger abschloß, nicht zu erblicken ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte