OGH 1Ob23/13h

OGH1Ob23/13h7.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** F*****, vertreten durch Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, gegen die beklagte Partei T***** R*****, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 15.194,45 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 14.638,81 EUR sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 5. November 2012, GZ 1 R 277/12m-43, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 18. Juli 2012, GZ 8 C 810/10a-38, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 978,84 EUR (darin enthalten 163,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhobene Ansprüche sind nach § 55 Abs 1 Z 1 JN nur dann zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Bei der Prüfung der Frage, ob ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang gegeben ist, ist vom Vorbringen der klagenden Partei auszugehen (RIS-Justiz RS0042741; RS0106759).

Der Kläger begehrte in der Klage aus dem Titel „Lieferung/Kaufpreis“ die Zahlung von sechs Teilbeträgen, die addiert 15.994,45 EUR ergaben. Nur einer dieser Ansprüche (der am 31. 3. 2010 verrechnete Betrag von 6.526,40 EUR) überstieg 5.000 EUR. Ansprüche aus einem einheitlichen Lieferungsvertrag stehen in einem rechtlichen (Judikaturnachweise bei Gitschthaler in Fasching 2 I § 55 JN Rz 16), solche auf Leistung der Kaufpreise mehrerer gleichzeitig bestellter Waren in einem tatsächlichen Zusammenhang (Nachweise bei Gitschthaler aaO Rz 20). Über Aufforderung des Erstgerichts teilte der Kläger mit, dass es sich um mehrere verschiedene Warenlieferungen handle und seine Ansprüche in keinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stünden. Damit liegen mehrere Entscheidungsgegenstände vor, die im Hinblick auf die Zulässigkeit der Revision gesondert zu beurteilen sind (vgl RIS-Justiz RS0042741 [T11]). Das Erstgericht sprach die in den Rechnungen vom 28. 2., 31. 3. und 30. 4. 2010 verrechneten Beträge für Warenlieferungen von insgesamt 15.438,31 EUR abzüglich der Zahlung von 800 EUR zu und wies unbekämpft eine an anderen Terminen in Rechnung gestellte Forderung von 555,64 EUR ab. Selbst bei (nicht feststehender) Anrechnung der Zahlung von 800 EUR nur auf den am 31. 3. 2010 in Rechnung gestellten und zugesprochenen Betrag von 6.526,40 EUR würde dieser Anspruch, über den das Berufungsgericht entschied, 5.000 EUR übersteigen. Soweit sie die anderen Forderungen betrifft, ist die Revision des Beklagten nach § 502 Abs 2 ZPO hingegen jedenfalls unzulässig. An der absoluten Unzulässigkeit der Revision ändert der Ausspruch des Berufungsgerichts, das (nachträglich) die Revision zuließ, nichts (vgl RIS-Justiz RS0043025 [T10]).

Soweit es den 5.000 EUR übersteigenden, am 31. 3. 2010 verrechneten Betrag betrifft, ist die Revision entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil sie keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt:

Im Revisionsverfahren ist nur noch strittig, ob die vom Beklagten erhobene Gegenforderung von 15.958,75 EUR berechtigt war. Der Beklagte brachte in erster Instanz dazu vor, der Kläger habe ihm zugesagt, ihm Geräte und Einrichtungsgegenstände für eine Metzgerei zum Selbstkosten- bzw Einkaufspreis zu überlassen. Tatsächlich habe er diese Gegenstände mit einem Aufpreis von 15.958,75 EUR netto weiterverkauft. Nach den Feststellungen des Erstgerichts besprachen die Streitteile, dass der Beklagte vom Kläger erworbene Laden- und Metzgereieinrichtungen um 120.000 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer (144.000 EUR brutto) kaufe. Der Kläger teilte dem Beklagten mit, er verkaufe diese Gegenstände zum selben Preis, um den er sie selbst erworben hatte. Mit Rechnung vom 1. 5. 2008 verrechnete der Kläger dem Beklagten für Geräte, für die er selbst inklusive Installation 39.041,25 EUR netto bezahlt hatte, einen Kaufpreis von 55.000 EUR zuzüglich USt. Der Beklagte beglich die Rechnung.

Aus dem Vorbringen des Beklagten und den Feststellungen des Erstgerichts ergeben sich demnach nur Mitteilungen des Verkäufers über den Weiterverkauf zum Selbstkostenpreis und die dennoch gestellte Forderung eines Aufpreises, nicht aber, welche Auswirkungen diese Erklärungen des Klägers auf die Kaufentscheidung hatten und wie der Beklagte bei Kenntnis des wahren Sachverhalts reagiert hätte. In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht zu diesem Thema aus, der Beklagte habe nicht nachgewiesen, inwieweit die Zusage des Klägers über den Weiterverkauf zum (niedrigeren) Selbstkostenpreis für die Bestimmung des vereinbarten Kaufpreises maßgebend gewesen sei und wie er sich bei Aufklärung über den Aufpreis verhalten hätte. Die Gegenforderung sei deshalb nicht zu berücksichtigen.

In der Rechtsrüge seiner Berufung bekämpfte der Beklagte diese rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und ordnete die Beweislast dem Kläger zu. Eine Verletzung der Anleitungspflicht warf er dem Erstgericht in seinem Rechtsmittel nicht vor. Das Berufungsgericht behandelte die Gegenforderung unter dem Aspekt der Irrtumsanfechtung nach § 871 Abs 1 ABGB und kam zum Ergebnis, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB zum Zeitpunkt der Geltendmachung der Gegenforderung bereits abgelaufen gewesen sei. In seiner Revision sieht der Beklagte den Rechtsgrund für seine Forderung auf Zahlung des verrechneten „Aufpreises“ nur im Schadenersatzrecht und schließt es aus, den Sachverhalt „unter die Irrtumsregeln zu subsumieren“.

Auch bei einer Schadenersatzpflicht des Verkäufers wegen Verletzung von Aufklärungspflichten könnte der Beklagte als Geschädigter jedoch nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Auch bei einer rechtlichen Sonderverbindung zum Schädiger muss der Geschädigte den Eintritt des Schadens, dessen Höhe und den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt behaupten und beweisen (vgl RIS-Justiz RS0022862). Um seine Forderung auf Ersatz des Aufpreises zu rechtfertigen, hätte der Beklagte jedenfalls behaupten und beweisen müssen, dass bei pflichtgemäßem Verhalten des Verkäufers im Kaufvertrag der von diesem tatsächlich aufgewendete Selbstkostenpreis als Kaufpreis vereinbart worden wäre, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte. Davon ist aber weder in seinem erstinstanzlichen Vorbringen noch in seinen Rechtsmittelschriftsätzen die Rede. Das vom Berufungsgericht dem Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision zugrunde gelegte Problem der Verjährung allfälliger Schadenersatzansprüche stellt sich demnach gar nicht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat zwar in der Revisionsbeantwortung nicht auf die (teilweise) absolute Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Er verneinte aber das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und begründete damit die fehlende Zulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels.

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