Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit S 15.783,76 (darin S 2.630,63 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft, deren Zwangsverwaltung am 10. 4. 1997 bewilligt und für die ein Zwangsverwalter ernannt wurde. Mit Beschluss vom 25. 3. 1999 wurde die bewilligte Exekution durch Zwangsverwaltung auf Antrag der betreibenden Partei gemäß § 129 Abs 4 EO eingestellt.
Während aufrechter Zwangsverwaltung haben die Streitteile am 8. 3. 1998 einen Pachtvertrag über den auf der Liegenschaft befindlichen Kfz-Betrieb geschlossen. Das Pachtverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit eingegangen und die Kläger verzichteten für die Dauer von 20 Jahren auf ihr Kündigungsrecht. Gemäß Punkt III. des Pachtvertrags hatten die Beklagten bei Übergabe des Pachtgegenstands "eine Bankgarantie in Höhe von S 120.000 mit einer Geltungsdauer von 10 Jahren ab Abschluss" des Pachtvertrags als Kaution zu erlegen. "Der Pachtvertrag wurde nicht exekutionsgerichtlich bewilligt." Die Erträgnisse aus dem Pachtvertrag wurden vom Zwangsverwalter der Schlussrechnung zu Grunde gelegt.
Mit ihrer am 1. 7. 1999 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrten die Kläger, die Beklagten zur Räumung des Pachtgegenstands schuldig zu erkennen. Der zwischen den Streitteilen geschlossene Pachtvertrag sei nichtig, weil die "nach den Bestimmungen der EO notwendige exekutionsrechtliche Bewilligung" nicht eingeholt worden sei. Abgesehen davon hätten die Beklagten die im Pachtvertrag vereinbarte Bankgarantie nicht erlegt.
Die Beklagten wendeten dagegen ein, sie hätten von einer Zwangsverwaltung der Liegenschaft nichts gewusst, der Vertragsabschluss sei nicht vom Exekutionsgericht zu bewilligen gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die - soweit entscheidungswesentlich - eingangs wiedergegebenen Feststellungen, die es rechtlich dahin beurteilte, dass der Verwalter zur Verpachtung der Liegenschaft oder einzelner Teile derselben gemäß § 111 Abs 1 EO zwar der Genehmigung des Exekutionsgerichts bedürfe, dies jedoch dann nicht der Fall sei, wenn die Liegenschaft kein Grundstück betreffe, das sich zur Land- oder Forstwirtschaft eigne. Da es sich bei dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Pachtvertrag um einen einem Mietvertrag sehr ähnlichen Vertrag handle, bedürfe ein derartiger Vertrag nur der Genehmigung durch den Zwangsverwalter. Diese sei stillschweigend erteilt worden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Die Bestimmungen der §§ 97 ff EO beträfen ausschließlich die Zwangsverwaltung von Liegenschaften. Die Zwangsverwaltung einer Liegenschaft ergreife zwar eine auf dieser Liegenschaft betriebene Landwirtschaft, nicht jedoch einen darauf geführten gewerblichen Betrieb. Auch die Bestimmung des § 111 EO sei nicht auf die Vermietung oder Verpachtung eines auf der zwangsverwalteten Liegenschaft befindlichen Betriebs anzuwenden. Der strittige Pachtvertrag habe nicht eine Liegenschaft, sondern einen Kfz-Betrieb betroffen, der von der Zwangsverwaltung der Liegenschaft nicht umfasst werde. Ein derartiger Vertrag sei nach dem klaren Wortlaut des § 111 EO nicht genehmigungsbedürftig. Der ferner als Vertragsauflösungsgrund geltend gemachte Nichterlag der vereinbarten Kaution verwirkliche keinen gesetzlichen Aufhebungstatbestand im Sinn des § 1118 zweiter Fall ABGB, weil die Kaution nicht unter den Zinsbegriff dieser Bestimmung zu subsumieren sei. Die Nichtzahlung einer Kaution könne daher bei einer Unternehmenspacht nur dann als Vertragsaufhebungsgrund herangezogen werden, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart worden sei. Derartiges sei aber von den Klägern nicht behauptet worden und ergebe sich auch nicht aus dem Inhalt des Pachtvertrags.
Die dagegen erhobene Revision der Kläger ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist festzuhalten, dass das Erstgericht in der Verhandlungstagsatzung vom 4. 10. 1999 (ON 2) die vorliegende Rechtssache mit dem Verfahren 5 C 684/99g des Erstgerichts zur gemeinsamen Verhandlung verband und den letztgenannten Akt als führend bezeichnete. Dieser betraf - soweit ersichtlich - eine durch die Familiennamen des Erst- und des Zweitbeklagten benannte OEG, die im Verhandlungsprotokoll (ON 6) als Drittbeklagte bezeichnet wurde. Ohne dass die Verbindung nach dem Akteninhalt gemäß § 192 Abs 1 ZPO wieder aufgehoben worden wäre, ergingen Erst- und Berufungsurteil nur in dem den Erst- und Zweitbeklagten betreffenden Verfahren (5 C 941/99a). Dieser Umstand wurde von keiner der Parteien gerügt (§ 496 Abs 1 Z 1 ZPO) oder zum Gegenstand eines Ergänzungsantrags (§ 423 ZPO) gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung verbindet ein Vorgehen gemäß § 187 ZPO nur die Verhandlungen, nicht aber die Rechtssachen zu einer Einheit (RIS-Justiz RS0036717). Erkennen Erst- und Berufungsgericht in verbundenen Rechtssachen nur über einen von ihnen, so liegt insoweit ein Endurteil im Sinn des § 390 Abs 2 ZPO vor; dadurch wird die Verbindung auch ohne entsprechenden Beschluss wieder aufgehoben (vgl 6 Ob 787/81).
Der erkennende Senat hat jüngst in seiner Entscheidung 1 Ob 23/01s ausgeführt, der Zwangsverwalter einer Liegenschaft sei im Rahmen der ihm übertragenen Verwaltung berechtigt und verpflichtet, die Verwaltungsrechte des Verpflichteten auszuüben, und der Verpflichtete sei bei Wahrnehmung seiner Rechte aus dem Besitz insoweit behindert, als diese mit dem Recht des Verwalters kollidieren. Dem Verpflichteten sei das Recht zum Gebrauch der eigenen Sache entzogen; es werde vom Zwangsverwalter auf Grund des Gesetzes anstelle des Verpflichteten im Interesse der Gläubiger ausgeübt. Dem Zwangsverwalter komme nicht nur die Einziehung von Einkünften und Erträgnissen zu, sondern er schalte den Verpflichteten in allen Fragen, die mit der Verwaltung zusammenhängen, gleichviel, ob sie nun ordentliche oder außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen betreffen, aus (SZ 34/158). Zu den Verwaltungsagenden gehöre auch die Neuvermietung von Bestandobjekten und die Aufkündigung von Bestandverträgen (5 Ob 303/98i). Allerdings werde der Verpflichtete weder durch die Bewilligung der Zwangsverwaltung noch durch die Einführung des Zwangsverwalters geschäfts- oder prozessunfähig. Er könne auch Verfügungen über den Gegenstand der Zwangsverwaltung selbst treffen, die - im Hinblick auf den Schutzzweck des Verfügungsverbots - nicht ungültig, sondern allenfalls nur gegenüber den Gläubigern im Zwangsverwaltungsverfahren unwirksam seien. Dabei berief sich der erkennende Senat auf die Entscheidungen SZ 28/140, SZ 56/67 und 9 ObA 85/91, die allesamt darin übereinstimmen, dass Verfügungen des Verpflichteten über den Gegenstand der Zwangsverwaltung nur relativ unwirksam seien. In diesem Sinne vertritt auch Angst (in Angst KommzEO § 111 Rz 1) die Auffassung, vom Verpflichteten nach der Übergabe der Liegenschaft an den Zwangsverwalter geschlossene Bestandverträge seien relativ unwirksam. Dies bedeute, dass der Bestandnehmer des Verpflichteten einem Bestandnehmer weichen müsse, der sein Recht aus einem während der Dauer der Zwangsverwaltung mit dem Zwangsverwalter geschlossenen Bestandvertrag ableiten könne, und zwar auch für die Zeit nach der Einstellung der Zwangsverwaltung. Der vom Verpflichteten geschlossene Bestandvertrag werde daher nach der Einstellung der Zwangsverwaltung nur dann voll wirksam, wenn der Zwangsverwalter keinen anderen über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Bestandvertrag abgeschlossen hat. Dieser Rechtsansicht ist in konsequenter Fortführung der dargestellten Rechtsprechung beizupflichten, entspricht sie doch dem allgemeinen Grundsatz, dass die relative Nichtigkeit nur von dem durch diese Norm Geschützten geltend gemacht werden kann (Krejci in Rummel ABGB3 § 879 Rz 249). Der selbst unerlaubt Handelnde soll sich nicht auf die Unerlaubtheit berufen können (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 184).
Das Berufungsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht die Beweis- und Tatsachenrüge der Kläger nicht behandelt, weil das Räumungsbegehren bereits auf Grund des unbekämpft feststehenden Sachverhalts abzuweisen ist. Darauf, ob der Zwangsverwalter stillschweigend seine Zustimmung zum Pachtvertrag erklärt hat und ob dieser dazu gemäß § 111 Abs 1 letzter Satz EO der gerichtlichen Genehmigung bedurft hätte, kommt es nicht an. Ebensowenig ist es von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob von der Zwangsverwaltung auch das verpachtete Unternehmen betroffen war (vgl insbesondere zur Zulässigkeit der gesonderten Exekutionsführung durch Zwangsverwaltung der Liegenschaft einerseits und durch Zwangsverwaltung des auf dieser Liegenschaft betriebenen Unternehmens andererseits 3 Ob 100/84; JBl 1995, 123; ÖBA 1999, 62; Angst aaO § 97 Rz 3). Auf den weiters geltend gemachten Aufhebungsgrund des Nichterlags der Bankgarantie kommen die Revisionswerber in ihrem Rechtsmittel nicht mehr zurück.
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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