Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller hat am 23. 3. 1994 mit der Y***** Gesellschaft mbH einen Hauptmietvertrag über die Wohnung top 15 im Haus *****, abgeschlossen. Die genannte Gesellschaft war damals Mehrheitseigentümerin des Hauses; ihre 1136/1318 Liegenschaftsanteile wurden allerdings aufgrund einer Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung gegen die Gesellschaft in gerichtlichem Auftrag von Mag. Walter S***** zwangsverwaltet. Der diesbezügliche Exekutionsbewilligungsbeschluß des BG Innere Stadt Wien datiert vom 28. 4. 1993, die Übergabe der in Exekution gezogenen Liegenschaftsanteile an den Zwangsverwalter war bereis am 3. 11. 1993 erfolgt. Eine Zustimmung des Zwangsverwalters zum Abschluß des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages ist nicht feststellbar, ebensowenig, daß der Zwangsverwalter dem Antragsteller jemals Mietzinszahlungen vorgeschrieben hätte.
Der Antragsteller behauptet, bei Abschluß des Mietvertrages eine Mietzinsvorauszahlung von S 400.000 für die ca 93 m**2 große Wohnung geleistet zu haben. Der ihm vom 1. 3. 1994 bis 31. 10. 1996 vorgeschriebene Mietzins von S 3.000 monatlich zuzüglich 10 % USt überschreite das gesetzlich zulässige Zinsausmaß. Er hat daher zunächst bei der Schlichtungsstelle der Stadt Wien für den 11. Bezirk, dann gemäß § 40 Abs 1 MRG bei Gericht die Überprüfung des Hauptmietzinses beantragt. Antragsgegner sind die in den Überprüfungszeitraum fallenden Miteigentümer des Hauses *****.
Die Antragsgegner haben die Abweisung des Mietzinsüberprüfungsantrages ua mit der Begründung begehrt, daß der Antragsteller gar nicht Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung sei. Die Y***** Gesellschaft mbH (die mittlerweile nach der Abweisung eines Konkursantrages mangels Vermögens gemäß § 1 AmtsLG aufgelöst wurde) habe nämlich wegen der gerichtlichen Zwangsverwaltung ihrer Liegenschaftsanteile gar nicht rechtswirksam über das Mietobjekt verfügen können.
Auf weiteres Vorbringen der Parteien ist hier nicht einzugehen, weil der Oberste Gerichtshof nur zur Lösung der Rechtsfrage angerufen wurde, ob der Antragsteller Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung geworden ist.
Das Erstgericht gab dem Mietzinsüberprüfungsbegehren des Antragstellers mit hier nicht näher zu erörternden Modifikationen statt. Es vertrat den Rechtsstandpunkt, daß der Antragsteller Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung geworden sei, weil weder die Bewilligung der Zwangsverwaltung noch die Einführung des Zwangsverwalters dem Verpflichteten die Geschäftsfähigkeit nehme. Seine Verfügungen über den Gegenstand der Zwangsverwaltung seien im Hinblick auf den Schutzzweck des Verfügungsverbotes nicht ungültig, sondern allenfalls nur gegenüber den Gläubigern der Zwangsverwaltung relativ unwirksam. Diese relative Unwirksamkeit des verfahrensgegenständlichen Mietvertragsabschlusses könnten die Antragsgegner dem am Zwangsverwaltungsverfahren nicht beteiligten Antragsteller nicht entgegensetzen (infas 1992, A 111). Es bestehe somit ein aufrechtes Mietverhältnis zwischen den Streitteilen; der Antragsteller sei zur Überprüfung des vereinbarten Mietzinses aktiv legitimiert.
Das Rekursgericht wies hingegen das Mietzinsüberprüfungsbegehren des Antragstellers ab. Es verneinte die Aktivlegitimation des Antragstellers aus folgenden Erwägungen:
Gemäß § 99 EO habe sich der Verpflichtete nicht nur jeder Verfügung über die von der Exekution betroffenen Erträgnisse zu enthalten, sondern dürfe sich an der Geschäftsführung des Verwalters gegen dessen Willen nicht beteiligen. Zum Geschäftskreis des Verwalters gehörten gemäß § 109 EO alle zur ordnungsgemäßen und vorteilhaften wirtschaftlichen Benützung der Liegenschaft dienenden Veranstaltungen, die Vornahme aller Rechtshandlungen, die zur Durchführung der Zwangsverwaltung erforderlich sind, und gemäß § 111 EO insbesondere auch der Abschluß neuer Mietverträge (SZ 10/296). Daraus ergebe sich, daß der Abschluß des Mietvertrages durch den Verpflichteten ohne Zustimmung des Zwangsverwalters nicht möglich sei. Der vom Erstgericht vertretenen Ansicht, daß ein vom Verpflichteten ohne Zustimmung des Zwangsverwalters abgeschlossener Mietvertrag nur relativ - gegenüber den Gläubigern der Exekution - unwirksam sei, worauf sich die Antragsgegner gegenüber dem am Exekutionsverfahren nicht beteiligten Antragsteller nicht berufen könnten, sei nicht zu folgen. Auch die Antragsgegner seien am Exekutionsverfahren nicht beteiligt gewesen. Der vom Erstgericht zur Stützung seiner Argumentation angeführten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (infas 1992, A 111) liege ein mit dem gegenständlichen nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde (Auflösung eines Dienstverhältnisses durch den Geschäftsführer eines zwangsverwalteten Unternehmens). Die Rechtsfolgen einer Verletzung des Verbotes des § 99 EO durch den Verpflichteten seien immer von den Umständen des Einzelfalles abhängig (SZ 16/140). Die Annahme einer bloß "relativen Unwirksamkeit" des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages könnte den Zweck der Zwangsverwaltung beeinträchtigen und zu schwerwiegenden rechtlichen "Verwicklungen" führen, wenn zB auch der Zwangsverwalter - berechtigterweise - mit einer anderen Person einen Mietvertrag abschließen würde. Die Annahme einer nur bestimmten Personen gegenüber bestehenden Unwirksamkeit von Mietverträgen sei schon praktisch wegen der tatsächlichen Unvermietbarkeit einer bereits vermieteten Wohnung unhaltbar. Es sei daher geboten, von der Unwirksamkeit des vom Verpflichteten ohne Zustimmung des Zwangsverwalters abgeschlossenen Mietvertrages auszugehen.
Ein nachträglich konkludent zustande gekommener Mietvertrag scheide mangels Mietzinsvorschreibung aus. Daß der Zwangsverwalter dem verfahrensgegenständlichen Mietvertragsabschluß zugestimmt hätte, würde vom Antragsteller nicht einmal behauptet.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 130.000 nicht übersteigt, der Revisionsrekurs jedoch zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage der Wirksamkeit eines vom Verpflichteten nach Einführung des Zwangsverwalters während aufrechter Zwangsverwaltung ohne Zustimmung des Zwangsverwalters abgeschlossenen Mietvertrages und zu den Auswirkungen auf die Antragslegitimation im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.
In seinem Revisionsrekurs beharrt der Antragsteller auf dem Rechtsstandpunkt, Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung zu sein. Bei der Zwangsverwaltung werde dem Verpflichteten nicht die Verfügungsmacht über die Liegenschaft selbst entzogen, sondern nur die Befugnis zur Bewirtschaftung und Benützung der Liegenschaft sowie jene zur Einziehung der Erträgnisse und zur Verfügung hierüber. Dies könne nur so gewertet werden, daß der Verpflichtete durch die Bewilligung der Zwangsverwaltung und die Einführung des Zwangsverwalters weder geschäfts- noch prozeßunfähig wird. Er könne weiterhin selbst Verfügungen über den Gegenstand der Zwangsverwaltung treffen. § 99 Abs 1 EO lasse überdies die Möglichkeit offen, daß sich der Verpflichtete an der Geschäftsführung des Zwangsverwalters beteiligt, soferne dieser nicht ausdrücklich seine Zustimmung verweigert. Hier müsse das Nichttätigwerden des Zwangsverwalters als konkludente Zustimmung zum verfahrensgegenständlichen Mietvertragsabschluß gewertet werden. Zu bedenken sei überdies, daß der Antragsteller einen Mangel der Verfügungsmacht seiner Kontrahentin nicht habe erkennen können. Er sei in seinem guten Glauben an die Verfügungsmacht der Mehrheitseigentümerin des verfahrensgegenständlichen Hauses zu schützen. Schließlich seien durch den Abschluß des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages die Erträgnisse des zwangsverwalteten Hauses gar nicht geschmälert worden, da auch der Zwangsverwalter verpflichtet gewesen wäre, die dem Antragsteller überlassene Wohnung zu ortsüblichen Bedingungen zu vermieten. Es sei somit von der Rechtswirksamkeit des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages auszugehen.
Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den Sachbeschluß des Rekursgerichtes entweder im Sinne einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern oder aber aufzuheben und dem Erstgericht eine neue, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen.
Von der 5. Antragsgegnerin sowie dem 6. Antragsgegner liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den Revisionsrekurs als verspätet bzw unzulässig zurückzuweisen, oder ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs erweist sich als rechtzeitig und aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund auch als zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Die in der Revisionsrekursbeantwortung behauptete Verspätung des Revisionsrekurses ist nicht zu erkennen. Die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde nämlich der Vertreterin des Antragstellers erst am 14. 8. 1998 durch Hinterlegung zugestellt (§ 17 Abs 3 ZustellG); innerhalb der vierwöchigen Rechtsmittelfrist des § 37 Abs 3 Z 17 lit b MRG, nämlich am 10. 9. 1998, wurde dann der Revisionrekurs zur Post gegeben.
In der Sache selbst bringt der Rechtsmittelwerber gegen die zutreffenden Rechtsausführungen des Rekursgerichtes nichts Stichhältiges vor. Der Zwangsverwalter einer Liegenschaft ist innerhalb der ihm übertragenen Verwaltung berechtigt und verpflichtet, die Verwaltungsrechte des Verpflichteten auszuüben, hat also die Verwaltung der Liegenschaft als amtlicher (gesetzlicher) Stellvertreter des Verpflichteten zu führen (SZ 64/183; 3 Ob 35/93). Daß zu diesen Verwaltungsagenden die Neuvermietung von Bestandobjekten und die Aufkündigung von Bestandverträgen gehört, wird vom Rechtsmittelwerber selbst nicht in Frage gestellt (s dazu § 111 EO). Zur Aufkündigung von Bestandverträge im Zuge einer exekutiven Zwangsverwaltung hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen, daß sie rechtswirksam nur durch den Zwangsverwalter erfolgen kann. Da er nicht berechtigt ist, auf seine ihm vom Gericht übertragenen Verwaltungsbefugnisse ganz oder teilweise zu verzichten oder deren Ausübung durch dritte Personen zuzustimmen, würde dem Verpflichteten für eine derartige Rechtshandlung die Verfügungsbefugnis fehlen (vgl MietSlg 18/25; MietSlg 34/29). Ähnliches wurde zur Abtretung (Verpfändung) von Hauptmietzinsen einer zwangsverwalteten Liegenschaft judiziert. Sie kann nach Bewilligung des Vollzugsbeschlusses des Exekutionsgerichtes über die Zwangsverwaltung vom Verpflichteten nicht mehr rechtsgültig vorgenommen werden (3 Ob 54/81). Schließlich hat der Oberste Gerichtshof auch der einstweiligen Verwaltung einer Liegenschaft im Sinne der §§ 158 ff EO bereits die Wirkung zuerkannt, daß der Verpflichtete spätestens ab der Zustellung des Verfügungsverbotes nach § 99 Abs 1 EO keine auch für den Ersteher verbindlichen Bestandverträge mehr abschließen kann. Dies mit der Begründung, daß der Abschluß neuer Bestandverträge gemäß § 109 Abs 2 und 3 EO ausschließlich dem einstweiligen Verwalter obliegt (MietSlg 39.852). Daraus ist auch für den gegenständlichen Fall einer Zwangsverwaltung nach §§ 97 ff EO die Unwirksamkeit des vom Antragsteller mit der Y***** Gesellschaft mbH abgeschlossenen Mietvertrages ableitbar, weil die einstweilige Verwaltung nach §§ 158 ff EO den Regeln der Zwangsverwaltung folgt (§ 159 EO). Eine andere Betrachtungsweise ist auch nicht mit dem Zweck der Zwangsverwaltung begründbar. Der Verpflichtete kann sich wohl mit dem Willen des Zwangsverwalters an dessen Geschäftsführung beteiligen, weil damit die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Verpflichteten genutzt werden können (§ 99 Abs 1 EO), doch bleiben die Verwaltungsbefugnisse, um Zweigleisigkeiten zu vermeiden, allein beim Zwangsverwalter. Nicht vom Willen des Zwangsverwalters getragene Rechtshandlungen des Verpflichteten sind mangels eigener Verfügungsbefugnis rechtsunwirksam. Zu Recht hat schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß es der Zweck der Zwangsverwaltung erfordert, während der Dauer der Zwangsverwaltung nur Verwaltungshandlungen des Zwangsverwalters gelten zu lassen, weil andernfalls unlösbare Verwicklungen entstünden. Angesichts der behaupteten Mietzinsvorauszahlung von S 400.000 kann auch keine Rede davon sein, daß der Mietvertragsabschluß des Antragstellers mit der Y***** Gesellschaft mbH ohne nachteiligen Einfluß auf die Zwangsverwaltungsmasse geblieben wäre. Die Gültigkeit dieses Mietvertrages hätte den Zwangsverwalter auf Jahre hinaus an der Erzielung von Einnahmen für die verfahrensgegenständliche Wohnung gehindert.
Dem Rekursgericht ist daher in der Rechtsansicht zu folgen, daß der Hauptmietvertrag, auf den sich der Antragsteller beruft, nicht rechtswirksam zustande kam. Für eine nachträgliche - konkludente - Genehmigung des Mietvertrages durch den Zwangsverwalter fehlen, wie ebenfalls schon das Rekursgericht ausführte, sowohl im Vorbringen des Antragstellers als auch in den Verfahrensergebnissen verwertbare Anhaltspunkte. Die jetzt im Revisionsrekurs vorgetragenen Argumente unterliegen dem Neuerungsverbot, sodaß gar nicht darauf einzugehen ist, ob sie auch als schlüssig angesehen werden könnten. Schließlich ist dem Rekursgericht darin zu folgen, daß ein Anspruch auf Überprüfung des Hauptmietzinses nur den Parteien eines gültig zustande gekommenen Hauptmietverhältnisses zukommt. Dem Antragsteller fehlt somit die Antragslegitimation.
Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
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