OGH 1Ob2102/96s

OGH1Ob2102/96s4.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Manfred P*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses des Minderjährigen, vertreten durch seinen Vater Alfred P*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 27.Februar 1996, GZ 18 R 19/96-73, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Baden vom 20.Dezember 1995, GZ 3 P 1687/95-70, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen den Aufhebungsbeschluß (Punkt II der Rekursentscheidung) richtet, wird er als jedenfalls unzulässig, sonst hingegen (Punkt I der Rekursentscheidung) mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Text

Begründung

Das Erstgericht enthob die Mutter des Minderjährigen ihrer Unterhaltspflicht mit Ablauf des 31.8.1995. Das Mehrbegehren der Mutter, sie bereits mit Ablauf des 31.7.1995 zu entheben, wies es ab. Weiters verfiel der Antrag des Kindes, die mütterliche Unterhaltsleistung um S 200,-- monatlich zu erhöhen und die Mutter zur Bezahlung von S 4.249,-- als Beitrag zur Anschaffung einer neuen Brille zu verpflichten, der Abweisung.

Das Rekursgericht gab dem vom Minderjährigen dagegen erhobenen Rekurs teilweise Folge. Es erhöhte die von der Mutter zu erbringende Unterhaltsleistung für die Zeit vom 18.5. bis 26.8.1995 auf monatlich S 4.200,- -, setzte den Unterhaltsbeitrag für die Zeit vom 27.8. bis 30.9.1995 auf monatlich S 1.000,-- herab und enthob sie ihrer Unterhaltspflicht (Punkt I der Rekursentscheidung) mit Ablauf des 30.9.1995. Die Abweisung des Antrags auf Zuspruch von S 4.249,-- als Beitrag zur Anschaffung einer neuen Brille hob es auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf (Punkt II der Entscheidung des Rekursgerichts). Der ordentliche Revisionsrekurs zu Punkt I der Entscheidung wurde für nicht zulässig erklärt.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 14 Abs 4 AußStrG ist ein Beschluß, mit dem das Rekursgericht einen Beschluß des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Ein Ausspruch darüber, daß der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß nicht zulässig sei, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Es kann daher auch bei Fehlen eines Ausspruchs über die Zulässigkeit kein außerordentlicher Rekurs an den Obersten Gerichtshof erhoben werden (1 Ob 554/95 mwN; 4 Ob 543/95 uva). Soweit sich der Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Aufhebungsbeschluß richtet, ist er demnach als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

Der gegen Punkt I der angefochtenen Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig. Die Ausführungen, die Mutter hätte wissen müssen, daß sie sich „ein Kind finanziell nicht leisten könne“, und daß die Ansprüche und Bedürfnisse des Minderjährigen immer höher würden und ohne Unterhalt nicht mehr finanzierbar seien, zeigen überhaupt keine Rechtsfrage - schon gar nicht eine solche von erheblicher Bedeutung - auf. Soweit im Rechtsmittel ausgeführt wird, daß die Lehrlingsentschädigung kein Einkommen darstelle, ist der Rechtsmittelwerber darauf zu verweisen, daß er nach den Feststellungen keine Lehrlingsentschädigung, sondern ein Entgelt als Handelsarbeiter bezieht. Im übrigen sind nach ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofs aber auch Lehrlingsentschädigungen als Einkünfte nach § 140 Abs 3 ABGB bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen und stellen Eigeneinkommen des Kindes dar (SZ 63/101; EF 68.549 f uva). Letztlich wird auch mit dem Vorbringen, das Kind könne sich nicht selbst erhalten, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt. Bei einfachen Lebensverhältnissen ist nämlich Selbsterhaltungsfähigkeit bei einem Eigeneinkommen des Kindes in der Höhe des Richtsatzes für Ausgleichszulagen gemäß § 293 Abs 1 lit a/bb und lit b ASVG als Orientierungshilfe anzunehmen (EF 71.514; EF 68.480; SZ 63/101). Daß hier von einfachen Lebensverhältnissen auszugehen ist, ist nicht zu bezweifeln, zumal die Mutter lediglich Karenzgeld bezieht und der Vater nach eigenen Angaben von einer monatlichen Notstandshilfe von etwa S 9.000,-- lebt. Unter diesen Voraussetzungen haben die Vorinstanzen der oberstgerichtlichen Judikatur entsprechend zu Recht die Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen angenommen, weil er mit seinen Einkünften (immerhin knapp S 10.000,-- monatlich) alle Lebensbedürfnisse decken kann (5 Ob 560/94 uva).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte