OGH 1Ob204/06s

OGH1Ob204/06s19.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Norbert D*****, vertreten durch Dr. Anton Krautschneider und Dr. Erich Jungwirth, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 5. April 2006, GZ 38 R 23/06y-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 7. November 2005, GZ 2 C 448/04g-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 945,26 (darin enthalten 128,38 EUR USt und 175 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen vierzehn Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist grundbücherliche Eigentümerin von 91/2096-stel Anteilen an einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr. 3 verbunden ist, überdies von 7/2096-stel und weiteren 7/2096-stel Anteilen (Kfz-Stellplätze Nr 9 und 10). Mit Kaufverträgen vom 10. 4. 2002 verkaufte die Klägerin diese Liegenschaftsanteile an den Beklagten. Der Kaufpreis sollte binnen vierzehn Tagen ab Vertragsunterfertigung beim einvernehmlich bestimmten Treuhänder (einem Rechtsanwalt) erlegt werden. Diesem wurde der einseitig unwiderrufliche Treuhandauftrag erteilt, nach Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts gem. § 24a WEG 1975 aus dem vollständig erlegten Kaufpreis die Lastenfreistellung der Liegenschaftsanteile vorzunehmen und den sodann verbleibenden Restbetrag samt Fruktifikationszinsen (abzüglich Kapitalertragsteuer und Bankspesen) an die Verkäuferin zur Auszahlung zu bringen. Für den Fall, dass der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises länger als vier Wochen in Verzug geriete, war die Verkäuferin berechtigt, unter Setzung einer Nachfrist von vierzehn Tagen mittels eingeschriebenen Briefs vom Vertrag zurückzutreten. Hinsichtlich der auf der Liegenschaft haftenden Pfandrechte wurde vereinbart, dass die Belastungen im Zuge der grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags zur Löschung gelangen und die Anteile lastenfrei übergeben werden sollten. Im Rahmen der Besprechungen wies der Treuhänder den Beklagten darauf hin, dass das Wohnbauprojekt „gefördert" sei, sodass - auch wenn die Wohnung top 3 nicht „gefördert" worden sei - „wie mit einer normalen Förderungsabwicklung" zu rechnen sei. Weiters wurde der Beklagte darüber informiert, dass die Abwicklung „nicht so schnell gehen" werde, da der Abverkauf sämtlicher Wohnungen „nötig" sei. Einen konkreten Zeitrahmen nannte der Treuhänder nicht. Die Finanzierung des Kaufpreises nahm der Beklagte durch eine Bank vor, die den vereinbarten Gesamtkaufpreis beim Treuhänder hinterlegte. Der dem Treuhänder seitens der Bank erteilte Treuhandauftrag enthielt eine Befristung bis zum 16. 1. 2003 und weiters die Bestimmung, dass der überwiesene Betrag zuzüglich der angereiften Zinsen für den Fall der Nichterfüllung der Treuhandbedingungen bis zum 16. 1. 2003 über Aufforderung der Bank unverzüglich rückzuüberweisen sei, außer bei einvernehmlicher Erstreckung dieser Frist über diesen Zeitpunkt hinaus. Nach zweimaliger Fristerstreckung (bis 31. 5. 2003 bzw 30. 11. 2003) verweigerte der Beklagte seine Zustimmung zu einer neuerlichen Verlängerung der Frist durch die Bank. Diese teilte mit, dass eine weitere Fristverlängerung nicht in Frage komme, weswegen der Treuhänder ersucht wurde, bis längstens 15. 3. 2004 die Erfüllung der Treuhandbedingungen nachzuweisen oder die Treuhandvaluta an die Bank rückzuüberweisen. Die Klägerin leitete die Rückstellung des Gesamtkaufpreises, welcher zur Lastenfreistellung verwendet worden war, ein. Am 22. 4. 2004 veranlasste sie die Rücküberweisung des Gesamtkaufpreises an die Bank, indem sie den Kaufpreis an den Treuhänder überwies, der diesen an die Bank weiterleitete. Mit Schreiben vom 18. 5. 2004 wurde der Beklagte aufgefordert, den Kaufpreis binnen einer vierzehntägigen Nachfrist an den Treuhänder zu überweisen; für den Fall des nicht rechtzeitigen Erlags des Kaufpreises erklärte die Klägerin unter einem ihren Rücktritt von den Kaufverträgen. Der Beklagte erlegte den Kaufpreis nicht, sondern erhob unter Hinweis auf bauliche Mängel und anhängige Exekutionsverfahren die „Unsicherheitseinrede" gemäß § 1052 ABGB. Das Erwirken einer Teillöschungserklärung für die vom Beklagten gekauften Liegenschaftsanteile wäre möglich gewesen.

Die Klägerin begehrte die Räumung der ihrer Ansicht nach titellos benützten Wohnung und der Kfz-Stellplätze durch den Beklagten. Dieser habe den Treuhandauftrag vereinbarungswidrig widerrufen und die Verlängerung des von der Bank erteilten Treuhandauftrags vereitelt, weswegen er zum Wiedererlag des Kaufpreises verpflichtet gewesen wäre; allenfalls hätte der Beklagte für eine anderweitige Sicherstellung zu sorgen gehabt. Da beides trotz Nachfristsetzung unterblieben sei, sei der Beklagte mit der Leistung des Kaufpreises in Verzug geraten. Dass das Eigentumsrecht des Beklagten noch nicht lastenfrei einverleibt worden sei, sei auf ein „Förderungspfandrecht" des Landes Wien zurückzuführen, das erst nach Erfüllung sämtlicher Förderungsrichtlinien gelöscht werden könne. Auf diesen Umstand sei der Beklagte von Anfang an hingewiesen worden.

Der Beklagte wendete ein, er habe sämtliche ihm obliegenden Schritte zur Einverleibung seines Eigentumsrechts gesetzt. Dementsprechend befände er sich nicht in Verzug und habe der Klägerin keinen Anlass zum Rücktritt vom Kaufvertrag gegeben. Die Klägerin habe bereits einen unmittelbaren und von keiner weiteren Bedingung abhängigen Anspruch auf Ausfolgung des Kaufpreises erworben, sodass die Voraussetzungen für einen Rücktritt nicht gegeben gewesen wären. Wegen Differenzen mit der Hausverwaltung habe der Beklagte als Voraussetzung für die drittmalige Verlängerung der Treuhandfrist die Umbestellung der Hausverwaltung gefordert. Nachdem auch die in der Wohnung aufgetretenen Baumängel nicht behoben worden seien, habe er der Verlängerung der Treuhandfrist nicht mehr zugestimmt. Die Unsicherheitseinrede habe er deshalb erhoben, weil laut Information des Treuhänders die Sanierungskosten für die Baumängel nicht sichergestellt und gegen die Klägerin insgesamt 36 Exekutionsverfahren anhängig seien.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren statt. Der Beklagte hätte alle Vorkehrungen zu treffen gehabt, um den Widerruf des Treuhandauftrags durch die Bank zu verhindern. Daraus, dass ein Dritter (die Bank) in die Abwicklung eingeschaltet worden sei, könne der Beklagte im Innenverhältnis zur Klägerin keinen Vorteil ziehen. Er wäre zur Belassung des Kaufpreises auf dem Treuhandkonto bis zur Einverleibung seines Eigentumsrechts verpflichtet gewesen. Er habe auf die Bank nicht im Sinne der Verhinderung der Rückforderung eingewirkt und dadurch wider Treu und Glauben gehandelt. Wenngleich er den Kaufpreis ursprünglich fristgerecht erlegt habe, sei er infolge des vereinbarungswidrigen einseitigen Widerrufs des Treuhandauftrags und der daraus resultierenden Rücküberweisung des Kaufpreises mit dessen Zahlung in Verzug geraten. Der unter Nachfristsetzung erfolgte Rücktritt der Klägerin sei wirksam. Die Unsicherheitseinrede komme nicht zum Tragen, da der Beklagte nicht berechtigt sei, eine bereits erbrachte Vorausleistung zurückzufordern.

Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es das Räumungsbegehren abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit Beschluss vom 12. 7. 2006, GZ 38 R 23/06y-31, berichtigte es den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands dahin, dass dieser 20.000 EUR übersteige. Die Rücküberweisung des Kaufpreises an die Bank führe mangels entsprechender Vereinbarung zwischen den Streitteilen nicht zu einem Wiederaufleben der Kaufpreisforderung. Die Klägerin sei nicht berechtigt, den Kaufpreis neuerlich zu fordern; ihr Rücktritt sei zu Unrecht erfolgt. Die Kaufverträge seien nach wie vor aufrecht, zumal der Beklagte durch die Unsicherheitseinrede zu erkennen gegeben habe, dass er mit deren einvernehmlichen Auflösung nicht einverstanden sei. Der Beklagte sei zur Benützung der Liegenschaftsanteile weiterhin berechtigt.

Die Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Rechtsmittelzulässigkeit:

Bei Räumungsklagen, die auf titellose Benützung gestützt sind, ist eine Bewertung durch die Klägerin vorzunehmen (MietSlg 43.438). Diese Bewertung unterblieb, weil die Klägerin nur den Streitwert nach „GGG" und „RATG" beziffert und somit nur auf die bindenden einschlägigen Bemessungsgrundlagen für die Rechtsanwalts- und die Gerichtsgebühren gemäß § 10 Z 2 lit a RATG und nach § 16 Abs 1 Z 1 lit c GGG hingewiesen hat, ohne den Wert des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstands gemäß § 56 Abs 2 JN anzugeben. In einem solchen Fall gilt gemäß § 56 Abs 2 dritter Satz JN der Betrag von 4.000 EUR als Streitwert (vgl RIS-Justiz RS0042434). Auch in letzterer Norm ist keine den Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz zwingend determinierende Bewertungsvorschrift zu sehen, wird sie doch in § 500 Abs 3 ZPO nicht erwähnt (1 Ob 290/04k; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 Rz 155; Kodek in Rechberger, ZPO² § 500 Rz 3). Demzufolge bestand für die zweite Instanz kein Hindernis, in der Berufungsentscheidung - für den Obersten Gerichtshof bindend - auszusprechen, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 EUR. Der Meinung des Beklagten, die Revision sei absolut unzulässig, ist daher nicht zu folgen.

2. Zur Frage der Einmaligkeit des Rechtsmittels:

Klar ergab sich aus dem ursprünglichen Bewertungsausspruch nur, dass das Berufungsgericht den Entscheidungsgegenstand jedenfalls mit 4.000 EUR übersteigend bewerten wollte. Unklar blieb hingegen, ob bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstands mit 10.000 EUR ein Schreibfehler unterlaufen und „20.000 EUR" gemeint war. Somit ergab sich der eigentliche Entscheidungswille des Berufungsgerichts erst aus der Urteilsberichtigung. Da die Parteien keine Mutmaßungen über den eigentlichen Entscheidungswillen des Berufungsgerichts anstellen müssen, durfte die Klägerin ihre - vorerst - gegen das unberichtigte Berufungsurteil erhobene Revision dem berichtigten Urteil anpassen und ihr Rechtsmittel durch einen weiteren Schriftsatz ergänzen. Die beiden Schriftsätze sind dann als Einheit aufzufassen (1 Ob 59/02m mwN). Die Einbringung der „zweiten" Revision bzw des „aufgetragenen Schriftsatzes" widerspricht daher nicht dem Grundsatz der Einmaligkeit der Rechtsmittelhandlung (allgemein hiezu Gitschthaler in Rechberger aaO § 85 Rz 21; Kodek aaO Vor § 461 Rz 12; je mN aus der Rechtsprechung).

3. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund besteht nicht. Ausgehend vom „Zweifelsstreitwert" gemäß § 56 Abs 2 dritter Satz JN in Höhe von 4.000 EUR kommt § 501 ZPO nicht zur Anwendung. Dass die Klägerin - wie sie vorbringt - (irrtümlich) doch von der Anwendbarkeit des § 501 ZPO ausging, vermag keine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO zu begründen.

4. Richtig ist, dass sich im erstgerichtlichen Urteil die Feststellung findet, der gesamte Kaufpreis sei „zur Lastenfreistellung verwendet" worden und „wurde seitens der klagenden Partei die Rückstellung des Betrages von der finanzierenden Bank eingeleitet und in weiterer Folge ... an die ... Bank rücküberwiesen", das Berufungsgericht aber (ohne Beweiswiederholung) von der Feststellung ausging, es wäre „nach Lastenfreistellung" noch ein Kaufpreisrest verblieben. Nicht aufgezeigt wird aber die Wesentlichkeit dieser Abweichung, legte doch auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde, dass jedenfalls eine Löschungserklärung hinsichtlich der vom Beklagten erworbenen Liegenschaftsanteile niemals ausgestellt wurde und der Treuhänder - nachdem der ihm von der Bank befristet erteilte Treuhandauftrag zweimal verlängert worden war, ohne dass die Klägerin eine Löschungserklärung erwirkte - letztendlich einen dem gesamten Kaufpreis entsprechenden Betrag an die finanzierende Bank rücküberwiesen hat. Mangels Entscheidungserheblichkeit liegt weder ein Mangel des Berufungsverfahrens (auch kein Verstoß gegen § 473a ZPO), noch eine (relevante) Aktenwidrigkeit vor.

5. Die als Vorfrage für die Berechtigung des Räumungsbegehrens zu prüfende Wirksamkeit der Rücktrittserklärung der Klägerin setzt voraus, dass der Beklagte mit der Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung in Verzug geraten ist, während sich die Klägerin vertragstreu verhalten hat (Binder/Reidinger in Schwimann3, § 918 ABGB Rz 19). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es sei für die Klägerin kein Rücktrittsgrund vorgelegen, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt:

Nicht nur der Käufer und die Verkäuferin waren Treugeber, sondern es bestand ein weiteres Treuhandverhältnis deren Treuhänders zur die Zahlung an die Verkäuferin leistenden Bank. Innerhalb einer mit deren Vertragspartner (= Käufer) vereinbarten Zeitspanne (nämlich bis 16. 1. 2003) sollten bestimmte Treuhandbedingungen erfüllt sein. Der von der Bank (weisungsgemäß) erteilte Treuhandauftrag an den Treuhänder beider Parteien war somit befristet. Trotz zweimaliger einvernehmlicher Verlängerung der Frist waren die Bedingungen für die Ausfolgung des treuhändig verwalteten Geldbetrags nicht eingetreten, weshalb der Treuhänder zur Rücküberweisung des Betrags an seinen Treugeber (= die Bank) verpflichtet war.

Geht man vor diesem Hintergrund auf das zwischen den Streitteilen bestehende Vertragsverhältnis ein, so ergibt sich: Im Kaufvertrag vom 10. 4. 2002 wurde die Verpflichtung der Klägerin zur Lastenfreistellung klargestellt, ohne dass ein Zeitpunkt, bis zu welchem spätestens die Lastenfreistellung zu erwirken wäre, vereinbart wurde. Der Beklagte verpflichtete sich, den Kaufpreis binnen vierzehn Tagen ab Vertragsunterfertigung beim Treuhänder (Anwalt) zum Erlag zu bringen, welcher Verpflichtung er vorerst auch nachkam. Er sorgte aber nicht dafür, dass die Kaufsumme bis zur vollständigen Vertragsabwicklung beim Treuhänder (Anwalt) verblieb. Noch bevor die Lastenfreistellung bewirkt und die Löschungserklärungen ausgestellt waren, war er damit einverstanden, dass die den Kauf finanzierende Bank in Entsprechung des von ihr dem Treuhänder (= Anwalt) befristet erteilten Treuhandauftrags den Kaufpreis rücküberwiesen erhielt. Damit verstieß er gegen seine gegenüber der Klägerin eingegangene vertragliche Verpflichtung zum einseitig unwiderruflichen Erlag des Kaufpreises (Blg ./5). Der selbst in Vertragswidrigkeiten verstrickte Vertragspartner kann sich auf die Unsicherheitseinrede nach § 1052 ABGB nicht berufen (Binder in Schwimann aaO § 1052 Rz 87), sodass er in Verzug geriet. Dies führt dazu, dass die Klägerin nach Ablauf der 14-tägigen Nachfrist berechtigterweise ihr vertraglich festgelegtes Rücktrittsrecht ausüben konnte. Die Wirksamkeit ihrer Rücktrittserklärung hat den Wegfall des Kaufvertrags zur Folge, der bis dahin die Rechtsgrundlage dafür abgab, dass der Beklagte die Wohnung und die Stellplätze benützen konnte.

Sollte der Beklagte der Meinung gewesen sein, die Verkäuferin befinde sich nach Ablauf von fast zwei Jahren seit Kaufvertragsabschluss mit der Lastenfreistellung in Verzug, weil sie diese nicht - entsprechend § 904 ABGB - in angemessener Frist und ohne unnötigen Verzug erwirkt habe (siehe RdW 2004, 271), so wäre es ihm freigestanden, selbst den Rücktritt zu erklären oder die Verkäuferin auf Zuhaltung des Vertrags, also auf Ausstellung der Löschungserklärung zu klagen. Ein solcher Verzug ist aber aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht ableitbar, war doch der Beklagte davon informiert, dass die gesamte Abwicklung „nicht so schnell gehen" werde und der Abverkauf sämtlicher Wohnungen Voraussetzung für die Löschung der Pfandrechte sei.

Der Revision ist deshalb Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kosten des Revisionsverfahrens waren allerdings nur auf Basis der oben schon zitierten Bestimmungen des RATG bzw GGG zuzuerkennen. Die beiden Revisionsschriftsätze sind als Einheit aufzufassen (1 Ob 59/02m mwN) und demgemäß auch nur einmalig zu honorieren.

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