Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.005,69 EUR (darin 167,61 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung je zur Hälfte binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Streitteile begründeten mit Vereinbarung vom 18. 3. 2002 in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Jagdgesellschaft, die für die Dauer der Pacht einer Gemeindejagd (vom 1. 4. 2004 bis 31. 3. 2013) bestehen sollte. Zum Obmann der Jagdgesellschaft wurde der Erstbeklagte gewählt. Die beiden Kläger erlegten am 26. 11. 2008 insgesamt drei Stück Rehwild, wobei nicht feststellbar ist, welcher von ihnen ein Tier und welcher zwei Tiere erlegt hat. Der Erstkläger übernahm es - auch weil der Zweitkläger das Haus seiner Jagdgenossen nicht mehr betreten wollte -, zwei Tiere (ohne Kopf und Innereien) dem Erstbeklagten zum Zwecke der Wildbeschau vorzulegen. Obwohl gegenüber Familienmitgliedern des Erstbeklagten von einem Geißkitz und einem Bockkitz die Rede war, legte der Erstkläger die Körper von zwei weiblichen Rehen vor, was auch dem Erstbeklagten auffiel. Am 2. 12. 2008 gab der Zweitkläger gegenüber dem Bezirksjägermeister an, er habe am (richtig:) 26. 11. 2008 irrtümlich anstelle eines Bockkitzes einen Bockjährling erlegt, obwohl ein solcher Abschuss nicht zulässig gewesen wäre; er bedaure den Fehlabschuss. Das deswegen gegen den Zweitkläger eingeleitete Disziplinarverfahren der Steirischen Landesjägerschaft wurde schließlich mit Erkenntnis des Berufungssenats vom 14. 10. 2010 eingestellt; der Erstbeklagte hatte vom Inhalt der Selbstanzeige aufgrund einer nach deren Erstattung vom Bezirksjägermeister anberaumten Aussprache mit der Jagdgesellschaft erfahren. Ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Zweitkläger wurde mit Erkenntnis des UVS für die Steiermark vom 19. 2. 2010 eingestellt, weil nicht mehr festgestellt habe werden können, ob es sich tatsächlich um einen „Jährling“ oder allenfalls doch um ein starkes Bockkitz gehandelt hatte.
Nach § 10 des Gesellschaftsvertrags treten die Mitglieder der Jagdgesellschaft nach Maßgabe des Bedürfnisses, jedenfalls aber vor Beginn der Hauptjagden und nach Schluss des Rechnungsjahres zu einer Sitzung zusammen, wobei die Einberufung durch den Obmann zu erfolgen hat. Mit Schreiben vom 13. 5. 2009 lud der Erstbeklagte sämtliche Gesellschafter schriftlich zu einer Jagdsitzung am 27. 5. 2009 ein, wobei die Einladung unter anderem das Thema „§ 7, (§ 14, § 17) des Gesellschaftsvertrags (P***** F*****, K*****)“ enthielt. Im § 7 wird etwa geregelt, dass die Jagdgesellschaft berechtigt bzw verpflichtet ist, mit Sitzungsbeschluss Gesellschaftsmitglieder aus wichtigen Gründen vorübergehend von der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte oder aus der Jagdgesellschaft überhaupt auszuschließen. Tatsächlich fand die Sitzung schließlich am 31. 5. 2009 statt, in Anwesenheit aller Gesellschafter wurde der Vorfall vom 26. 11. 2008 thematisiert. Nachdem die Differenzen nicht ausgeräumt werden konnten, wurde über Betreiben der Erst- bis Drittbeklagten beschlossen, dass der Erstkläger befristet bis 30. 6. 2011 und der Zweitkläger gänzlich aus der Jagdgesellschaft ausgeschlossen werden. Der Viertbeklagte stimmte jeweils nicht für den Ausschluss. Im Zeitraum zwischen dem Vorfall am 26. 11. 2008 und dem Sitzungstag hatte keine Aussprache zwischen den (richtig:) Beklagten und den Klägern stattgefunden. In der Familie der Erst- bis Drittbeklagten wollte man abwarten und sich hinsichtlich des weiteren Vorgehens besprechen. Die Sitzung fand schließlich noch während des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens statt.
Die Kläger begehrten nun die Feststellung, dass der Beschluss über ihren Ausschluss aus der Jagdgesellschaft rechtsunwirksam sei und die Beklagten schuldig seien, die Ausübung der Jagd durch die Kläger zu dulden. Die Kläger hätten durch die Vorfälle am 26. 11. 2008 keineswegs Verfehlungen gesetzt, die die ausgesprochenen Sanktionen rechtfertigen könnten. Der Erstkläger habe sich überhaupt nichts zuschulden kommen lassen, der Zweitkläger habe allenfalls - sollte tatsächlich ein Fehlabschuss vorliegen - fahrlässig gehandelt. Bei der Beschlussfassung sei insbesondere das Einstimmigkeitserfordernis des § 1210 ABGB nicht eingehalten worden. Überdies sei der Ausschluss verfristet ausgesprochen worden, da seit dem Vorfall erhebliche Zeit verstrichen sei. Die Beklagten hätten sich hinsichtlich der behaupteten Verfehlungen der Kläger verschwiegen, weil sie nicht sogleich eine Jahreshauptversammlung anberaumt hätten; eine solche hätte durchaus auch um die Jahreswende durchgeführt werden können. Nachdem die zeitliche Befristung des Ausschlusses des Erstklägers abgelaufen war, schränkte er sein Duldungsbegehren auf Kosten ein und modifizierte das Feststellungsbegehren dahin, dass der (zeitliche) Ausschluss rechtsunwirksam gewesen sei. Sein Feststellungsinteresse sei gegeben, weil es für ihn wichtig sei, keinerlei jagdliche Übertretungen verantworten zu müssen, zumal solche im Falle eines weiteren Ausschlussverfahrens von Bedeutung sein könnten. Es sei für ihn daher von erheblichem Interesse, „jagdrechtlich unbescholten“ zu sein.
Die Beklagten wandten zur behaupteten Verfristung ein, es sei bis zum Ausschluss versucht worden, den Konflikt anderweitig zu klären. Es sei der Gesellschaft vorbehalten, wann sie über die Ausschlussgründe der Mitglieder entscheiden wolle, wobei im vorliegenden Fall die Beendigung des gegen den Zweitkläger anhängigen Disziplinarverfahrens abgewartet worden sei. Das Feststellungsinteresse des Erstklägers wurde mit dem Argument bestritten, er könne seit 1. 7. 2011 uneingeschränkt die Jagd im Revier der Jagdgesellschaft ausüben.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Der Erstkläger habe am 26. 11. 2008 anlässlich der Ablieferung von zwei weiblichen Rehen falsche Angaben gemacht und bei der Verschleierung eines Abschusses des Zweitklägers mitgewirkt. Der Ausschluss für eine Dauer von zwei Jahren sei gerade noch angemessen, zumal er sich bis zuletzt nicht schuldeinsichtig gezeigt habe. Der Zweitkläger habe überhaupt die wahren Abschüsse verschleiern wollen und durch sein Verhalten das ohnehin schon vorbelastete Vertrauensverhältnis zu den übrigen Gesellschaftern endgültig zerstört. Er habe die Unwahrheit über die getätigten Abschüsse gesagt und sei nicht bereit gewesen, diese Unwahrheit auszuräumen. Eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Zweitbeklagten sei der Mehrheit der übrigen Gesellschafter nicht zumutbar. Auch wenn ein Ausschluss grundsätzlich rechtzeitig erfolgen müsse, komme es doch nur dann zu einem Verlust des Ausschlussrechts, wenn nach den gesamten Verhältnissen der Schluss gezogen werden müsse, dass die an sich bestehende Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses letztlich nicht oder nicht mehr als solche empfunden werde. Bei Berücksichtigung aller Umstände und des Verhaltens der einzelnen Gesellschafter nach dem Vorfall vom 26. 11. 2008 könne keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass der Ausschluss in diesem Sinne verfristet wäre. Den Beklagten sei zuzubilligen gewesen, dass sie eine gewisse Zeit zuwarten, sei doch auch das Strafverfahren anhängig gemacht worden.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung ab, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und die ordentliche Revision zulässig sei. Den Klägern sei zuzustimmen, dass ein wirksamer Ausschluss dessen rechtzeitige Erklärung voraussetzt, weil sonst an der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Rechtsverhältnisses zu zweifeln sei. Mit einer Ausschließung dürfe bei sonstigem Verlust des Ausschließungsrechts daher nicht allzu lange zugewartet werden. Nach einer angemessenen Überlegungsfrist sei zeitnah zum Anlass zu befinden. Den Beklagten sei die von den Klägern gesetzte Täuschungshandlung bereits am 26. 11. 2008 bekannt gewesen. Sie hätten von der Selbstanzeige des Zweitbeklagten im Rahmen eines Gesprächs beim Bezirksjäger erfahren und daher spätestens zu diesem Zeitpunkt Gewissheit über die von den Klägern gesetzte Täuschungshandlung gehabt. Auch bei einer gewissen Überlegungsfrist könne nicht von einem rechtzeitigen Ausschluss ausgegangen werden. Eine rechtzeitige Erklärung hätte vielmehr vorausgesetzt, dass diese jedenfalls vor Beginn der „Jagdsaison“ am 1. 5. erfolgt, zumal hiefür ein ausreichender Überlegungszeitraum von mehreren Monaten zur Verfügung gestanden wäre und nach dem Gesellschaftsvertrag die Mitglieder der Jagdgesellschaft ohnehin „jedenfalls vor Beginn der Hauptjagden“ zu einer Sitzung zusammenzutreten gehabt hätten. Dafür, dass die Beklagten eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht (mehr) empfunden hätten, spreche auch der Umstand, dass sie die Kläger über diesen Vorfall nicht mehr angesprochen hätten. An der Verspätung des Ausschlusses vermöge auch der Einwand der Beklagten, sie hätten vorerst das Strafverfahren und das Disziplinarverfahren abwarten wollen, nichts zu ändern, zumal in diesen Verfahren nicht über die Täuschungshandlung gegenüber den Mitgesellschaftern befunden worden sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Rechtzeitigkeit einer Ausschlusserklärung nicht auffindbar sei und der Frage, ob eine nach Beginn der Hauptjagdsaison erfolgte Ausschlusserklärung als verfristet anzusehen ist, wenn zuvor ein ausreichender Überlegungszeitraum vorhanden war, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision ist mangels Abhängigkeit der Entscheidung von einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, kommt der Ausschluss eines Mitglieds aus der Gesellschaft (bürgerlichen Rechts) nur als letztes Mittel zum Schutz der Rechte der übrigen Gesellschafter in Betracht (RIS-Justiz RS0022244), was ein ganz erhebliches Fehlverhalten des Gesellschafters voraussetzt. In der Regel ist daher auch eine rechtzeitige Beschlussfassung über das Vorliegen allfälliger Ausschlussgründe geboten (vgl 8 Ob 90/08f). Je mehr Zeit verstreicht, desto weniger kann Unzumutbarkeit der Fortführung der Gesellschaft mit dem betreffenden Gesellschafter angenommen werden (s nur Riedler in KBB3 § 1210 ABGB Rz 1). Eine Verwirkung des Ausschlussgrundes ist insbesondere anzunehmen, wenn nach den gesamten Verhältnissen der Schluss gezogen werden muss, dass die an sich bestehende Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses letztlich nicht oder nicht mehr als solche empfunden wird (Jabornegg/Resch in Schwimann 3 § 1210 ABGB Rz 12). Daran, dass ein Gesellschafterausschluss in diesem Sinne „rechtzeitig“ ab Kenntnis der übrigen Gesellschafter vom Ausschlussgrund zu erfolgen hat, zweifeln auch die Revisionswerber nicht.
Ob nun ein rechtzeitiger Ausschluss ausgesprochen wurde, kann stets nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, weshalb regelmäßig eine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen ist. Eine grobe Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Die Beklagten haben dem Vorwurf eines verspäteten Ausschlusses nur entgegengehalten, sie hätten versucht, den Konflikt anderweitig zu klären bzw sie hätten die Beendigung des gegen den Zweitkläger anhängigen Disziplinarverfahrens abgewartet. Beides hat sich als unzutreffend erwiesen, wurde doch festgestellt, dass es zwischen dem Vorfall vom 26. 11. 2008 und den Beschluss vom 31. 5. 2009 zu keinen Aussprachen zwischen den Streitteilen gekommen ist; die Erst- bis Drittbeklagten hätten lediglich abwarten und sich hinsichtlich des weiteren Vorgehens besprechen wollen. Schließlich wurde auch nicht der Abschluss des Disziplinarverfahrens abgewartet, endete dieses doch erst mit dem Erkenntnis des Berufungssenats der Steirischen Landesjägerschaft vom 14. 10. 2010.
Der Vollständigkeit ist noch darauf hinzuweisen, dass der Ausschluss eines Gesellschafters nach § 1210 ABGB Einstimmigkeit aller übrigen Gesellschafter voraussetzt (RIS-Justiz RS0022281), im vorliegenden Fall aber der Viertbeklagte nicht für den Ausschluss der Kläger stimmte.
Zu Unrecht ziehen die Revisionswerber auch das rechtliche Interesse des Erstklägers an der begehrten Feststellung, dass der zeitliche Ausschluss unwirksam gewesen sei, in Zweifel. Vielmehr ist der vom Erstkläger schon im erstinstanzlichen Verfahren gegebenen Begründung zu folgen, dass ein nicht beseitigter zeitlicher Ausschluss ihm Nachteile im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses bringen könnte, wenn es allenfalls in Zukunft zu einem neuerlichen Ausschlussverfahren gegen ihn kommen würde. Ihm ist daher durchaus zuzugestehen, gerichtlich klären zu lassen, ob der Beschluss über seinen zeitlichen Ausschluss rechtmäßig zustandegekommen und damit wirksam geworden ist. Wenn die Revisionswerber argumentieren, dass auch ein klagestattgebendes Urteil für den Erstkläger keinen Vorteil brächte, hätte doch auch das Berufungsgericht sein jagdliches Fehlverhalten bejaht und den Ausschluss lediglich als verfristet beurteilt, ist ihnen entgegenzuhalten, dass sich das Berufungsgericht wegen der Verfristung des Ausschlusses mit seiner allfälligen materiellen Berechtigung nicht näher auseinanderzusetzen hatte und dies auch tatsächlich nicht getan hat. Vielmehr hat es den Beschluss über den Ausschluss als unwirksam erachtet, womit sich Fragen nach dem Vorliegen allfälliger Ausschlussgründe gar nicht mehr stellten.
Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1, § 46 Abs 2 und § 41 Abs 1 ZPO. Die Kläger haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, womit sich ihr Schriftsatz als zweckmäßige Rechtsverfolgungsmaßnahme erweist.
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