Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses (hievon S 514,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Im Zuge der Neuerrichtung der Murtal-Schnellstraße S 36, Abschnitt Preg-Knittelfeld, waren eine Verlegung des Murbettes und verschiedene Änderungen am Murufer zwischen Flußkilometer 206 bis 208 notwendig. Fischereiberechtigt in der Mur von Raßnitz bei Knittelfeld bis Preg sind Dipl.Ing. Robert und Ursula H***. Ihr Vertreter gab in dem vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung eingeleiteten Verwaltungsverfahren am 12. und 13.10.1982 folgende Erklärung ab:
"Für das geplante Projekt wird angenommen, daß alle baulichen Maßnahmen, die in der Mur im Zuge der Verwirklichung dieses Straßenprojektes durchgeführt werden, fischereifreundlich ausgeführt werden. Das heißt, daß während der Bauzeit keine Schadstoffe in das Murwasser hineinkommen, wie etwa Kalk, Zement, Zementmilch, Kalkmilch, Öle und Fette. Sollte dies dennoch durch menschliches Versagen passieren, wäre dieser Schaden zu ersetzen. Es wird höflich ersucht, daß die Bruchsteinwürfel, die im Zuge dieser Verbauung an der Mur eingebracht werden, derart ausgeführt werden, daß der erste möglichst große Bruchstein, der auf den Grundstein aufgesetzt wird, möglichst im rechten Winkel in das Ufer hineinragt und der Böschungsfuß erst auf diesen Stein aufgesetzt wird. Darüber hinaus ist geplant, daß in den Anprallufern (Außenseiten) Buhnen eingebaut werden, die nicht nur die Uferverbauung sichern, sondern auch den Fischen etwas besseren Einstand gewähren. Eine Böschungsbegrünung wird ebenfalls sehr begrüßt.
Fischereischäden, die 1. durch die Behinderung der Fischerei während der Bauzeit auftreten und 2. Schäden, die durch das Projekt auftreten (z.B. Verlust von Hucheneinständen, Laichplätzen) sind zum gegebenen Zeitpunkt durch einen beeideten Sachverständigen zu erheben und durch den Konsenswerber in voller Höhe zu ersetzen. Es wird unverbindlich von den Fischereiberechtigten Ing. Kurt I***, Niederschöckel, Graz, vorgeschlagen. Die vor zwei Jahren durchgeführte Vermarkung des Beginnes der Teilstrecke Dr. W*** durch einen Geometer ist nach Beendigung wieder herzustellen."
Mit Bescheid des Landeshauptmanns für Steiermark vom 9.6.1983, GZ 03-31 A 25-1982/9, wurde der A***- UND S*** AG
gemäß den §§ 15 Abs.1, 41, 99 Abs.1 lit.a und 107 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Verlegung und Teilregulierung der Mur von Flußkilometer 206 bis 208 bei Erfüllung und Einhaltung verschiedener Auflagen (Bedingungen) erteilt; danach waren vor Inangriffnahme der Bauarbeiten die Fischereiberechtigten zeitgerecht zu verständigen (Punkt 16), im Zuge der Bauarbeiten darauf zu achten, daß die Gewässer nicht durch Treibstoffe, Öle, Schmierfette, Baustoffe und dergleichen verunreinigt werden (Punkt 17), die Verbauung mit Bruchsteinwürfel so vorzunehmen, daß der erste möglichst große Bruchstein, der auf den Grundstein aufgesetzt wird, möglichst im rechten Winkel in das Ufer hineinragt und der Böschungsfuß erst auf diesen Stein aufgesetzt wird (Punkt 22), und in den Anprallufern (Außenseite) Buhnen einzubauen (Punkt 23). Im Zuge der Bauarbeiten traten Schäden am Fischereibestand auf. Die beklagte Partei führte als Subunternehmer der Arbeitsgemeinschaft Preg-Knittelfeld die Bauarbeiten in der Mur durch.
Die klagende Partei begehrt den durch Bauarbeiten am Fischereirecht eingetretenen Schaden im Betrag von S 112.500,--, davon S 49.000,-- und S 38.500,-- als Einnahmeentgang bei der Ausgabe von Fischereikarten für die Jahre 1984/85 und 1986/87 sowie S 25.000,-- für Mehraufwendungen im Zusammenhang mit Besatzmaßnahmen. Durch die Bau- und Baggerarbeiten der beklagten Partei sei der Schottergrund des Flusses geologisch steril und die Kleintierfauna vernichtet worden; die Fische seien aus dem Revier geflüchtet. Die Fischereiberechtigten hätten ihre Ansprüche der klagenden Partei, die Pächterin des Fischereirechts sei, zediert. Die beklagte Partei habe den Ersatzanspruch auch anerkannt. Die beklagte Partei erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges und beantragte im übrigen Abweisung des Klagebegehrens. Die Baumaßnahmen seien im Zuge eines wasserrechtsbehördlich genehmigten Regulierungswasserbaus erfolgt, dem die Fischereiberechtigten zugestimmt hätten. Zur Festsetzung einer Entschädigung sei ausschließlich die Wasserrechtsbehörde im Verwaltungsweg befugt, der Rechtsweg sei ausgeschlossen. Die beklagte Partei sei für das erhobene Klagebegehren auch passiv nicht legitimiert. Konsenswerber des Projekts sei die
A*** & S*** AG gewesen.
Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Prüfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges ein. Es sprach aus, daß der von der beklagten Partei erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges stattgegeben werde. Für den Anspruch auf Ersatz der durch den wasserrechtsbehördlich bewilligten Regulierungswasserbau entstandenen Schaden am Fischereirecht sei die Verwaltungsbehörde zuständig.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen wurde. Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die Entscheidung des Erstgerichtes sei dahin zu verstehen, daß damit auch die Klage, soweit sie auf den Anspruchsgrund der verschuldensabhängigen Haftung nach dem Wasserrechtsgesetz gestützt wurde, zurückgewiesen werde. Gemäß § 26 Abs.2 WRG hafte der Wasserberechtigte für den Ersatz des Schadens, wenn durch den rechtmäßigen Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage ein Fischereirecht beeinträchtigt wurde, sofern bei der Erteilung der Bewilligung mit dem Eintritt dieser nachteiligen Wirkung überhaupt nicht oder nur in geringerem Umfang gerechnet worden sei. Diese für Wasserbenutzungsrechte getroffene Regelung habe auch bei Schutz- und Regulierungswasserbauten nach § 41 WRG sinngemäß Anwendung zu finden. Im Verwaltungsverfahren sei lediglich eine Regelung für jene Schäden getroffen worden, die durch die Behinderung der Fischerei während der Bauzeit und durch das Projekt selbst auftreten. Schäden durch die Bauführung als solche seien offenbar nicht erwartet worden, da man von einer fischereifreundlichen Verwirklichung der baulichen Maßnahmen ausgegangen sei. In jenen Fällen, in denen bei Verleihung des Wasserbenutzungsrechtes eine Schädigung fremder Rechte nicht angenommen wurde, seien die Ersatzansprüche des Geschädigten im Rechtswege durchzusetzen. Der in der Klage erhobene Teilbetrag von S 45.000,-- beziehe sich allerdings offensichtlich auf Schäden während der Bauarbeiten, doch werde dieser Anspruch nach dem Klagsvorbringen auch auf ein Anerkenntnis gestützt, wofür der Rechtsweg zulässig sei. Ob die beklagte Partei für den erhobenen Anspruch passiv legitimiert sei, sei nicht zu prüfen. Stehe der klagenden Partei der behauptete Anspruch nicht zu, sei mit der Abweisung des Klagebegehrens, nicht aber mit der Zurückweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges vorzugehen.
Dem gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobenen Revisionsrekurs kommt Berechtigung nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die klagende Partei das Klagebegehren auf die verschuldensunabhängige Haftung des Nachbarn für Immissionen gründet (vgl ON 5), ist die Zulässigkeit des Rechtsweges jedenfalls zu bejahen (SZ 50/84). Fischereiberechtigte genießen als dinglich Berechtigte (SZ 51/160; SZ 50/84; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 383) nachbarrechtlichen Schutz (SZ 50/84; Spielbüchler a.a.O. Rz 4 zu § 364 ABGB). Fraglich kann nur sein, ob die Passivlegitimation der beklagten Partei für einen solchen Anspruch zu bejahen ist, doch ist diese Frage nicht im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu prüfen. Bei Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges des auf die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 gestützten Anspruch ist von folgenden Erwägungen auszugehen:
Mit dem Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 9.6.1983 wurde die Herstellung von Regulierungswasserbauten bewilligt, worunter Bauten zu verstehen sind, die der Begradigung bestehender oder der Herstellung neuer Wasserläufe dienen (SZ 55/189; Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 187). Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen (SZ 55/189; 1 Ob 48/81), daß die Erfolgshaftung des § 26 Abs.2 WRG für alle Fälle gelte, in denen bei der wasserrechtsbehördlichen Bewilligung einer Wasserbenutzungsanlage mangels Voraussehbarkeit eines bei rechtmäßigem Betrieb der Anlage entstehenden Schadens keine Entschädigung festgesetzt wurde. Diese für Wasserbenutzungsrechte getroffene Regelung habe auch bei Schutz- und Regulierungswasserbauten nach § 41 WRG sinngemäß Anwendung zu finden. Sie gelte insbesondere auch für die angemessene Entschädigung des Fischereiberechtigten. Die Bestimmung des § 117 WRG sei dahin zu verstehen, daß dann, wenn eine Entschädigung im wasserrechtsbehördlichen Verfahren nicht zuerkannt wurde, weil Schäden nicht vorhergesehen wurden oder durch nicht bescheidgemäßes und schuldhaftes Verhalten entstanden sind, die Bestimmung des § 26 Abs.2 und Abs.1 WRG Anwendung finde. Daß die Fischereiberechtigten im wasserrechtsbehördlichen Verfahren keine Einwendungen gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung erhoben haben (vgl. § 15 Abs.1 WRG), weil sie davon ausgingen, daß die Bauführung "fischereifreundlich" erfolgen werde, nimmt ihnen nicht das Recht, bei dennoch aufgetretenen Schäden Schadenersatz zu begehren. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg.4190/A) ist die Gewährung einer Entschädigung an Fischereiberechtigte im Verwaltungsverfahren auf die Fälle beschränkt, in denen an sich zulässigen Einwendungen des Fischereiberechtigten nicht Rechnung getragen wurde. Dies kann aber, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 5 / 89 ausgesprochen hat, nur zur Folge haben, daß damit die Kompetenz der Gerichte zur Zuerkennung von Entschädigungen entsprechend erweitert wird. Ist die Wasserrechtsbehörde gar nicht befugt, einen Schaden festzusetzen und zu entschädigen, steht den Fischereiberechtigten jedenfalls ein gerichtlich zu verfolgender Schadenersatzanspruch gemäß § 26 Abs.2 WRG zu. Diese Grundsätze gelten auch bei Beeinträchtigungen von Fischereirechten im Zuge von Regulierungswasserbauten. Nach dem Inhalt des Bescheides des Landeshauptmanns von Steiermark wurde im wasserrechtsbehördlichen Verfahren eine Entschädigung weder für Schäden, die während der Bauzeit auftreten, noch auch für Schäden, die mit der Durchführung des Projektes als solchem verbunden sind, zuerkannt. Es wurde nur die Erklärung der Fischereiberechtigten protokolliert und im Bescheid wnedergegeben, daß beim Auftreten von Schäden Schadenersatz zu leisten sein wird. Es ist dem Bescheid auch nicht zu entnehmen, daß die Wasserrechtsbehörde mit Schäden irgendwelcher Art gerechnet hätte. Demzufolge ist, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, der Rechtsweg für das erhobene Klagebegehren, auch soweit es auf den Rechtsgrund der wasserrechtlichen Haftung gestützt wird, zu bejahen. Ob die beklagte Partei für diesen Anspruch passiv legitimiert ist, ist ebenfalls im Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsweges nicht zu beurteilen.
Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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