European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00155.16Z.0927.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Für den Betroffenen ist bereits zu seiner Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern und in damit im Zusammenhang stehenden finanziellen Belangen ein Sachwalter bestellt. Dieser regte ungefähr ein Jahr nach seiner Bestellung die Erweiterung der Sachwalterschaft um die Besorgung der finanziellen Angelegenheiten an. Er legte dazu dar, er habe keine Einsicht in die Kontoauszüge des Betroffenen und dessen sonstigen Vermögensverhältnisse und könne daher (angesichts der davor erfolgten Exekutionen der geschiedenen Ehegattin des Betroffenen) nicht überprüfen, ob der Betroffene weitere Zahlungen leiste bzw ob und in welcher Höhe Einbehalte durch die Pensionsversicherungsanstalt erfolgten. Die Ausweitung sei auch deswegen zweckmäßig, weil ein bloß loses Kontaktverhältnis bestehe und der Betroffene wenig zweckdienliche Hinweise bei Gesprächen machen könne.
Rechtliche Beurteilung
Dem Betroffenen gelingt es in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Erweiterung des Aufgabenkreises des Sachwalters um die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über die Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen (§ 71 Abs 3 AußStrG):
1. Dass ein von Amts wegen wahrzunehmender Vertretungsmangel vom Rekursgericht aufgegriffen werden hätte müssen, weil ein Interessenwiderstreit zwischen dem Betroffenen und dem Sachwalter bestehe, der durch die „gegenständliche erhebliche Erweiterung“ der Sachwalterschaft offenkundig sei, weswegen trotz des rechtskräftig bestellten Sachwalters ein Verfahrenssachwalter für das Verfahren über diese Erweiterung zu bestellen gewesen wäre, trifft nicht zu:
Es kommen nach § 128 Abs 1 AußStrG dem bereits bestellten Sachwalter ex lege die Aufgaben des Verfahrenssachwalters im Verfahren über die Erweiterung der Sachwalterschaft zu. Allein aus der Tatsache, dass der Umfang des von ihm wahrzunehmenden Kreises an Aufgaben erweitert werden soll, kann daher noch nicht geschlossen werden, dass ein „materieller Kollisionsfall“ zwischen eigenen Interessen des Sachwalters und solchen des Betroffenen vorläge. Mit dem „Interessenwiderstreit“ im Sinn des § 119 Satz 2 AußStrG sind „materielle Kollisionsfälle“ (ErläutRV 224 BlgNR XXII. GP 79) gemeint. Solche sind nicht schon bei fehlender Übereinstimmung der von der betroffenen Person und vom Sachwalter gestellten Anträge (5 Ob 268/07h) oder aufgrund der Tatsache, dass der Sachwalter für seine Tätigkeit eine Entlohnung erhält ( Zankl/Mondel in Rechberger , AußStrG 2 § 128 AußStrG Rz 3), gegeben. Auch der Umstand, dass die Anregung zur Erweiterung auf einer von diesem erblickten Notwendigkeit beruht, belegt per se noch keinen Interessenkonflikt, der die Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrenssachwalters nach sich zieht.
2. Dass der „rechtsunkundige Betroffene“ in der Tagsatzung am 16. Dezember 2015, in der sich das Gericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschaffen konnte und in der auch das Gutachten über die Erweiterung erörtert wurde, nicht darauf hinweisen habe können, dass das (Erst‑)Gutachten (zur ursprünglichen Sachwalterbestellung) mit dem nunmehrigen (zweiten) zur Erweiterung „nahezu deckungsgleich“ sei, aber trotzdem zur Notwendigkeit der Erweiterung gelange, unterstellt schon, dass dies und die dazu vorgetragene Behauptung, es sei bei gleicher Fragestellung der gleiche Gesundheitszustand des Betroffenen beschrieben worden, zuträfe. Dieser Vorhalt ist aber unrichtig. Der Auftrag wies zum einen auf die Anregung des Sachwalters hin, zum anderen lagen beim zweiten Gutachten zusätzlich ua Unterlagen über einen zwischenzeitig erfolgten vierwöchigen stationären Aufenthalt in einem Rehabilitationszentrum vor und es wurde der Betroffene neuerlich untersucht. Von einem „nahezu unverändertem“ Gesundheitszustand des Betroffenen kann angesichts des (nach 17 Monaten) als verschlechtert beschriebenen psychopathologischen Status und der auch unterschiedlichen neuropsychiatrischen und somatisch relevanten Diagnosen darin nicht gesprochen werden. Welche anderweitigen Fragen der Betroffene hätte stellen wollen, legt er auch im Revisionsrekurs nicht dar.
Die behaupteten Mängel der Rekursentscheidung liegen damit nicht vor.
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