OGH 1Ob139/02a

OGH1Ob139/02a25.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Strommer, Reich-Rohrwig, Karasek, Hainz, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 131.526,01 EUR (= S 1,809.837,37) sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. April 2002, GZ 13 R 124/01b-14, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die ÖNORM B 2117 ist - ebenso wie die ÖNORM B 2110 - eine Richtlinie (Allgemeine Geschäftsbedingungen), die als Bestandteil des zwischen den Streitteilen geschlossenen Einzelvertrags Geltung erlangt hat (JBl 2001, 459; 1 Ob 359/98w). Der Umstand, dass die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungswesentlichen Bestimmungen der ÖNORM B 2117, die den gleichen Wortlaut aufweisen wie Bestimmungen der ÖNORM B 2110, für eine Mehrzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam sein können, besagt noch nicht, dass eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen wäre. Ist nämlich - wie hier - die Auslegung verschiedener Regelungen der ÖNORM B 2117 in rechtlich einwandfreier Weise nur in einer bestimmten Richtung möglich, und haben die Vorinstanzen diese rechtlich richtige Lösung auf solche Art gefunden, so steht keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zur Lösung an. Das Berufungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass Punkt 2.33.4 der ÖNORM B 2117 den Schadenersatz bei Behinderung regelt, wogegen Punkt 2.33.5 die Mehrkosten bei Behinderung, somit einen Erfüllungsanspruch im Sinne des § 1168 ABGB (siehe Krejci in Rummel, ABGB3, Rz 28 zu § 1168) einer Regelung zuführt. Es hat auch zutreffend erörtert, warum die beim Schadenersatzanspruch vorgesehene Haftungsbeschränkung nicht auch für den "Werklohnergänzungsanspruch" (vgl SZ 58/41) gilt; diesen rechtlich einwandfreien Ausführungen ist nichts hinzuzufügen. Das von der Revisionswerberin gewünschte "dreistufige Ersatzsystem" lässt sich aus dem Wortlaut der zitierten ÖNORM - und dieser ist die Grundlage der Auslegung (siehe dazu auch JBl 2001, 459) - nicht ableiten.

Die Tatsache, dass der in der ÖNORM B 2117 vorgesehene Schadenersatzanspruch bei Behinderung bei leichter Fahrlässigkeit eines Vertragspartners eine Haftungsbegrenzung erfährt, eine solche Begrenzung aber für die selbst unverschuldet entstandenen Mehrkosten bei Behinderung nicht stattfindet, stellt keine Antinomie dar, weil es sich um zwei ganz unterschiedliche Regelungskomplexe, die nebeneinander bestehen, handelt. In dem einen Fall ist Schadenersatz zu leisten, in anderem Fall wird durch die Zahlung von Mehrkosten eine Äquivalenzstörung zwischen Leistung und Gegenleistung behoben (vgl auch Kropik, Der Bauvertrag und die ÖNORM B 2110 [2002], 199).

Es mag durchaus sein, dass es der klagenden Partei freigestanden wäre, vom Vertrag zurückzutreten. Dieser Vertragsrücktritt kann aber von der beklagten Partei, in deren Sphäre sich - nunmehr unwidersprochen - die Behinderung ereignete, nicht gleichsam als Pflicht der klagenden Partei gefordert werden, vielmehr hat die beklagte Partei die von ihr übernommenen vertraglichen Verpflichtungen im Sinne der Bestimmungen der ÖNORM B 2117 zu erfüllen.

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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