Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Streitteile heirateten am 24. 8. 1968. Deren Ehe wurde mit Urteil vom 14. 2. 2001 geschieden und gemäß § 61 Abs 3 EheG ausgesprochen, dass den Antragsgegner das alleinige Verschulden an der Ehezerrüttung treffe. Der Sohn der Streitteile wurde 1969 geboren. Bis zur Geburt des Sohnes war die Antragstellerin erwerbstätig. Danach führte sie bis 1973 den Haushalt und betreute das Kind. Sodann war sie bis 1975 "wieder voll erwerbstätig", erkrankte jedoch in diesem Jahr an multipler Sklerose. Seit deren Ausbruch war sie "zu Hause und führte den Haushalt". Die Antragstellerin ist seit 1978 an den Rollstuhl gefesselt. Seither führte der Antragsgegner überwiegend den Haushalt und "kümmerte sich auch um die Pflege und Betreuung der Antragstellerin". Die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten wurde schließlich am 5. 12. 1994 durch den Auszug des Antragsgegners aus der Ehewohnung aufgehoben. Der Antragsgegner hatte aufgrund des Kaufvertrags vom 7. 10. 1980 eine Liegenschaft erworben. Am 17. 7. 1981 nahm er ein Bauspardarlehen von 133.000 S zur "nachträglichen Finanzierung" des Liegenschaftskaufs sowie zur Errichtung eines Brunnens und einer Garteneinfriedung auf. Er erbaute auf dem Grundstück ein Blockhaus um 94.000 S. Die Zuleitung des Stroms erforderte einen Aufwand von etwa 39.000 S, die Brunnenerrichtung einen solchen von 34.000 S. Die Bau- und Einrichtungskosten für das Blockhaus sowie der Aufwand für die Stromzuleitung wurden "teils durch das restliche Darlehen, teils durch Zuwendungen der Mutter" des Antragsgegners "und durch eheliche Ersparnisse" finanziert. Die Kosten der Brunnenerrichtung zahlte die Mutter des Antragsgegners. Bis zur Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Streitteile wurden die Rückzahlungsraten für das Bauspardarlehen "vom Familieneinkommen" beglichen. Danach zahlte der Antragsgegner die Monatsraten von 1.000 S aus seinem Einkommen und wendete insgesamt 32.000 S auf. Mit Kaufvertrag vom 27. 8. 1997 wurde die Liegenschaft um 300.000 S veräußert. Damals waren vom Bauspardarlehen noch 61.293,29 S offen. Diesen Betrag zahlte der Antragsgegner aus dem ihm zugeflossenen Kaufpreis.
Das Erstgericht wies das Begehren der Antragstellerin "auf Aufteilung der Ehewohnung" ab, gab dem "Antrag auf Aufteilung des Verkaufserlöses" für die Liegenschaft statt und erkannte den Antragsgegner schuldig, der Antragstellerin 7.511,03 EUR binnen einem Monat zu zahlen. Bei Festsetzung der Aufteilungsquoten seien die jeweiligen Beiträge der Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in Anschlag zu bringen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner "durch seine Erwerbstätigkeit und die zusätzlichen Haushaltspflichten bzw Betreuungsleistungen übermäßig belastet" gewesen sei. Das könne jedoch die der Antragstellerin gebührende Quote unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit deshalb nicht reduzieren, weil sie wegen ihrer schweren Erkrankung ab 1978 "zur Mithilfe" nicht mehr in der Lage gewesen sei. Daher sei der Antragstellerin eine Quote von 50 % des Kaufpreiserlöses für die Liegenschaft abzüglich der vom Antragsgegner aus seinem Einkommen getilgten Darlehensraten von 2.325,53 EUR (= 32.000 S) und des gezahlten Darlehensrests von 4.454,34 EUR (= 61.293 S) zuzuerkennen. Das ergebe 7.511,03 EUR (= 103.354 S).
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es der Antragstellerin nur eine Quote von 5.007,33 EUR zuerkannte. Es sprach ferner aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Aufteilung sei nach Billigkeit vorzunehmen. Nur so könne den durch die Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse erforderlichen Differenzierungen Rechnung getragen und eine dem natürlichen Gerechtigkeitsempfinden entsprechende Entscheidung gefällt werden. Die für die Billigkeitserwägungen maßgebenden Kriterien seien in § 83 EheG demonstrativ aufgezählt. Eine verlässliche Abschätzung des Gewichts und Umfangs der Beiträge der Ehegatten zur Vermögensbildung erfordere die Beurteilung der gesamten Lebensführung während der aufrechten Ehegemeinschaft. Nach der Rechtsprechung sei bei der Aufteilung auch auf die Erfordernisse der künftigen Lebensführung Bedacht zu nehmen. Die Aufteilung sei daher tunlichst so vorzunehmen, dass jeder der geschiedenen Ehegatten in Zukunft "'wohl bestehen'" könne. Für die Gewichtung der Beiträge seien primär die "unmittelbaren gegenseitigen vermögenswerten Beitragsleistungen" ausschlaggebend. Die Aufteilung erfolge sodann unter Berücksichtigung der nach dem Gesetz sonst noch zu beachtenden Billigkeitsgesichtspunkte. Die im Gesetz "nicht explizit genannten Wertungskriterien - wie das Verschulden an der Eheauflösung oder der Grundsatz des Wohlbestehenkönnens -" flössen bei der abschließenden Klärung eines billigen und gerechten Ausgleichs in die Beurteilung ein. Die Antragstellerin habe seit der Eheschließung bis 1978 einen gleichwertigen Beitrag zum Erwerb des ehelichen Vermögens geleistet. Das habe sich ab 1978, seitdem sie wegen ihrer schweren Erkrankung an den Rollstuhl gefesselt sei, geändert, habe doch der Antragsgegner nunmehr neben seiner Berufungstätigkeit auch weitgehend die Haushaltsführung und teilweise auch die Pflege der Antragstellerin besorgt. Es sei daher billig, den verbleibenden Kaufpreiserlös für die Liegenschaft im Verhältnis 2 : 1 zugunsten des Antragsgegners aufzuteilen. Somit sei die der Antragstellerin vom Erstgericht zuerkannte Ausgleichszahlung herabzusetzen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs mangle, welche Aufteilungsquoten geboten seien, wenn einer der geschiedenen Ehegatten auf Grund einer schweren Erkrankung nicht mehr "seinen Beitrag" zum Erwerb des ehelichen Vermögens habe leisten können.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist unzulässig.
1. Die Aufbringung der Mittel für den Erwerb und die Adaptierung der Liegenschaft steht fest. Die Antragstellerin rügt insofern einen Feststellungsmangel und behauptet, sie habe "von ihren Eltern einen Betrag von zumindest 200.000 S erhalten, der dem Familienvermögen zugute gekommen" sei. Sie ist soweit auf ihr eigenes Vorbringen zu verweisen. Danach hätte sie von ihren Eltern 250.000 S an Barmitteln erhalten, um der Familie den Kauf eines Autos zu ermöglichen. Das Barvermögen sei anlässlich des Auszugs des Antragsgegners aus der Ehewohnung aufgeteilt worden. Der Antragsgegner habe ihr überdies 110.000 S als "fiktiven Verkaufserlös" für den PKW gezahlt (ON 17 in ON 3). Die Streitteile hätten überhaupt alle Vermögenswerte - ausgenommen die Eigentumswohnung und den Erlös aus dem Grundstücksverkauf - schon aufgeteilt (ON 25 in ON 3). Nach diesem Vorbringen kann die behauptete Zuwendung der Eltern der Antragstellerin für die Aufbringung der Mittel zum Erwerb und zur Adaptierung der Liegenschaft nicht von Bedeutung gewesen sein.
Die Antragstellerin rügt ferner, es mangle an einer Feststellung, dass sie "bis zur endgültigen Tilgung des Bausparvertrags zur Hälfte Rückzahlungen geleistet" habe, weil ihr die Hälfte der vom Antragsgegner gezahlten Monatsraten im Unterhaltsprozess als Naturalunterhalt angelastet worden sei. Sie beruft sich insofern auf eine Seite des dem Beweisantrag vom 27. 6. 2000 (ON 25 in ON 3) angeschlossenen "Urteils". Diesem Antrag ist allerdings nur der Torso eines Urteils - vermutlich eines Ersturteils - beigeschlossen. Allein daraus kann nicht geschlossen werden, ob eine die Behauptung der Antragstellerin stützende rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Auf dieses Thema ist daher bei den weiteren Erwägungen nicht Bedacht zu nehmen.
2. Der erkennende Senat sprach in der Entscheidung 1 Ob 149/02x aus, eine Entschädigung sei erst dann als billig anzusehen, wenn sie von der Gemeinschaft der Normunterworfenen auf der Grundlage tragender Grundsätze der gesamten Rechtsordnung und der Umstände des Einzelfalls als gerecht empfunden werde. Diesem Maßstab im jeweiligen Einzelfall gerecht zu werden, sei eine Aufgabe, die der Gesetzgeber den Gerichten in vielen Einzelfragen der staatlichen Vollziehung anvertraue, weil sich das in den unterschiedlichen Einzelfällen Billige nicht im abstrakten Korsett generalisierender gesetzlicher Tatbestände definieren lasse. Neuere Beispiele dafür fänden sich bei der Bestimmung des Unterhaltsanspruchs schuldig Geschiedener (§§ 66 ff EheG) oder bei der nachehelichen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (§ 83 Abs 1 EheG).
Genausowenig wie sich das in unterschiedlichen Einzelfällen Billige im abstrakten Korsett generalisierender gesetzlicher Tatbestände erfassen lässt, kann die Rechtsprechung fixe Quoten für die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse vorgeben, wenn einer der Ehepartner wegen einer schweren chronischen Erkrankung während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft einen nennenswerten Beitrag zum Erwerb (weiteren) ehelichen Vermögens nicht mehr leisten konnte.
Die Entscheidung des Rekursgerichts beruht auf den für die Aufteilung nach § 83 EheG maßgebenden Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Bei deren Anwendung auf den Anlassfall ist hervorzuheben, dass der Antragsgegner die später verkaufte Liegenschaft erst 1980, also zu einem Zeitpunkt erworben hatte, als die Antragstellerin wegen ihrer schweren Erkrankung nicht mehr berufstätig war und auch den Haushalt nicht mehr führen konnte. Der Antragsgegner war hingegen seit 1978 nicht nur durch seine Berufstätigkeit, sondern auch durch die Haushaltsführung und die Pflege der Antragstellerin belastet. Angesichts solcher Tatsachen und der sonst wesentlichen Feststellungen über die Aufbringung der Mittel zur Finanzierung des Erwerbs und der Adaptierung der Liegenschaft ist in der vom Rekursgericht getroffenen Billigkeitsentscheidung eine Überschreitung des bestehenden Ermessensspielraums nicht zu erblicken. Eine erhebliche Rechtsfrage nach § 14 Abs 1 AußStrG läge aber nur dann vor, wenn die zweite Instanz von allgemein maßgebenden Grundsätzen abgewichen wäre und so den Ermessensspielraum überschritten hätte (8 Ob 202/02t) oder ihr in anderer Weise eine krass fehlerhafte Ermessensübung unterlaufen wäre, die im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshofs bedürfte.
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 16 Abs 3 AußStrG bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses an einen Ausspruch des Rekursgerichts nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG nicht gebunden. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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