European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00118.17K.0628.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts über Rekurs des Vaters dahin ab, dass es diesen unter Anwendung des Anspannungsgrundsatzes verpflichtete, zusätzlich zu seiner bisherigen Unterhaltsleistung von 500 EUR monatlich ab 1. 12. 2016 weitere 100 EUR pro Monat, gesamt daher 600 EUR monatlich, zu zahlen.
Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht über Antrag des Vaters gemäß § 63 Abs 1 AußStrG mit dem Hinweis für zulässig, dass dieser geltend mache, dem Rekursgericht „wäre ein grober Fehler bei der Auslegung des anzuwendenden Rechts unterlaufen“.
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch (§ 71 Abs 1 AußStrG) des Rekursgerichts nicht zulässig
.
Rechtliche Beurteilung
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Unterhaltspflichtige alle Kräfte anzuspannen hat, um seiner Verpflichtung zur angemessenen Unterhaltsleistung nachkommen zu können; er muss alle seine persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einsetzen und seine Leistungskraft unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines Könnens ausschöpfen (RIS-Justiz RS0047686 [T4]). Tut er dies nicht, wird er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit erzielen könnte (RIS‑Justiz RS0047686). Die im Gesetz vorgesehene Anspannung eines Unterhaltspflichtigen kommt nicht nur bei Arbeitsunwilligkeit, sondern auch dann zum Tragen, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden kann (RIS‑Justiz RS0047550 [besonders T1]).
2.1 Der Revisionsrekurswerber erkennt selbst, dass es eine Frage des jeweiligen Einzelfalls ist, ob die Voraussetzungen für eine Anspannung nach den konkreten Umständen gegeben sind (RIS-Justiz RS0113751; RS0007096) und stellt die Zulässigkeit der Anspannung auch eines Studenten (vgl 5 Ob 161/09a) nicht grundsätzlich in Frage, meint aber, in Anbetracht seiner ohnedies ausgeübten Tätigkeit und seiner Teilnahme am Studienprogramm „Master of Business Administration [MU] MBA – Immobilienmanagement, was durchschnittlich 25 Wochenstunden in Anspruch nehme, sei die Anspannung auf ein Einkommen aus einer Vollerwerbstätigkeit „mit einer objektiv richtigen Rechtsentwicklung unvereinbar“.
2.2
Abgesehen davon, dass der Vater bereits 1997 das Studium der Betriebswirtschaftslehre vollendet hat und daher über eine abgeschlossen Ausbildung verfügt, kann ein Studium ganz allgemein nur dann unterhaltsrechtlich von einer Erwerbstätigkeit entbinden, wenn es ernsthaft und zielstrebig betrieben wird (für den Unterhaltsberechtigten: RIS-Justiz RS0083694; RS0047687; für den Unterhaltspflichtigen: 5 Ob 161/09a). Dazu steht im vorliegenden Fall fest, dass der Vater die Ausbildung bei entsprechenden Bemühungen bereits abschließen hätte können, zumal er bereits seit mehr als zwei Jahren an der Masterarbeit schreibt.
2.3 Eine Anspannung auf tatsächlich nicht erzieltes Einkommen darf nur erfolgen, wenn eine zumindest leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels durch Außerachtlassung pflichtgemäßer, zumutbarer Einkommensbemühungen vorliegt (RIS-Justiz RS0047495 [T2]). Dass vom Vorliegen dieser Voraussetzung nach den Feststellungen auszugehen ist, stellt der Vater in seinem Rechtsmittel auch gar nicht in Abrede. Damit begründet es aber insgesamt keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht den Vater ab 1. 12. 2016 auf das Erwerbseinkommen aus einer Vollbeschäftigung anspannt.
3. Weitergehende Fragen spricht der Vater in seinem Rechtsmittel nicht an. Der Revisionsrekurs ist damit zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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