OGH 1Ob117/24y

OGH1Ob117/24y24.7.2024

Der Oberste Gerichtshof als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17–19, wegen 28.999,75 EUR sA und Feststellung (6.000 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 29. Mai 2024, GZ 7 Nc 4/24g‑5, mit dem die Ablehnung von Richtern des Oberlandesgerichts Graz abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00117.24Y.0724.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.199,50 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Das Landesgericht Leoben hat das Amtshaftungsbegehren der Klägerin abgewiesen. Der von ihr dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Graz nicht Folge. Zugleich mit ihrer außerordentlichen Revision gegen diese Entscheidung, in der sie (auch) den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO wegen der Befangenheit der Mitglieder des Berufungssenats geltend macht, lehnte sie diese mit gesondertem Antrag ab.

[2] Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidunghat das Oberlandesgericht Graz den Ablehnungsantrag abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der dagegen erhobene Rekurs der Ablehnungswerberin ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

[4] 1. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (RS0045975), dient aber nicht der Abwehr einer (vermeintlich) falschen Entscheidung (RS0111290). Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen, weil dieses Verfahren den Parteien nicht die Möglichkeit bieten soll, sich eines ihnen nicht genehmen Richters zu entledigen (RS0111290). Im Regelfall bildet daher weder die Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung durch einen Richter einen Ablehnungsgrund.

[5] 2. In ihrem Ablehnungsantrag wirft die Klägerin den Mitgliedern des Berufungssenats zusammengefasst vor, sie hätten eine (deren Befangenheit rechtfertigende) unrichtige rechtliche Beurteilung zu vertreten, weil sie den Umstand, dass einer ihrer Ablehnungsanträge im Anlassverfahren nicht zum Gegenstand einer inhaltlichen Erledigung gemacht worden sei, unrichtig beurteilt und keinen Verstoß gegen ihr Recht auf den gesetzlichen Richter im Anlassverfahren angenommenhätten.

[6] 3. Der Berufungssenat hat sich in seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs berufen, nach der rechtsmissbräuchlich unzulässig ständig wiederholte Ablehnungsanträge nicht zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden müssen (RS0046015). Die Überprüfung dieser Rechtsansicht erfolgtüber ihr Rechtsmittel in der Sache, weil es nicht Aufgabe des Ablehnungsverfahrens ist, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (RS0046047). Jedenfalls liegt kein Fall einer eindeutigen Missachtung der Rechtslage vor, die praktisch nur durch unsachliche Beweggründe der Richter des Berufungssenats erklärt werden könnte. Die Ablehnung der Mitglieder des Berufungssenats wurde daher zu Recht zurückgewiesen.

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