Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Gesellschaft betreibt ein Biodiesel-Heizkraftwerk. Die beklagte Gesellschaft befasst sich mit der Herstellung und dem Verkauf von Biodiesel. Zwischen den Streitteilen wurden bereits im Sommer 2003 intensive Gespräche über die Lieferung von Biodiesel geführt. Der Geschäftsführer der beklagten Partei bot Biodiesel zu einem Preis von 0,4455 EUR/Liter zuzüglich MwSt an; dies bei einer voraussichtlichen Jahresmenge von ca 1.800 Tonnen und Bezahlung innerhalb von 21 Tagen ab Lieferdatum mittels Bankeinzug. Der Preis sollte bis Ende 2006 als Fixpreis gelten. Der Geschäftsführer der klagenden Partei erklärte sich mit diesen Bedingungen fernmündlich einverstanden, ohne dies jedoch schriftlich zu bestätigen. Obwohl der Geschäftsführer der beklagten Partei davon ausging, dass sein (mündliches) Angebot bereits angenommen worden sei, stellte er zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten am 26. August 2003 ein gleichlautendes schriftliches Anbot und ersuchte im Falle des Einverständnisses um Rückbestätigung bis 5. September 2003. Eine schriftliche Rückbestätigung blieb jedoch aus. Der Geschäftsführer der klagenden Partei „bestätigte" lediglich fernmündlich die bisher erörterten Bedingungen, was der Geschäftsführer der beklagten Parteien dahin auffasste, dass zu den genannten Bedingungen geliefert werden sollte.
Die A***** AG (im folgenden nur: „AG") betreibt in Österreich, Italien und Slowenien Biodiesel-Heizkraftwerke und erzeugt dort Ökostrom und Ökowärme. Am 20. bzw 25. August 2003 kam zwischen der beklagten Partei und dieser AG eine Rahmenvereinbarung über Biodiesellieferungen für die AG und deren Partnerbetriebe zustande. Inhalt dieser Rahmenvereinbarung war unter anderem, dass die Lieferungen auf Abruf (bei einer Vorankündigung von ca zwei Tagen) erfolgen und die benötigten Jahresmengen pro Jahr im Vorhinein abgestimmt werden. Als Preis scheint in der Rahmenvereinbarung ein solcher von 0,4550 EUR/Liter zuzüglich MwSt auf; dieser Preis ist vom Lieferanten auf die Dauer von sieben Jahren ab Lieferbeginn als Fixpreis garantiert. Ein Grund für eine vorzeitige Kündigung der Lieferungen sollte gemäß der Rahmenvereinbarung dann gegeben sein, wenn sich aus zum Abschlusszeitpunkt nicht erkennbaren gesetzlichen oder rechtlichen Bestimmungen der Betrieb von Biodiesel-Heizkraftwerken nachweislich als unwirtschaftlich gestalten sollte und angepasste Lösungsvorschläge des Lieferanten den Nachteil nicht beseitigen könnten.
Mit e-mail vom 20. Oktober 2003 teilte die AG der beklagten Partei mit, dass diese nunmehr einer ihrer „Partnerbetriebe" sei. Ein e-mail desselben Inhalts sandte die AG auch an die klagende Partei. Dies nahm der Geschäftsführer der klagenden Partei zum Anlass, an den Geschäftsführer der beklagten Partei heranzutreten und diesen um ein neuerliches Anbot auf Basis der mit der AG getroffenen Rahmenvereinbarung zu ersuchen. In der Meinung, es handle sich hiebei lediglich um eine Gefälligkeit, verfasste der Geschäftsführer der beklagten Partei ein Schreiben, in dem er dem Geschäftsführer der klagenden Partei zusagte, als Partnerbetrieb der AG die Möglichkeit zu haben, zu denselben Konditionen wie die AG selbst Biodiesel zu beziehen. Sämtliche im (Rahmen-)Vertrag festgelegten Vereinbarungen sollten von der klagenden Partei direkt in Anspruch genommen werden können. Neuerlich ersuchte er im Falle des Einverständnisses um (schriftliche) Gegenzeichnung des Anbots. Diesmal unterfertigte der Geschäftsführer der klagenden Partei das Anbot. Nachfolgend einigten sich die Geschäftsführer der Streitteile auf einen Literpreis von 0,45 EUR frei ab dem von der klagenden Partei betriebenen Heizkraftwerk, eine Zahlungsfrist von 30 Tagen ab Abholung bzw Lieferung, und eine voraussichtliche Liefermenge von ca 1.800 Tonnen pro Jahr.
Ab Jänner 2004 begannen die Biodiesellieferungen. In diesem Jahr nahm die klagende Partei nur 1,604.943 Liter Biodiesel ab; sie geriet mit der Bezahlung der gelieferten Teilmengen oftmals bis zu 4 Wochen und mehr in Verzug. Im Herbst 2005 waren unter anderem 29.902,98 EUR über mehrere Wochen überfällig, worauf die klagende Partei mit Schreiben der beklagten Partei vom 2. November 2005 explizit hingewiesen wurde. Als die bis zum 28. Oktober 2005 zugesagte Zahlung nicht einlangte, forderte der Geschäftsführer der beklagten Partei schriftlich eine Bankgarantie für künftige Lieferungen bzw die Bezahlung der Ware im Voraus. Zugleich setzte er eine neuerliche Nachfrist bis 4. November 2005 und wies darauf hin, dass bei Nichtzahlung ab diesem Zeitpunkt der Liefervertrag nicht mehr aufrecht sei. Mit Fax vom 4. November 2005 entschuldigte der Geschäftsführer der klagenden Partei unter Hinweis auf einen finanziellen Engpass die verspätete Zahlung und wies darauf hin, dass die Rechnung tags zuvor (also mit 3. November 2005) beglichen worden sei.
Bis zum 13. September 2005 hatte die klagende Partei (für 2005) lediglich 243.525 Liter Biodieselöl abgenommen. Der nunmehrige Beklagtenvertreter verfasste im Auftrag der beklagten Partei am 10. November 2005 ein Kündigungsschreiben, das auszugsweise wie folgt lautet:
„... Im August 2003 hat Ihnen unsere Mandantschaft ausgehend von einer voraussichtlichen Jahresmenge von ca 1.800 Tonnen die Lieferung von Biodiesel unter der Voraussetzung angeboten, dass die Zahlung jeweils 21 Tage ab Lieferdatum mittels Bankeinzug erfolgt. Tatsächlich haben Sie im Jahr 2004 eine Menge abgenommen, die mit 1.421,22 Tonnen die voraussichtliche Jahresmenge von 1.800 Tonnen nicht erreicht hat. Im Jahr 2005, von dem rund 6/7 bereits verstrichen sind, haben sie jedoch bislang nur 213,37 Tonnen abgenommen. Sie sind damit von der vereinbarten Jahresmenge von 1.800 Tonnen derart weit entfernt, dass eine Aufholung in den verbleibenden wenigen Wochen des Jahres 2005 fast ausgeschlossen erscheint. Des weiteren haben Sie trotz mehrfacher Mahnungen die vereinbarte Zahlungskondition in keiner Weise eingehalten: Sie haben weder die Zahlungen innerhalb von 21 Tagen durchgeführt, noch konnte die Zahlung mittels Bankeinzug durchgeführt werden. Damit liegt ein massiver Verstoß gegen das vorliegende Vertragsverhältnis vor. ... Zwischenzeitig haben Sie zwar den ausständigen Saldo bezahlt, jedoch - dies auch in Ihrem Schreiben vom 4. November 2005 - weder Vorauskasse angekündigt, noch eine Bankgarantie vorgelegt, und auch nicht die vertragsgemäß geschuldete Zahlung via Bankeinzug eingeräumt. Nachdem eine Aufholung der Fehlmengen mit Rücksicht auf die normalerweise notwendige kontinuierliche Produktion, die dementsprechend notwendige kontinuierliche Belieferung und letztlich den notwendigen kontinuierlichen Verbrauch ... für das Jahr 2005 fast unmöglich ist und Sie sohin nicht nur hinsichtlich der Zahlungsgebarung, sondern auch hinsichtlich der Mindestabnahme in einer massiven und voraussichtlich nicht behebbaren Vertragsverletzung sind, lösen wir hiemit namens unserer Mandantschaft ... jede zwischen unserer Mandantschaft ... und Ihnen bestehende Liefer- oder sonstige Vereinbarung mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund vorzeitig auf. Wir gehen davon aus, dass damit ein Vertragsverhältnis zwischen Ihnen und unserer Mandantschaft ab sofort nicht mehr besteht. Wir halten primär an dieser Auflösungserklärung fest. ... Lediglich für den aus unserer Sicht unwahrscheinlichen Fall, dass wider Erwarten die gegenständliche Vertragsauflösung unwirksam sein sollte, fordern wir Sie hilfsweise auf, eventualiter binnen 10-tägiger Frist die das Jahr 2005 betreffende Fehlmenge von 1.586,63 Tonnen für Lieferzeitpunkte im Jahr 2005 nicht nur zu bestellen, sondern diesbezüglich auch innerhalb dieser Frist Vorauskasse oder angemessene Sicherheit zu leisten. In diesem Fall wird unsere Mandantschaft zu entscheiden haben, ob sie an der in diesem Schreiben erklärten Vertragsauflösung festhält oder doch eine Belieferung vornimmt. ... Wenn jedoch keine derartige Bestellung getätigt wird, oder eine Bestellung nicht durch Vorauszahlung oder entsprechende Sicherstellung besichert wird, werden wir nach fruchtlosem Fristverstreichen vorsorglich eine zweite subsidiäre Vertragsauflösungserklärung abgeben ...".
In einem am 21. November 2005 geführten Telefonat hielt der Geschäftsführer der beklagten Partei an der Kündigung ausdrücklich fest. Er erklärte sich aber „kulanzweise" dazu bereit, noch drei weitere Lieferungen á 28.000 Liter an die klagende Partei zu veranlassen, um allfällige Lieferengpässe zu vermeiden. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 kündigte die beklagte Partei „vorsorglich für den unwahrscheinlichen Fall, dass nicht bereits die Vertragsauflösung vom 10. November 2005 wirksam gewesen sein sollte", den Vertrag neuerlich auf. Als Begründung wurde angeführt, dass die klagende Partei auf die im letzten Absatz des Schreibens vom 10. November 2005 erhobene Aufforderung keinerlei Reaktion gesetzt habe. Die im November und Dezember 2005 erfolgten Biodiesellieferungen (insgesamt 83.645 Liter) wurden im Voraus bezahlt.
Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von 16.876,48 EUR sA sowie die Feststellung, die beklagte Partei sei verpflichtet, bis 7. Jänner 2011 Biodiesel DIN 51606 ohne CFPP-Regelung zum Preis von 0,43 EUR je Liter samt Zustellung 0,02 EUR je Liter, zusammen sohin 0,45 EUR je Liter zuzüglich 20 % Umsatzsteuer im Ausmaß der bekannt zu gebenden Liefermengen je Jahr, für das Jahr 2007 2 Mio Liter zu 0,45 EUR je Liter frei M***** zuzüglich Kosten für Road-Pricing je Lieferung zu liefern. Die klagende Partei brachte zusammengefasst vor, zufolge des von der beklagten Partei vertretenen Standpunkts, der Vertrag sei aufgelöst, sei sie gezwungen gewesen, Biodiesel anderweitig zu einem Preis von 0,53 EUR pro Liter zuzüglich Umsatzsteuer zu beziehen. Dadurch sei ein Schaden von 16.876,45 EUR entstanden. Ein wichtiger Grund für die vorzeitige Auflösung des Liefervertrags liege schon deshalb nicht vor, da im Rahmen des Lieferübereinkommens keine Mindestabsatzmenge und auch keine Mindestabnahmeverpflichtung vereinbart worden sei. Eine nicht erreichte Absatzmenge könne somit keinen wichtigen Grund für eine sofortige Vertragsauflösung darstellen. Außerdem sei die Geschäftsbeziehung über 20 Monate hindurch vereinbarungsgemäß gepflogen worden. Es sei lediglich ergänzend vereinbart worden, dass künftighin Vorauszahlungen zu leisten seien. Es sei nach dem Kündigungsschreiben auch noch zu weiteren Lieferungen gekommen.
Die beklagte Partei wendete zusammengefasst ein, die Nichterfüllung der Mindestabnahmemenge und der wiederholte Zahlungsverzug stellten wichtige Gründe dar, die eine Vertragsauflösung rechtfertigten.
Das Erstgericht wies das Leistungs- und das Feststellungsbegehren ab. Die Nichterfüllung der Mindestabnahmemenge, das Vortäuschen von Zahlungen gegenüber einem für die beklagte Partei tätig gewesenen Frächter, wodurch weitere Lieferungen veranlasst worden seien, sowie der fortdauernde Zahlungsverzug seien als wichtige Gründe für die Auflösung des Lieferübereinkommens zu werten. Der Vertrag sei daher zu Recht aufgekündigt worden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 20.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Rechtlich ging es davon aus, dass ein wichtiger Grund für die vorzeitige Vertragsauflösung darin zu sehen sei, dass die klagende Partei regelmäßig und mit beträchtlichen Summen im Zahlungsverzug gewesen sei und vereinbarte Zahlungskonditionen schlichtweg ignoriert habe. Dass die Zahlungsrückstände für die beklagte Partei auf Dauer nicht mehr tolerierbar gewesen seien, stehe außer Zweifel. Außerdem berechtige bei Dauerschuldverhältnissen auch die Verletzung der Mindestabnahmepflicht zu sofortigen Auflösung eines Vertrags aus wichtigem Grund. Nachdem die Klägerin bis November 2005 nur 11,85 % der für dieses Jahr vereinbarten Jahresmenge an Biodiesel abgenommen hatte und mit einer Erfüllung der Mindestabnahmeverpflichtung in den restlichen Wochen des Jahres 2005 nicht mehr zu rechnen gewesen sei, sei ein weiterer Grund für die vorzeitige Auflösung des Vertrags gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.
Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens infolge Berücksichtigung „überschießender Feststellungen" liegt nicht vor. Das Erstgericht traf ohne entsprechendes Vorbringen die Feststellung, der Geschäftsführer der klagenden Partei habe zum Zweck des Erhalts weiterer Biodiesellieferungen den Disponenten der P***** GmbH, die als Frächter für die beklagte Partei tätig war, dahin getäuscht, Überweisungen bereits bewirkt zu haben. Nach ständiger Rechtsprechung sind sogenannte „überschießende Feststellungen", die - wie hier - in den Prozessbehauptungen der Parteien keine Deckung finden, bedeutungslos und unbeachtlich (RIS-Justiz RS0037972 [T6, T7, T9 und T14]; SZ 74/22 mwN). Hat sie das Berufungsgericht seiner Entscheidung dennoch zugrunde gelegt, wird damit nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, sondern kann dies allenfalls zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache führen (SZ 2002/72 mwN; RIS-Justiz RS0036933; RS0037972).
Zutreffend zeigt die Revision der klagenden Partei aber das Vorliegen rechtlicher Feststellungsmängel auf. Ob nämlich der Zahlungsverzug sowie das Nichteinhalten der vereinbarten „voraussichtlichen" Abnahmemenge für die beklagte Partei die Fortsetzung des Liefervertrags unzumutbar machte, lässt sich aufgrund fehlender Feststellungen zu beiden Themenbereichen noch nicht verlässlich beurteilen:
Nach ständiger Rechtsprechung können Dauerschuldverhältnisse durch einseitige Erklärung aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt (RIS-Justiz RS0027780; P. Bydlinski in KBB2 § 918 ABGB Rz 16 mwN; vgl Binder/Reidinger in Schwimann3 § 918 ABGB Rz 56 mwN). Als wichtige Gründe kommen insbesondere Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in die Person des Schuldners oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht, welche die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar machen (RIS-Justiz RS0027780; RdW 1999, 589).
Wenngleich bei der Prüfung eines wichtigen Grunds für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses auf den Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung abzustellen ist (RIS-Justiz RS0018881), ist bei Dauertatbeständen der gesamte Zeitraum seit Wirksamkeitsbeginn des Rechtsverhältnisses zu beurteilen (RIS-Justiz RS0018785). So könnte im vorliegenden Fall durchaus ein zunehmender Vertrauensverlust gegeben sein, weil der oftmalige Zahlungsverzug nicht allein eine Vertragsverletzung darstellt, sondern in der Regel auch geeignet ist, das gegenseitige Vertrauensverhältnis zu erschüttern. Dies wurde von der Rechtsprechung etwa dann bejaht, wenn der Zahlungsverzug in der Vergangenheit bereits wiederholt, über längere Zeiträume und in erheblicher Höhe aufgetreten ist und entsprechende Mahnungen erfolglos geblieben sind (10 Ob 247/99t). Im vorliegenden Fall ist aber zu bedenken, dass die beklagte Partei trotz des Zahlungsverzugs stets weiter lieferte - dies sogar noch nach „Kündigung" des Liefervertrags, wenngleich nur bei Vorauszahlung, und überdies zum Kündigungszeitpunkt kein Zahlungsrückstand mehr bestand. Weiters steht nicht fest, ob die beklagte Partei vor dem Schreiben vom 2. November 2005 die Zahlungsrückstände eingemahnt oder diese bis dahin stillschweigend toleriert hat. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen würden die Zahlungsverzögerungen für sich allein demnach nicht die Auflösung des Vertrags rechtfertigen, allenfalls aber doch im Zusammenhang mit der ursprünglich mangelnden Zurverfügungstellung von Sicherheiten für die Zukunft. Dazu sind die bisher getroffenen Feststellungen aber nicht ausreichend.
Ferner lässt sich die Frage, ob sich aus dem Nichteinhalten der vereinbarten „voraussichtlichen Liefermenge" eine Vertragsverletzung ergibt, die einen (zusätzlichen) wichtigen Grund für die Vertragsauflösung abgeben könnte, auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Hier werden die Motive der Vertragspartner zu dieser Vereinbarung und deren konkrete Grundlagen zu hinterfragen und festzustellen sein. Insbesondere ist entscheidend, ob die Liefer- bzw Abnahmemenge preisbildend und - gegebenenfalls - für welche der Parteien die Vereinbarung einer „voraussichtlichen" Liefermenge von größerem Interesse war. Auch wenn nicht die Abnahme einer „Mindestmenge", sondern lediglich die Abnahme einer „ungefähren Größenordnung" pro Jahr vereinbart worden sein sollte, könnte ein maßgebliches Interesse der beklagten Partei darin gelegen gewesen sein, dass die klagende Partei - wenngleich nur annähernd - diese Menge auch tatsächlich bezieht. Die klagende Partei nahm aber im Jahr 2005 (jedenfalls bis 10. November) nur einen Bruchteil der vereinbarten „voraussichtlichen" 1.800 Tonnen ab. Andererseits wäre aber auch denkbar, dass diese Mengenangabe nur für die Bereithaltung von Biodiesel durch die beklagte Partei bedeutsam war, ohne dass eine konkrete Abnahmeverpflichtung mit daraus resultierenden schwerwiegenden Folgen begründet werden sollte.
Inwieweit Täuschungshandlungen gegenüber der beklagten Partei wirksam gesetzt wurden, lässt sich den bisherigen „überschießenden" Feststellungen nicht wirklich entnehmen. Sollte dazu Vorbringen erstattet werden, wird insbesondere festzustellen sein, in welchem (rechtlichen oder tatsächlichen) Zusammenhang die P***** GmbH zur beklagten Partei steht, insbesondere ob - und allenfalls in welcher Weise - der für diese Gesellschaft tätige Disponent zugleich der beklagten Partei zurechenbar wäre. Auch in diesem Zusammenhang erweist sich das Verfahren somit allenfalls als ergänzungsbedürftig.
Erst das Vorliegen weiterer Feststellungen im oben aufgezeigten Sinn wird eine umfassende Sicht aller für und gegen die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses sprechenden Gegebenheiten ermöglichen. Erst dann wird abschließend beurteilbar sein, ob ein wichtiger Grund für die vorzeitige Vertragsauflösung gegeben ist. Die Aufhebung der Urteile beider Vorinstanzen ist demnach unumgänglich.
Der Kostenvorbehalt beruht auf den § 52 ZPO.
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