OGH 1Ob112/04h

OGH1Ob112/04h22.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Radoslaw Jan Z*****, vertreten durch Dr. Alois Leyrer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wieslaw Z*****, vertreten durch Mag. Kurt Kadavy, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. Jänner 2004, GZ 43 R 839/03f-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 29. August 2003, GZ 6 C 97/02d-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 300,10 (darin EUR 50,02 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger und sein Vater, der Beklagte, sind polnische Staatsangehörige. Der Beklagte lebt dauernd in Österreich, der Kläger bei seiner Mutter in Polen. Der Beklagte war auf Grund eines im Jahr 1991 geschlossenen Vergleichs zu monatlichen Unterhaltsleistungen für den Kläger von ATS 500, für dessen älteren Bruder von ATS 600, und für die jüngere Schwester von ATS 400 verpflichtet. Dem Vergleich lag ein 14 x jährlich bezogenes monatliches Nettoeinkommen des Vaters als Restaurator von ATS 7.500 zugrunde. Mit Beschluss des zuständigen Pflegschaftsgerichts vom 6. 3. 1995 wurde der Beklagte zuletzt ab 1. 1. 1994 zu monatlichen Unterhaltsleistungen für den Kläger von ATS 900, für dessen Bruder von ATS 1.000 und für dessen Schwester von ATS 800 verpflichtet. Diese Unterhaltsbemessung basierte auf einem monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommen des Beklagten von ATS 15.694,28.

Mit Urteil vom 4. 4. 1997 verpflichtete das polnische Bezirksgericht der Heimatgemeinde des Klägers den Beklagten, ab 1. 4. 1997 für jedes der drei Kinder, somit auch für den Kläger, je Zloty 200 pro Monat an Unterhalt zu zahlen.

Der am 24. 12. 1978 geborene ältere Bruder des Klägers ist bereits selbsterhaltungsfähig, sodass der Beklagte nur mehr für den am 30. 3. 1983 geborenen Kläger und dessen am 17. 1. 1985 geborene jüngere Schwester sorgepflichtig ist. In der Zeit vom 1. 4. 1993 bis 31. 12. 2001 war der Beklagte mit nur geringfügigen Unterbrechungen bei verschiedenen Unternehmen als Arbeiter oder Angestellter beschäftigt. Ab 5. 1. 2002 war der Beklagte überwiegend arbeitsuchend gemeldet und hat Arbeitslosengeld bezogen. Er hat sodann in der Zeit vom 12. 3. bis 22. 5. 2003 wieder gearbeitet und ist seit 26. 5. 2003 wieder arbeitslos. In der Zeit vom 1. 1. bis 31. 12. 2001 verdiente der Beklagte monatlich durchschnittlich netto ATS 17.942,70. Danach erhielt er an Arbeitslosenentgelt EUR 27,79 täglich. Dieses Taggeld wurde ihm auch wieder seit 26. 5. 2003 ausbezahlt. Seit 11. 6. 2003 erhält der Beklagte Notstandshilfe von täglich EUR 25,57. An Arbeitslosengeld hat der Beklagte somit im Monat durchschnittlich EUR 833,70 (= ATS 11.471,96) erhalten. Neben dem Bezug von Arbeitslosengeld bzw der Notstandshilfe hat der Beklagte keine anderen Einkünfte.

Der Beklagte hat zuletzt als Bürohelfer gearbeitet. Er wurde von seinem Dienstgeber gekündigt, weil jüngere Kräfte eingestellt wurden. Seitdem ist es dem nunmehr 50-jährigen Beklagten trotz intensiver Bemühungen, Versenden von Bewerbungsschreiben und Absolvierung von Vorstellungsgesprächen, nicht mehr gelungen, eine adäquate Beschäftigung zu finden. Der Beklagte bewohnt gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin eine im Jahr 1992 angeschaffte Eigentumswohnung, für welche er monatlich Kreditraten in der Höhe von EUR 509 zu zahlen hat. Er hat im Jahr 1994 seiner damaligen Ehefrau, der Mutter des Klägers, den Erwerb einer Wohnung in Polen finanziert, wo nun der Kläger gemeinsam mit seiner Mutter wohnt.

Der Kläger besuchte in Polen im Schuljahr 2002/2003 die letzte Klasse einer Fachschule für Bauwesen und Elektrotechnik. Er hatte kein Schulgeld zu bezahlen. Die Mutter ist als Oberbuchhalterin in der Abteilung für Finanzbuchhaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft vollzeitbeschäftigt. Sie bezieht einen durchschnittlichen Nettomonatslohn von Zloty 1.101,62. Für die beiden in ihrem Haushalt lebenden Kinder erhält sie Familiengeld in Höhe von Zloty 85. Da die vom Kläger, seiner Mutter und seiner Schwester bewohnte Wohnung eine Eigentumswohnung ist, fallen keine Mietzinszahlungen an.

Mit seiner am 29. 10. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, den Beklagten zur Zahlung von EUR 3.197,70 an rückständigem Unterhalt und ab 1. 12. 2000 zusätzlich zu der ihm auferlegten Unterhaltsverpflichtung zur Zahlung eines monatlichen Betrages von EUR 145,35 schuldig zu erkennen. Das Einkommen des Unterhaltsschuldners sei seit der letzten Unterhaltsfestsetzung gestiegen, doch weigere sich der Beklagte, sein Einkommen offenzulegen oder höhere Leistungen zu erbringen. Der eingeklagte rückständige Differenzbetrag betreffe die Zeit ab 1. 12. 2000.

Der Beklagte wendete dagegen ein, dass der Beschluss des österreichischen Pflegschaftsgerichts durch das Urteil des polnischen Bezirksgerichts vom 4. 4. 1997 außer Kraft gesetzt worden sei. Der in diesem Urteil festgesetzten Unterhaltspflicht sei der Beklagte in vollem Umfang nachgekommen und habe sogar Überzahlungen geleistet. Das österreichische Gericht habe den „polnischen Unterhaltsbedarf" wesentlich überschätzt. Die aufgrund des polnischen Titels erbrachten Leistungen des Beklagten seien angemessen, sodass einem Erhöhungsbegehren jede Grundlage fehle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen und führte in der rechtlichen Beurteilung aus, dass der Kläger am 30. 3. 2001 18 Jahre alt geworden sei, sodass der Klagsweg erst ab diesem Zeitpunkt zulässig sei. Nach polnischem Recht bildeten die gerechtfertigten Bedürfnisse des Berechtigten und die „Erwerbs- und Vermögensmöglichkeiten" des Verpflichteten die wesentlichen Anknüpfungspunkte für die Unterhaltsbemessung. Vom Kläger werde eine Unterhaltserhöhung im Vergleich zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts vom 6. 3. 1995 begehrt, mit welchem Beschluss der vom Beklagten zu leistende Unterhalt mit EUR 65,30 (ATS 900) festgesetzt worden sei. In Anbetracht des in der Zeit vom 1. 1. bis 31. 12. 2001 vom Kläger bezogenen monatlichen Durchschnittseinkommen, welches um rund ATS 2.200 über der Bemessungsgrundlage für die ursprüngliche Unterhaltsfestsetzung liege, stünde dem Kläger grundsätzlich Unterhalt in der Höhe von EUR 79,90 (ATS 1.100) für diesen Zeitraum zu. Allerdings sei im vorliegenden Fall die polnische Unterhaltsentscheidung besonders zu berücksichtigen, die ab 1. 4. 1997 einen Unterhaltsbetrag von rund EUR 55 pro Kind als angemessen erachtet habe. Es könne dem Beklagten daher darin beigepflichtet werden, dass diese Entscheidung unter Berücksichtigung der tatsächlichen polnischen Lebensumstände, aber auch der seit der österreichischen Entscheidung eingetretenen altersabhängigen Bedürfniserhöhung der Kinder ergangen und der Unterhalt daher im Beschluss vom 6. 3. 1995 zu hoch ausgemessen worden sei. Es habe daher für die Zeit vom 1. 1. bis 31. 12. 2001 trotz des gestiegenen Einkommens des Unterhaltsschuldners und trotz höherer Bedürfnisse des Klägers keine Unterhaltserhöhung zu erfolgen, sondern erscheine der bereits festgesetzte Betrag von EUR 65,40 (ATS 900) angemessen. In der Folgezeit habe der Beklagte an Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe wesentlich weniger als im Beschluss des österreichischen Pflegschaftsgerichts als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt verdient, sodass ein höherer Unterhaltsbetrag nicht zugesprochen werden könne. Entgegen dem Vorbringen des Klägers sei der Beklagte auch nicht auf ein höheres Einkommen „anzuspannen", weil der Verlust des Arbeitsplatzes nicht auf ein Verschulden des Beklagten zurückzuführen und es glaubhaft sei, dass dieser trotz Bemühungen eine adäquate Beschäftigung nicht mehr zu finden vermocht habe. Es sei gerichtsbekannt, dass Arbeitnehmer im Alter des Beklagten nur schwer zu vermitteln seien, weshalb es der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage nicht bedurft habe. Auch habe das Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beklagte „Schwarzgeld" verdiene.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Anspruch nach polnischem Recht zu beurteilen sei. Gemäß Art 48 Abs 2 lit b des Rechtshilfevertrags zwischen Österreich und Polen stehe die rechtskräftige Unterhaltsfestsetzung durch das österreichische Pflegschaftsgericht der Anerkennung des nachfolgenden Urteils des polnischen Bezirksgerichts entgegen. Der österreichische Unterhaltstitel sei daher durch die später ergangene polnische Gerichtsentscheidung nicht außer Kraft gesetzt worden. Der diesbezügliche Einwand des Beklagten könnte - wenn überhaupt - nur dann zum Tragen kommen, wenn mit dem Urteil des polnischen Bezirksgerichts wegen Änderung der Verhältnisse eine bisher geltende österreichische Entscheidung abgeändert worden wäre. Dafür fehle aber jeder Anhaltspunkt. Es habe somit der Beklagte weiterhin die im österreichischen Exekutionstitel vom 6. 3. 1995 festgelegte Unterhaltspflicht zu erfüllen.

Das Klagebegehren werde sowohl hinsichtlich des Rückstandes als auch der laufenden Zahlungen ausschließlich auf das behauptete erhöhte Einkommen des Beklagten gestützt. Davon könne aber nach den erstgerichtlichen Feststellungen nur für den Zeitraum vom 30. 3. 2001 bis 31. 12. 2001 ausgegangen werden. Es sei gerichtsbekannt, dass das Einkommensniveau in Polen weit unter jenem in Österreich liege. Nach ständiger Rechtsprechung haben im Ausland lebende Kinder gegenüber dem in Österreich lebenden Unterhaltspflichtigen Anspruch auf sogenannten „Mischunterhalt", welcher im vorliegenden Fall durch den ohnehin bestehenden Unterhaltstitel über EUR 65,41 jedenfalls gedeckt sei. Für die verbleibenden verfahrensgegenständlichen Zeiträume liege das Einkommen des Beklagten unter jenem, das bei Schaffung des Unterhaltstitels als Bemessungsgrundlage herangezogen worden sei. Das Erstgericht sei nicht gehalten gewesen, konkrete Feststellungen über den aktuellen Unterhaltsbedarf des Klägers in Polen zu treffen, weil der Kläger insoweit keine Behauptungen aufgestellt habe. Auch sonst habe er mit Ausnahme der behaupteten gestiegenen Leistungsfähigkeit des Beklagten kein Vorbringen erstattet, das eine Neubemessung des Unterhalts rechtfertigen könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist unzulässig.

Vorweg ist darauf zu verweisen, dass das Außerstreitgesetz 2003, nach welchem nun auch Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder im Außerstreitverfahren geltend zu machen sind (Art III Z 1 AußStr-BegleitG, BGBl 112/2003), hier gemäß seinem § 202, der anhängige Streitigkeiten vom Geltungsbereich ausnimmt, nicht anzuwenden ist.

Der Kläger bekämpft nicht die Annahme der Vorinstanzen über die Höhe des nach österreichischem Recht grundsätzlich zustehenden Unterhalts. Er wendet sich lediglich gegen die Zugrundelegung eines geringeren Unterhaltsbedarfs wegen geringerer Lebenshaltungskosten in seinem Heimatland, sowie gegen die Ansicht der Vorinstanzen, der Beklagte dürfe nicht auf ein höheres Einkommen „angespannt" werden. Schließlich releviert er auch die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage der Weitergeltung des österreichischen Titels trotz der später ergangenen polnischen Gerichtsentscheidung.

Weder der - den Obersten Gerichtshof nicht bindende - Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts noch die Ausführungen des Revisionswerbers vermögen eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung aufzuzeigen:

Gemäß Art 48 Abs 2 lit b des nach wie vor in Geltung stehenden „Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die wechselseitigen Beziehungen in bürgerlichen Rechtssachen und über Urkundenwesen" (BGBl 79/1974) ist der Entscheidung des Gerichts eines der Vertragsstaaten die Anerkennung im anderen Vertragsstaat unter anderem dann zu versagen, wenn ein gleicher, auf denselben Rechtsanspruch gestützter und dieselben Parteien betreffender Antrag in dem Vertragsstaat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, Gegenstand einer Entscheidung in der Sache selbst war, auch wenn diese noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Wie bereits das Berufungsgericht erkannt hat, hat sich der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen 3 Ob 151/89 (= SZ 62/213) und 3 Ob 82/90 mit dieser Vertragsbestimmung ausführlich auseinandergesetzt und ausgeführt, dass die Durchsetzung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs des Kindes gegen den Vater nicht zu den nach Art 32 des Vertrags vom Heimatstaat zu treffenden Maßnahmen (zum Schutze der Person oder des Vermögens des Minderjährigen) gehöre, weshalb die in Österreich über den Anspruch ergangene - rechtskräftige - Entscheidung der Anerkennung der erst später erfolgten Unterhaltsentscheidung des polnischen Gerichts entgegenstehe. An dieser auf den klaren und unzweideutigen Vertragstext gegründeten Rechtsprechung ist festzuhalten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bestehen gerade im hier zu beurteilenden Fall keinerlei Zweifel an der Identität der Rechtsansprüche, und ist auch nicht zu ersehen, weshalb die Rechtslage im Zusammenhang mit der bereits genannten Vertragsbestimmung „nicht ausreichend geklärt" sein sollte. Den Vorinstanzen ist daher darin beizupflichten, dass die Unterhaltspflicht des Beklagten ungeachtet des am 4. 4. 1997 in Polen ergangenen Urteils weiterhin durch den Beschluss des österreichischen Pflegschaftsgerichts vom 6. 3. 1995 bestimmt wird. Der dort festgesetzte Unterhaltsbetrag von monatlich EUR 65,41 ist daher allein maßgeblicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Erhöhungsbegehrens des Klägers.

Gemäß Art 29 Abs 2 des bereits zitierten österreichisch-polnischen Vertrags sind die Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und ehelichen Kindern nach dem Recht des Vertragsstaates zu beurteilen, dem die Eltern angehören. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend bei Beurteilung des Unterhaltsanspruchs des Klägers polnisches Recht angewendet. Gemäß Art 10 § 1 poln. Zivilgesetzbuch tritt die Volljährigkeit einer Person mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein (Bergmann/Ferid, Int. Ehe- und Kindschaftsrecht, Polen, 23). Die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber Kindern wird in den Artikeln 128 bis 144 des poln. Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches geregelt. Der Umfang der Unterhaltspflicht richtet sich danach nach den gerechtfertigten Bedürfnissen des Berechtigten und den Erwerbs- und Vermögensmöglichkeiten des Verpflichteten, wobei es bei der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht auf sein tatsächlich erzieltes Einkommen, sondern auf das Einkommen ankommt, das er bei einem objektiv zumutbaren Arbeitsaufwand entsprechend seinen beruflichen Qualifikationen erzielen kann (Bergmann/Ferid aaO, 31). Ebensowenig wie beim Ehegattenunterhalt gibt es für die Höhe des Kinderunterhalts tabellarische Richtwerte. Maßgeblich sind allein die aktuellen Bedürfnisse des Kindes (Hohloch, Internationales Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht, 455).

Die dargestellte polnische Rechtslage deckt sich weitestgehend mit der gesicherten österreichischen Rechtsprechung zum sogenannten „Mischunterhalt". Bei der Unterhaltsbemessung sind dabei - wie auch sonst - die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten konkret und individuell mit den Lebensverhältnissen der Eltern in Relation zu setzen (RIS-Justiz RS0047388). Es ist jener Unterhaltsbetrag zu ermitteln, der den Bedarf des Unterhaltsberechtigten im Ausland deckt, ihn aber auch an den (besseren) Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen teilhaben lässt und zugleich dessen Leistungsfähigkeit entsprechend berücksichtigt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die im Ausland lebenden Unterhaltsberechtigten einerseits am Lebensstandard des in Österreich lebenden unterhaltspflichtigen Elternteils teilhaben sollen, aber der Unterhalt andererseits in einem angemessenen Verhältnis zu den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und zur Kaufkraft in dem jeweiligen Heimatland stehen müsse (EvBl 1999/22; 6 Ob 15/98v; 2 Ob 72/99y; 3 Ob 194/00a; 8 Ob 54/03d). Die Frage, ob der zugesprochene Unterhalt in Relation zum Lebensstandard im Heimatland des Unterhaltsberechtigten angemessen ist, ist stets eine solche des Einzelfalls (8 Ob 54/03d), die hier von den Vorinstanzen im Einklang mit der dargestellten Judikatur in jedenfalls vertretbarer Weise gelöst wurde:

Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen als gerichtsbekannt voraussetzten, dass der Lebensstandard in Polen auch nach der „Wende" bis in jüngste Zeit niedriger ist als in Österreich. Die vom Berufungsgericht hiefür als Indiz herangezogene polnische Unterhaltsentscheidung ist insoweit durchaus aussagekräftig, zumal das Nettodurchschnittseinkommen der vollzeitbeschäftigten Mutter des Klägers unbekämpft mit Zloty 1.101 monatlich festgestellt wurde, was selbst nach dem in letzter Zeit beträchtlich gestiegenen Umrechnungskurs nur etwa EUR 275 entspricht. Der Kläger hat im Verfahren keinerlei Vorbringen erstattet, das eine andere Einschätzung der wirtschaftlichen Situation in seinem Heimatland nahe legte. In seiner Revision beschränkt er sich auf das Vorbringen, nach polnischem Recht sei von Amts wegen zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsbedarf des Klägers seit der letzten Unterhaltsentscheidung erheblich gestiegen sei. Dies mag zwar zutreffen, doch ändert dieser Umstand nichts daran, dass die Angemessenheit des Unterhalts - wie bereits dargestellt auch nach polnischem Recht - ausschließlich an den aktuellen Bedürfnissen des Klägers zu messen ist und insoweit eine grobe Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen weder konkret behauptet wurde, noch sonst zu erkennen ist.

Insoweit der Kläger weiterhin darauf beharrt, der Beklagte wäre auf ein höheres Einkommen „anzuspannen", entfernt er sich unzulässigerweise von den Feststellungen der Vorinstanzen, wonach der Beklagte seinen letzten Arbeitsplatz unverschuldet verloren und sodann intensive Bemühungen zur Wiedererlangung von Arbeitsmöglichkeiten unternommen hat, die jedoch an der konkreten Arbeitsmarktlage gescheitert sind. Verringert sich aber die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ohne dessen Verschulden, ist für die Anspannung auf ein fiktives Einkommen kein Raum (RIS-Justiz RS0106230; RS0106231). Die Vorinstanzen haben somit auch diese stets von den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls abhängige Frage (RIS-Justiz RS0113751) in Einklang mit der Rechtsprechung gelöst.

Die Revision ist zurückzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Es ist allerdings nur von einer Kostenbemessungsgrundlage von EUR 1.744,20 auszugehen (siehe S 12 des Berufungsurteils).

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