European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124305
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der Kläger macht Schadenersatzansprüche aufgrund einer Schulterverletzung nach einem Sturz auf dem vom Beklagten betriebenen Golfplatz geltend. Er war auf den Deckel eines Bewässerungsschachts gestiegen und dabei mit einem Bein „eingebrochen“.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab, weil eine Haftung gemäß § 1319 ABGB mangels Erkennbarkeit der Gefahr ausscheide und der Beklagte auch keine vertraglichen Verkehrssicherungspflichten verletzt habe. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision unter anderem aufgrund der Einzelfallbezogenheit der Entscheidung für nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz (hier die Unterlassung der Einholung eines Sachverständigengutachtens), die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963 [insb T64] zur Nichteinholung eines Gutachtens). Ein Mangel des Berufungsverfahrens läge vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Mängelrüge überhaupt nicht befasst (RIS-Justiz RS0042963 [T9]) oder diese mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (RIS‑Justiz RS0042963 [T28]). Beides wird nicht behauptet. Ob die Beurteilung des Beweisanbots des Klägers als – grundsätzlich unzulässiger (RIS‑Justiz RS0040023) – Erkundungsbeweis eine „unhaltbare rechtliche Begründung“ darstellt (die aber nur bei Fehlen jeglichen Beurteilungsspielraums releviert werden könnte; vgl RIS‑Justiz RS0042963 [T63]), ist nicht zu prüfen, weil das Berufungsgericht die Verfahrensrüge auch aufgrund eines Verstoßes des Beweisantrags gegen § 179 ZPO verwarf, was in der Revision nicht bemängelt wird.
2.1. Die Vorinstanzen prüften zu Recht eine Anwendung des § 1319 ABGB (vgl RIS‑Justiz RS0029932 [T9] zu einer mangelhaften Schachtabdeckung; [T14] [„eingebrochener“ Kanaldeckel]; [T40] ua). Vom Eigentümer können nach dieser Bestimmung allerdings nur solche Schutzvorkehrungen verlangt werden, die vernünftigerweise nach der Verkehrsauffassung zu erwarten sind (RIS‑Justiz RS0030049), wobei die Verletzung der gebotenen Sorgfalt eine Erkennbarkeit bzw Voraussehbarkeit der Gefahr voraussetzt (RIS‑Justiz RS0030049 [T12]; vgl auch RS0030204). Die Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen bestimmt sich jeweils nach den Umständen des konkreten Einzelfalls, sodass regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten ist (RIS‑Justiz RS0029991; RS0029874).
2.2. Hier steht fest, dass der zum Unfall führende Defekt der Schachtabdeckung mit freiem Auge nicht sichtbar war (soweit die Revision dies in Abrede stellt, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt: RIS‑Justiz RS0043603 [T2, T3, T8]), sodass die Verneinung der Haftung des Beklagten nach § 1319 ABGB keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung darstellt. Auch bei häufigeren (bloßen) Sichtkontrollen wäre der Defekt sohin nicht aufgefallen. Ständige (auch wöchentliche) – über eine bloße Sichtkontrolle hinausgehende – Überprüfungen sämtlicher auf dem Golfplatz befindlichen Schachtabdeckungen (insgesamt 26 größere und 180 kleinere) waren nicht zu fordern. Dass die „Schächte“ (gemeint wohl: die Abdeckungen) ständig mit Maschinen befahren worden seien (woraus der Kläger die Vorhersehbarkeit eines – hier zum Defekt führenden – Wasserrohrbruchs ableitet), ist eine unzulässige Neuerung. Auch in der in der Revision zitierten Entscheidung 1 Ob 51/69 (MietSlg 21.257) stellte der Oberste Gerichtshof auf die äußerliche Erkennbarkeit der Gefahr ab.
3.1. Soweit sich der Kläger auf eine Haftung wegen Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten stützt, gelten dafür ähnliche Grundsätze, wie für die Haftung nach § 1319 ABGB. Auch (vertragliche) Verkehrssicherungspflichten dürfen nicht überspannt werden und finden ihre Grenze in der Zumutbarkeit (RIS‑Justiz RS0023487 [T17]; vgl auch RS0023397). Für deren Ausmaß ist ebenfalls entscheidend, ob eine naheliegende und voraussehbare Gefahrenquelle bestand (RIS‑Justiz RS0023487 [T6]). Wann die Grenze der Zumutbarkeit von (auch vertraglichen) Verkehrssicherungspflichten erreicht bzw überschritten ist, hängt wieder von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0111380; RS0023487 [T20]).
3.2. Dass die Vorinstanzen davon ausgingen, dass der Beklagte die notwendige Sorgfalt beachtet hat, bedarf aus den bereits zu § 1319 ABGB angeführten Gründen – nämlich weil die Gefahrenquelle nicht sichtbar und keine ständige Kontrolle zu verlangen war – keiner Korrektur. Dass den Beklagten die Beweislast dafür zukommt, sämtliche zumutbaren und notwendigen Maßnahmen zur Schadensvermeidung gesetzt zu haben, trifft zwar zu (RIS‑Justiz RS0022476), die Regeln über die Beweislastverteilung greifen aber nur bei fehlendem Beweisergebnis (non liquet) ein (vgl RIS‑Justiz RS0039872; RS0039875). Der Revisionswerber vermag nicht aufzuzeigen, dass die Auffassung des Berufungsgerichts, die getroffenen Feststellungen reichten aus, um die mangelnde Sorgfaltswidrigkeit des Beklagten beurteilen zu können, korrekturbedürftig ist.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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