Normen
ABGB §428
ABGB §891
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litb
ABGB §428
ABGB §891
Notariatszwangsgesetz §1 Abs1 litb
Spruch:
Die Begründung eines Pfandrechtes an einer beweglichen Sache durch Besitzauflassung muß so stattfinden, daß sie deutlich nach außen in Erscheinung tritt und aus ihr erweislich der Wille des Pfandbestellers hervorgeht, die Sache sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Übernehmers zu übertragen
Die Begründung eines Korrealschuldverhältnisses durch Ehegatten gegenüber einem dritten Gläubiger stellt, da sich spätere Regreßansprüche des allein die Schuld erfüllenden Ehegatten gegen den anderen nur aus dem Gesetz ergäben, kein zwischen den Ehegatten geschlossenes Rechtsgeschäft dar, das zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes bedürfte
OGH 25. Juni 1976, 1 Ob 105/75 (LGZ Wien 45 R 242/74; BG Floridsdorf 4 C 418/72)
Text
Die Klägerin begehrt als Überweisungsgläubigerin der Verlassenschaft nach Maximilian L von der Witwe des Verstorbenen die Herausgabe eines PKW Marke Hillman Minx, Baujahr 1966, zu Handen des Vollstreckers. Die Beklagte behauptet ein aufrechtes Faustpfand an dem Fahrzeug.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen ersuchte Maximilian L die damals mit ihm noch nicht verheiratete Beklagte im Dezember 1966, mit der ihr zugehörigen Hälfte einer Liegenschaft für ein aufzunehmendes Darlehen bis 30.000 S die Haftung zu übernehmen. Als ihm die Beklagte dies zusagte, stellte er zum Nachweis seiner Seriosität seinen PKW mit dem damaligen Zeitwert von 30.000 S in die Garage der Beklagten in deren Wohnhaus ein und benützte ihn in der Folge nur noch fallweise zu Geschäftsfahrten, aber nicht mehr privat. Nach der Eheschließung kam es am 24. Jänner 1968 zur Zuzählung eines Darlehens von 30.000 S durch Wilhelm St. an Maximilian L und die Beklagte, die mit ihrer Liegenschaftshälfte die Haftung für die Rückzahlung übernahm. Auf Grund dieses Umstandes wurde nun der PKW in der Garage der Beklagten aufgebockt, es wurden ihr sämtliche Fahrzeugpapiere ausgefolgt und das Fahrzeug nicht mehr für Fahrten verwendet. Ein Notariatsakt über die Verpfändung des PKW wurde nicht errichtet. Nach dem Tod Maximilian L's am 28. März 1969 mußte die Beklagte das Darlehen samt Zinsen und Nebengebühren zurückzahlen, um eine Versteigerung ihrer Liegenschaftshälfte zu verhindern. Der PKW befindet sich ununterbrochen in ihrer Verwahrung. Mit rechtskräftiger Exekutionsbewilligung vom 3. Mai 1970 wurden die der Verlassenschaft nach Maximilian L zustehenden Herausgabeansprüche gegenüber der Beklagten gepfändet und dem nun durch die klagende Verlassenschaft repräsentierten Dipl.-Kfm. Alexander G zur Einziehung überwiesen. Das Verlassenschaftsverfahren nach Maximilian L wurde wegen Nachlaßüberschuldung für beendet erklärt.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes kam es zunächst zu keiner Aufgabe der Verfügungsgewalt des Eigentümers des Fahrzeuges, nach der Eheschließung aber hätte die Verpfändung der Form eines Notariatsaktes bedurft. Die Beklagte sei daher zur Herausgabe verpflichtet.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung Folge und änderte das Ersturteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab, wobei es das von der klagenden Partei in erster Instanz erhobene Eventualbegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin den Betrag ihrer Forderung zu bezahlen, ebenso wie schon das Erstgericht bloß als alternative Ermächtigung im Sinne des § 410 ZPO ansah und es in dieser Form in die Klagsabweisung aufnahm. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellung des Erstrichters, folgte aber seiner rechtlichen Beurteilung im Ergebnis nicht. Wohl sei eine Pfandbestellung für eine künftige Forderung zunächst mangels jeder Konkretisierung dieser Forderung nicht wirksam zustande gekommen. Das nach der Aufnahme des Darlehens von 30.000 S im Jänner 1968 erfolgte Aufbocken des bereits in der Verwahrung der Beklagten befindlichen Fahrzeuges unter gleichzeitiger Ausfolgung der Wagenpapiere könne aber im Zusammenhalt mit den vorher getroffenen Vereinbarungen im Sinne des § 863 ABGB nur als schlüssiger Pfandvertrag angesehen werden. Dieser habe der Form eines Notariatsaktes nicht bedurft. Als Faustpfandgläubigerin sei die Beklagte nicht zur Herausgabe der Pfandsache verpflichtet.
Der Oberste Gerichtshof hob über Revision der Klägerin die Urteile der Untergerichte auf und wies die Rechtssache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Da keine der Parteien die Beurteilung des Eventualbegehrens bloß im Sinne einer alternativen Ermächtigung nach § 410 ZPO bekämpft hat, ist nur noch das vom Berufungsgericht abgewiesene Hauptbegehren einer Prüfung zu unterziehen. Dabei gehört die Behauptung der Revisionswerberin, daß das Berufungsgericht rechtserhebliche Feststellungen unterlassen habe, in Wahrheit nicht zur Verfahrens-, sondern zur Rechtsrüge (Fasching IV, 40 und 326; SZ, 23/175 u. v. a.) und ist daher in deren Zusammenhang zu erörtern.
Ob und welcher Vertrag zwischen Maximilian L und der Beklagten durch schlüssige Handlungen im Sinne des § 863 ABGB zustande gekommen ist, hängt davon ab, welche Bedeutung und Wirkung den beiderseitigen Handlungen oder Unterlassungen nach dem objektiven Maßstab der Verkehrssitte zukommt (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 74; 1 Ob 52/74 u. a.). In diesem Sinne reichen die getroffenen Feststellungen nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichtes für die Annahme aus, daß die Aufbockung des PKW in der Garage der Beklagten und die Übergabe der Fahrzeugpapiere im Zusammenhang mit der Haftungsübernahme den Zweck einer Verpfändung des Fahrzeuges hatte, selbst wenn diese Absicht vor der Aufnahme des Darlehens noch nicht bestanden oder keine rechtliche Wirkung gehabt haben sollte. Auch schon das Erstgericht hat die Überlassung des Fahrzeuges und der Papiere an die Beklagte sowie die Abstandnahme von jeder eigenen Verwendung durch Maximilian L als Verpfändung beurteilt, die bloß nicht in der notwendigen Form vereinbart worden sei.
Vom Abschluß eines Notariatsaktes hat das Berufungsgericht die Rechtswirksamkeit der Verpfändung mit Recht nicht abhängig gemacht. Nach § 1 Abs. 1 lit. b NotZwG ist zwar die Gültigkeit unter anderem von Schuldbekenntnissen, welche von einem Ehegatten dem anderen abgegeben werden, durch die Aufnahme eines Notariatsaktes bedingt. Aber verfehlt ist hier die Annahme eines "durch Einräumung eines Faustpfandes abgegebenen" Schuldbekenntnisses. Die Verpfändung ging über die unentgeltliche Anerkennung eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses hinaus.
Zu prüfen bleibt allerdings, welches Rechtsverhältnis sonst der Begründung des Pfandrechtes zugrunde lag und ob dieses Verpflichtungsgeschäft einer Form bedurfte, weil das Pfandrecht gemäß § 449 ABGB eine gültige Forderung voraussetzt (EvBl. 1961/55 u. a.) und es daher im Falle einer auf Formmangel zurückzuführenden Ungültigkeit des Verpflichtungsgeschäftes gleichfalls unwirksam wäre (SZ 18/195). Nach den wenig deutlichen Feststellungen der Untergerichte übernahm die Beklagte mit ihrer Liegenschaftshälfte "die Haftung" für die Rückzahlung des von Wilhelm St. an ihren Ehemann und an sie selbst zugezählten Darlehens. Aus der als echt anerkannten Vertragsurkunde ergibt sich des Näheren, daß sich beide Ehegatten zur Rückzahlung dieses Darlehens zur ungeteilten Hand verpflichteten. Von einer Bürgschaft der Beklagten für eine Darlehensschuld bloß ihres Mannes enthält die Urkunde nichts, ein abweichender Parteiwille wurde auch weder behauptet noch festgestellt. Die Begründung eines Korrealschuldverhältnisses durch Ehegatten gegenüber einem dritten Gläubiger stellt aber kein zwischen Ehegatten geschlossenes Rechtsgeschäft dar, das nach § 1 Abs. 1 lit. b NotZwG zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes bedürfte, sondern bewirkt Regreßansprüche eines sodann zahlenden Ehegatten gegenüber dem anderen aus dem Gesetz selbst, nämlich nach § 896 ABGB. Für diese künftige Forderung konnte auch ein Pfandrecht wirksam begrundet werden, weil sie hinsichtlich der Person des Gläubigers sowie hinsichtlich des Rechtsgrundes bestimmt war (SZ 27/155 u. a.). Allerdings war die Beklagte nach § 896 ABGB ohne geschehene Rechtsabtretung nach Bezahlung der ganzen gemeinschaftlichen Schuld mangels einer besonderen gegenteiligen Verabredung nur berechtigt, von den übrigen Schuldnern den Ersatz zu gleichen Teilen zu fordern, von ihrem Ehemann also die Hälfte. Aber auch ein Pfandrecht der Beklagten nur für eine Regreßforderung in dieser Höhe der halben bezahlten Schuld bestunde bis zur Tilgung dieser Schuld fort (§ 468 ABGB) und würde die Beklagte zur Verweigerung der Herausgabe berechtigen.
Zum wirklichen Erwerb des Pfandrechtes war jedoch nach § 451 Abs. 1 ABGB die körperliche Übergabe der Pfandsache in die Verwahrung des Gläubigers erforderlich, die allerdings durch eine Besitzauflassung im Sinne des § 428 zweiter Halbsatz ABGB ersetzt werden kann (Klang[2] II, 437; SZ 41/81 u. a.). Eine solche Übergabe kurzer Hand genügt für einen Eigentumserwerb auch dann, wenn sich die zu übereignende Sache im gemeinsamen Gewahrsam des Übergebers und des Übernehmers befindet (Klang, 322; SZ 31/161; EvBl. 1972/98). Diese Übertragungsform ist nämlich dadurch gerechtfertigt, daß jenes Verhältnis zwischen Sache und Erwerber, das sonst durch den Traditionsakt hergestellt werden soll, schon vorhanden ist. Obgleich eine Übergabe kurzer Hand auch wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB und des NotZwG ist (Klang, 322.), entstehen aber schon bei der Besitzauflassung zum Zwecke der Eigentumsübertragung von Sachen an einen Mitinhaber (insbesondere von Einrichtungsgegenständen bei gemeinsamer Wohnung) erhebliche Schwierigkeiten (Stanzl in Klang[2] IV/1, 612), die verstärkt bei dem hier zu beurteilenden, vom Grundsatz der Offenkundigkeit beherrschten (Ehrenzweig[2] I/2, 410) Erwerb eines Pfandrechtes sichtbar werden, das im vorliegenden Fall überdies zwischen Ehegatten begrundet worden sein soll. In einem solchen Fall muß zur Begründung des Pfandrechtes die Übergabe kurzer Hand, um wirkliche Übergabe im Sinn des § 943 ABGB zu sein, auf eine derart erweisliche Art (§ 428 ABGB) stattgefunden haben, daß sie sinnfällig nach außen in Erscheinung tritt und aus ihr der Wille des Übergebers hervorgeht, die Sache sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Übernehmers zu übertragen (vgl. SZ 38/227; NZ 1973, 126). Nur auf diese Weise ist auch das Erfordernis des § 451 Abs. 1 ABGB erfüllt, daß der Gläubiger die verpfändete Sache in Verwahrung nimmt, die Sache also aus der Benutzung des Eigentümers entrückt wird (Ehrenzweig, 407) und in den Gewahrsam des Gläubigers gelangt. Dieses Erfordernis der Übergabe ist strenger als beim Eigentum, was der Zweck rechtfertigt, spätere Kreditgeber vor Täuschung über die Kreditfähigkeit des Schuldners zu schützen (Klang in Klang[2] II, 430). Der Schutzzweck tritt im vorliegenden Fall umso deutlicher hervor, als das Pfandrecht für eine bloß mögliche künftige Regreßforderung eingeräumt wurde und nur deshalb nicht schon dem Notariatszwangsgesetz unterliegt, weil kein unmittelbar gewährtes Darlehen der Ehefrau an den Ehemann vorlag.
Hier liegt es wie im Falle des Erfordernisses der wirklichen Übergabe einer geschenkten Sache nahe, nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen, ob eine Gewahrsamsänderung zwischen Personen, die die Sache schon bisher gemeinsam benützten, mit der erforderlichen Deutlichkeit stattgefunden hat.
In diesem Sinne macht die Revisionswerberin mit Recht einen Feststellungsmangel geltend. Wohl hat das Erstgericht - das allerdings diesen Umständen wegen vermeintlicher Nichteinhaltung der notwendigen Form eines Notariatsaktes nur untergeordnete Bedeutung beimaß festgestellt, daß das Fahrzeug "auf Grund" der Aufnahme des gemeinsamen Darlehens der Ehegatten bei einem Dritten in der Garage "der Beklagten" aufgebockt und daß ihr sämtliche Fahrzeugpapiere ausgefolgt wurden und das Fahrzeug nicht mehr zu Fahrten verwendet wurde. Die Revisionswerberin verweist aber mit Recht darauf, daß in diesem Zeitpunkt die Beklagte und Maximilian L bereits verheiratet waren; es ergeben sich auch aus dem Akt bereits Anhaltspunkte für ihre weitere Behauptung, daß die Ehegatten L's gemeinsam wohnten und wirtschafteten. Da Maximilian L überdies schon vor der Eheschließung den PKW in der Garage der Beklagten eingestellt hatte und ihn damals dennoch zu Fahrten verwendete, scheint im Zeitpunkte der Darlehensaufnahme der Ehegatten eine gemeinsame Innehabung der Garage im Hause der Beklagten und eine gemeinsame Gewahrsame am Fahrzeug ihres Ehegatten bestanden zu haben. Das Aufbocken des PKW müßte in diesem Falle keine nach außen hin erkennbare Änderung der Gewahrsamsverhältnisse mit sich gebracht haben, während der gleichzeitigen Übergabe der Fahrzeugpapiere nach ständiger Rechtsprechung gar keine rechtliche Bedeutung zukommt (SZ 41/37 u. v. a.). Rechtserheblich wären daher weitere, noch nicht festgestellte Umstände. Es muß mit den Parteien erörtert und im Bestreitungsfalle festgestellt werden, ob Maximilian L und die Beklagte im Zeitpunkte der Darlehensaufnahme einen gemeinsamen Haushalt führten und die Garage im Hause der Beklagten gemeinsam benützten, sowie insbesondere, ob und auf welche Weise ab dem Zeitpunkt der Verpfändung Maximilian L von einer derartigen Benützung ausgeschlossen wurde. Sollte er weiterhin Zutritt zur Garage und damit immerhin die Möglichkeit der Verfügung über das Fahrzeug gehabt haben, dann könnte eine wirksame Verpfändung nur beim Hinzutritt besonderer Umstände anerkannt werden, nämlich etwa dann, wenn Maximilian L auf erweisliche Art (§ 428 ABGB), das heißt durch unzweifelhafte und eindeutige Erklärung, etwa vor Zeugen, bestätigt hätte, daß er von der weiteren Benützung des Fahrzeuges ausschließlich zum Zweck der Einräumung des Pfandrechtes für die ganze Dauer desselben Abstand zu nehmen bereit sei. Im anderen Fall hätte nämlich nach außen hin ebensogut angenommen werden können, daß der (angeblich an Zuckerkrankheit leidende und nur noch beschränkt geschäftstätige) bald darauf verstorbene Maximilian L das Fahrzeug einfach nicht mehr für sich benötigte.
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