Spruch:
Erst mit Rechtskraft eines ausdrücklichen Anerkennungsbescheides der Wasserrechtsbehörde erlangt eine Wassergenossenschaft Rechtspersönlichkeit und damit Parteifähigkeit im Sinne der Zivilprozeßordnung
Die nur in den Gründen der Entscheidungen von Gerichten erster und zweiter Instanz geschehene Bejahung der Parteifähigkeit eines Gebildes, die nicht einmal darauf Bedacht nimmt, ob es einen gesetzlichen Vertreter hat, bindet den OGH nicht. Dem Gebilde ist im Verfahren zur Klärung seiner Parteifähigkeit die Stellung einer Partei und damit auch das Antrags- und Rechtsmittelrecht zuzubilligen
OGH 2. Juli 1975, 1 Ob 103/75 (OLG Innsbruck 2 R 84/75; LG Innsbruck 6 Cg 29/74)
Text
Die klagende Partei, die sich ohne nähere Darlegung ihrer Organisationsform "Wasserinteressentschaft Wasserleitung M" bezeichnet und durch den Obmann Peter B vertreten auftritt, behauptet, im Gemeindegebiet S eine Wasserleitung zu betreiben, an die die beklagte Partei, die Gemeinde S, das Schulhaus angeschlossen habe; sie begehrte von der beklagten Partei die ihr geschuldete Anschlußgebühr von 30.000 S samt Anhang. Die beklagte Partei bestritt die Parteifähigkeit der klagenden Partei und die Zulässigkeit des Rechtsweges, aber auch ihre Zahlungsverpflichtung; sie wendete außerdem Verjährung ein.
Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von 24.000 S samt Anhang und wies das Mehrbegehren rechtskräftig ab. Es stellte im wesentlichen fest: Die klagende Partei sei im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Lienz mit dem Zweck der Versorgung des Ortsteiles M mit Nutz- und Trinkwasser eingetragen; das Wasserecht sei ihr erstmalig mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 20. Juni 1947 und zuletzt mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 15. Juli 1954 bewilligt worden. Im Genossenschaftsregister des Wasserbuches scheine die klagende Partei nicht auf. Im Verfahren über die Verleihung des Wasserrechtes sei die klagende Partei wie eine Wasserrechtsgenossenschaft behandelt und die Bescheide seien im Wasserbuch nicht eingetragen. Der Wasserbuchbescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung stamme vom 2. Dezember 1955. Die Wasserleitung sei in den Jahren 1946 und 1947 errichtet worden. Die beklagte Partei habe die Rohre für die gesamte Wasserleitung des Teiles M dem Landesbergeamt in Klagenfurt bezahlt. An sie sei auch das Schulhaus provisorisch mit einem halbzolligen Rohr angeschlossen worden; der volle Anschluß sei dann im Jahre 1970 vorgenommen worden. Die Anschlußgebühr für einen kleinen Arbeiterhaushalt betrage 6000 S; für das Schulhaus sei sie von der klagenden Partei in vierfacher Höhe angenommen worden. Der Obmann der klagenden Partei Peter B habe sich an den damaligen Bürgermeister der klagenden Partei Peter M gewandt, der namens der beklagten Partei eine Bereinigung zugesichert habe. Die Parteifähigkeit der klagenden Partei nahm das Erstgericht an, da ihr das Wasserrecht verliehen und Bescheide zugestellt worden seien. Die Vorlage von Satzungen sei wohl nach dem neuen Wasserrechtsgesetz erforderlich; alte Wassergenossenschaften bzw. Wasserverbände seien dadurch aber nicht betroffen; bei nicht mehr gegebener Handlungsfähigkeit wäre seitens der Wasserrechtsbehörde von Amts wegen vorzugehen gewesen (§ 141 WRG), was offenbar nicht geschehen sei. Da die Interessentschaft einen Anspruch gegen einen Außenstehenden geltend mache, sei auch die Zulässigkeit des Rechtsweges gegeben. Eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen über die Anschlußgebühr sei zwar nicht erfolgt, doch habe sie sich durch die Vornahme der Anschlüsse den üblichen Bedingungen der klagenden Partei unterworfen. Daß für das Schulhaus vier Haushalte anzunehmen seien, sei von der beklagten Partei nicht bestritten worden und auch durchaus einleuchtend.
Über Berufung der beklagten Partei hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Der Ansicht des Erstgerichtes, die klagende Partei sei als vor dem Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes 1959 entstandene Körperschaft von der Notwendigkeit der Vorlage von Satzungen an die Wasserrechtsbehörde nicht betroffen gewesen, könne nicht beigepflichtet werden. An der Rechtspersönlichkeit der klagenden Partei als Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 bestehe aber dennoch kein Zweifel, weil sie einen dem § 73 Abs. 1 lit. b WRG 1959 entsprechenden Zweck zu erfüllen habe und im Rahmen von Verwaltungsakten der Wasserrechtsbehörden wiederholt als eine Wassergenossenschaft mit Rechtspersönlichkeit behandelt worden sei. Der festgestellten Vorgangsweise der Wasserrechtsbehörden sei eine dem § 74 Abs. 2 WRG 1959 entsprechende bescheidmäßige Anerkennung der klagenden Partei als Wassergenossenschaft zu entnehmen. Daß in dem gemäß § 124 Abs. 4 WRG 1959 zum Wasserbuch zu führenden Anhang weder die klagende Partei noch deren Satzungen aufscheinen, erschüttere die Stellung der klagenden Partei als Körperschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes nicht, da die Eintragung nur die Bedeutung eines internen Behelfes der Wasserrechtsbehörden und eines Beweismittels im Sinne des § 46 AVG hätten. Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z. 5 ZPO sei ohnehin nicht gegeben. Zur Handhabung der Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes seien jedoch grundsätzlich die Wasserrechtsbehörden zuständig. Für die von der klagenden Partei gegen die beklagte Partei erhobene Forderung nach Leistung einer Gebühr für den Anschluß des Schulhauses gelte § 86 Abs. 1 WRG 1959, wonach Eigentümer von Liegenschaften, die einer Wassergenossenschaft nicht angehören, jedoch aus deren Einrichtung einen wesentlichen Nutzen ziehen, auf Antrag der Genossenschaft durch Bescheid zu verhalten seien, einen angemessenen Kostenbeitrag zu leisten. Das Erstgericht habe damit über eine nicht auf den Rechtsweg gehörige Sache erkannt.
Der Oberste Gerichtshof hob über Rekurs der klagenden Partei den Beschluß des Berufungsgerichtes und das Urteil des Erstgerichtes, soweit nicht ein Begehren auf Bezahlung von 6000 S samt Anhang bereits rechtskräftig abgewiesen wurde, auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die beklagte Partei hatte ausdrücklich die mangelnde Parteifähigkeit der klagenden Partei behauptet. Die Parteifähigkeit ist eine absolute Prozeßvoraussetzung, ihr Fehlen ein Prozeßhindernis, das in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen ist. Das Vorhandensein eines Prozeßhindernisses muß zur Zurückweisung der Klage, allenfalls auch zur Aufhebung einer schon etwa gefällten Entscheidung durch Beschluß führen. Prozeßhindernisse können allerdings in höherer Instanz von Amts wegen nicht mehr wahrgenommen werden, wenn eine noch bindende Entscheidung entgegensteht; die für einzelne Prozeßhindernisse im § 42 Abs. 3 JN und § 7 Abs. 2 ZPO ausgesprochenen Rechtsfolgen gelten, wie der OGH in seinem grundlegenden Plenarbeschluß JB 63 neu = SZ 28/265 ausgesprochen hat, analog auch für die anderen Prozeßhindernisse, da ein Anlaß, die einzelnen Prozeßhindernisse in dieser Beziehung verschieden zu behandeln, nicht vorliegt. Der OGH sprach dabei allerdings ausdrücklich von beschlußmäßigen Entscheidungen. Das Erstgericht faßte nun aber über die Einwendung der mangelnden Parteifähigkeit der klagenden Partei keinen Beschluß, aber auch das Berufungsgericht sah keinen Anlaß, über die auf § 477 Abs. 1 Z. 5 ZPO gestützte, die Anerkennung der Parteifähigkeit der klagenden Partei beschlußmäßig abzusprechen, da es die Entscheidung erster Instanz aus einem anderen von ihm angenommenen Nichtigkeitsgrund aufhob und die Klage zurückwies. Die Frage der vom Rechtsmittelgericht verneinten, von der klagenden Partei bekämpften Unzulässigkeit des Rechtsweges hängt allerdings, wie noch auszuführen sein wird, untrennbar mit der Klärung der Parteifähigkeit der klagenden Partei zusammen. Die Auffassungen darüber, ob die übereinstimmende Bejahung einer Prozeßvoraussetzung durch die beiden Untergerichte vom OGH noch überprüft werden muß und kann, wenn darüber keine Entscheidungen in Beschlußform erfolgten, sondern sich die Auffassungen der Untergerichte nur aus den Gründen ergibt, gehen bis in die jüngste Zeit auseinander; häufig wird der divergierenden Auffassungen nicht einmal Erwähnung getan. Die vom Judikat 63 neu wohl eher abgelehnte Auffassung, es genüge die übereinstimmende, sich aus den Gründen ergebende Bejahung der Prozeßvoraussetzungen der Untergerichte, wurde vor allem von der Entscheidung SZ 31/74 vertreten, die davon ausgeht, daß eine Trennung von Spruch und Gründen für Beschlüsse nicht vorgeschrieben sei; es genüge, daß der Entscheidungswille der Gerichte eindeutig zum Ausdruck komme. Dem erwiderte die Entscheidung JBl. 1962, 315, die die Entscheidung 31/74 als vereinzelt geblieben bezeichnete, nur der Spruch einer Entscheidung erwachse in Rechtskraft. Der Entscheidung SZ 31/74 folgten aber dennoch zahlreiche Entscheidungen bis in die jüngste Zeit (SZ 43/21; SZ 41/184 mit Vorbehalt, aber auch nicht veröffentlichte Entscheidungen, so zuletzt 4 Ob 505/74, 7 Ob 184/73, 7 Ob 38/73, 1 Ob 57/71, 5 Ob 272/70 u. a.). Dem steht eine nicht geringe Zahl von Entscheidungen gegenüber, die die Auffassung der Entscheidung JBl. 1962, 315 teilten (Arb. 8901, 8786, 8761; ÖBl. 1968, 61; JBl. 1965, 469 u. a.) und sich insbesondere auch auf Fasching I, 273 und Novak in JBl. 1962, 317 berufen können.
Die zitierten Entscheidungen ergingen durchwegs in Fällen, in denen nicht die Parteifähigkeit bestritten war. Die Parteifähigkeit selbst wird in der Zivilprozeßordnung überhaupt nicht behandelt, wohl nicht zuletzt deswegen, weil sie zwar ein prozeßrechtlicher Begriff ist, sich aber aus dem materiellen Recht ergibt (Fasching II, 109; Neumann[4], 384; Petschek - Stagel, Zivilprozeß, 152; vgl. auch Sperl, Lehrbuch der bürgerlichen Rechtspflege, 162; Wolff, Zivilprozeßrecht[2], 117). Parteifähig sind alle physischen und juristischen Personen und darüber hinaus jene Gebilde, denen die Rechtsordnung durch besondere Vorschriften die Fähigkeit, zu klagen und geklagt zu werden, verliehen hat, ohne ihnen im übrigen Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen (JBl. 1974, 101; SZ 41/132; Fasching II, 109; Holzhammer, Zivilprozeßrecht-Erkenntnisverfahren, 62), was z. B. für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht gilt (JBl. 1974, 101; EvBl. 1962/514 u. a.). Die bloße Bejahung der Parteifähigkeit muß nun allerdings zwecklos sein, wenn es sich nicht um eine physische Person, sondern um ein Gebilde handelt, das nur durch Organe handeln kann, aber nicht einmal geklärt ist, ob solche Organe überhaupt existieren. Im vorliegenden Fall leiten die beiden Untergerichte in den Gründen ihrer Entscheidungen die Parteifähigkeit der klagenden Partei als Wassergenossenschaft allein daraus ab, daß sie von der Wasserrechtsbehörde wie eine Wassergenossenschaft mit Rechtspersönlichkeit behandelt worden sei. Das Bestehen von durch die Wasserrechtsbehörde genehmigten Satzungen wurde nicht als wesentlich angesehen, obwohl sich erst aus den Satzungen die Zusammensetzung, die Wahl, die Beschlußfassung, die Funktionsdauer und der Wirkungskreis der Genossenschaftsorgane (§ 77 Abs. 3 lit. e WRG 1959; vgl. § 64 Abs. 1 Z. 4, 5 und 7 WRG 1934) und vor allem die Vertretung der Genossenschaft nach außen und die Fertigung von Urkunden, durch die rechtliche Verpflichtungen der Genossenschaft begrundet werden (§ 77 Abs. 3 lit. f WRG 1959; § 64 Abs. 1 Z. 6 WRG 1934), ergibt. Es besteht daher die Möglichkeit, daß die klagende Partei mangels Satzungen nicht einmal einen ordnungsgemäß bestellten gesetzlichen Vertreter hat, zumindest nicht als Wassergenossenschaft. Eine nur in den Gründen der Vorentscheidungen von Untergerichten geschehene Bejahung der Parteifähigkeit, die nicht einmal auf einen so wesentlichen Umstand Bedacht nahm, kann nach Auffassung des erkennenden Senates keine den OGH bindende Wirkung haben, müßte eine Prozeßführung doch schon an der mangelnden Möglichkeit, auch nur eine gültige Vollmacht auszustellen, scheitern. Die Frage der Parteifähigkeit der klagenden Partei muß daher auch noch in diesem Stadium des Verfahrens mit in die Prüfung einbezogen werden.
Wie das Berufungsgericht richtig darlegte, kann der Zweck einer Wassergenossenschaft auch die Versorgung mit Trink- und Nutzwasser sein (§ 73 Abs. 1 lit. b WRG 1959). Da es nach den untergerichtlichen Feststellungen der ins Wasserbuch eingetragene Zweck der klagenden Partei ist, den Ortsteil M mit Nutz- und Trinkwasser zu versorgen, kann es allein vom Zweck her nicht ausgeschlossen werden, daß es sich bei der klagenden Partei um eine Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 handelt. Auch die durch freie Vereinbarung der daran beteiligten Personen beabsichtigte freiwillige Genossenschaft wird allerdings noch nicht durch das Zustandekommen der Willenseinigung der beteiligten Personen allein gebildet- die Wassergenossenschaft bedarf zu ihrer Bildung vielmehr der Anerkennung (§ 74 Abs. 1 lit. a WRG 1959), die durch Anerkennungsbescheid der zuständigen Wasserrechtsbehörde, der Bezirksverwaltungsbehörde, der die Genehmigung der Satzungen in sich schließt, erfolgt; erst mit Rechtskraft des Anerkennungsbescheides erlangt die Wassergenossenschaft Rechtspersönlichkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechtes (§ 74 Abs. 2 WRG 1959). Von einer Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 kann also nur gesprochen werden, wenn der Vereinigung zur gemeinsamen Nutzung von Wasser durch einen Verwaltungsakt Rechtspersönlichkeit zuerkannt wurde (Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 562); nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes vermag nur dieser Anerkennungsbescheid, nicht aber die bloße Anerkennung einer Vereinigung durch die zuständige Wasserrechtsbehörde als Partei oder die Eintragung ins Wasserbuch eine Wassergenossenschaft zu begrunden (Krzizek, 302 Anm. 3). Die Anerkennung muß vielmehr durch Bescheid ausgesprochen werden (Hartig - Grabmayr, Das österreichische Wasserrecht 238, Anm. 4). Im vorliegenden Fall muß allerdings berücksichtigt werden, daß die "Wasserinteressentschaft Wasserleitung M" ihre Tätigkeit nicht unter der Geltung des Wasserrechtsgesetzes 1959, sondern zuvor unter der Geltung des Wasserrechtsgesetzes 1934 aufgenommen hat. Die Rechtslage nach diesem Gesetz war jedoch nicht wesentlich andersauch nach diesem erfolgte die Bildung einer freiwilligen Wassergenossenschaft erst durch Anerkennung seitens der zuständigen Verwaltungsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde), die nur, abweichend von der geltenden Rechtslage, durch Genehmigung der Satzungen zu erfolgen hatte (§ 60 Abs. 2 lit. a WRG 1934; Haager - Vanderhaag, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 1934, 330); erst mit der Rechtskraft des die Satzungen genehmigenden Bescheides erlangte die Wassergenossenschaft Rechtspersönlichkeit (§ 63 WRG 1934) für den öffentlichen und bürgerlichen Verkehr und wurde damit berechtigt, selbständig Rechte zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, Eigentum oder andere dingliche Rechte zu erwerben und vor Gericht zu klagen oder geklagt zu werden; erst mit der behördlichen Anerkennung wurde damit die Wassergenossenschaft eine selbständige und von den sie bildenden physischen Personen verschiedene Rechtspersönlichkeit (Haager - Vanderhaag, 335). Die von Haager - Vanderhaag (335) vertretene, vom Berufungsgericht zitierte und übernommene, auf ein Verwaltungsgerichtshoferkenntnis aus dem Jahre 1914 gestützte Meinung, daß die beabsichtigte freiwillige Wassergenossenschaft auch schon durch die faktische Anerkennung durch die zuständige Wasserrechtsbehörde und nicht erst durch die Ausfertigung eines die vorgelegten Satzungen genehmigenden Anerkennungsbescheides Rechtspersönlichkeit als Wassergenossenschaft erlange, widerspricht eindeutig auch schon dem Wortlaut des Wasserrechtsgesetzes 1934 und war daher, wie Krzizek (302 Anm. 3) richtig darlegt, schon durch die mit dem Wasserrechtsgesetz 1934 geänderte Rechtslage überholt. Die nach dem Wasserrechtsgesetz 1934 entstandenen Wassergenossenschaften hatten, soweit ihre Satzungen mit dem Wasserrechtsgesetz 1959 im Widerspruch standen, diese zu ändern, allenfalls hatte dies von Amts wegen zu erfolgen (§ 141 Abs. 1 WRG 1959). Sie bestanden aber jedenfalls weiter (Krzizek, 563).
Die Untergerichte trafen keine Feststellung, ob die "Wasserinteressentschaft Wasserleitung M" Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 63 WRG 1934 bzw. § 74 Abs. 2 WRG 1959 erlangte und damit wirklich als Wassergenossenschaft anzusehen ist. Vereinigungen zur Versorgung von Interessenten mit Trink- und Nutzwasser müssen nun aber keineswegs immer Wassergenossenschaften im Sinne des Wasserrechtsgesetzes sein, sondern können auch auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen gebildet werden, z. B. als Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder nach Handelsrecht, als Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, als Gemeindeeinrichtungen usw. (Krzizek, 297; Haager - Vanderhaag, 328). Besitzen sie nach den für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen Rechtspersönlichkeit, so können sie, wie jede physische Person, Träger von Rechten und Pflichten sein, Wassergenossenschaften im Sinne des Wasserrechtsgesetzes sind sie nicht. Streitigkeiten aus dem Innenverhältnis können daher nicht vor der Wasserrechtsbehörde, sondern nur vor Gericht ausgetragen werden, die Wasserrechtsbehörden sind nur zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen solchen Vereinigungen und Dritten zuständig, sofern es sich hiebei um Angelegenheiten des Wasserrechtes handelt (Krzizek, 298). Die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß Zweifel an der Rechtspersonlichkeit der klagenden Partei als Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 schon deswegen nicht bestehen, weil sie einen dem § 73 Abs. 1 lit. b WRG 1959 entsprechenden Zweck zu erfüllen hat, kann daher nicht geteilt werden. Auch die nach den Feststellungen erfolgte Behandlung der klagenden Partei "wie eine Wassergenossenschaft" im Verfahren betreffend die Verleihung des Wasserrechtes durch die Verwaltungsbehörde besagt nichts, wenn das Wasserrecht auch von einer Vereinigung, die nicht Wassergenossenschaft ist und werden will, erworben werden kann, weil auch diese Vereinigung als Partei nicht anders zu behandeln ist wie eine Wassergenossenschaft. Es steht nicht einmal fest, ob die Mitglieder der klagenden Partei überhaupt irgendwelche Satzungen beschlossen haben, was wohl als Mindestvoraussetzung für die Annahme des Bestehens einer Wassergenossenschaft angesehen werden müßte. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß eine Wassergenossenschaft auch bestehen kann, wenn keine Satzungen existieren und von der Wasserrechtsbehörde genehmigt wurden, ist abzulehnen. Ohne Satzungen kann eine Wassergenossenschaft, wie schon erwähnt, nicht einmal tätig werden, haben diese doch erst zu bestimmen, wer ihre Organe sind und wer sie zu vertreten hat. Gerade bei Bedachtnahme auf die seinerzeitige Formulierung des Wasserrechtsgesetzes 1934 (§ 63) kann die Bestimmung des § 74 Abs. 2 WRG überhaupt nur dahin verstanden werden, daß der Anerkennungsbescheid nur deswegen die Genehmigung der Satzungen in sich schließt, weil sie selbstverständlich vor der Erlassung des Anerkennungsbescheides vorlagen und geprüft waren; neu ist nur, daß es nicht mehr einer ausdrücklichen (zusätzlichen) Genehmigung der (aber nichtsdestoweniger vorhandenen) Satzungen bedarf.
Aus der Bestimmung des § 86 WRG 1959, die im wesentlichen der früheren des § 77 WRG 1934 entspricht, ergibt sich nun aber eindeutig, daß sie nur anwendbar ist, wenn eine Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes besteht. Eigentümer von Liegenschaften, die einer Wassergenossenschaft nicht angehören, jedoch aus deren Einrichtungen einen wesentlichen Nutzen ziehen, können nämlich nach § 86 Abs. 1 WRG 1959 nur auf Antrag dieser Wassergenossenschaft durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde verhalten werden, einen angemessenen Beitrag zu leisten. Soweit dies nach den Satzungen möglich ist, haben die zur Beitragsleistung verhaltenen Gründeigentümer dann auch einen allenfalls durch Bescheid zu erzwingenden (Deutschmann - Hartig, Das österreichische Wasserrecht, 100 Anm. 3) Anspruch auf Aufnahme in diese Wassergenossenschaft (§ 86 Abs. 2 WRG 1959). Wenn ein Bescheid nach § 86 Abs. 1 WRG 1959 nur auf Antrag einer Wassergenossenschaft erlassen werden kann und nach § 86 Abs. 2 dann ein Anspruch auf Aufnahme in diese Genossenschaft besteht, ist es aber selbstverständlich, daß die Wasserrechtsbehörde nach § 86 WRG 1959 nur vorgehen kann, wenn überhaupt eine Wassergenossenschaft besteht. Eine Anwendung nach § 86 WRG 1959 ist also nicht möglich, wenn die Wasseranlage im Eigentum einer Vereinigung steht, die nach privatrechtlichen Grundsätzen organisiert ist. Eine gegenteilige Annahme würde den gesamten Grundsätzen des Wasserrechtsgesetzes 1959, die für Wassergenossenschaften gelten, widersprechen; das Wasserrechtsgesetz regelt nämlich in seinem Siebenten Abschnitt nur die Bildung von Wassergenossenschaften und sodann Angelegenheiten, in denen zuvor solche Wassergenossenschaften gebildet worden waren. Dem Rekurs der klagenden Partei ist also insofern beizupflichten, daß Unzulässigkeit des Rechtsweges wegen Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde nach § 86 WRG 1959 dann nicht vorliegen kann, wenn es sich bei der klagenden Partei nicht um eine Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 handelt. Geltend gemacht würde dann ein Anspruch einer Vereinigung des Privatrechtes gegen einen Dritten, der im Wasserrechtsgesetz nicht geregelt ist und daher nur ein solcher des Privatrechtes sein kann. Es ist dann aber entscheidend, um welche Art von Vereinigung es sich bei der klagenden Partei handelt.
Um zu klären, ob die klagende Partei eine Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes oder eine andere juristische Person ist bzw. ihr überhaupt Parteifähigkeit zukommt, bedarf es noch einer Ergänzung des Verfahrens und präziserer Feststellungen. Nur wenn das ergänzende Verfahren, in dem vor allem die Akten der Wasserrechtsbehörde und allfällige Satzungen beizuschaffen sein werden, ergeben sollte, daß die klagende Partei doch eine Wassergenossenschaft im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 ist, wird entgegen der Auffassung des Erstgerichtes, das offenbar die Bestimmung des § 86 WRG 1959 übersehen hat, im Sinne des Berufungsgerichtes das Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen sein. Sollte sich herausstellen, daß der klagenden Partei die Parteifähigkeit, also deren Fähigkeit, im Prozeß selbständig Träger von Rechten und Pflichten im eigenen Namen zu sein, mangelt, fehlte es an dieser wesentlichen Prozeßvoraussetzung; dies hätte ebenfalls die Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge (SZ 44/139; JB 63 neu = SZ 28/265 u. v. a.; Fasching II, 115). Inwieweit in diesem Fall eine Berichtigung der Parteibezeichnung möglich sein wird, ist derzeit nicht zu beurteilen. Sollte es sich bei der klagenden Partei hingegen zwar nicht um eine Wassergenossenschaft, aber doch um eine Vereinigung handeln, der die Rechtsordnung die Fähigkeit, zu klagen oder geklagt zu werden, zuerkennt, wird über den Anspruch, der dann, weil er nicht aus dem Wasserrechtsgesetz abgeleitet ist, nur als privatrechtlicher verstanden werden kann, sachlich zu entscheiden sein. Da die Feststellungen der Untergerichte zur abschließenden Beurteilung der erwähnten Frage nicht ausreichen, sind der angefochtenen Beschluß und auch das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht zurückzuverweisen (vgl. SZ 6/311). Der klagenden Partei, deren Parteifähigkeit von der beklagten Partei bestritten wird, wird bis zur rechtskräftigen Klärung dieser Frage die Stellung einer Partei und damit auch das Antrags- und Rechtsmittelrecht zuzubilligen sein (vgl. EvBl. 1973/272). Auch an die gesetzliche Vertretung durch Peter B sind in diesem Stadium des Verfahrens keine besonderen Anforderungen zu stellen, könnte die klagende Partei, wenn sie rechtlich nicht existiere, doch ohnehin durch niemanden gesetzlich vertreten sein.
Erwähnt sei noch, daß die Vollmacht, die die beklagte Partei ihrem Rechtsanwalt ausstellte, nicht der Bestimmung des § 54 Abs. 2 der Tiroler Gemeindeordnung 1966, LGBl. 1966/4 in der geltenden Fassung, entspricht; danach sind Urkunden, mit denen die Gemeinde privatrechtliche Verpflichtungen übernimmt, wozu auch die Ausstellung von Prozeßvollmachten gehört, nicht nur vom Bürgermeister gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern des Gemeindevorstandes zu unterfertigen, sondern auch mit der Anführung des Beschlusses des Gemeinderates, mit dem die Prozeßführung und die Erteilung der Vollmacht genehmigt wurde, zu versehen. Der Mangel der Vollmacht wird zu beheben sein (§§ 37, 38 ZPO).
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